Muspilli
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Mich würde mal interessieren, bei welchen Historiographen sich erstmals die Herleitung von Aeneas findet. Weiß das jemand aus dem Effeff?
Bezüglich der Franken beim Fredegar, der die trojanische Abstammung behandelt.
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Mich würde mal interessieren, bei welchen Historiographen sich erstmals die Herleitung von Aeneas findet. Weiß das jemand aus dem Effeff?
Fredegar kann aber frühestens in der zweiten Hälfte des 7. Jhdts. geschrieben haben. Gibt es irgendwelche Beweise dafür, dass es die Troja-Herkunftssage schon in der Spätantike gab, als also die Rivalität mit den Römern noch aktuell war? Oder könnte sie nicht auch eine Erfindung aus einer Zeit sein, als die Merowinger sich schon längst etabliert hatten und im Grunde genommen keine erhabene Herkunft mehr nötig hatten?
Mir scheint das ganze Thema doch sehr komplex und ohne klare Grenzen zu sein.
Die bei Fredegar tradierte Herkunftssage (origo) der Franken ist nur ein zeitgenössisches (Mitte 7. Jh.) Konstrukt. Das hat sehr viel mit spätantiken und frühmittelalterlichen ethnographischen Vorstellungen zu tun. Die seit Vergil bekannte Trojanersage der Römer wurde von Fredegar nur aufgegriffen, zuvor gibt es keinen Beleg dafür. Neben Fredegar erwähnt es dann das später entstandene Liber Historiae Francorum, mit eigenen Variationen. Beide Texte unterscheiden sich und griffen wohl auch auf eine gallo-römische Trojaerzählung zurück, aber das ist alles recht unklar. Es existiert dazu eine umfangreiche Fachliteratur, einführend nenne ich nur Alheydis Plassmann, Origo gentis, Berlin 2006, speziell S. 151ff. Eugen Ewig hat zum Trojamythos bei den Franken auch einiges geschrieben.
PS: Es ist auch nicht korrekt anzunehmen, dass dieses Konstrukt auf Initiative der Merowinger geschaffen wurde. Fredegar schreibt eher aus "oppositioneller" Perspektive, bei den Merowingern war vielmehr wohl die sakrale Legitimation ausschlaggebend, wenngleich es in der Forschung umstritten ist, welche Rolle diese genau spielte (siehe die ebenfalls bei Fredegar überlieferte Sage vom Quinotaurus). Daher ist hier das Sakralkönigtum wichtiger als der Trojamythos der Franken, den Fredegar wohl eher allgemein bezogen auf die fränkische Geschichte konstruiert hat, damit die Franken mit den Römern diesbezüglich konkurrieren konnten. Ist aber ein weites Feld.
Wenn ich mich richtig entsinne, so fanden im ganz frühen Mittelalter bzw. der Spätantike zwei Ereignisse gerade bzgl. Legitimationsfragen großes Interesse: einmal das Senioratsprinzip bei den Vandalen (die Herrschaft ging nach Geiserichs Tod an seinen ältesten Sohn über, keine Teilung des vandal. Hoheitsgebiets), zum anderen die kritische Thronfolge im italischen Ostgotenreich nach Theoderichs Tod.
Bzgl. der ostgotischen Verhältnisse ist interessant, dass nach Amalarich, Amalaswintha und Theodahad - allesamt Angehörige der Herrschersippe der Amaler - die durch Wahl erfolgte Thronerhebung von Witigis (der zuvor ein adeliger "General" der Ostgoten war) aus byzantinischer Sicht als Usurpation bzw. Tyrannei bezeichnet wurde. Ostrom erkannte also Witigis wie auch nach ihm Totila und Teja nicht als legitime Herrscher an.
Die Zugehörigkeit zu einer anerkannten herrschenden Sippe (Amaler, Merowinger, Karolinger usw.) war auf jeden Fall eine Art Legitimation. Erstaunlicherweise galt dies auch für Nachkommen, welche die Herrscher mit Nebenfrauen zeugten - interessant sind die genealogischen Listen von Alexander Demandt zur familiären Versippung des "Militäradels" in Spätantike und frühem Mittelalter.
