Tilly, ein würdiger Heerführer?

ninabu

Neues Mitglied
Hi,
ich habe mich gefragt....und auch schon andere mit der Frage genervt...War Tilly wirklich ein würdiger Heerführer?

Wikipedia zeigt sich gespalten. Aufgrund der Geschichte der Schlacht um Magdeburg bin ich derzeit der Meinung, das er eher "Unwürdig" war/ist.
Aber wenn er wirkich "Unwürdig" ist, warum werden nach ihm Plätze, Srassen oder Denkmäler gewidmet??

Denk ich richtig oder liege ich Falsch?

Grüßle
Ninabu
 
Mir ist es neu, dass es so etwas wie einen "würdigen" Heerführer gibt.
Kann ich mir nix drunter vorstellen.
 
Er hat doch die Belagerung von Magdeburg gewonnen, dazu bis zum Eingreifen Schwedens zahlreiche weitere Schlachten. Damit war er einer der erfolgreichsten Feldherren in den ersten Jahren des Dreißigjährigen Krieges. Somit war er meiner Meinung nach ganz klar "würdig", die Streitkräfte der Liga anzuführen und im Nachhinein Denkmäler zu seinen Ehren zu erhalten.
 
In welcher Zeit bist du denn geboren, dass, vor allem seine Handlungen bzgl. der Eroberung Magdeburgs, oder so gesehen, ein Krieg an sich, sofern er nicht nach (künstlichen/erlogenen) heren Idealen geführt wird jmd. würdig werden lässt ein Denkmal zu erhalten? Die Diskussion "Denkmäler von Feldherren" hatten wir allerdings schon.
 
@stilicho.....das würdig ist ja in gänsefüßlein gesetzt :)


so, und ich seh das bisher ähnlich wie Afkpu, denn dieses abschlachten von der stadtbevölkerung auf so bestalische weise wie dort geschehen sein soll, ist einfach barbarisch.

was mir bei der chonik seiner schlachten aufgefallen ist, wäre die belagerung sowie plünderung von hann münden, samt angrenzenden dörfern. warum ist er nicht auf kassel marschiert, immerhin zur damaligen zeit eine reiche stadt und nicht mal 30km entfernt. außerdem war der landesfürst von hessen-kassel ja auf schwedischer seite und somit feind.
 
was mir bei der chonik seiner schlachten aufgefallen ist, wäre die belagerung sowie plünderung von hann münden, samt angrenzenden dörfern. warum ist er nicht auf kassel marschiert, immerhin zur damaligen zeit eine reiche stadt und nicht mal 30km entfernt. außerdem war der landesfürst von hessen-kassel ja auf schwedischer seite und somit feind.

Der Krieg in den 16-20ern war in erster Linie eine Krieg zwischen Christian von Dänemark und dem Niedersächsischen Reichskreis auf der einen, und dem Heer der katholischen Liga (unter Tilly und Wallenstein) auf der anderen Seite.
Kassel war in diesen Krieg zunächst nicht hineingezogen, verbündete sich erst 1631 mit Schweden und 1636 mit Frankreich, worauf auch 1637 ein kaiserliches Heer Kassel besetzte und Landgraf Georg von Hessen-Darmstadt vom Kaiser als Verwalter Niederhessens eingesetzt wurde.
 
So grausam das Verhalten seiner Truppen auch gewesen war, so waren Vergehen an der Zivilbevölkerung in diesem Krieg kein Einzelfall (wobei der Fall Magdeburg auch schon damals als besonders grausam galt). Zumal Magdeburg als ein Zentrum des Protestantismus galt und auch der Papst sich im Nachhinein positiv über die Stürmung der Stadt äußerte. Und ich bezweifle auch, dass Tilly oder Pappenheim ihre Söldner am ersten Tag der Plünderung wirklich hätten bremsen können.
Damit möchte ich nicht das Verhalten der Söldner oder ihrer Offiziere an sich entschuldigen. Aber meiner Meinung nach gab es durchaus Punkte, die die damals Beteiligten ihr Handeln weniger fragwürdig erscheinen ließen als Außenstehenden oder späteren Generationen.

