Ist die Eroberung Südamerikas durch die Spanier ein humanistischer Eingriff gewesen?

War die Eroberung Südamerikas ein Humanistischer Eingriff?

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msecure

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Hallo liebes Geschichtsforum,

ich bin ganz neu hier, fühle mich aber wie zu Hause, denn ich hab schon einige Fragen als Gast gestellt. Warum also nicht eine volle Mitgliedschaft? :winke:

Meine Frage mag ein wenig skuril klingen und ich erwarte auch keine genaue Antwort (die gibt es eventl. gar nicht mal), sondern viel mehr eine lebhafte Diskussion. :)

Mein Geschichtslehrer - neu an der Schule, gerade von der Uni gekommen - hat im Unterricht erzählt, dass sein Prof der Eroberung Südamerikas durch die Spanier auch positive Sache nahe gelegt hat, z.B. dass es ein sog. "humanistischer Eingriff" gewesen ist, weil die Azteken einen Opferkult betrieben und das durch die Eroberung gestoppt wurde.

Ich personlich finde das weit ausgeholt und kann das gar nicht nachvollziehen. :nono: Wie sollen denn Menschen durch die Gesamtvernichtung des Volkes gerettet werden? Massenmord zur Lebensrettung?:confused: In wie fern soll da Humanismus praktiziert worden sein? War das überhaupt möglich, wenn Spanien ein feudaler und nicht demokratischer Staat war? :grübel:

Wäre toll, wenn ihr mir seine Gedanken erklären würdet. Vielleicht ist ja doch was Wahres dran und ich erkenne es bloß nicht...

Viele liebe Grüße,
msecure

(Schüler, Stufe 11)

Anmerkung:
Wenn ich vom Humanistischen Eingriff rede, meine ich eine Humanitäre Intervention, also solche, die heute von der UN geplant und durchgesetzt werden bei Staaten, welche z.B. die Menschenreche missachten usw. - Haben die Azteken Menschenrechte missachtet durch die Opferkultur? Nun, zumindest kein würdevoller Umgang. Aber schützte die Eroberung durch die Spanier davor?
 
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Kann es sein, dass euer Lehrer euch einfach mal provozieren wollte, festgefahrene Bilder zu überdenken?
Sicher ist schon mal, dass man die Spanier nicht alle über einen Kamm scheren kann, man muss also fragen, was die Motive waren, nach Amerika zu fahren. Da wirst du zwischen Langeweile, Gottesfürchtigkeit und persönlicher Bereicherung alles mögliche finden. Dann musst du fragen, was am Ende dabei heraus kam. Und wenn du auf Diskrepanzen stößt, wie es zu diesen kam.

Es ist eigentlich davon auszugehen, dass keiner der Conquistadoren, und wenn er noch so niedrige Motive für seine Amerikafahrt hatte, "Massenmord" und "Gesamtvernichtung eines Volkes" auf seiner Agenda hatte. In der Karibik sind zwar ganze Völker vernichtet worden, aber nicht unbedingt durch Massenmord. Dafür fehlten den Spaniern auch die Mittel.
 
Um sicher zu gehen, dass ich dich richtig verstanden habe: Du fragst ob die Spanier nach Südamerika gekommen sind, um die unmenschlichen Praktiken einiger dieser Staaten zu beenden?

Sorry, aber so klingt es für mich.

Sehr viel eher dürfte die Abschaffung dieser Dinge dem Zweck des Machterhalts durch kulturelle/religiöse Absorbierung gedient haben. Haben sie ja bei anderen, weitaus weniger "unmenschlichen" Kulturen nicht anders gehandhabt.
Und ja, wahrscheinlich sind den Spaniern die herausgerissenen Herzen auch auf ihre europäisch geprägten Magen geschlagen. Aber ob man die Invasion und Umerziehung deswegen als humanitären Akt bezeichnen kann...
 
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Interventionen in anderen Ländern wurden (und werden) oft damit begründet, den Menschen dort irgendein Heil zu bringen.

Schon Kolumbus war beseelt von dem Ziel, den Barbaren das Christentum nahezubringen. Sein Auftraggeber, der König von Spanien, hatte vermutlich eher materielle Motive. Ob er in der Außendarstellung den humanitären oder den materiellen Aspekt in den Vordegrund gestellt hat - da war er sicherlich flexibel. Und ob die tatsächlichen Folgen der Amerikareise vom humanitären Aspekt her "gut" oder "schlecht" waren - na ja.

