Deiokes und die Meder

Assyrien war bis zu seinem Untergang Ende des 7. Jh. v. Chr. für Jahrhunderte die führende Macht in Mesopotamien. Dass es in dieser Zeit eine assyrische Kulturtrift Richtung Mederreich gab, dürfte klar sein. Das gilt aber auch für die Perser, die in jener Zeit noch unter der Oberherrschaft der Meder standen. Das Gebiet der Perser grenzte damals an Elam, das allerdings ebenfalls im 7. Jh. unter assyrischer Herrschaft stand.

Ob man allerdings babylonische. elamische und assyrische Kunst in jener Epoche stilistisch auseinanderhalten kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Es ist doch denkbar, dass es einen "Reichstil" gab, den die Assyrer dominierten.
 
Das gilt aber auch für die Perser, die in jener Zeit noch unter der Oberherrschaft der Meder standen.

Wie genau sollen wir uns so eine Oberherrschaft der Meder über die Perser überhaupt vorstellen, wenn es gar kein medisches Reich gegeben hat? Kyaxares uns Astyages können dann doch nur zeitweilige Anführer medischer Konföderationen gewesen sein.

Außerdem dürfte eine assyrische Beeinflussung der Perser nicht sehr ausgeprägt gewesen sein, da Assyrien erst 639 die Oberherrschaft über Elam erlangt hat. Ob da die Zeit bis 614 gereicht hat, nicht nur Elam, sondern auch die südöstlich benachbarte Persis großartig architektonisch beeinflussen zu können?
 
Wie genau sollen wir uns so eine Oberherrschaft der Meder über die Perser überhaupt vorstellen, wenn es gar kein medisches Reich gegeben hat? Kyaxares uns Astyages können dann doch nur zeitweilige Anführer medischer Konföderationen gewesen sein.

Ob man nun Medisches Reich sagt oder nicht: Es hat auf jeden Fall eine medische Stammeskonföderation gegeben, die unter Kyaxares im Jahr 612 v. Chr. zusammen mit Babylon den assyrischen Staat vernichtete. Kyaxares schuf die Voraussetzungen zur medischen Großmachtbildung. Wie wir aus entsprechenden Quellen wissen, eroberten die Meder Obermesopotamien, Urartu, kämpften gegen Lydien und dehnten ihr Reich bis 585 v. Chr. bis nach Kleinasien aus, wo der Halys die Westgrenze bildete.

Wie fest oder locker dieses Mederreich strukturiert war, lässt vermutlich heute nicht mehr entscheiden, da aussagekräftige Schriftquellen fehlen. Wenn aber ein Reich dieser Größe entstanden ist, das sogar einen Vernichtungsschlag gegen Assyrien führen konnte, muss es zumindest unter den letzten Königen ein recht stabiler Verband gewesen sein.

Außerdem dürfte eine assyrische Beeinflussung der Perser nicht sehr ausgeprägt gewesen sein, da Assyrien erst 639 die Oberherrschaft über Elam erlangt hat. Ob da die Zeit bis 614 gereicht hat, nicht nur Elam, sondern auch die südöstlich benachbarte Persis großartig architektonisch beeinflussen zu können?

Assyrien war einige Jahrhunderte bis zu seinem Untergang Vor- und Großmacht in Vorderasien und zwang Babylonien immer wieder unter seine Oberhoheit. Es wird also beträchlichen kulturellen Einfluss auf die iranischen Stämme ausgeübt haben, seien es nun Meder oder Perser. Dabei ist festzuhalen, dass die assyrische Kultur in hohem Maße abhängig war von der babylonischen Kultur, die von den Assyrern als überlegen anerkannt wurde, und teilweise mit ihr identisch war. Es dürfte somit schwer sein, mesopotamische Einflüsse auf den Iran exakt zu differenzieren nach Babylon oder Assur.
 
Wie wir aus entsprechenden Quellen wissen, eroberten die Meder Obermesopotamien, Urartu, kämpften gegen Lydien und dehnten ihr Reich bis 585 v. Chr. bis nach Kleinasien aus, wo der Halys die Westgrenze bildete.

Aus welchen Quellen wissen wir das? Babylonische Quellen sprechen doch davon, dass sie selbst bis 550 den Statthalter von Assur gestellt haben. Außerdem sprechen die babylonischen Quellen dieser Zeit nie von einem mächtigen Nachbarreich der Meder, sondern nur von medischen "Scharen". Zu den babylonischen Quellen zwischen 614 und 550 werde ich in den nächsten Tagen noch etwas schreiben. Dazu gibt es einen eigenen Aufsatz in "continuity of empire (?)".
Letztlich glauben wir nur deshalb an ein medisches Großreich, weil Herodot es geschrieben hat. Alle anderen Quellen lassen so einen Schluss nicht zu.

Es wird also beträchlichen kulturellen Einfluss auf die iranischen Stämme ausgeübt haben, seien es nun Meder oder Perser.

Roaf glaubt eben nicht, dass der Einfluss auf die Perser sehr groß sein gewesen kann. Mittlerweile mag man auch nicht mehr unbedingt daran glauben, dass sich die Perser im 9. Jahrhundert östlich Assyriens aufgehalten haben (z.B. auch Wiesehöfer nicht). Dann müsste aber der Einfluss (und hier geht es ja vor Allem um einen architektonischen Einfluss) über Elam vermittelt worden sein und dafür hat die Zeit eher nicht gerreicht.

Es dürfte somit schwer sein, mesopotamische Einflüsse auf den Iran exakt zu differenzieren nach Babylon oder Assur.

Roaf meint, diese Differenzierung vornehmen zu können. Leider sagt er dazu nichts Genaues.
 