In welcher Zeit bist du denn geboren, dass, vor allem seine Handlungen bzgl. der Eroberung Magdeburgs, oder so gesehen, ein Krieg an sich, sofern er nicht nach (künstlichen/erlogenen) heren Idealen geführt wird jmd. würdig werden lässt ein Denkmal zu erhalten? Die Diskussion "Denkmäler von Feldherren" hatten wir allerdings schon.

Die Diskussion war wohl vor meiner Zeit hier im Forum, aber ich persönlich habe kein Problem damit, dass Menschen geehrt werden, die ihr Leben in den Dienst ihres Staates gestellt haben und dafür kämpften, dessen Interessen zu verteidigen. Und in Zeiten, in denen es keine Gesetze gab, die heute als Kriegsverbrechen angesehene Taten verboten, fühlten sich die Feldherren auch mitunter weniger an moralische Zwänge gebunden. Ansonsten hätte wohl kaum ein antiker Feldherr ein Denkmal verdient.
 
Das die Vergewaltigung /Ermordung der Bürger einer eroberten Stadt zum Zeitpunkt der Eroberung Magdeburgs im HRR den Soldaten bei Todesstrafe verboten war und Tilly dem dementsprechend hätte einhalt gebieten müssen (oder es versuchen,w as er nicht tat), ist dir aber bewusst? Nur zu deinem Punkt "Diener des Staates"
 
War Magdeburg zu diesem Zeitpunkt nicht ein Feind des Kaisers und damit des Reiches?

Die genauen Vorschriften, denen sich die Söldner beim Eintritt in das Heer verpflichteten, sind mir allerdings nicht bekannt. Dass Tilly erst sehr spät eingriff, spricht sicher nicht für ihn. Aber hätte er die Beteiligten im Nachhinein konsequent bestraft, so hätte sein Heer sicher einen nicht unerheblichen Teil seiner Kampfkraft und Moral eingebüßt.
 
Das ist allerdings nicht wichtig, sofern die Gesetze des HRR nicht griffen (wobei sie das meines Gefühls nach taten , müsste man allerdings nachforschen), so würde das ius in bello sicherlich greifen, da es sich bei Magdeburg ja um einer Stadt handelte die laut dem Frieden von 1555 einer anerkannten christlichen Konfession angehörte, und somit nicht den abweichenden Vorstellungen eines Krieges gegen Heiden unterworfen war. Allerdings habe ich die FHIG nicht vorliegen und kann gerade die genauen Stellen aus jener Zeit nicht zitieren.
 
Gut, der Punkt geht an dich, den Religionsfrieden habe ich nicht bedacht.

Wobei sich der ein oder andere katholische Söldner, insofern die Religion für ihn eine Motivation zum Kampf darstellte, persönlich nach 13 Jahren Krieg wohl nicht mehr unbedingt daran gebunden fühlte. Das macht ein Verbrechen gegen geltendes Recht nicht ungeschehen, aber - aus damaliger Sicht - eventuell verständlicher.
 
Das Problem in dieser Zeit werden die Sölnder sein, denen waren religiöse/rechtliche Bedenken in anbetracht der finanziellen "Möglichkeiten" wohl herzlich egal. Zumal man ja beobachten kann das in katholischen Heeren sehr viele protestantische Söldner dienten und umgekehrt. Tilly kann man zusammen mit Pappenheim wohl vorwerfen, dass sie die Handlungen ihres Heeres nicht unterbanden bzw. tolerierten.
 