Bei der Beantwortung der Frage, ob Kolumbus nach Amerika gesegelt ist, um den Indianern die Demokraie zu bringen oder ob er nur ihr Öl haben wollte, ist also Skepsis angebracht.
 
Schon Kolumbus war beseelt von dem Ziel, den Barbaren das Christentum nahezubringen. Sein Auftraggeber, der König von Spanien, hatte vermutlich eher materielle Motive. Ob er in der Außendarstellung den humanitären oder den materiellen Aspekt in den Vordegrund gestellt hat - da war er sicherlich flexibel. Und ob die tatsächlichen Folgen der Amerikareise vom humanitären Aspekt her "gut" oder "schlecht" waren - na ja.

Lassen wir mal den ganzen gegenwärtigen Quatsch beiseite.
Kolumbus selbst hat sehr wohl materiell argumentiert, er wollte schließlich nach Indien und an die dortigen Reichtümer. Und er hat auch nicht mit dem spanischen König verhandelt, sondern mit der kastilischen Königin. Deren Ehemann hatte nämlich gar keine atlantischen Besitzungen und war vielmehr daran interessiert sein aragonesisch-katalanisches Erbe zusammenzuhalten bzw. zurückzuholen (das Haus Aragón war zum damaligen Zeitpunkt in einen sizilianisch-napolitanischen und einen spanischen Strang aufgeteilt). Und auch Isabel hatte nur wenig Interesse an dem, was dieser verrückte Genuese ihr vorschlug.
 
Und auch Isabel hatte nur wenig Interesse an dem, was dieser verrückte Genuese ihr vorschlug.
Und warum sah sie ihn als verrückt an - weil seine "wirklichen" Ziele - aus seiner Sicht - humanitär waren. Er musste aber, um Unterstützung zu bekommen, materiell argumentieren.

Ich wollte mit diesem Beispiel darlegen, dass Vorsicht angebracht ist, wenn man nach der "Intention" einer Intervention fragt.
 
Und warum sah sie ihn als verrückt an - weil seine "wirklichen" Ziele - aus seiner Sicht - humanitär waren.

Nein, verrückt war, dass er mit Toscanelli den Umfang der Welt für viel kleiner hielt, als man seit der Antike wusste, dass er war. Im Prinzip konnte man nur erwarten, dass die Seeleute auf dem Weg nach Indien verhungerten oder verdursteten. Humanitär ist überhaupt für diese Zeitstellung ein unpassender Ausdruck.

Er musste aber, um Unterstützung zu bekommen, materiell argumentieren.

Auch das ist nicht richtig. Gerade Isabel war eine äußerst fromme Frau. Christentum und Materialimus (hier ist nicht die philosophische Richtung gemeint) schlossen sich auch überhaupt nicht aus.
 
Meine Frage mag ein wenig skuril klingen und ich erwarte auch keine genaue Antwort (die gibt es eventl. gar nicht mal), sondern viel mehr eine lebhafte Diskussion. :)

Mein Geschichtslehrer - neu an der Schule, gerade von der Uni gekommen - hat im Unterricht erzählt, dass sein Prof der Eroberung Südamerikas durch die Spanier auch positive Sache nahe gelegt hat, z.B. dass es ein sog. "humanistischer Eingriff" gewesen ist, weil die Azteken einen Opferkult betrieben und das durch die Eroberung gestoppt wurde.

Anmerkung:
Wenn ich vom Humanistischen Eingriff rede, meine ich eine Humanitäre Intervention, also solche, die heute von der UN geplant und durchgesetzt werden bei Staaten, welche z.B. die Menschenreche missachten usw. - Haben die Azteken Menschenrechte missachtet durch die Opferkultur? Nun, zumindest kein würdevoller Umgang. Aber schützte die Eroberung durch die Spanier davor?

Dass euer Geschichtslehrer die Ansichten seines Profs als Anregung zum Überdenken festgefahrener Geschichtsbilder nacherzählte, hat El Q. bereits in Beitrag 2 gesagt. Übrigens didaktisch geschickt, wobei mich interessieren würde, wie der Rest deiner Klasse mit solchen Aussagen umgeht.

