Die Hanse

Bukephalos333

Neues Mitglied
Hallo Zusammen,
mir ist aufgefallen, dass die mittelalterliche Hanse im Forum etwas zu kurz kommt und dachte ich eröffne mal ein Thema dazu.
Die Hanse ist ja ein recht spannendes Thema. Ich bin sogar auf Autoren gestoßen, die sie als Vorläufer der EU bezeichnet haben. Es gibt kein Gründungs- oder Auflösungsdatum der Hanse, ihre Entstehung erfolgte mehr oder minder zufällig. Der Name geht auf eine altgermanische Bezeichnung zurück und hieß früher einfach "Personenschar." Später wurde der Begriff dann für umherziehende Händler verwendet. Kaufleute, die in Gruppen reisten, bezeichneten sich also auch selbst als Hanse. Außerhalb des Niederdeutschen-Raums erwuchs dann irgendwann der Eindruck man hätte es mit einer übermächtigen Organisation zu tun. :autsch:Also, das war sie ja auch, aber erst später.

Zunächst möchte ich hier noch Literatur und Links vorstellen, die ich zu dem Thema kenne:
- Stephan Selzer: "Die mittelalterlich Hanse" - Hammel-Kiesow, Puhle, Wittenburg: "Die Hanse"
- Norbert Angermann (hrsg.): "Die Hanse und der Deutsche Osten"
- Link zur WDR Sendung Planet Wissen, die haben das Thema zweimal behandelt und gut aufbereitet
Planet Wissen - Hanse

So weit so gut erstmal. Ich hoffe ein paar Interessierte steigen auf das Thema ein...
PS: Ich bin ja noch absoluter Newbie hier und für Verbesserungen und Anregungen dankbar

Grüße, Buki
 
Vor kurzem habe ich gelesen, dass die Hanse drei wichtige Strategien des Seekriegs entwickelt und als erste eingesetzt hat.

die Seeblockade
das Konvoisystem
und die
Befriedung von Seegebieten

sonst leider nicht soviel Ahnung.
aber umso mehr Interesse.
 
Vorläufer der EU, =) das war nicht zufällig der Zweiteiler des ZDF zur Hanse. Die haben neulich auch das Römische Reich und mitsamt dem Limes zu Vorläufern des geeinten Europa erklärt. Wenn das mal keine unangebrachte Vereinnahmung der Geschichte ist.
Naja, mit freiem Handel hatten es die Hansen wohl weniger, die bestanden auf ihren Privilegien.
Trotzdem ein interessantes Thema.
 
Die Hanse mit Lübeck, Wismar, Rostock und Stralsund hatte eigentlich nur 2 Interessen: 1: Geld, 2: Dänenbashing.
 
Terra X - ZDF.de

Hier mal der Link zu einem der ZDF-Filme. Laut dieser Doku fuhren sie bis nach Grönland und auf die Shetlands.

Ich glaube aber, das mit dem Dänenbashing war eher umgekehrt, also die Dänen vermöbelten gerne mal die Hansekaufleute. Für die Hanse war Krieg doch viel zu teuer.
 
Aber die Dänen haben Gotland überfallen. Das konnten sich die Jungs doch nicht gefallen lassen.
Und meines Wissens waren die Hansen nie auf Eroberungen aus, im Gegensatz zu den Dänen.
 
Aber um zum Thema Hanse zurück zu kommen. Die Hanse bestand ja nicht nur aus den heutigen Hansestädten. jede menge andere Städte aus dem Reich waren zeitweise Mitglied der Hanse. Nur um einige zu nennen: Köln, Dortmund, Soest und viele anderen.
wie sieht es eigentlich mit einigen Städten in den heutigen Niederlande aus? Kampen an der Ijssel, war die Stadt eine Hansestadt oder nur ein Kontor?

Apvar
 
Die Hanse war im Mittelalter wirkich eine Macht. Jede Stadt versuchte irgendwie beizutreten.

... und war nicht froh, wenn sie wieder austreten musste. :motz:

So wie Berlin und Cölln, die knapp 100 Jahre lang Hansestädte waren (ab 1360), wenn auch eher unbedeutende. Gegründet worden waren beide Städte, um den Spreeübergang zu sichern, und um dort als Handelspunkt zu fungieren. Die Hanse-Mitgliedschaft war die logische Folge davon.