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Außerdem sprechen die babylonischen Quellen dieser Zeit nie von einem mächtigen Nachbarreich der Meder, sondern nur von medischen "Scharen". Zu den babylonischen Quellen zwischen 614 und 550 werde ich in den nächsten Tagen noch etwas schreiben. Dazu gibt es einen eigenen Aufsatz in "continuity of empire (?)".
Letztlich glauben wir nur deshalb an ein medisches Großreich, weil Herodot es geschrieben hat. Alle anderen Quellen lassen so einen Schluss nicht zu.
Auf welche Quellen beziehst Du Dich? Zumindest die Nabonid-Chronik beschreibt doch, wie Astyages gegen Kyros zieht, sein Heer aber revoltiert und ihn ausliefert, und Kyros dann die königliche Residenz mit ihren Schätzen einnimmt. Das stimmt doch weitestgehend mit der Schilderung bei Herodot überein. Wenn es nur eine unbedeutende Auseinandersetzung zwischen zwei unbedeutenden Lokalfürsten gewesen wäre, wäre es für die Babylonier wohl nicht so erwähnenswert gewesen, zumindest nicht erwähnenswerter als Kyros' Feldzüge gegen die anderen unbedeutenden medischen Lokalfürsten, die sie aber nicht auflisten. Somit muss Astyages zumindest eine herausragende Stellung unter den Medern innegehabt haben. Das bedeutet freilich nicht, dass es sich bei den Medern um ein zentralistisches Imperium gehandelt haben muss; auch das Partherreich später war eher eine Föderation aus Vasallenreichen, autonomen hellenistischen Städten, großen von mächtigen Adligen beherrschten Ländereien und unmittelbar königlichen Gebieten, trotzdem spricht man ihm nicht den Großmachts- und Reichscharakter ab. (Auch das Assyrerreich hatte neben unmittelbar beherrschten Gebieten etliche Vasallen umfasst.) So ähnlich könnte auch die "Meder-Föderation" funktioniert haben, als Ansammlung aus direkt der Königsdynastie unterstehenden Gebieten und Vasallenreichen. Dazu würde auch gut das ursprüngliche Vasallenverhältnis der Achaimeniden gegenüber den Mederkönigen passen.
 
Letztlich glauben wir nur deshalb an ein medisches Großreich, weil Herodot es geschrieben hat. Alle anderen Quellen lassen so einen Schluss nicht zu.

Ich bin weder Fachmann für Alte Geschichte, Orientalistik oder ähnliches. Aus dem Grunde kann ich als interessierter Laie nur wiedergeben, was ich hier in der - durchaus aktuellen - Fachliteratur über den Iran oder das frühe Persien lese. Und in diesen Publikationen habe ich bislang nicht gelesen, dass die Existenz einer medischen Stammeskonföderation - was man auch Mederreich nennen kann - angzweifelt wurde.

Sei doch so freundlich und zitiere Textauszüge von Historiken, die das alles bezweifeln.

Roaf glaubt eben nicht, dass der Einfluss auf die Perser sehr groß sein gewesen kann. Mittlerweile mag man auch nicht mehr unbedingt daran glauben, dass sich die Perser im 9. Jahrhundert östlich Assyriens aufgehalten haben (z.B. auch Wiesehöfer nicht). Dann müsste aber der Einfluss (und hier geht es ja vor Allem um einen architektonischen Einfluss) über Elam vermittelt worden sein und dafür hat die Zeit eher nicht gerreicht.

Über den Einfluss der assyrisch-babylonischen Kunst auf Persien vermag ich wenig zu sagen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass die gewaltige Dominanz dieser Kultur vor Persien gänzlich halt gemacht haben sollte.
 
Außerdem sprechen die babylonischen Quellen dieser Zeit nie von einem mächtigen Nachbarreich der Meder, sondern nur von medischen "Scharen".
Wenn es sich nur um einzelne "Scharen" gehandelt hätte, wäre nicht nachvollziehbar, wie diese Scharen gegen das reiche und militärisch starke Lydien Krieg führen konnten und wieso dieser dann unentschieden endete. Die Lyder hätten zwar nicht unbedingt ins ostanatolische Hochgebirge vordringen können, weil dort ihre starke Kavallerie relativ nutzlos gewesen wäre, aber sie hätten zumindest deutlich über den Halys nach Osten vorstoßen und die Meder ins Gebirge zurücktreiben können. Ihre Gegner müssen also schon etwas mehr gewesen sein als nur ein paar unkoordiniert agierende Scharen.
 
Wenn es sich nur um einzelne "Scharen" gehandelt hätte, wäre nicht nachvollziehbar, wie diese Scharen gegen das reiche und militärisch starke Lydien Krieg führen konnten und wieso dieser dann unentschieden endete.

Nicht nur das. Die Meder haben immerhin im verein mit den Babyloniern 612 v. Chr. das Assyrerreich vernichtet. Das und auch der Krieg gegen die Lyder setzen eine stabile Struktur der medischen Föderation und ein planendes Zentrum voraus, ganz abgesehen davon, dass uns Namen von Mederkönigen überliefert sind.
 
Laut der englischen Wiki soll auch Architektur vorhanden sein.

Ich hätte mal eine Frage, Sind medische Gräber entdeckt worden bzw. bekannt?
Angeblich befindet sich das Grab des Kyaxares in der Nähe von Silemani (Kurdistan), die Bilder auf einem Youtube-Video sehen täuschend echt aus, ist aber höchst wahrscheinlich persisch. Würde ihn hier zwar gerne posten, ist aber nicht erlaubt.
Wer es sich ansehen möchte, der suche nach "Qyzqapan".

Wie auch immer, ich denke das alte Medien ist nur eines von vielen antiken Machtgebilden von denen wir kaum bis garnichts wissen.
 
Wie auch immer, ich denke das alte Medien ist nur eines von vielen antiken Machtgebilden von denen wir kaum bis garnichts wissen.

Archäologische Quellen und Berichte des Geschichtsschreibers Herodot sowie akkadische Quellen sind die Basis unseres Wissens über die Meder. Kein Wunder, dass in diesem Zusammenhang vieles ungeklärt bleibt.
 
