Was ist der Unterschied zwischen Graf, Herzog und Fürst ?

Andanchamun schrieb:
Da hast Du mich aber richtig schockiert! :D
Dafür ist das Forum ja gut: man lernt immer was dazu.
Für mich war Baden früher immer österreichisch, aber Baden ist ja nicht nur das Breisgau...
Nun musste ich nachlesen und hab was dazugelernt.:idee:
 
Andronikos schrieb:
Gab aber auch in anderen Ländern Großfürsten als regierende Herrscher, z.B. Litauen und Siebenbürgen.
Hier tut sich ein allg. Problem auf. Meint man die Adelshierachie oder die Fürstenhierarchie.

Der Rang innerhalb des Adels eines Landes läßt sich scnell ermessen.

Der Rang unter den Fürsten Europas ist hoch kompliziert. Dieser war zu allen Zeiten strittig.

Die litauischen Großfürsten standen naturgemäß über den russ. Prinz-Großfürsten. Die einen waren souveräne Herrscher, die anderen nur nichtregierende Mitglieder eines Herrscherhauses. Träfen beide aufeinander, so müsste sich der Russe vor dem Litauer verbeugen. Wäre es der Zar, so würden sich beide nicht verbeugen, sondern wohl nur die Hände schütteln. Alles Diplomatie.
 
Lili schrieb:
Nein, "Erzherzog" ist der Titel der Nachkommen des österreichischen Kaiserhauses, die Anrede ist "Majestät".

Das ist so nicht richtig.
Nur dem röm.-dt./österr. Kaiser gebührt diese Anrede (auf Österreich bezogen!), die Erzherzöge waren lediglichen Kaiserliche Hoheiten, ab 1867 dannn Kaiserliche und Königliche Hoheiten.
 
Konradin schrieb:
Das ist so nicht richtig.
Nur dem röm.-dt./österr. Kaiser gebührt diese Anrede (auf Österreich bezogen!), die Erzherzöge waren lediglichen Kaiserliche Hoheiten, ab 1867 dannn Kaiserliche und Königliche Hoheiten.
Dem würde ich zustimmen. Einem Erzherzog die so exklusive Anrede wie "Majestät" zu gewähren, da wären wohl ganze Ministerien und Höflinge Sturm gelaufen.

Das Wörtchen "Majestät" gehörte zu den kostbarsten in ganz Europa, man wachte darüber wer sich so nennen darf mit Adleraugen. Nur Könige und Kaiser haben ihn verdient. Sonst keiner und niemand. :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Lungos schrieb:
Ich schließe mich Ursi an.

Als Fürst wurde jemand genannt, der selbstständig war, aber noch kein König (z.B. in neuer Zeit: Monaco, Luxemburg, Liechtenstein).

Grafen und Herzöge waren Abhängig von einem König. Sie besassen z.B. Lehen. Graf war weniger als ein Herzog. Ein Herzog konnte sehr mächtig sein und auch mächtiger als ein Fürst, aber im Gegensatz zum Fürsten war er eben abhängig...
Nun Fürsten waren nicht unabhängig. Sie hatten den König genauso über sich. Auf Deutschland bezogen, war diese Lehnsabhängigkeit allerdings seit dem Hochmittelalter sehr lose. Der deutsche König wurde durch die Kurfürsten gewählt.
 
Lungos schrieb:
Richtig, da habe ich mir einen Schnitzer erlaubt.

Das "Groß"-Herzogtum wurde unter Napoleon erfunden. Es war ein Mittelmaß zwischen Fürst (was ein zu kleiner Titel war) und dem Königtum. Wer weder Fürst noch König war, wurde daher als Großherzog benannt, also als unabhängiger großer Herzog (wobei der Großherzog von Luxemburg auf einem Teil seines Territoriums selbstherrlich regieren durfte, ein Teil seines Reiches aber auch Lehensabhängig von anderen Königen war).

Nachtrag:
Zu napoleonischen Zeiten gab es z.B. auch das Großherzogtum Baden, welches vollständig Lehensabhängig vom deutschen Kaiser war... Allerdings war der damalige/ehemalige deutsche Kaiser auch Großherzog von Baden).
Also diese Konstruktion Großherzog - unabhängig, Fürst - abhängig. Das stimmt so nicht. In Mitteldeutschland gab es nach Napoleon den König von Preußen, den König von Sachsen, den Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach, die Herzöge von Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Sachsen-Meiningen usw. und die Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Fürsten Reuß jüngere und ältere Linie. Alle diese waren in selbem Maße unabhängig voneinander und von einem rein theoretisch über ihnen stehenden Kaiser, den es erst ab 1870/71 wieder gab.
 
