Kelten und Germanen

Nicht ganz: Caesar setzte zwar den obersten Gott der Gallier mit Merkur gleich, behauptete aber, sie würden Dis (=Pluto) als ihren Stammvater betrachten. (Welcher gallische Gott damit gemeint war, ist unklar.)

Ich würde Cäsar da auch auf nix festnageln wegen einer solchen Fussnote...

1. muss der Gott von dem sie abzustammen laubten nicht zwangsweise ihr höchster oder am häufisten verehrter Gott gewesen sein,

2. kann Cäsar auch eine Aussage verallgemeinert haben die von einem der mit ihm verbündeten Stämmen stammte, sagen wir mal den Aedui, die aber nicht alle Gallier 100%ig geteilt haben müssen.

Außerdem war politische Mythologie immer extrem wandelbar... die Franken wollten auch irgendwann einmal unbedingt von den Trojanern abstammen, und die Briten auch...
das waren halt Themen die en vogue wurden wenn man es als chic oder opportun betrachtete mit den Römern besonders nahe verwandt zu sein...
 
Der langwierige Prozess mag vorliegen, wenn man die Sprachreste in den Familien betrachtet. Eine "Geschäftssprache" kann aber sehr schnell wechseln, wenn man sich an einen anderen Kulturkreis anpassen muss. Womit sich wieder die Frage der Homogenität stellt. Um ein neueres Beispiel zu bemühen - französisch verbreitete sich in Nordarfika sehr schnell, auch wenn in den Familien weiterhin arabisch oder berberisch Gesprochen wurde.
Du sprichst ihn selbst an - den Unterschied zwischen Mutter- bzw. Umgangssprache einerseits und Geschäfts- bzw. Amtssprache andererseits.
 
Du sprichst ihn selbst an - den Unterschied zwischen Mutter- bzw. Umgangssprache einerseits und Geschäfts- bzw. Amtssprache andererseits.

Was möchtest du mit dieser Bemerkung Aussagen? Und was sagt das über die römische Beschreibung der ihnen fremden Völker aus?
Die scharfe Trennung, die du vornimmst, existiert doch in der Realität nicht. Schau in unserer heutigen Gesellschaft Migranten an. Einige Familien pflegen die heimatliche Sprache, andere ziehen ihre Kinder deutschsprachig auf. Das vermischt und verwischt sich doch total. War das vor 2000 Jahren anders?
Und wieder zurück zu den römischen Autoren: Welche Wahrnehmung hatten sie?
 
Nun,das kommt auch im wesentlichen auf die Distanz an,die sie zu den Gebieten und Völkern hatten, über die sie berichteten. Der informaztionsfluss außerhal der betreffenden Region dürfte sich im wesentlichen auf die sporadischen Erzählungen von Händlern und Soldaten und die offiziöse Berichterstattung beschränkt haben.
Und die war natürlich ideologisch geprägt.

Was für mich immer noch nicht ganz erklärbar ist,ist die Doppelbenennung von Städten entlang des Rheins mit durch die Römer mit Bzeichnungen keltischen und germanischen Ursprungs wie z.B.Borbetomagus und Civitas Vangionium für Worms.
wenn man "civitas" als größeren Verwaltungsbezirk um die Stadt herum interpretiert
hätten wir eine Stadt mit keltischer und ein Umfeld mit germanischer Bezeichnung.
Könnte das als Hinweis auf die Verteilung der beiden Völker also Kelten/Galloromanen als Stadtvolk, und Germanen als das um die Stadt herumwohnende Landvolk gesehen werden ?
 
Nein. Ein Beispiel die hier schon angesprochene Civitas der Ubier...
zumindest anhand der überlieferten Personennamen lassen sich solche Schlüsse gerade dort nicht ziehen.

Wobei man natürlich vorsichtig sein muss was Namen und ethnizität angeht... ich trage einen Hebräischen und einen Griechischen Namen...
wer von uns trägt römische oder germanische Namen? Sagt das etwas über seine Ethnizität aus oder über Modenamen zur Zeit seiner Geburt/Kindheit?
 