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Hallo,
bitte entschuldigt, dass ich zur Zeit nicht schneller antworten kann. Außerdem befürchte ich, dass folgende Beiträge nicht direkt auf eure Einwände eingehen. Ich werde dazu in den nächsten Tagen noch Stellung nehmen. Als kleine Entschädigung biete ich die Zusammenfassung zweier Aufsätze:


 
[FONT=Times New Roman, serif]Michael Jursa: Observations on the problem of the „Median Empire“ on the basis of Babylonian sources[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]In dem sehr kurzen Aufsatz (was den spärlichen Quellen zu den Medern aus neubabylonischer Zeit geschuldet ist) verweist der Autor zunächst auf Rollinger (auch seine Aufsätze werde ich noch zusammenfassen), der überzeugend die feste chaldäische Kontrolle über Syrien begründe. (In einer Fußnote wird wiederum auf Rollinger (1999) verwiesen, der ernste Zweifel an einer medischen Kontrolle über die Perser anmelde.) Außerdem sei es sehr wahrscheinlich, dass das assyrische Kernland zu Nebukadnezars Zeiten ebenso in babylonischer Hand gewesen sei (Kuhrt 1995). Dafür spricht einerseits, dass babylonische Tempel ihre Viehherden weit nordöstlich in der Nähe Takrits schicken konnten. Andererseits gab es Weinimporte nach Babylon aus der Gegens des mittleren Euphrat und aus dem Ḫ[FONT=Times New Roman, serif]ā[/FONT]b[FONT=Times New Roman, serif]ū[/FONT]r-Tal. Weiters ist in den ersten Jahren Nebukadnezars ein babylonischer Gouverneur in Guzana bezeugt. Im Jahre 559 ist noch ein babylonischer Gouverneur in Assur bekannt. Auch zu Nabonids Zeiten ist die babylonische Kontrolle über assyrisches Kernland gesichert. [/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Schließlich gehrt der Autor noch auf die Kontinuität assyrischer Praktiken bis in achaimenidinische Zeit ein, die angeblich durch ein medisches „Reich“ vermittelt worden seien: die Poststationen entlang „Königsstraßen“, Massendeportationen besiegter Gegner, die Titel „Großkönig“, „König der Könige“ und „König der Länder“, das „feudale“ System der Provinzgoeverneure und die bedeutende Rolle der Eunuchen. Diese Praktiken ließen sich allerdings auch im neubabylonischen Reich wiederfinden. Eigenständige Entwicklungen der Perser ließen sich auch nicht ausschließen.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Jursa schließt mit der Aussage „In conclusion then, the Babylonian material reviewed here does not support the thesis of a Median empire wich transmitted Assyrian governmental and administrative institutions to the Achaemenids. […] But I maintain that to explain these borrowings (e.g. in art and architecture), there is no need to postulate the existence of a well-organised Median empire.“[/FONT]
 
Karen Radner: An Assyrian View on the Medes
Ausgehend vom Satz der Altorientalistin und -gräzistin Sancisi-Weerdenburg „The Median empire exists for us because Herodotus sayd it did.“ untersucht die Autorin chronologisch die assyrischen Quellen nach Zeugnissen zu den Medern. Vorausgeschickt sei erstens, dass darin die Meder stets als in befestigten Siedlungen lebend beschrieben werden und es gibt keine Anzeichen einer Stammesgesellschaft (Bei medischen Orten, die assyrisch mit B[FONT=Times New Roman, serif]ī[/FONT]t-X bezeichnet werden, ist X kein Personenname). Zweitens bleibt oft unklar, wann sich der Begriff Meder auf ethnisch, sprachlich, religiös oder ökonomisch verflochtene Gruppen bezieht. Daher ist im Laufe der Zeit nicht immer klar, auf welche geographische Region sich das Land der Meder bezieht.


Horse Raid (835-745)
Das älteste Zeugnis für die Meder stammt aus dem sogenannten Schwarzen Obelisken, einer Inschrift Salmanassars III. (858-824). Darin berichtet dieser, in seinem 24. Regierungsjahres gegen Ianz[FONT=Times New Roman, serif]û, König Namris, den er selbst 9 Jahre zuvor eingesetzt hatte, einen Feldzug geführt zu haben. Den flüchtigen Ianzû habe er bis in das Land Parsua verfolgt, wo er Triibut von 27 Königen empfangen habe. Von dort sei er hinab in das Land Messu, das Land der Meder (KAR a-ma-da-a-a), das Land Araziaš und das Land [/FONT][FONT=Times New Roman, serif]Ḫarḫar gestiegen und habe dort allerlei Städte vernichtet. Die Meder befanden sich zur Zeit Salmanassars III. also in der Nähe Messus, dem Süden Mannäas. [/FONT]


[FONT=Times New Roman, serif]Šamši-Adad V. (823-811) berichtet von einem Feldzug (820/19) gegen einen Mederkönig Ḫanaširuka (ürigens kein indoeuropäischer Name) und der Zerstörung der Hauptstadt der Meder Sagbita (möglicherwweise das spätere Ekbatana) und vieler weiterer medischer Siedlungen. 140 Reiter wurden weggeführt. Während er die Nachbarn Messu und Gizilbunda als Streitwagenfahrer beschreibt, erscheinen die Meder immer als Reiter, die entgegen Herodot in Städten und Dörfern wohnen und eben nicht Nomaden sind.[/FONT]


[FONT=Times New Roman, serif]Aus den Eponymen Adad-Niraris III. (810-783) erfahren wir von 11 Feldzügen gegen die Meder, Mannäa und Namri. Die Autorin deutet dieses verstärkte Interesse für das Zagrosgebirge als Reaktion auf das Wegfallen des Pferdeimports aus Zentralanatolien durch das Erstarken der Urartäer. Aufgrund der zentralen Bedeutung der Streitwagen im assyrischen Heer sei eine sichere Pferdequelle unverzichtbar gewesen.[/FONT]


[FONT=Times New Roman, serif]Erst nach zehn Jahren hören wir wieder von den Medern: Unter Aššur-Dan III. (772-755) ist von einem nicht näher beschriebenen Feldzug gegen die Meder die Rede.[/FONT]