In der Geschichtwissenschaft ist es verpönt, Sichtweisen und Rechtsgüter einer späteren Epoche auf eine frühere zu übertragen. Genau das tut man, wenn man UN-Menschenrechte / Völkermordächtung auf eine 500 Jahre zurückliegende Zeit überträgt. Selbst Gedanken des Humanismus darf man da fairerweise noch nicht anwenden.

In diesem besonderen Fall würde ich es trotzdem zulässig finden, ich wollte nur eingangs darauf hinweisen.
Diese Diskussion finde ich sogar besonders wichtig, weil die "blutige" Eroberung Amerikas, neben dem Holocaust, das Ereignis ist, das bis heute für Relativierungen von anderen Ereignissen benutzt / mißbraucht wird und bei Jedem, selbst dem an Geschichte nicht Interessierten bekannt ist, wenn auch nur vage.
 
Sehr interessant dazu sind die im Disput von Valladolid vorgebrachten Argumente der Kontrahenten Bartolomeo de las Casas und Sepulveda.
Sepulveda behauptete die Inferiorität der Indigenen, Menschenopfer und Kannibalismus diente zur Untermauerung seiner Thesen. Durch diesen barbarischen Zustand hätten die Spanier das Recht diese Völker zu unterwerfen und zu versklaven.

Ganz anders Bartolomeo de las Casas. Dieser bezog sich auf die Bulle Sublimis Deus von Paul III in der die Versklavung der Ureinwohner verboten wurde. De las Casas formulierte darauf aufbauend eine Art Vorform eines allgemeinen Menschenrechts auf Freiheit und Eigentum.
Karl V. verbot zwar daraufhin de lege die Versklavung der Eingeborenen, leider haben sich viele der Conquistatoren nicht daran gehalten (und der spanische Könige war weit weg).

Disput von Valladolid ? Wikipedia
 
Ein sehr guter Hinweis auf den Disput von Valladolid, zeigt dieser doch,wie breit gestreut auch der Humanismus der Renaissance war und daß diese historische Bildungsbewegung nicht unbedingt deckungsgleich mit dem heutigen Begriff "Humanismus " ist. Sowohl Las Casas als auch de Sepulveda waren Humanisten bzw. humanistisch beeinflusst.
Und der von beiden hier verwendete, auf der Naturrechtslehre aufbauende Inferioritätsbegriff steht natürlich im vollkommenen Gegensatz zur heutigen Humanismusdefinition.

Nimmt man also den historischen Begriff des Renaissance-Humanismus inclusive Naturrechtslehre und Superiöritäts/Inferioritätsprinzip , so könnte damit ex ante die Unterwerfung und Eroberung der indigenen Reiche Süd- und Mesoamerikas durchaus begründet werden.

Betrachtet man die Eroberung Südamerikas allerdings aus der subjektiven Intention der spanischen Eroberer, treten eindeutig massive sozio-ökonomische Motive in den Vordergrund. Deshalb kann man m.E. selbst unter Zugrundelegung des Humanismusbegriffes der Renaissance nicht von einem "humanistisch bedingten" Eingriff sprechen.
 
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Weder Corstez noch Pizarro werden aus reinem Missionarseifer ihre eigenfinanzierten Expeditionen unternommen haben. Vielmehr war wohl die persönliche Bereicherung der Hauptantrieb. Allerdings konnte man die Todsünde der Habgier schlecht als gottgefällige Handlungsweise verkaufen. Sicher besaßen die unverzichtbaren Kirchenmänner, die in jedem Eroberungsheer vorhanden waren, einen großen Missionarseifer aber für die Anführer der Conquista hatten sie wohl eher eine Alibifunktion. Da boten sich die heidnischen Bräuche der Azteken als Rechtfertigung für die Zerstörung ihrer Kultur förmlich an.
Weshalb die Spanier über die blutige Art der Opferungshandlungen so entstzt waren erschließt sich mir nicht so ganz. Die europäischen Hinrichtungsmethoden waren nicht minder grauenerregend und jeder von ihnen dürfte schon solchen Ritualen beigewohnt haben. Es war wohl eher die Furcht davor, selbst auf dem Opferstein zu landen, die sie so erschauern ließ.
 
Bei den europäischen Hinrichtungen wurden aber Verbrecher (also das, was man damals als Verbrecher betrachtet hat) hingerichtet, sie also bestraft. Die Azteken opferten Menschen als Huldigung für ihre heidnischen Götter. Das waren also schon zwei Paar Schuhe. Die Spanier waren also wohl schockiert, dass da einem Götzenkult Menschenopfer dargebracht wurden, und nicht über die Art des Rituals.
 