Bei Personennamen würde ich Dir zustimmen.
Aber die Doppelbenennung von Stadt und Städtischer Region noch dazu durch eine dritte Partei, nämlich die Besatzungsmacht Rom ist doch von anderer Qualität. Solche Benennungen sind in der Regel politisch-symbolischer Natur und reflektieren m.E, im Falle Borbetomagus und !Civitas Vangionium schon Ethnizitäten.
Und es ist nicht der einzige:.
Das benachbarte Ladenburg/Lopodunum (vom keltischen Lokudunom = „Seeburg“)war Hauptort der.Civitas Ulpia Sueborum Nicrensium; und noch krasser wird es weiter südlich:Die Civitas Nemetum ist benannt nach den Nemetern(Germanen?) und deren Stammesgöttin Nementona war die keltische Schutzgöttin der Heiligtümer .
Das spiegelt in diesem Raum m.E. durchaus eine doppelte Ethnizität von Kelten und Germanen wieder.
 
Ich hab so mein Problem damit in den römischen Verwaltungseinheiten der Civitates eine wirkliche Weiterführung der ursprünglichen Stämme dieses Namens zu sehen...
 
Warum? Es war ja über längere zeit durchaus üblich, die einheimischen Stammesstrukturen durch die Einbindung des jeweiligen Adels in die römische Verwaltung zu integrieren.
 
In der Zeit des aufkeimenden Nationalismus im 19. und 20. Jahrhundert hatte die ursprüngliche Einteilung Julius Cäsars der Kulturen links und rechts des Reihnes in Kelten und Germanen ungesunden Einfluss auf die Sichtweise franzosenfeindlicher Burschenschaftler/Studenten etc ( gerade nach der Zeit der napoleonischen Besatzung und des Entstehens politischen Bewusstseins) . Alles was dem angeblichen welschen (französischen)
Kulturkreis entsprang (wie die Werte der französischen Revolution), wurde als undeutsch und schlecht abgelehnt ( Verbrennung undeutscher Schriften beim Wartburgfest). Der Begriff welsch wurde willkürlich bald auf sämtliche (westliche) Feindbilder, die man mit Frankreich assozieren wollte, angewand (z.B die Herrmannsschlacht gegen die angeblich welsche Invasion). Die Herrmannsstatue richtet sich gen Frankreich, obwohl die Schlacht gegen Rom geführt wurde. So hieß es bei Ernst Moritz Arndt (ein Hasser der Franzosen) im Deutschlandlied, dass jeder "Welsch" ein Feind sei. In einer Ausgabe der Zeitschrift "DAMALS" ( Entschuldigung, dass ich die Heftnummer nicht weiß) las ich einst, dass deutsche Wissenschaftler unmittelbar nach der Reichsgründung 1871 rauszufinden versuchten, ob es sich bei den Franzosen um eine biologisch miderwertige Rasse handeln könnte und diese deshalb den Krieg verloren hätten ! In vielen Schlachtgemälden/Karikaturen in der Zeit des deutsch-französischen Krieges und des 1. Weltkrieges ( und der Zeit der Ruhrgebietsbesetzung) habe ich zudem den Eindruck, dass die abgebildeten französischen Soldaten öfters als unterlegen/feige dargestellt werden sollen. Somit scheint der Begriff welsch nicht nur eine vage kulturrassistische Definition zu sein (z.B für die Ablehnung der Werte westlicher Demokratien in Deustchland bis 1945 ?) sondern neben dem Antisemitismus auch Eingang in die rassenbiologischen Überlegungen gefunden zu haben...
 
Warum? Es war ja über längere zeit durchaus üblich, die einheimischen Stammesstrukturen durch die Einbindung des jeweiligen Adels in die römische Verwaltung zu integrieren.