[FONT=Times New Roman, serif]Kolonisierung (744-713)[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Tiglat-Pileser[/FONT][FONT=Times New Roman, serif] III. (744-727) zog zweimal gegen den Osten. Seine erste Kampagne 744 (siehe Iran-Stele) führte ihn in die Länder Ellipi, Namri, Bīt-Sangibuti und in das Land der Meder. Zwei neue Provinzen wurden in diesem Zusammenhang gegründet: Parsua und Bīt-Ḫamban, die von Eunuchen regiert wurden. Zum ersten Mal kontrollierte Assyrien direkt Gebiete im Zagros. Das Auftreten von Pferdehändlern, sogenannten tamkār sisē, zeigt den Interessenschwerpunkt des Engagements entlang der Seidenstraße. Überdies ist seit dieser Zeit am asyyrischen Hof der Personenname Madāyu (=der Meder) 6bezeugt, bis er unter Sanherib völlig verschwindet. [/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Laut der Iran-Stele zog Tiglat-Pileser 737 wieder gegen die Meder und erhielt Tribut von deren Stadtherren die ausführlich aufgelistet werden und deren Tribute in Form von Pferden vermerkt wird (32-300 pro Stadt). Solche Listen haben sich auch in den sogenannten Kalḫu-Annalen erhalten. Diese unterscheiden auch genauer zwischen Ländern, die „ensnared like a trapped bird“ oder gar „annexed to Assyria“ wurden. Obwohl die Assyrer zumindest die „ensnared“ Länder sicherlich nicht kontrollierte, führte sie ihr Feldzug von 737 dorthin, bis zu einem Berg Bikni. Wenn dieser mit dem Berg Demavend identisch sein sollte, haben sie sogar die Ufer des Kaspischen Meers erreicht. Jedenfalls führte der Feldzug auch in Länder, die die Babylonier, vielleicht schon die Kassiten erreicht haben (bspw. Silḫazi, das die „babylonische Festung“ genannt wurde). [/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Insgesamt scheint der Feldzug ohne größeren Widerstand der lokalen Machthaber verlaufen zu sein, was nicht darauf hindeutet, dass diese ein besonderes Solidaritätsgefühl untereinander aufbrachten oder gar Territorialstaaten bildeten. In der Tat werden sie auch immer als „city lords“ bezeichnet, während sogar die Machthaber der „Kleinstaaten“ in Tabal oder auf Zypern „Könige“ für die Assyrer waren.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Interessant ist schließlich, dass die Meder von dieser Zeit an bis Sargon II. als „mächtig“ ([/FONT][FONT=Times New Roman, serif]dannu[/FONT][FONT=Times New Roman, serif]) angesprochen werden, einer für Feinde Assyriens unerwartet positive Bezeichnung ist. [/FONT]


[FONT=Times New Roman, serif]Die Zeit Sargons II. (721-705) ist gut dokumentiert: einerseit durch die zahlreichen Inschriften, andererseits durch die Korrespondenz mit seinen Statthaltern in den neuen Provinzen.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Schon 719 zog Sargon gegen Mannea, um in einem inneren Konflikt eines Vasallen einzugreifen. Direkt nach Medien zog er aber nicht. 716 zog er dann nordwärts gegen die Meder, eroberte einige Städte, die der Provinz Parsua zugeschlagen wurden, eroberte dann Kišessim, die er in Kār-Nergal umbenannte und es zum Zentrum der neu gebildeten, gleichnamigen Provinz machte. Dieser Provinz wurde auch die Stadt Bīt-Sagbat (siehe Sagbita zur Zeit Šamši-Adads V.) angegliedert. Danach eroberte Sargon Ḫarḫar, die er in Kār-Šarrukīn umbenannte und zur Hauptstadt einer neuen Provinz machte. In Ḫarḫar war es, ebenso wie in Mannäa, zu einem inneren Konflikt gekommen, der Sargons Eingreifen erforderlich machte. Die könnte darauf hindeuten, dass es zu Spannungen zwischen lokalen Eliten aufgrund deren Verhältnisses zu Assyrien gekommen sei. Schließlich zog Sargon weiter in medische Gebiete und erhielt Tribut von 28 „city lords“.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]715 schlug er eine Revolte gegen die Meder in der neuen Provinz Kār-Šarrukīn und benannte viele Städte in Kār-X (=Hafen, Handelsstützpunkt X) um. Während unter [/FONT][FONT=Times New Roman, serif]Salmanassars III. Ḫarḫar noch eigenständig neben dem Land der Meder genannt wurde, erscheint sie nun eindeutig medisch. Die Frage, ob dies nun der besseren Ortskenntnis der Assyrer (oder gar umgekehrt einer größeren Verallgemeinerung assyrerseits aus Ortsunkenntnis) oder einer Expansion der Meder geschuldet ist, bleibt unbeantwortet.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]714 führte Sargon seinen berühmten Feldzug gegen Urartu. Bevor er nach Mannäa zog, sammelte er in der Provinz Parsua die Tribute Namris, Bīt-Sangibuti, Bīt-Abdadani und der [/FONT][FONT=Times New Roman, serif]mächtigen[/FONT][FONT=Times New Roman, serif] Meder ein. 26 „city lords“, die vor Allem in den neuen Provinzen Kār-Nergal und Kār-Šarrukīn liegen, werden gelistet. Also gab es dort immer noch lokale Machthaber, die den Titel eines „city lords“ trugen. Im Gegensatz zu den westlichen Zagrosprovinzen Assyriens konnten sie demnach ihre (wohl vererbbare) Machtstellung bewahren, mussten aber einen assyrischen Gouverneur dulden.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Der Feldzug von 713 führte Sargon wieder in neues medisches Gebiet über Ba''it-ili in „„far-away district in the area of the 'Arabs of the east'““, called „those district of the mighty Medes that had shed the yoke of Aššur and roamed desert and mountains like thieves““. Er empfing Tribut von 45 „city lords“ der mächtigen Meder. Nun ist diese Stelle aus der so genannten Prunkinschrift oft schon als Beleg für eine nomadische Lebensweise der Meder herangezogen worden. Die Autorin plädiert aber für folgende Sichtweise: Mit der Etablierung der Zagrosprovinzen hatten die Assyrer direkt Anteil am Handel entlag der „Großen Khorasanstraße“ [die, wenn ich das richtig interpretiere, durch die Zagrosprovinzen führt, dann nördlich abzweigt und bis zum Berg Bikni zu den „Arabs of the east“ führt, schließlich nördlich der Salzwüste vorbei bis Khorasan]. Als gegen Ende des 8. Jahrhunderts Kamelkaravanen eingeführt wurden, etablierten sich Handelswege von Arabien durch Südmesopotamien weiter in den Zagros und durch die Salzwüste nach Khorasan führten. Letzteren Teil hätten die „Arabs of the east“ übernommen und hätten so die Zagrosprovinzen Assyriens umgangen. Das würde einerseits die Bezeichnungen „Arabs of the east“ erklären und ließe andererseits die diese in den Augen Assyrien als „Diebe“ erscheinen.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Nach 713 musste Sargon nur zwei Revolten in den Provinzen, 707 in Ellipi und 706 in Karalla, niederschlagen; in medische Gebiete außerhalb der Provinzen zog er selbst nicht mehr, sehr wohl aber seine Gouverneure der Zagrosprovinzen. [/FONT]