Lungos schrieb:
Klar konnte ein Kaiser oder König auch ein Fürst sein. Ein Kaiser oder König konnte auch ein Herzog oder Graf sein.
Titel addierten sich: DerName, Kaiser von ..., König von ..., Fürst von ..., Herzog von ..., Grafen von ... ... ... .

Wenn man vom Hunnenfürsten Attila spricht, so ist mit Fürst nicht gerade dessen Titel mit "Fürst" gemeint...

Nachtrag:
Übrigens gab es auch Kurfürsten, die nicht voll Souverän waren...
Der Kurfürst war sogar bedeutender als der "einfache" Fürst. Er hatte das Privileg den deutschen König zu wählen. Die Kurwürde war mit historisch gewachsenen Ländereien verbunden, auf die sich das Recht bezog sich Kurfürst zu nennen.
 
Hallo Strupanice,

eine gute und richtige Darstellung.

Strupanice schrieb:
Nun Fürsten waren nicht unabhängig. Sie hatten den König genauso über sich. Auf Deutschland bezogen, war diese Lehnsabhängigkeit allerdings seit dem Hochmittelalter sehr lose. Der deutsche König wurde durch die Kurfürsten gewählt.

Die Lehensabhängigkeit in Deutschland während des Hochmittelalters grundsätzlich als lose zu bezeichnen, trifft es aber nicht ganz - deswegen eine kleine Ergänzung meinerseits. Falls ich Deinen Beitrag diesbezüglich mißverstanden habe -> :sorry:
Angesprochene Lehensabhängigkeit löste sich während des Hochmittelalters erst mit der Zeit und war es nicht von Beginn an. Allerdings unterschied sich das deutsche Lehenswesen signifikant vom französischen (z.B. in Frankreich und England) und trug somit das Potential für diese spätere Entwicklung in sich.
In Frankreich und England verfestigte sich das Lehenssystem durch die sog. ligische Treue (Bindung an einen Lehnsherrn), den Untertaneneid und den Rückfall erledigter Lehen an die Krone.
Die deutschen Lehensgesetze hingegen (1037 Konrad II., 1136 Lothar III.) gestanden den Vasallen Erblichkeit und Unentziehbarkeit der Lehen zu. Es ergab sich daraus sogar ein "Lehenszwang", wodurch nach Jahresfrist ein erledigtes Lehen weiterverliehen werden mußte!
Damit ist der angesprochene Fürstenstand des Hochmittelalters eher ein "deutsches Phänomen" - mit dem Gipfelpunkt der Kurfürsten, die den König wählten.

In diesem Sinne

Timo
 
ursi schrieb:
Fürst

Eine allgemeine Bezeichnung für ein monarchisches Staatsoberhaupt. Als Titel erscheint der Fürst im Deutschen Reich erst nachdem Dreissigjährigen Krieg. Er stand im Rang zwischen Herzog und Graf.
Wenn der Titel "Fürst" erst nach dem 30-jährigen Krieg auftaucht, woher stammt dann die Spätmittelalterliche Bezeichnung "Kurfürst"? Hieß das damals anders, ist es also blos eine Schöpfung moderner Historiker (wie "Byzantinisches Reich")?
 
bender schrieb:
Wenn der Titel "Fürst" erst nach dem 30-jährigen Krieg auftaucht, woher stammt dann die Spätmittelalterliche Bezeichnung "Kurfürst"? Hieß das damals anders, ist es also blos eine Schöpfung moderner Historiker (wie "Byzantinisches Reich")?

Den Begriff "Fürst" gab es natürlich schon im Mittelalter. Nur bezeichnete er damals keinen bestimmten Adelsrang.
Die Kurfürsten hatten damals keine "Fürstentitel", sondern Titel wie "Herzog", "Erzbischof" oder "Pfalzgraf".
 
hyokkose schrieb:
Den Begriff "Fürst" gab es natürlich schon im Mittelalter. Nur bezeichnete er damals keinen bestimmten Adelsrang.
Die Kurfürsten hatten damals keine "Fürstentitel", sondern Titel wie "Herzog", "Erzbischof" oder "Pfalzgraf".