Gerade die Civitas Ubiorum ist für mich ein Grund dies antzuzweifeln... sicherlich werden Angehörige der ubischen Oberschicht stark in deren Verwaltungsstrukturen eingebunden gewesen sein, andererseits gab es aber auch Pagi und Klienten die bestimmt keine ursprünglichen Ubier waren...

z.B. ein Substrat der Germani Cisrhenani und Eburonen. Hinzu kommen angesiedelte Verwaltungsbeamte und Veteranen, Gallier, Germanen...
 
Warum? Es war ja über längere zeit durchaus üblich, die einheimischen Stammesstrukturen durch die Einbindung des jeweiligen Adels in die römische Verwaltung zu integrieren.
Bestes Beispiel hierfür waren die Neckarsueben, die in der Gegend zwischen Ladenburg ,Heidelberg und Bad Wmpfen in der Civitas ulpia Sueborum Nicrensium saßen.Hier behielt man die Stammesstrukturen und traditionelle Lebensweise bei . Die suebischen Siedlungen sind separiert von den dazwischen liegenden römischen Städten und Gutshöfen und weisen völlig andere Strukturen auf- ein Zeichen für lokale Selbstverwaltung. Gleichzeitig finden sich aber auch suebische,romanisierte Namen in der römischen Militär-Verwaltung ( z.B, ein Respectus vom Stamm Suebi Nicrensis)
ein Zeichen für die Integration in die römischen Strulturen.

In der Civitas Ulpia Sueborum Nicrensium haben wir also genau die Bevölkerungsverteilung ,die ich weiter oben angesprochen habe, Im Hauptort Lopodunum/Ladenburg und in Heidelberg eine römische Mischbevölkerung mit keltischer Restbevölkerung und drum rum in der Fläche einzelne römische Landgüter und germanische Dörfer.
Auch hier haben spiegelt sich die Struktur in der Namensgebung wieder
Der Stadtname Lopodunum (kelt. Lokudunom = „Seeburg“) hat keltische Wurzeln,die Civitas ist aber nach den Germanen benannt..
 
Zuletzt bearbeitet:
Gut, dann haben wir für beides Beispiele...

jedenfalls scheint die römische Praxis nicht verallgemeinerbar sondern sich immer an den regionalen Möglichkeiten und Notwendigkeiten orientiert zu haben, möglich auch ,daß gerade Köln als Provinzhauptstadt ein Sonderfall ist...
 
Kelten und Germanen, eine willkürliche Trennung?

Hallo Zusammen

Ist die Trennung zwischen Kelten und Germanen noch Zeitgemäß?
Meist wird gesagt das die Trennung mit Cäsar`s Gallischer Krieg zementiert wurde. Und Frankreich als Land der Gallier begreift sich gleichzeitig als Land der Nachfolger des Germanischen Stammes der Franken.
Zum anderen sind inzwischen viele Gebiete in Süddeutschland in der Prä-Römischen Zeit als Siedlungsgebiete der Kelten identifiziert.
Zum anderen meine ich mal im Wissenschaftsteil einer Tageszeitung gelesen zu haben das auf genetischer Seite keine unterschiede zwischen den Bevölkerungen zu sehen sei.

Apvar
 
Ist die Trennung zwischen Kelten und Germanen noch Zeitgemäß?
...wer weiß...vielleicht kommen die Kelten und Germanen derzeit mal an einen Biertisch und fraternisieren glücklich und zufrieden, grillen sich ein Wildschwein und fesseln ntürlich den Barden an einen Baum... :D:D:D
...aber ob zeitgemäß oder nicht: sie werden einen Dolmetscher gebraucht haben, die Kelten und Germanen :winke:
 
Genau das ist der Punkt: Es gab Keltisch-Sprecher und es gab Germanisch-Sprecher. Sprachlich gesehen ist die Trennung also noch zeitgemäß. Volkszugehörigkeit wird nun mal - gerade in der Gegenwart - in erster Linie an der Sprache festgemacht.

Das mit den mangelnden genetischen Unterschieden mag schon stimmen, zeigt aber nicht, dass die Trennung verfehlt ist, sondern nur, dass man Volkszugehörigkeiten eben nicht an genetischen Merkmalen festmachen kann. (Auch wenn ein gewisses Unternehmen viel Geld damit verdient, dass es seinen Kunden einredet, es könne durch genetische Untersuchungen feststellen, ob sie Wikinger- oder Hunnen-Vorfahren hätten, und ein ungarisches "Institut" sogar jüdische Vorfahren identifizieren können will.)