[FONT=Times New Roman, serif]Symbiosis (712-656)[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Auch Sanherib (704-681) begegnete selbst nur einmal im Zuge eines Feldzugs gegen Ellipi Medern: er erhielt Tribut von den „fernen Medern“. Dieser Begriff ersetzt von nun an den der „mächtigen Meder“ und bezieht sich wohl auf Meder, die außerhalb der Provinzen leben. Alles in Allem scheint die Lage im Zagros recht ruhig geblieben zu sein, was darauf hindeutet, dass sich die lokalen Eliten, die „city lords“, recht gut mit den assyrischen Gouverneuren arrangiert hatten.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Asarhaddon (680-669) zog etwa 676 in das Gebiet nordöstlich der Salzwüste bis zum Berg Bikni, um in einem lokalen Konflikt zu intervenieren, zu dem ihn drei „city lords“ der „fernen Merder“ zu Hilfe gerufen hatten. Diese Episode zeigt, dass es Assyrien gelang, auch die „fernen Meder“ fest an sich zu binden. Dennoch können weder die „city lords“ der „fernen“ noch der Meder der Provinzen als Vasallen bezeichnet werden. In der Leibwache des Kronprinzen finden sich vor Allem Personen, die aus östlichen Regionen kommen, deren Machthaber als „city lords“ bezeichnet werden. Außerdem mussten diese „city lords“ nicht typische Vasallenverträge akzeptieren, sondern leisteten einen Eid ([/FONT][FONT=Times New Roman, serif]adê), [/FONT][FONT=Times New Roman, serif]durch den sie nur ihre Verantwortlichkeit für die Wachen und das Leben des Kronprinzen beschworen.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Aus den Orakel-Fragen ist allerdings vermehrt von Gefahren aus dem „Land der Meder“, das sich nun auf die Gebiete außerhalb der assyrischen Verwaltung bezieht, die Rede. Diese beziehen sich aber vor Allem auf die eindringenden Kimmerer und Skythen. Ein medischer „city lord“ muss Asarhaddon aber besonders beunruhigt haben: Er fürchtet, dass Kaštaritu von Kār-Kaššî (vielleicht ein Hinweis auf frühere Kontakte mit Kassiten) sich mit anderen „city lords“ verbünden könnte, dass er Kišessim oder andere Städte angreifen würde, oder dass er gar gegen Assyrien molbilmachen würde. Leider erfahren wir nichts über den Ausgang des Konflikts. Jedenfalls scheinen einige Städte verloren gegangen zu sein. [/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Von Assurbanipal (668-630) erfahren wir über die Meder nur, dass der Aufstand dreier Brüder, alle drei medische „city lords“, niedergeschlagen wurde.[/FONT]


[FONT=Times New Roman, serif]Silence (655-616)[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Unklar bleibt, ob während Assurbanipals Herrschaft die vier Zagros-Provinzen noch Teil des assyrischen Reiches waren. Auch während der fünf Feldzüge Assurbanipals gegen Elam erfaren wir nichts über Meder. Allerdings finden wir immer noch Personen medischer Herkunft, die im Tempel von Aššur einem bestimmten Beruf (vlt. Teppichweber) nachgehen, der nach ihrer Herkunft benannt ist (ḫundur[FONT=Times New Roman, serif]āyu).[/FONT] Dies zeigt, dass sogar im Tempel Traditionen aus dem Zagros übernommen worden sind.[/FONT]


[FONT=Times New Roman, serif]Median attack (615-610) [/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Nichts in den assyrischen Quellen kann erhellen, wie es Umakištar gelang, Befehlshaber einr medischen Armee zu werden. Nach jahrzehntelanger Stille über die Meder kommt der Schlag gegen Assyrien wie aus dem Nichts.[/FONT]


[FONT=Times New Roman, serif]Concluding remarks[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Das erste Problem in den assyrischen Quellen zu den Medern ist jenes, dass nie spezifiziert wird, was die Meder zu Medern macht: Ist es die Lebensart, Sprache, politische Organisation oder eigenes Zusammengehörigkeitsgefühl? Im Gegensatz zu Elam, Mannäa oder Urartu ist in assyrischen Texten nichts von einem „Nationalgefühl“ oder „Einigkeitsgefühl“ der Meder zu spüren. Es ist nicht einmal klar, wie die Meer zu den Mannäern sprachlich stehen. Auch die Namen der medischen Herrscher zeigen kein einheitliches Bild: manche sind indoeuropäisch, andere kassitisch oder gar akkadisch. Einige sind gar nicht zuordenbar. Gemeinsam ist ihnen allerdings, dass sie Bergbewohner, Viehzüchter und Reiter waren und von den Assyrern als „city lords“ bezeichnet werden. Dieser Titel ist wohl vererbbar und ist mit der Herrschaft über eine gewisse Region mit einer zentralen befestigten Siedlung verbunden. Auch nach der Errichtung der assyrischen Provinzen bleibt dieser Titel erhalten.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Über die Religion der Meder ist kaum etwas bekannt. Wenn, dann wird nur über ältere, aus Mesopotamien kommende Heiligtümer berichtet. Einige indoeuropäische Namen enthalten aber Bestandteile, die für eine Nähe zu den späteren achaimenidischen Glaubensvorstellungen nahelegen.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]In den Augen der Assyrer mag das Spezielle an den Medern ihr Engagement im Handel entlang der „Khorasan-Straße“ und später durch die Salzwüste gewesen sein. Allerdings treten sie nicht selbst als Händler auf, sondern viel mehr als Beschützer der Wege; diesen Dienst ließen sie sich ordentlich vergüten, wodurch sie es zu beträchtlichen Reichtum gebracht haben und ihnen die assyrische Bezeichnung „mächtige Meder“ eingebracht haben.[/FONT]
 
Jursa schließt mit der Aussage „In conclusion then, the Babylonian material reviewed here does not support the thesis of a Median empire wich transmitted Assyrian governmental and administrative institutions to the Achaemenids. […] But I maintain that to explain these borrowings (e.g. in art and architecture), there is no need to postulate the existence of a well-organised Median empire.“
Die Existenz eines Medischen Reiches kann man doch nicht von seiner Notwendigkeit für das Verständnis der Kulturentwicklung im Nahen Osten abhängig machen. Dass es keinen großen nachhaltigen eigenständigen Einfluss hatte, bedeutet doch nicht, dass es nicht existiert haben kann.