Die mittelalterliche Handelsstadt - Berlin.de

Enden tat dies erst, als die Hohenzollern Berlin-Cölln zur Residentstadt machten (Mitte des 15. Jh.). Die bürgerlichen Freiheiten gingen verloren, trotz mancher Proteste. In diesem Zusammenhang erledigte sich auch die Mitgliedschaft in der Hanse.

Berliner Unwille ? Wikipedia
 
Was mich ja fasziniert ist, dass sich diese Organisation solange gehalten hat, obwohl es nie eine richtige "Hanseregel" gab, sondern sie einfach nur ein loser Zusammenschluss der verschiedenen Hansestädte war.
Aber vieleicht war auch gerade das die Stärke der Pfeffersäcke.:grübel:
 
Interessanter finde ich die Frage, warum die Hanse den Sprung in die Neuzeit nicht geschafft hat, und warum es keine "Hanseatische Ostindien Gesellschaft" gegeben hat. Die hätten doch eine modernere Organisationsstruktur entwickeln und am weltweiten Handel nach den großen Entdeckungen teilhaben können. Das Potential war doch vorhanden, und Geld gab es auch.
Die Holländer mit viel weniger "Hinterland" und der Last der Kriege gegen Spanien haben das auch geschafft.
 
Vor kurzem habe ich gelesen, dass die Hanse drei wichtige Strategien des Seekriegs entwickelt und als erste eingesetzt hat.

die Seeblockade
das Konvoisystem
und die
Befriedung von Seegebieten
Seeblockaden gab es schon im Altertum, insbesondere um die Belagerung von Städten zu komplettieren.
Beim Konvoisystem würde ich zustimmen, da wäre mir kein älteres Beispiel bekannt.
Und "Befriedung von Seegebieten" ist eine recht unscharfe Formulierung. Mir ist nicht klar, was genau das heißen soll. Im Prinzip würde ich z. B. den großen Piratenfeldzug von Pompejus so bezeichnen, da wurde immerhin fast das ganze Mittelmeer befriedet. Frühere Beispiele sind je nach Definition des Begriffs auch denkbar.
 
Gab es die Hanse? Sie war in meinen Augen eher ein lockerer Bund, nicht so fest gefügt wie heute die EU. Dafür war das ganze Gebilde zu Heterogen.
Für die rheinischen Städte war eher der Stalhof in London oder Brügge wichtig, denn die Ostsee.

Apvar
 
Seeblockaden gab es schon im Altertum, insbesondere um die Belagerung von Städten zu komplettieren.
Beim Konvoisystem würde ich zustimmen, da wäre mir kein älteres Beispiel bekannt.

Die Hanse hat nicht nur einzelne Hafenstädte blockiert, die haben zB Norwegen blockiert, erfolgreich.

Und "Befriedung von Seegebieten" ist eine recht unscharfe Formulierung. Mir ist nicht klar, was genau das heißen soll. Im Prinzip würde ich z. B. den großen Piratenfeldzug von Pompejus so bezeichnen, da wurde immerhin fast das ganze Mittelmeer befriedet. Frühere Beispiele sind je nach Definition des Begriffs auch denkbar.
zB
Friedkogge
Kriegsschiff zum Schutz gegen Seeräuber.


  • dat me dar sulves umme spreke umme de serovere, alzo dat de copman van en in der zee unbescadet blive, unde oft des not were, dat me vredecoggen utmaken scolde
    1377 HanseRez. II 160
  • MnlWB. IX 1267
von da
Schärfer: Genau das, was die EU derzeit am Horn von Afrika versucht:
liest sich auch sehr ähnlich, Lübeck schickt so ein Schiff, Hamburg eins so und so,
Von dem her sehr modern.


Edit: Zur Abwechslung sind das mal nicht meine Thesen, sondern die habe ich irgendwoher, habe nur zZ den Namen der Quelle vergessen:red:
Aber bei Bedarf fällt es mir schon wieder ein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Interessanter finde ich die Frage, warum die Hanse den Sprung in die Neuzeit nicht geschafft hat, und warum es keine "Hanseatische Ostindien Gesellschaft" gegeben hat. Die hätten doch eine modernere Organisationsstruktur entwickeln und am weltweiten Handel nach den großen Entdeckungen teilhaben können. Das Potential war doch vorhanden, und Geld gab es auch.
Die Holländer mit viel weniger "Hinterland" und der Last der Kriege gegen Spanien haben das auch geschafft.