Interessant ist auch die Königswahl des langobardischen Authari nach einem zehnjährigen königslosen Interregnum, welcher sich nach der Königswahl den Beinamen Flavius zulegte, um sich zusätzlich zu legitimieren.
mea culpa :friends: ich hatte Mathaswintha ganz vergessen :autsch:Nur: Witigis versippte sich bei seiner Königserhebung mit den Amalern, da er die Tochter der Amalaswintha heiratete.
nun, die Fragestellung ist mir jetzt klar.
Wodurch war das Königtum der Merowinger legitimiert? Oder besser, warum waren sie allgemein als Könige anerkannt? (Altes Geburtsrecht, "hochedle")
Wodurch das der Karolinger? (generationenlange Machtausübung,-allerdings im Auftrag-, Anerkennung durch den Obersten Priester der Christenheit, das Papsttum ist ja noch lange nicht "voll" ausgebildet)
Das hat aber nichts mit der Frage nach der Legitimation zu tun. Abgesehen davon, dass Gregor von Tours ohnehin nicht die zuverlässigste Quelle ist, wenn es darum geht, ob jemand unter fränkischer Herrschaft stehen wollte: Er will vermutlich lediglich sagen, dass es in Gallien so drunter und drüber gegangen sei, dass viele Menschen hofften, dass unter fränkischer Herrschaft wieder Ruhe und Ordnung einkehren würden. Dieser (von Gregor behauptete) Wunsch des Volkes nach faktischem Schutz ist etwas anderes als die Frage, wieso die Merowinger zu herrschen berechtigt waren.Gregor von Tours schreibt "..inzwischen aber verbreitete sich in diesen Gegenden der Ruf von der furchtbaren Macht der Franken und alle wünschten sehnlichst unter ihrer Herrschaft zu stehen..." (II.23), " Viele wünschten sich damals von ganzem Herzen die Franken zu Herren zu haben." (II.35)
Zu Chlodwigs Lebzeiten scheint eine sakrale oder Ahnenlegitimation nicht nötig gewesen zu sein. Ich deute G.´s Zitat so, daß viele vom stärksten regiert werden wollten.
Den Zusammenhang verstehe ich nicht. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Gregor schildert biblische Ereignisse und die Geschichte des Christentums nicht, um eine Ursprungssage der Franken zu erzählen, sondern weil er sein Werk als eine Art Universalgeschichte angelegt hat, auch wenn es hauptsächlich um die Franken geht.G. beginnt seine Chronik im religiösen Sinn und thematisiert auch den römischen Christenhaß (I. 10), wenn ich nichts überlesen habe ohne Troja zu erwähnen.
Deswegen vielleicht die Erzählung von verschollen Trojaner über das schwarze Meer, um der Frage nach der römischen Christenverfolgung zu entgehen?
"
Das Macht/Gewalt von Berechtigung eindeutig getrennt wird, ist in der Antike, so wie ich es mitbekommen habe, nicht klar. Siehst du das anders?
Warum ist Gregor keine gute Quelle?
Immerhin hatte Chlodwig die Herrschergeschäfte von seinem Vater Chilperich übernommen, und anschließend setzte er sich (teils wohl recht brutal) in der weitverzweigten Merowingersippe als Chef durch. Mag die Ahnenreihe der Merowinger auch recht kurz sein (Merowech - Chilperich - Chlodwig), so war doch der Erfolg dieser Sippe offenbar recht groß. Gregor selber schreibt es Gottes Fügung zu, das Chlodwig sein Frankenreich kriegerisch einte (also andere versippte "Kleinkönige" beseitigte). Wenn ich mich richtig entsinne, so beschreiben die Quellen die Merowingerkönige als "langharige" Könige - da scheint diese Haartracht durchaus heidnisch-sakralen Charakter gehabt zu haben (später schor man ausgebooteten Thronprätendenten die Haare!) - und sie belegen einen Hang zur Vielweiberei, welcher den Bischöfen zwar ein Dorn im Auge war, sich aber nicht zivilisieren ließ. Des weiteren deuen die Quellen auch irgendwelche merowingischen Umzüge in Stierwagen an.Zu Chlodwigs Lebzeiten scheint eine sakrale oder Ahnenlegitimation nicht nötig gewesen zu sein. Ich deute G.´s Zitat so, daß viele vom stärksten regiert werden wollten.
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