Šamši-Adad V. (823-811) berichtet von einem Feldzug (820/19) gegen einen Mederkönig Ḫanaširuka (ürigens kein indoeuropäischer Name)
Ich bezweifle, dass man aus der assyrisierten Form des Namens eines Mederkönigs so explizit schließen kann, dass er nicht indogermanisch ist.

Während er die Nachbarn Messu und Gizilbunda als Streitwagenfahrer beschreibt, erscheinen die Meder immer als Reiter, die entgegen Herodot in Städten und Dörfern wohnen und eben nicht Nomaden sind.
Wo behauptet er das? In 1,96 beschriebt er die Meder als in Dörfern wohnend, und in 1,98 erwähnt er Ekbatana.
 
Die Existenz eines Medischen Reiches kann man doch nicht von seiner Notwendigkeit für das Verständnis der Kulturentwicklung im Nahen Osten abhängig machen. Dass es keinen großen nachhaltigen eigenständigen Einfluss hatte, bedeutet doch nicht, dass es nicht existiert haben kann.

Das bedeutet es natürlich nicht. Der Autor versucht ja nur das Argument zu entkräften, dass es ein Mederreich gegeben haben muss, weil sonst die Kontinuität zwischen Assyrern und Persern nicht erklärbar wäre.
Der ganze Band "Continuity of Empire (?)" versucht ja herauszufinden, wie unser Bild von den Medern aussehen würde, wenn wir Herodot nicht heranziehen. Dann bleibt von einem "Mederreich" nicht so viel übrig: Rollinger bezweifelt die medische Herrschaft über die Perser. (Leider kenne ich seine Argumente dafür nicht. Vlt. hat ja jemand seinen Aufsatz "Zur Lokalisation von Parsu(m)a(š) in der F[FONT=Times New Roman, serif][FONT=Times New Roman, serif]ārs und zu einigen Fragen der frühen persischen Geschichte" zur Hand.) [/FONT][/FONT]Die Babylonier kontrollieren Syrien und das assyrische Kernland. Da stellt sich schon die Frage, wie man sich eine feste Kontrolle über Lydien vorstellen soll.


Ich bezweifle, dass man aus der assyrisierten Form des Namens eines Mederkönigs so explizit schließen kann, dass er nicht indogermanisch ist.
Da scheint sich die Autorin aber sehr sicher zu sein und verweist auf Untersuchungen dazu von Schmitt und Zadok.

Wo behauptet er das? In 1,96 beschriebt er die Meder als in Dörfern wohnend, und in 1,98 erwähnt er Ekbatana.
Da hast du natürlich recht. Ich habe da etwas verwechselt. Ersetze bitte "entgegen Herodot" durch "entgegen älteren Vorstellungen wie etwa bei Olmstead".

Dieter schrieb:
Und in diesen Publikationen habe ich bislang nicht gelesen, dass die Existenz einer medischen Stammeskonföderation - was man auch Mederreich nennen kann - angzweifelt wurde.
Eine medische Konföderation, die eine schlagkräftige Armee aufstellen konnte, wird auch nicht angezweifelt. Allerdings wird ein medisches Großreich von der Persis bin zum Halys bezweifelt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das bedeutet es natürlich nicht. Der Autor versucht ja nur das Argument zu entkräften, dass es ein Mederreich gegeben haben muss, weil sonst die Kontinuität zwischen Assyrern und Persern nicht erklärbar wäre.
Die Existenz eines Reiches mit seiner "geschichtlichen Notwendigkeit" zu erklären, ist Unfug.

Der ganze Band "Continuity of Empire (?)" versucht ja herauszufinden, wie unser Bild von den Medern aussehen würde, wenn wir Herodot nicht heranziehen. Dann bleibt von einem "Mederreich" nicht so viel übrig
Auch das halte ich für einen methodisch fragwürdigen Zugang. Unser Wissen über vergangene Reiche resultiert nun einmal aus der Summe der erhaltenen Quellen plus der archäologischen Funde. Wenn man eine Quelle nicht heranzieht, wird sich das Bild meistens verändern.
Für die Existenz eines Mederreiches spricht jedenfalls auch unter Vernachlässigung Herodots die Schilderung in der Nabonid-Chronik, wo König Astyages und seine mit Schätzen angefüllte Residenz Ekbatana erwähnt werden.

Die Babylonier kontrollieren Syrien und das assyrische Kernland. Da stellt sich schon die Frage, wie man sich eine feste Kontrolle über Lydien vorstellen soll.
Wieso Kontrolle über Lydien? Die Meder haben Lydien doch nicht unterworfen, das schaffte erst Kyros II. Er wiederum schaffte es, noch ehe er das Neubabylonische Reich unterworfen hatte.

Da hast du natürlich recht. Ich habe da etwas verwechselt. Ersetze bitte "entgegen Herodot" durch "entgegen älteren Vorstellungen wie etwa bei Olmstead".
Okay. Nur spricht das dann natürlich nicht gegen die Glaubwürdigkeit von Herodot.

Eine medische Konföderation, die eine schlagkräftige Armee aufstellen konnte, wird auch nicht angezweifelt. Allerdings wird ein medisches Großreich von der Persis bin zum Halys bezweifelt.
Mir wird das viel zu sehr als "entweder - oder" gesehen. Dass Medien ein zentral regiertes Reich mit vom König ernannten Provinzstatthaltern vom Halys bis zur Persis gewesen wäre, behauptet ohnehin niemand, auch nicht Herodot. Die von Dir gebrachten assyrischen Quellen und auch die Nabonid-Chronik lassen sich problemlos dahin interpretieren, dass es bei den Medern zahlreiche regionale "city lords" gab, die unter der Herrschaft eines medischen Königs standen, wie er von Samsi-Adad V. und in der Nabonid-Chronik (und bei Herodot) erwähnt wird. Das erklärt einerseits, dass diese "city lords" mitunter auf eigene Faust agierten, andererseits aber auch große Feldzüge eines Meder-Königs erwähnt werden. Dazu passt auch gut die Schilderung in der Nabonid-Chronik, wo Astyages seine Truppen sammelt (also womöglich die Kontingente der city lords einberuft), die Armee dann aber revoltiert: Das könnte bedeuten, dass die city lords ihm zwar zur Heerfolge verpflichtet waren, aber sich nicht bedingungslos unterordneten. Die Revolte ist also vielleicht nicht von den Soldaten, sondern von deren Kommandeuren ausgegangen. Das würde auch gut mit der Schilderung bei Herodot zusammenpassen, wo der medische Adlige Harpagos die Revolte anzettelt: Dieser Harpagos könnte so ein city lord gewesen sein.
 