Also erstmal haben wir hier zwei komplett verschiedene Epochen und der Vergleich der Holländer zeigt zwar auf, wie schnell eine Seemacht über Handelsgesellschaften und Kolonialen Besitz aufgebaut werden kann, aber ebend auch wie schnell solche Mächte wieder weg vom Fenster sind.

Entscheidend bei den Überseegesellschaften ab den 16.Jahrhundert war in der Regel der Schutz über eine "staatliche" Flotte, denn nicht nur Handelsmacht allein entschied über den erfolgreichen Verlauf.

Eine der Übersseischen Handelsgesellschaften konnte in der Regel ohne diesen Schutz nicht lange bestehen, auch wenn es eigene Kriegsschiffe ausrüsten konnte. Doch dieser private Schutz war so teuer, dass es auf kurz oder lang nicht aus wirtschaftlicher Sicht finanzierbar war.

Bestes Beispiel die überseeischen Gesellschaften Brandenburgs-Preußens, die nur Bestand hatten, solang es eine brandburgische Kriegssflotte zum Schutz beistand. Nachdem diese Flotte nicht weiter aufrecht erhalten wurde, brachen auch die überseeischen preußischen Handelsgesellschaften in die Bedeutungslosigkeit der damaligen Zeit.

Ähnliches haben wir bei der Hanse, es gab nur eine private Handelsgesellschaft, die finanziell nicht in der Lage war über ihre Grenzen der Nordmeere hinaus zu operieren. Zumal es damals noch wenige reine Kriegsschiffe vorhanden waren.
Einige Städte, konnten zwar Kriegsschiffe ausrüsten, waren aber auch immer auf führende Länder im Seewesen angewiesen, doch gab es da schon keine Hanse mehr.

Krieg war und ist eine sehr teure Angelegenheit, vor allen wenn aus privaten Kassen finanziert ...;)
 
Zumal es damals noch wenige reine Kriegsschiffe vorhanden waren.

Zumal, wenn man die Entfernungen bedenkt. Einige Schiffe, die primär dem Handel dienen, zeitweise für kriegszwecke umzurüsten, um eine Piratenbande vor Helgoland auszuräuchern ist eines; solche Schiffe langfristig bzw auf Dauer zu unterhalten, um Piraten (oder widerborstige "Eingeborene") am anderen Ende der Welt zu bekämpfen, ist eine ganz andere Investition.

Wobei "Investition" wohl das Stichwort ist: Auch die Niederlande als militärisch sehr schwache Kolonialmacht war imstande, das eigene Territorium (und damit die Handelsgewinne) zu verteidigen. Ob die Hansestädte dazu im 17. Jh. und später noch fähig waren wage ich zu bezweifeln.
 
Okay, dann formuliere ich um. Warum haben es die Niederländer (zeitweise) geschafft, die Hanse mit größerem Potential aber nicht. Der Niederländische Staat war damals zwar ziemlich modern, aber wie bereits mehrfach erwähnt, waren derartige Unternehmen sehr teuer und es dauerte lange, bis sie Profit abwarfen. Und Holland ist ein ziemlich kleiner Staat mit begrenzten Resourcen.
Es wundert mich einfach, warum die Hanse nicht eine strengere Organisation entwickelt hat, um diese Aufgaben zu stemmen. Denen muss doch klar gewesen sein, dass im 16. Jhdt. die Nord- und Ostsee nicht mehr das Zentrum des Handels waren, und dass man mit Gewürzen mehr verdienen konnte als mit Stockfisch.
 
Das Problem der späten Hanse war, das die meisten Städte wieder näher in ihre Stadtherren gerückt wurden. Während des 80-jährigen Krieges haben die Provinzen der späteren Niederlande sich mehr und mehr von ihren Landesherren emanzipiert. Und spätestens ab 1550 hat der Kaiser mehr den Süddeutschen Raum unterstützt. Weis nicht wo ich es gelesen habe, aber den Hansestädten soll der Handel mit den Kolonien untersagt gewesen sein. Und die Süddeutschen Handelshäuser sollen beauftragt bei den großen Entdeckungsreisen und Eroberungsreisen dabei gehabt haben. Vielleicht als indirekte Rückzahlung der Kredite des Kaiserhauses?

Apvar
 
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