Richtig.
Und während der Übergangsphase sind eben sowohl die alten wie die neuen Aspekte vorhanden - es gibt da kein eindeutiges "entweder - oder"!
Genau so habe ich das weiter vorn bereits beschrieben:
"Zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen dem 10. und 13. Jh. war unser Franke Franzose, sprach keine germanische sondern eine romanische Sprache, unterschied sich von seinem germanischen deutschen Kollegen jenseits des Rheins durch eine andere Identität. Bei all dem ist zu bedenken, dass der weit überwiegende Teil der Bevölkerung Frankreichs gallo-romanischer Herkunft war, der die Franken allmählich assimiliert und seine romanische Sprache durchgesetzt hatte. "
Ich denke, mehr lässt sich dazu nicht sagen. Man kann höchstens spekulieren, in welcher ungefähren Zeit dieser Schritt vom Frankenreich zum französischen Staat vollzogen war. Und da Frankreich heute kein Reich der Franken mehr ist, muss er zu irgendeinem nicht exakt bestimmbaren Zeitpunkt erfolgt sein.
Mit einigem Recht, ja.
Aber mit einigem Recht kann man ihn auch als fränkischen König bezeichnen - das ist eben genauso gültig und sinnvoll.
Denn immerhin hat er sich selber so genannt, das halte ich für ziemlich wichtig.
Auch die Ottonen nannte
n ihr Reich noch
Regnum Francorum orientalium oder kurz
Regnum Francorum. Dennoch wird kein Historiker auf die Idee kommen, die Ottonen und Salier als "Ostfränkische Könige" zu bezeichnen. Ein Mediävist sagte dazu: "Otto der Große hat Deutschland nicht vorgefunden, aber geholfen, es zu erschaffen."
Ähnlich sieht das auch beim
dux francorum und späterem
rex francorum Hugo Capet aus. Es gibt keine Publikation, die ihn als "fränkischen König" bezeichnen würde. Er steht am Anfang des werdenden französischen Staates, was selbstverständlich impliziert, dass fränkische Traditionsstränge noch reichlich vorhanden sind.
Dito wird natürlich eine "Geschichte Deutschlands" die Ottonen und Salier beinhalten - und es wäre reine Geschmackssache des Autors, ob er bei Verweisen auf den Nachbarkönig Hugo Capet diesen als Westfranken oder Franzosen bezeichnet.
Das ist sicherlich richtig, denn Hugo Capet stand an der Schwelle zu einem neuen Staatsgebilde. Aus Sicht heutiger Historiker geht das Frankenreich mit dem Aussterben der letzten Karolinger und der Wahl Hugo Capets zum Rex Francorum dem Ende entgegen. Das renommierte
Lexikon des Mittelalters bezeichnet Hugo Capet bereits als "französischen König" und das geschieht auch in anderen Veröffentlichungen. Hugo selbst wird sich vermutlich noch als Westfranke gefühlt haben und ihm war sicherlich nicht bewusst, dass spätere Chronisten die Thronfolge der Kapetinger als eine Zäsur betrachten würden, wie solche Zäsuren den Zeitgenossen meist nicht bewusst sind.
Was heißt das also? Was wir oben bereits mehrfach sagten. Zwischen dem 10. und 12. Jh. vollzog sich der mentale Wechsel vom Frankenreich hin zu einem Staat der Franzosen. Die Verschmelzung der germanischen Franken mit der gallo-romanischen Bevölkerung war zu diesem Zeitpunkt aber schon vollzogen.
Da aber gefragt wurde: Ist das Frankenreich gescheitert?
Da ist meine Antwort: Nein, es ist trotz aller Wandlungen und Umbenennungen immer noch präsent.
Dass es nicht gescheitert ist, sondern einen Transformationsprozess erlebte, da sind wir gewiss einer Meinung. Aber ob man sagen kann, dass es noch präsent ist, da habe ich doch große Zweifel. Ist denn das Frankenreich oder das Ostfränkische Reich bei uns noch präsen? Wir wissen, wie sich aus dem Frankenreich Deutschland und Frankreich entwickelt haben. Aber eine reale Präsenz kann man wohl kaum postulieren.