Natürlich muss man auch berücksichtigen, dass Sprache und materielle Kultur nicht unbedingt miteinander übereinstimmen müssen, sondern z. B. auch ein germanischsprechender Stamm von den materiellen Hinterlassenschaften her "keltisch" wirken kann. Funde sagen, sofern sie keine Inschriften enthalten, leider nichts über die Sprache ihrer Schöpfer und ehemaligen Besitzer aus. Im Übergangsbereich zwischen (sprachlichen) Kelten und Germanen scheint es öfters so gewesen zu sein, dass germanische Stämme zumindest teilweise die höherentwickelte materielle keltische Kultur übernahmen.
 
Zum anderen meine ich mal im Wissenschaftsteil einer Tageszeitung gelesen zu haben das auf genetischer Seite keine unterschiede zwischen den Bevölkerungen zu sehen sei.

Genetische Unterschiede haben nichts mit einer ethnischen Zugehörigkeit zu tun. Wer keltisch sprach und sich der keltischen Kultur zugehörig fühlte, der war Kelte und kein Germane.
 
Auch archäologisch ist die Trennung durchaus legitim. Nach La Tène D2 bricht die keltische Kultur im Mittelgebirge ab. Also sowohl archäologisch, als auch sprachlich können wir von zwei verschiedenen Ethnien sprechen.
 
Auch archäologisch ist die Trennung durchaus legitim. Nach La Tène D2 bricht die keltische Kultur im Mittelgebirge ab. Also sowohl archäologisch, als auch sprachlich können wir von zwei verschiedenen Ethnien sprechen.

Wobei ich hier nochmal auf das Buch von Erhard Cosack hinweisen möchte laut dem die Mittellatene im Norden von Rhein-Weser Germanen getragen wurde... er stützt dies durch Siedlungskontinuität von der Mittellatene bis in die RKZ im Gebiet der Cherusker.
 
Wobei ich hier nochmal auf das Buch von Erhard Cosack hinweisen möchte laut dem die Mittellatene im Norden von Rhein-Weser Germanen getragen wurde... er stützt dies durch Siedlungskontinuität von der Mittellatene bis in die RKZ im Gebiet der Cherusker.

Natürlich gab es an den Rändern der Kulturzonen Überschneidungen und es ist bekannt, dass die am weitesten Richtung Süden und Westen vorgestoßenen Germanenstämme im Einflussgebiet von La Tène lagen.
 
Wobei ich hier nochmal auf das Buch von Erhard Cosack hinweisen möchte laut dem die Mittellatene im Norden von Rhein-Weser Germanen getragen wurde... er stützt dies durch Siedlungskontinuität von der Mittellatene bis in die RKZ im Gebiet der Cherusker.
Ich habe Cosack nicht gelesen, aber ich nehme an, du meinst so etwas wie Das latène-kaiserzeitliche Scheiterhaufengräberfeld bei Sorsum, Stadt Hildesheim sowie zur Ethnogenese der Cherusker, oder?Ordnet er da die rheinwesergermanische Kultur der La Tène unter oder datiert er nur mittels der La Tène? Denn das ist ja auch noch ein Unterschied.
Die Hallstattzeit und die La Tène-Zeit sind für Mitteleuropa die Leitkulturen anhand denen datiert wird, eben auch Kulturen, die nicht in den Hallstatt- oder La Tène-Kreis einzuordnen sind. Das hat folgende Bewandnis: Die Archäologie kennt nur eine relative Chronologie, ohne Inschriften kann sie eben nur auf Zeiträume eingrenzen, nicht auf Jahre. Wenn man nun für jede archäologische Kultur eine eigene Chronologie einführen würde, dann wäre bald keine Kommunikation mehr unter den Ur- und Frühgeschichtlern möglich.
 
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