Anzumerken ist noch, dass Magdeburg heute vielleicht eine der größten Städte Deutschlands wäre, hätten Tillys Mannen nicht mehr als 90% der Bewohner getötet oder vertrieben. Die Metropole wurde in ihrer Entwicklung viele hundert Jahre zurückgeworfen, und ein solcher urbaner Bevölkerungsverlust durch eine einzige Plünderung lässt sich nur alle paar hundert Jahre belegen. Insofern muss die Magdeburger Hochzeit schon nach damaligen Maßstäben ein ungeheures Kriegsverbrechen dargestellt haben, dass die Ausmaße normaler Übergriffe auf Zivilisten deutlich überstieg.
 
Eine solche Überlegung ist, da nach dem "was wäre wenn" Gedanken, meiner Meinungf nach unsinnig. Ähnlich verhält es sich mit den Bemerkungen früherer polnischer "Politiker" , wonach Polen ohne die beiden durch Deutschland verschuldeten Katastrophen des 21. Jh. sehr viel mehr Einwohner hätte und somit innerhalb der internationalen Politik mehr Gewicht haben sollte.

Es fehlen einfach viel zu viele mögliche Faktoren.
 
Im Krieg gegen die Osmanen war so eine Bruatlität von beiden Seiten normal.

Siehe die Vernichtung von Sarajewos durch Prinz Eugen welches sich erst im Zuge des 1. serbischen Aufstands (und der Besiedelung durch Flüchtlinge aus dem Belgrader Pashaluk) wieder erholte.

In wie weit es bei Kriegen zwischen Christen nicht üblich war so fortzugehen kann ich nicht sagen.
 
Es war bestimmt nicht normal, aber die Magdeburger waren ja in den Augen der Katholiken Ketzer, und damit auf einer Stufe mit den muslimischen "Barbaren".
 
Nein eben nicht. Protestanten waren mit dem Frieden 1555 anerkannt. Wenn man schon Regelungen mit Ihnen bezüglich der Reichsverwaöltung, des Besitzrechtes etc. trifft, warum dann gerade diese Protestanten per se als Ketzer sehen? Das halte ich für unsinnig. Es ist natürlich die Frage inwiefern das Prinzip des bellum iustum zu jener Zeit noch angewandt wurde, aber auf Christen (und als solche wurden Protestanten auch gesehen, man vergleiche das Bild einer "geeinten Christenheit" welches von Protestanten & Katholiken im Zuge des langen Türkenkrieges erzeugt wurde, musste es theoretisch angewandt werden.

Ps.

Erster Post meinerseits im neuen Jahr ;)
 
naja, diese "Verleugner des wahren Glaubens" haben sich ja vorher mächtig gegen die anrückenden "papistischen Teufel" gewehrt.
 
Nein eben nicht. Protestanten waren mit dem Frieden 1555 anerkannt. Wenn man schon Regelungen mit Ihnen bezüglich der Reichsverwaöltung, des Besitzrechtes etc. trifft, warum dann gerade diese Protestanten per se als Ketzer sehen?

Sicher haben nicht alle Katholiken im Reich die Protestanten als Ketzer gesehen (der Begriff ist hier vielleicht etwas unpassend, mir fällt aber gerade kein besserer ein), sonst wäre 1555 nicht der Religionsfrieden zustande gekommen. Bestimmt aber der fanatische Kaiser Ferdinand II., der von seiner heiligen Mission erfüllt war. Seine Maßnahmen in den eroberten evangelischen Gebieten zeigen, was er vom Protestantismus hielt, und seine kurzzeitige Machtfülle Ende der 1620er Jahre brach ja auch zusammen, weil die Protestanten fürchteten, der Kaiser würde das HRR völlig gegenrefomieren.

Erster Post meinerseits im neuen Jahr ;)

Glückwunsch! Du hast ja bald die tausend voll! :winke:
 
Ferninand der II war kein katholischer Fanatiker sondern ein Machtmensch.

Wahrscheinlich bevorzugte er die russische variante wo der Kaiser die Kirche kontrolliert.
 
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