Hallo,
bitte entschuldigt, dass ich zur Zeit nicht schneller antworten kann. Außerdem befürchte ich, dass folgende Beiträge nicht direkt auf eure Einwände eingehen. Ich werde dazu in den nächsten Tagen noch Stellung nehmen. Als kleine Entschädigung biete ich die Zusammenfassung zweier Aufsätze:

@ argisti: Zunächst einmal schönen Dank für die ausführlich zitierte Literatur zu den Medern! :winke:

Einig sind sich die assyrischen Quellen darin, dass es das "Land der Meder" gab und somit ist auch von den Medern die Rede.

[FONT=Times New Roman, serif]Die Zeit Sargons II. (721-705) ist gut dokumentiert: einerseit durch die zahlreichen Inschriften, andererseits durch die Korrespondenz mit seinen Statthaltern in den neuen Provinzen.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Schon 719 zog Sargon gegen Mannea, um in einem inneren Konflikt eines Vasallen einzugreifen. Direkt nach Medien zog er aber nicht. 716 zog er dann nordwärts gegen die Meder, eroberte einige Städte, die der Provinz Parsua zugeschlagen wurden, eroberte dann Kišessim, die er in Kār-Nergal umbenannte und es zum Zentrum der neu gebildeten, gleichnamigen Provinz machte.[/FONT]
Unbestritten ist ebenfalls, dass die Meder gemeinsam mit den Babyloniern das Neuassyrische Reich etwa um 612 v. Chr, zerstörten und das Territorium untereinander aufteilten. Schon damit hatten die Meder ein großes Reich geschaffen.

Über den weiteren Verlauf der medischen Geschichte können wir aus assyrischen Quellen nichts mehr erfahren, da Assyrien vernichtet war. Über die entscheidende Schlacht gegen die Lyder ist bekannt, dass sie 585 v. Chr. am Halys stattfand und dass sich eine Sonnenfinsternis einstellte, die in beiden Armeen eine Panik auslöste. Der Kampf schloss mit einem Vergleich und der Bewahrung lydischer Autonomie.

Aus welchen Quellen diese Nachrichten stammen, weiß ich nicht. Aber wir sollten uns jetzt nicht an dem Begriff "Großreich" festhalten. Sicher ist, dass die Mede nach der Aufteilung Assyriens über ein großes Territorium verfügten. Ferner geht aus den assyrischen Quellen hervor, dass neben dem König eine Reihe von Fürsten ("city-lords") großen Einfluss besaßen, was auf einen föderal verfassten Staat hindeutet. Wie die Beziehungen zwischen Fürsten und König im einzelnen aussahen, lässt lediglich vermuten.

Auf jeden Fall muss es eine planende und organisierende Stelle gegeben haben, die die Vorstöße und Züge der Meder koordinierte. Das kann nur der König, vermutlich im Verbund mit seinen mächtigen Fürsten gewesen sein.
 
Auch das halte ich für einen methodisch fragwürdigen Zugang. Unser Wissen über vergangene Reiche resultiert nun einmal aus der Summe der erhaltenen Quellen plus der archäologischen Funde. Wenn man eine Quelle nicht heranzieht, wird sich das Bild meistens verändern.
Es gibt ja gute Gründe, am herodotschen Bericht zu zweifeln. Ich habe diese Zweifel im Beitrag über die Schrift "Deiokes, König der Meder" von Mischa Meier et al. kurz skizziert. Dass man sich dann, wenn es um die Ausdehnung und die Struktur eines "Mederreiches" geht, den assyrischen und babylonischen Quellen zuwendet, kommt mir nicht methodisch fragwürdig vor.

Wieso Kontrolle über Lydien? Die Meder haben Lydien doch nicht unterworfen, das schaffte erst Kyros II. Er wiederum schaffte es, noch ehe er das Neubabylonische Reich unterworfen hatte.
Ich bitte um Entschuldigung, Kontrolle bis zum Halys war gemeint. Und das fällt mir schon etwas schwer zu glauben, weil eben die babylonischen Quellen nichts davon wissen, obwohl die Babylonier ja Syrien und Assyrien beherrschten.

Die von Dir gebrachten assyrischen Quellen und auch die Nabonid-Chronik lassen sich problemlos dahin interpretieren, dass es bei den Medern zahlreiche regionale "city lords" gab, die unter der Herrschaft eines medischen Königs standen, wie er von Samsi-Adad V. und in der Nabonid-Chronik (und bei Herodot) erwähnt wird.
Dieser Ḫanaširuka wird nicht als der medische König, sondern als ein medischer König beschrieben. Im Übrigen ist dies die einzige Erwähnung eines medischen Königs in assyrischen Quellen. Wenn ich mich nicht irre, werden auch in babylonischen Quellen nur Kyaxares und Astyages als Könige bezeichnet.

Das erklärt einerseits, dass diese "city lords" mitunter auf eigene Faust agierten, andererseits aber auch große Feldzüge eines Meder-Königs erwähnt werden. Dazu passt auch gut die Schilderung in der Nabonid-Chronik, wo Astyages seine Truppen sammelt (also womöglich die Kontingente der city lords einberuft), die Armee dann aber revoltiert: Das könnte bedeuten, dass die city lords ihm zwar zur Heerfolge verpflichtet waren, aber sich nicht bedingungslos unterordneten. Die Revolte ist also vielleicht nicht von den Soldaten, sondern von deren Kommandeuren ausgegangen. Das würde auch gut mit der Schilderung bei Herodot zusammenpassen, wo der medische Adlige Harpagos die Revolte anzettelt: Dieser Harpagos könnte so ein city lord gewesen sein.
Da stimme ich ja weitgehend zu. Aber wäre es nicht auch vorstellbar, dass diese city lords unabhängig waren und sich nur zeitweilig unter der Führung eines von ihnen zusammengeschlossen haben?

Zur Ausdehnung des "Mederreiches" möchte ich noch Lanfranchi, Roaf und Rollinger zitieren. Sie schreiben im Nachwort von "continuity of empire (?)":
In recent years, however, the "Median Empire" has lost of its supposed "provinces" and "dependent kingdoms", including Persis and Elam [...], Assyria, Northern Syria, Armenia and Cappadocia.
Rollinger schreibt einiges dazu in einem eigenen Aufsatz. Den werde ich mir mal genauer anschauen.
 
