@ Hans forscht
"Erstmal vielen Dank für die Links. Den ersten (wiki) habe ich mit Interesse gelesen. Da steht allerdings auch, dass es erhebliche Zweifel an der EQ-These gibt."
Der EQ ist keine "These", sondern eine Messmethode (siehe Wiki): "Encephalization Quotient (EQ), or encephalization level is a measure of relative brain size defined as the ratio between actual brain mass and predicted brain mass for an animal of a given size, which is hypothesized to be a rough estimate of the intelligence of the animal." Der EQ ist, wie ich schonmal geschrieben hatte, nur eine grobe Annäherung, aber wenn das berücksichtigt wird, nützlich für das Verständnis der Evolution des Gehirns und der kognitiven Fähigkeiten. Falls Deine "erheblichen Zweifel an der EQ-These" auf dem Abschnitt "Criticism" in dem Wiki-Artikel beruhen, der ist äusserst schwach. Es wird eine Arbeit zitiert (Zitat 20), die argumentiert, dass absolute Gehirngrösse und nicht der EQ die kognitiven Fähigkeiten bei Primaten reflektiert. Es gibt andere Arbeiten, die das nicht so sehen. Der Abschnitt über Stegosaurus ist bizarr. Er verweist in Zitat 21 auf eine niedliche web page für Kinder (
Dinosaur Brains and Intelligence - Enchanted Learning Software), in der das Prinzip des EQ innerhalb der Dinosaurier beschrieben wird ("The Troodontids (like Troödon) were probably the smartest dinosaurs, followed by the dromaeosaurid dinosaurs (the "raptors," which included Dromeosaurus, Velociraptor, Deinonychus, and others) had the highest EQ among the dinosaurs, about 5.8 (Hopson, 1980).") Das Zitat widerspricht also der Aussage in diesem Teil des Wiki-Artikels. Ausserdem müsste der Autor dieses Abschnitts die EQ von zwei unterschiedlich grossen Reptilien miteinander vergleichen, bevor er schreibt: "While Stegosaurus undoubtedly was an animal of very limited behavioural complexity, this fact undermines the idea on which EQ is based - that a larger animal requires a larger brain to look after a large body." Er vergleicht Elephanten, also einen Säuger mit Stegosaurus, einem Dinosaurier.
" Es wird argumentiert, dass die Zellen eines Gehirns nicht zwangsläufig mit der Körpergröße proportional anwachsen. Eben das würde auch ich vermuten."
Natürlich nicht. Um die Allometrie des Körper/Gehirnwachstums zu berücksichtigen, wurde ja der EQ entwickelt. Wiki: "This is a more refined measurement than the raw brain-to-body mass ratio, as it takes into account allometric effects." Aber ein Mensch mit 80 kg hat nun mal einen höheren EQ als ein Schaf mit 80 kg und ist auch intelligenter als ein Schaf.
"Gibt es überhaupt Beweise dafür, dass Hirnzellen bei gleicher Funktion mit der Körpergröße wachsen? Warum sollte das so sein? Bei Knochen oder Muskeln mag das ja noch Sinn ergeben, da Körpergröße ein feature an sich ist, das selektionsrelevante Vor- und Nachteile mit sich bringt. Es macht also Sinn, schlicht die Zellgrößen aufzublähen, um größer zu werden oder sie, soweit ohne Funktionsverlust machbar, zusammenzuschrumpfen, um kleiner zu werden. Größere Knochen erfordern größere und stärkere Muskeln, Sehnen etc. Folglich muss das mit wachsen oder schrumpfen.
Für das Hirn würde ich dieses Erfordernis jedoch zurückweisen. Wenn ein Hirn bei gleicher Funktionalität mitwachsen würde, wäre dies ein zufälliger Weise von der Evolution noch nicht ausgemerzter Zusammenhang, der zu erheblichem zusätzlichem Nahrungsbedarf führen müsste.
Hast du insofern einen Nachweis dafür, dass Hirnzellen in größeren Tieren größer sind als in kleineren? Insbesondere was Tiere betrifft, die mit der Zeit wesentlich größer geworden sind (z.B. Pferde)?
Falls sich Mäuse aus Elefanten entwickelt hätten und dabei die Form sehr ähnlich geblieben wäre (z.B. sehr kleine Hunderassen) würde ein Mitschrumpfen dagegen ab einem gewissen Maß an Schrumpfung erforderlich. Alternativ müsste das Hirn mit weniger Zellen auskommen. Man stelle sich eine Maus mit 5 kg Hirn vor. Wir sprechen hier aber von größer werdenden Hirmen."
Gehirnzellen "wachsen" nicht in der Evolution, wenn das Gehirn grösser wird, ihre Zahl nimmt zu.
"Der zweite Link funktioniert nicht:
Der Link http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1...ubmed/19549862
Wirft auf der Seite von PubMed aus: The requested page does not exist."
Sorry, der link ist wohl zerlegt worden, das paper sollte ja auch nur ein Beispiel für die Verwendung des EQ in der Forschung geben (aber vielleicht geht der link direkt zu PNAS
Virtual endocast of Ignacius graybullianus (Paromomyidae, Primates) and brain evolution in early primates). Wenn Du bei PubMed "encephalization" eingibst, bekommst Du 197 zusätzliche Publikationen, von denen ein Teil open access ist.
"Der dritte Link (Abstrakt "Brain size and encephalization in early to Mid-Pleistocene Homo") unterstützt deine Aussage nicht sondern argumentiert, dass die Zunahme der Hirngröße nicht schlicht durch einen vermuteten EQ-Zusammenhang zu erklären ist. Das als Beleg wäre also ein Kreisschluss."
Da scheinst Du einen anderen abstract gelesen zu haben
confused
. Ich zitiere: "When orbit height is used to construct an index of relative brain size, it is apparent that the (significant) increase in volume documented for the Middle Pleistocene individuals is not simply a consequence of larger body mass.
Encephalization quotient values confirm this finding."
Die Autoren dieses paper's basieren die Hauptaussage iher Arbeit, dass H. erectus und H. heidelbergensis unterschiedliche Arten mit unterschiedlichen kognitiven Fähigkeiten waren, unter anderem auf die zunehmende Enzephalisation: "The more fine-grained approach utilized here is consistent with the hypothesis that there was a significant shift in brain size, at or just before the onset of the Middle Pleistocene. This increase encompassed not only the gross volume of the brain but also encephalization as measured by EQ, and it seems clearly linked with species change. Homo erectus produced a daughter lineage, now commonly called Homo heidelbergensis." (siehe auch Table. 3, p. 116).
"Ich gebe nochmal zu bedenken, dass mir die Thematik durch anthropozentrisches Denken eingeschmutzt erscheint: Klar, wir sind die tollsten, schönsten und überhaupt die absolute Krone der Schöpfung! Das werfe ich nicht dir oder anderen Mitdiskutanten hier vor (jedenfalls in diesem Moment), sondern meine, dass das Thema von Beginn an (vor Jahrhunderten) durch diese Denkweise gestört ist und wir dazu aufgerufen sind, uns von dieser Bauchnabel-Denke zu befreien."
Zur Krone der Schöpfung, wenn ich in meinen Badesee in Nordaustralien mit einem Leistenkrokodil teile, dann helfen mir meine höheren intelektuellen Fähigkeiten natürlich nichts! Das ist aber hier nicht die Frage, sondern ob die Zunahme des Gehirnvolumes und des EQ in der Evolution mit einer Zunahme der kognitiven Fähigkeiten verbunden war, und ich kenne keine ernstzunehmende wissenschaftliche Arbeit, die das negiert.