Weshalb die Spanier über die blutige Art der Opferungshandlungen so entstzt waren erschließt sich mir nicht so ganz. Die europäischen Hinrichtungsmethoden waren nicht minder grauenerregend

Na ja, den Leuten auf dem Altar das Herz aus dem Leib zu reißen, erscheint mir schon etwas blutiger. Die Spanier kannten als Hinrichtungsintsrument die Garrotte, wo der Delinquent mit einem Würgeeisen langsam erdrosselt wurde - zugegebenermaßen auch keine schöne Art zu sterben, ganz zu schweigen von den Autodafés, wo die Häretiker bei lebendigem Leibe verbrannt wurden.
 
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Weshalb die Spanier über die blutige Art der Opferungshandlungen so entstzt waren erschließt sich mir nicht so ganz.
Mir schon, @Galeotto. Abgesehen von dem Opfer-Fließbandbetrieb mussten die Spanier ansehen, dass die Delinquenten auf den Pyramiden ohne Beichte und Sakramente zur Hölle fahren mussten. Aus der damaligen Sicht eines frommen Katholiken gesehen, war das schlimmer als der eigentliche Tod. Auch die grausamsten Hinrichtungen in Europa fanden nie ohne anwesenden Priester und die Chance auf Absolution und somit das "künftige Seelenheil" statt.
 
Abgesehen von dem Opfer-Fließbandbetrieb mussten die Spanier ansehen, dass die Delinquenten auf den Pyramiden ohne Beichte und Sakramente zur Hölle fahren mussten. Aus der damaligen Sicht eines frommen Katholiken gesehen, war das schlimmer als der eigentliche Tod.

Sind Indios überhaupt Menschen mit einer Seele? Diese Frage wurde in Spanien in der Anfangsphase der Eroberungen ernsthaft von Gelehrten und Geistlichen erörtert und sowohl verneint als auch bejaht.
 
Sind Indios überhaupt Menschen mit einer Seele? Diese Frage wurde in Spanien in der Anfangsphase der Eroberungen ernsthaft von Gelehrten und Geistlichen erörtert und sowohl verneint als auch bejaht.

Offiziell erkannte das die Kirche erst 1537 an. Aber ich bezweifle, dass die Konquistadoren sich mit solchen theologischen Spitzfindigkeiten groß befassten. Getauft wurden viele Indios auch vorher schon und damit war die Sache eigentlich klar bejaht.
 
Hallo zusammen! :winke:

Diese Diskussion finde ich sogar besonders wichtig, weil die "blutige" Eroberung Amerikas, neben dem Holocaust, das Ereignis ist, das bis heute für Relativierungen von anderen Ereignissen benutzt / mißbraucht wird und bei Jedem, selbst dem an Geschichte nicht Interessierten bekannt ist, wenn auch nur vage.

Mmmh... interessanter Gedanke. Aber: Erscheint der Holocaust bei einer Gegenüberstellung dieses Ereignisses milder? Nimmt man die Vernichtung der Azteken als Beispiel für dunkle Kapitel in anderen Ländern/Kulturkreisen? Wie kann es "missbraucht" werden?
 
man muss also fragen, was die Motive waren, nach Amerika zu fahren. Da wirst du zwischen Langeweile, Gottesfürchtigkeit und persönlicher Bereicherung alles mögliche finden. Dann musst du fragen, was am Ende dabei heraus kam. Und wenn du auf Diskrepanzen stößt, wie es zu diesen kam..

Wessen Motiv aber war es, die Azteken zu humanisieren? Hernán Cortés doch wohl kaum, oder?

Auf Wikipedia habe ich gelesen:

Moctezuma lehnte Cortés Wunsch, ihn in Tenochtitlán besuchen zu dürfen, ab. Mit seinen großzügigen Goldgeschenken wollte er die Fremden besänftigen und sie dazu bewegen, das Land zu verlassen, bewirkte jedoch das Gegenteil. Die prachtvollen Geschenke verstärkten nur ihre Habgier.

Habgier hatte er also schon vorher gehabt. Sie wurde durch diese Gastgeschenke verstärkt. Hatte er zuvor auch ein anderes Ziel gehabt (wenn es nicht allein Habgier war)? Wäre es nicht zum Mord von mehreren Tausend Azteken gekommen, wenn er nicht diese Habgier gehabt hätte? Was war überhaupt sein wahres Motiv, so viele zu ermorden? Allein wirklich das Gold?