Es gibt ja gute Gründe, am herodotschen Bericht zu zweifeln. Ich habe diese Zweifel im Beitrag über die Schrift "Deiokes, König der Meder" von Mischa Meier et al. kurz skizziert.
Beziehst Du Dich auf Beitrag #3?
- Dass Ekbatana eine wichtige Rolle gespielt haben muss, geht auch aus der Nabonid-Chronik hervor, wo es als Residenz von Astyages und als mit Schätzen angefüllt beschrieben wird. Somit kann Ekbatana kein unbedeutendes Kaff gewesen sein.
- Ich habe auch schon darauf hingewiesen, dass Herodot die Meder keineswegs als Nomaden bezeichnet hat.
- Die Ausdehnung des Reiches bis zum Halys archäologisch nachzuweisen, wird etwas schwierig sein. Man kann schließlich nicht erwarten, am Halys medische Zollbeamtenhäuschen zu finden. Herrschaft bis zum Halys bedeutet ja nicht, dass überall medische Beamte eingesetzt und medische Kolonien errichtet wurden. Die Meder betrieben auch keine großangelegte Medisierungspolitik. Archäologisch widerlegt ist die Ausdehnung allerdings auch nicht.
- Wieso sollten mesopotamische Quellen detaillierte Angaben zur Ausdehnung des Mederreiches machen? Die von Dir erwähnten assyrischen und babylonischen Texte entstanden nicht aus völkerkundlichem und geographischem Interesse heraus, sondern beschrieben in erster Linie die Kontakte der Assyrer und Babylonier mit ihren Nachbarn, also z. B. kriegerische Verwicklungen und diplomatische Kontakte.
- Dass die Geschichte um Deiokes etwas romanhaft ist, will ich gar nicht abstreiten. Aber das widerlegt doch nicht gleich die Existenz des ganzen Mederreiches.

Dass man sich dann, wenn es um die Ausdehnung und die Struktur eines "Mederreiches" geht, den assyrischen und babylonischen Quellen zuwendet, kommt mir nicht methodisch fragwürdig vor.
Das meinte ich nicht. So wie Du das Buch "Continuity of Empire" in #35 geschildert hast, scheint es aber Herodot bewusst zu ignorieren, also von der Prämisse auszugehen, dass er unbrauchbar ist, und (mehr oder weniger krampfhaft) zu versuchen, ihn zu widerlegen. Dabei habe ich doch schon gezeigt, dass seine Schilderungen durchaus mit den mesopotamischen Quellen übereinstimmen, was z. B. Astyages' Ende anbelangt.

Ich bitte um Entschuldigung, Kontrolle bis zum Halys war gemeint. Und das fällt mir schon etwas schwer zu glauben, weil eben die babylonischen Quellen nichts davon wissen, obwohl die Babylonier ja Syrien und Assyrien beherrschten.
Siehe oben. Warum sollten die Babylonier detailliert aufschreiben, wie weit der medische Machtbereich nach Kleinasien hineinreichte? Sie haben doch anscheinend auch keine detaillierten Angaben darüber gemacht, welche Machtverhältnisse in Kleinasien stattdessen bestanden haben sollen. Außerdem: Ich kenne mich mit den babylonischen Quellen nicht sonderlich aus, aber gibt es babylonische Texte, die detailliert die Ausdehnung Ägyptens (also auch eines Nachbarstaates), insbesondere nach Westen und Süden hin, beschreiben?

Dieser Ḫanaširuka wird nicht als der medische König, sondern als ein medischer König beschrieben.
Ich kann kein Assyrisch, aber Deinen Quellenzusammenfassungen zufolge wurden die medischen Regionalfürsten anscheinend mit einem assyrischen Wort bezeichnet, das im Englischen als "city lord" wiedergegeben wird. Wenn Hanasiruka stattdessen mit einem anderen Wort, das als "König" wiedergegeben wird, bezeichnet wird, muss er doch mehr gewesen sein als bloß ein Regionalfürst. Was steht denn in Samsi-Adads Bericht genau? Geht aus ihm hervor, dass es neben Hanasiruka noch andere derartige Könige gab?

Wenn ich mich nicht irre, werden auch in babylonischen Quellen nur Kyaxares und Astyages als Könige bezeichnet.
Kein Wunder, schließlich regierten zur Zeit des Neubabylonischen Reiches auch nur die beiden: Kyaxares war medischer König, als das Assyrerreich vernichtet wurde, und Astyages war sein Nachfolger, der bis zur Unterwerfung durch die Perser regierte.

Da stimme ich ja weitgehend zu. Aber wäre es nicht auch vorstellbar, dass diese city lords unabhängig waren und sich nur zeitweilig unter der Führung eines von ihnen zusammengeschlossen haben?
Wozu? Um z. B. jahrelang gegen Lydien Krieg zu führen? Solche kurzfristigen Zusammenschlüsse mit freiwilliger Unterordnung unter einen gemeinsamen Führer sind nur für Feldzüge mit begrenzter Dauer und begrenzter Zielsetzung, also z. B. Raubzüge in ein benachbartes Gebiet, plausibel und praktikabel, aber nicht unbedingt für einen großen langwierigen Krieg gegen einen mächtigen Nachbarn. Wenn die city lords wirklich unabhängig waren, wird ihre Bereitschaft, sich jahrelang freiwillig unterzuordnen, begrenzt gewesen sein.
Und warum sollten sie sich freiwillig zusammenschließen, den Astyages zu ihrem König wählen, um gegen Kyros Krieg zu führen, um gleich darauf gegen Astyages zu revoltieren und ihn dem Kriegsgegner auszuliefern? Wenn Astyages bloß ein normaler city lord war, wird er in Ekbatana auch kaum so viele Schätze angehäuft haben.
Und wieso werden Kyaxares und Astyages in den babylonischen Quellen als Könige bezeichnet, wenn sie nur zeitweilige gewählte Führer waren?
In all diesen Fällen ist es wohl allemal plausibler, wenn man annimmt, dass es einen festen Oberherrn gab, dem die city lords zur Gefolgschaft (und wohl auch zu Tributzahlungen) verpflichtet waren.
 
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