Richtig. Und um noch einmal auf die eigentlich Frage zurückzukommen:
Die Grafen gehörten nicht zu den Fürsten, den Principes (vgl. englisch First, die Ersten) - mit Ausnahme der Markgrafen und Pfalzgrafen.
 
ich habe mir eine übersicht über die 3 stände gemacht und bin beim adel ins straucheln geraten.
http://www.directupload.net/file/d/858/3wtaXmx9_png.htm
wäre toll wenn mir hier jemand sagen könnte ob ich die im deutschen raum üblichen adelstitel in die richtigen hierarchie gegesetzt habe. speziell der grafenstand zwischen dem hohen und dem niederen adel bereitet mir da kopf zerbrechen. ich hab gelesen, dass der pfalzgraf zwischen kurfürst und könig anzusiedeln sei, andererseits ist der graf der niedrigste titel des hohen adels (und damit nicht teil des unteren grafenstandes?). steht der markgraf tatsächlich über dem landgrafen usw.? über ergänzungen von titeln würde ich mich auch freuen. ich denke die anderen beiden stände sind in ordnung so wie ich sie habe.
 
Deine Übersicht ist zwar rein theoretisch ganz aufgegräumt, doch in der Praxis gab es da eben viele Verschiebungen, was Ranghöhe und Bedeutung der jeweiligen Titel betraf.
Desweiteren hast du Begriffe aus unterschiedlichen Zeiten zusammengewürfelt. Der Begriff Marggraf gehört eher ins Früh- und Hochmittelalter, die Landgrafen eher ins Hoch- und Spätmittelalter.
Fürsten waren oftmals gleichzeitig Markgrafen, Landgrafen, Pfalzgrafen, Grafen usw.
Sklaven gab es als charakteristische Gruppe zumindest in Mitteleuropa nicht. Ebenfalls sind Leibeigene in dem Sinne nicht für Mitteleuropa überleifert.
Die von dir in der untersten Gruppe erwähnten Personen waren meistens gleichzeitig einer anderen Gruppe angehörig, wie z.B. Bürger, Bauer usw. Durch ihre Straftaten wurden diese entweder vom Leben zum Tode befördert, oder mit Strafen belegt, die sie auf ihren Ländereien, bzw. mit ihrem Handwerk abarbeiten mussten.
Fast jeder Bauer, egal ob Vollbauer oder Tagelöhner, hatte Frohndienste abzuleisten. Selbst Freibauern hatten solche Dienst zu leisten, wenn sie Güter außerhalb ihres Freigutes bewirtschafteten, was meistens der Fall war.
Beim Klerus gab es ja zwei Strömungen, die ansich nicht in der Hierarchie vergleichbar waren, einmal die geistliche Laufbahn und einmal die weltliche Laufbahn. So waren Bischof, Abt Äbtissin, Prior, Priorin usw. für die rein religiösen Dinge, Probst und Dekan für die weltlichen Dinge. Der eigentliche Chef im Kloster oder im Domstift war der Probst.
In einigen Gebieten übten die Bischöfe auch die weltliche Macht aus in Form eines Fürstbischofs.
In deiner Aufzählung fehlen die Generalsuperintendenten, Superintendenten, Oberpfarrer usw. für die Zeit nach 1525/39 in den evangelischen Gebieten.
 
Dem würde ich zustimmen. Einem Erzherzog die so exklusive Anrede wie "Majestät" zu gewähren, da wären wohl ganze Ministerien und Höflinge Sturm gelaufen.

Das Wörtchen "Majestät" gehörte zu den kostbarsten in ganz Europa, man wachte darüber wer sich so nennen darf mit Adleraugen. Nur Könige und Kaiser haben ihn verdient. Sonst keiner und niemand. :D
Richtig. Die Erzherzöge waren Kaiserliche Hoheiten, während der Kaiser und die Kaiserin selbstverständlich Majestäten waren. Majestäten waren sich zumindest im Barock/Rokoko allgemein ebenbürdig. Bei selbstständigen Staaten ohne Majestät war es dann schon schwieriger.

Ganz schwierig ist es bei Wahlmonarchien, wo sogar ein Abstieg der Söhne des gewählten Königs möglich war. So hieß der Sohn August III. von Polen zwar Kronprinz von Polen, was ja eigentlich unlogisch ist, da er als Sohn des Königs noch lange nicht designierter Nachfolger war, und wurde dann nur Kurfürst von Sachsen, "sank" also von Königl. Hoheit auf Kurfürstliche Durchlaucht herab.
:fs:
 
Wobei die Entstehung des Erzherzogs-Titel ist sowieso eine lustige Geschichte. Erst haben die Habsburger das Privilegium Majus gefälscht und es sich später, als sie wieder Kaiser (des HRRDN) waren, selbst genemigt. Darum ist der Titel auch absolut einzigartig.
Ein Fall von typisch, österreichischem Schlawienertum....
 
Grafen

Wie war das denn in den alten Stammes- bzw. Terrotirialherzogtümern ?
Gab es dort auch Königliche Grafen, also reichsunmittelbare "Beamte" die dem Herzog lehnsrechtlich unterstellt waren ?
 
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