erwünschte Literatur
Hallo zusammen!
Ich würde gerne einmal einige Gedanken und auch Fragen zum Thema in die Runde geben.
Zunächst kann ich die Arbeiten von Peter Milger nur empfehlen, sie besitzen eine besondere Qualität, die hier noch gar nicht angesprochen wurde, - was sie aber auf keinen Fall sind, - "veraltet".
Die "altbürgerliche" Geschichtsschreibung, wenn ich es einmal so nennen darf, seit dem 19.Jh., und in der ersten Hälfte des 20.Jh. diente verstärkt dazu, die damaligen konservativen aber auch sehr nationalistisch angehauchten Machtstrukturen mit einer langen "Tradition" zu versehen, und sie dadurch als legitim und unumstößlich erscheinen zu lassen, sie "kulturell" zu untermauern.
Zum einen sollte mit den "heroischen" Taten des europäischen Adels die Überlegenheit der westlichen Welt aufgezeigt werden (Kreuzzüge), aber mehr noch sah man ja damals im Mittelalter mit seinen Kaisern eine Art "deutsches Ideal". Ein sehr gutes Beispiel bietet da ua. das Reiterstandbild Wilhelms I. am Kyffhäuserdenkmal (1896) mit Bezug zu Barbarossa.
Nun, was hat das mit Peter Milger zu tun?
In seinem Buch "Die Kreuzzüge, Krieg im Namen Gottes" stellt er eine ganze Reihe (!) von Chronisten und Zeitzeugen voran. Milger macht deutlich, dass man sich der Wahrheit nur nähern kann. (Seine Arbeitsweise wird dabei als journalistisch beschrieben) Dadurch, dass er im Buch Zeitzeugen aus verschiedenen Lagern abwechselnd sprechen lässt, kann sich aber ein objektiveres Bild der Geschehnisse herausfiltern lassen. Chronisten oblagen gewissen Verbindlichkeiten zu ihren Herren, und waren dadurch ideologisiert. Genauso wie es uns die Geschichtsbücher des wilhelminischen Zeitalters, bis hin zum Nationalsozialismus auch zeigen. Hier sind es nicht mehr die Chronisten selbst, sondern jene, die Geschichtpolitik betreiben halfen. Nur am Rande, auch in der Bundesrepublik setzte sich Geschichtpolitik fort ...
Was mir am Forum auffällt, dass es hier viele Mitglieder gibt, die auch bestimmte "Interessen" haben. Sie haben einen besonderen Grund sich hier zu bewegen. Mittelaltervereine organisieren sich verstärkt seit den letzten 10-15 Jahren. Ich gehe sicher nicht fehl, wenn ich erkenne, dass eine ganze Reihe von Mitgliedern auch hier anzutreffen ist. Oft sind sie leicht an ihren Fragen zu erkennen, dreht es sich doch meist um "Ausrüstung" vornehmlich der Ritter und Kreuzfahrer, aber auch anderer meist (!) militärischer Figuren aus der Geschichte.
Wer im Netz einmal "quer-surft" wird bemerken, dass sich viele mit eben diesen Figuren identifizieren!
Aber was nun?
Wenn ich mich mit den kriegerischen Gestalten identifiziere, wie objektiv wird dann meine Haltung zur Geschichte sein, wenn ich weiß, dass diese Identifikationsfiguren eigentlich auch viele negative Aspekte in sich verkörperten?
Erklärt wird ja in der Regel nicht, dass man "Ritter spiele", oder dass man sich auch einmal als "Held" fühlen möchte, sondern man erklärt uns, man wolle "Geschichte darstellen".
Man muss einmal darüber nachdenken, dass es längst einen Markt an Büchern (Spielfilme, Dokumentationen) gibt, die dieses Klientel bedient! Das heißt auch, es gibt Literatur, die mehr oder weniger das zum Ausdruck bringt, was die Leser hören möchten, oder zumindest negative Aspekte ausblendet.
So ist das übrigens auch in dem neuen Medium Internet! Diese Vernetzung macht es möglich, kritische Sichtweisen zu umgehen, indem es mir gelingt, mich direkt zu Gleichgesinnten hinzubegeben, mit welchen ich mich dann sozialisieren kann, ohne dass ich mich mit unangenehmen oder kritischen Fragen auseinandersetzen müßte, die mir mein direktes Umfeld vielleicht stellen würde ...
Was meinen Sie dazu?