Und: Von wem kommt denn die These, die Spanier haben das Opferritual abschaffen wollen?

Sowas stand schon immer im Raum, mein Lehrer hat nur noch weiter gedacht und diese fragwürdigen Schlussfolgerungen gezogen.

Ist die Begründung, die Azteken hatten ein grausames Ritual nicht eine Realitivierung des Geschehenen?

Hat man sich das später "dazugedacht" (ausgedacht?), um das Land in ein besseres (keinesfalls unschuldiges) Licht zu rücken?
 
Mmmh... interessanter Gedanke. Aber: Erscheint der Holocaust bei einer Gegenüberstellung dieses Ereignisses milder? Nimmt man die Vernichtung der Azteken als Beispiel für dunkle Kapitel in anderen Ländern/Kulturkreisen? Wie kann es "missbraucht" werden?

Das sind Gedanken, die mir immer mal bei Diskussionen über den Holocaust kommen. Wie zufällig wird im Gesprächsverlauf die Eroberung Südamerikas erwähnt und die Kultur der Inkas und Azteken fast bewundert, so im Tenor edler Wilder hat so tolle Sachen gebaut. Solche Kontexte lassen sich schwer beschreiben, da wird ganz viel zwischen den Zeilen angedeutet.
Ich befürchte, dass diese Argumentation schon im 3. Reich bei der Hitlerjugend gepflegt wurde.
Menschen, die sich nicht für Geschichte interessieren, haben in der Schule vielleicht ein bißchen von Griechen, Römern und Germanen gehört, neben dem Neuzeitschwerpunkt. Da haften solche Geschichten, gerade weil sie der Kirche als ethische Instanz angelastet werden, obwohl es faktisch so nicht war.
Es ist eine schwierige Gemengelage. Mir fällt nur auf, dass Menschen, die einem rechtslastigen Weltbild zuneigen, sich oft auch für Mayas und Azteken interessieren. Und unausgesprochen erscheint denen der Holocaust dann als nicht so schlimm.
Deshalb meine ich, dass man ausnahmsweise dieses Thema nicht nur faktisch, sondern auch moralisch wertend diskutieren könnte.
 
Hallo zusammen! :winke:
Mmmh... interessanter Gedanke. Aber: Erscheint der Holocaust bei einer Gegenüberstellung dieses Ereignisses milder? Nimmt man die Vernichtung der Azteken als Beispiel für dunkle Kapitel in anderen Ländern/Kulturkreisen? Wie kann es "missbraucht" werden?

Für sich gesehen wird der Holocaust natürlich nicht milder. Aber dadurch, dass man ihn in eine Reihe mit anderen - zugegebenermaßen ebenfalls oft - schrecklichen Ereignissen stellt, verliert er seine Einzigartigkeit und wird so doch irgendwie abeschwächt oder relativiert. Man verliert sich dann in einem Vergleich von Grausamkeiten und Opferzahlen etc. und das, was den Holocaust so "besonders" macht, aus den Augen. Dann ist der Holocaust plötzlich nur noch ein "Massensterben" unter vielen, quasi etwas "ganz natürliches".

Das Schlimme am Holocaust ist nicht nur die hohe Opferzahl. Ähnliches hat es in der Geschichte schon gegeben. Was den Holocaust so einzigartig in der Geschichte macht, ist, dass Millionen von Menschen aufgrund einer kruden, menschenverachtenden und rassistischen Ideologie erstmals bürokratisch geplant und organisiert mit industriellen Methoden ermordet wurden. Selbst wenn der Tod in der Gaskammer oder durch Genickschuss im Einzelfall "humaner" sein mag, als andere qualvollere Tötungsarten wie Scheiterhaufen, Rädern, Kreuzigen etc. die industrielle Dimension einerseits und das Töten von Millionen ohne "Notwendigkeit", nur um des Tötens oder der Erfüllung einer abartigen Ideologie willen, findet in der Geschichte nun mal nicht seinesgleichen. (Natürlich kann man hier um den Begriff der Notwendigkeit trefflich streiten. Er gefällt mir selbst nicht, aber mir fällt gerade nichts anderes ein, das es besser erklären könnte).

Viele Grüße

Bernd
 
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