Danach hat die Sowjetunion seit den frühen 60er Jahren bis in die Ära Gorbatschow einen Angriffskrieg gegen den Westen geplant und in diesem hätte sie auch ab Anfang massive nukleare Angriffe auf das Gebiet der Bundesrepublik geführt.
Die Darstellung von den Rühles halte ich persönlich für wenig plausibel bzw. gezielt überzeichnend aus folgenden Gründen. Ohne Frage, es gab sicherlich Szenarien bei Planspielen im WP für einen präventiven Einsatz von taktischen A-Waffen. Aber hier ist der Unterschied relevant, zwischen einer wahrscheinlichen und einer unwahrscheinlichen militärischen Option.
Und die Darstellung von Rühles fokussieren auf eine (aus dem Universum vieler anderer Optionen) mögliche, aber dennoch unwahrscheinliche Option einer atomaren Kriegseröffnung durch den WP. Sofern man es, apriori, als überhaupt realistisch ansehen möchte, dass es eine konkrete !! politische Willensabsicht zur Eroberung Westeuropas im Kreml je gab!!!!
Die Situation des WP Anfang der 60er jahre war platt durch zwei Faktoren gekennzeichnet.
- Überzahl in der konventionellen Bewaffnung
- Unterzahl im Bereich der taktischen Atomwaffen
Dem standen eine Nato gegenüber, die unter konventionellen Gesichtspunkten vergleichsweise schwach gerüstet war. Und erklärt teilweise den Übergang von der totalen zur flexiblen Abschreckung, um dem Automatismus der atomaren Selbstvernichtung zu entgehen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Flexible_Response
Ein Krieg besitzt im Kern eine logische Argumentation und verfolgt zweck-rationale Ziele. Das gilt vor allem auch für Kriege, die ein Stalin geführt hat, wenngleich er im Rahmen seiner Außenpolitik - seit den dreißiger Jahren - auf ganzer Linie und völlig versagt hat, zumindest meiner Meinung nach. Und gilt auch für die folgenden politischen Eliten.
Der Einsatz von Militär wird auch in der SU im wesentlichen durch politische Ziele gesteuert. Die Rolle der Ideologie für die politisch initierten militärischen Planungen, auf die Rühles abstellen, spielte, vor allem bei Stalin, bei der Zielformulierung eine untergeordnete Rolle (vgl. die Untersuchungen von Garthoff zur Roten Armee, der dieses Phänomen als erster im Westen ausführlich untersucht hat).
Allerdings wurde sie in starkem Maße als Disziplinierungsinstrument für die psychologische Kriegsführung bzw. mentale Kriegsvorbereitung intensiv eingesetzt.
Vor diesem Hintergrund ist die Frage aufzuwerfen, warum der WP einen präventiven Krieg auslösen sollte, der genau das zerstört, also die "Biomasse" sprich das westliche Proletariat, was ihr als primäre Motivation zugeschrieben wurde im Rahmen des Exports der sozialistischen Revolution.
Sofern militärische Planung im Kern rational ist, nutzt sie die Instrumente, bei denen sie im Vergleich zu ihrem Gegner überlegen ist, sprich komparative Vorteile besitzt. Dann ist Militär, so lehrt uns die Vergangenheit, überlegen.
Ein präventiver Einsatz taktischer Atomwaffen durch den WP hätte im Westen, also dem Bereich den man erobern wollte bzw. sollte, gravierende Verstrahlungen ausgelöst, die ein militärisches Handeln für den WP und natürlich auch für die Nato faktisch unmöglich gemacht hätte.
Die frühzeitige, präventive Nutzung taktischer Atomwaffen hätte die Einsatzschwelle von taktischen Atomwaffen durch die Nato mit sofortiger Wirkung eleminiert. Die Folge wäre ein sehr massiver Einsatz taktischer Atomwaffen durch die Nato gewesen. Die Infrastruktur in den Staaten des WP wäre danach nicht mehr funktionsfähig gewesen und somit auch keine Fähigkeit zur Kriegsführung mehr vorhanden! Und dieses spätestens am zweiten Tag nach unterstellten präventivem Ersteinsatz von taktischen Atomwaffen durch den WP.
Da die UdSSR im Bereich der A-Waffen bis in die siebziger Jahre in einer unterlegenen Position waren, hätten sie den untrestellten A-Waffeneinsatz aus der Position eines unterlegenen Angreifers vornehmen müssen. Eine sehr unwahrscheinliche Überlegung.
Es würde direkte Auswirkungen im Sinne einer Eskalationsspirale in den Bereich der atomaren Mittelstreckenwaffen geben und sich in den Berich der strategischen A-Waffensysteme.
Die Geschwindigkeit der Eskalation, sofern die von Rühle behaupteten Planungen des WP zutreffen sind, hätte jedem Politiker und Militär im WP klar ein müssen. Derartige Überlegungen werfen die Frage auf, ob der vorherrschende Phänotyp des Planers von Atomkriegen, im Osten und/ oder im Westen, sich im wesentlichen an dem Bild eines psychopathischen "Dr-Seltsam" orientiert?
Da jeder wußte, dass die Nato, je weiter sie mit dem Rücken zur Wand stand, in zunehmenden Maße auf A-Waffen zurückgreifen würde.
Nebenbei halte ich die Darstellung von Rühle für insgesamt nicht korrekt und schon gar nicht für die sechziger Jahre. Aber das müßte ich nachlesen.