Zumindest ein Heerzug über die Alpen steht fest. Brennus wird kaum geflogen sein und mit dem Schiff haben die Gallier Rom auch nicht angegriffen, also wars wohl über die Alpen
Allerdings zog Brennus nicht selbst über die Alpen, sondern seine Senonen wohnten - ebenso wie andere gallische Stämme - bereits in Norditalien.
Aber im Grunde genommen hast Du natürlich recht: Als die Gallier im 5. Jhdt. v. Chr. nach Norditalien expandierten, werden sie wohl über die Alpen gekommen sein.
Klingt alles plausibel, aber lässt sich das beweisen?
Nein.
Seibert spricht von gezielten Einfluss der Scipionen Familie auf die römische Geschichtsschreibung. Diese wollten ihre gravierende strategische Fehleinschätzung von Hannibals Absichten in positiverem Licht erscheinen lassen.
Was für eine gravierende Fehleinschätzung? Die Scipionen-Brüder haben nicht wirklich etwas falsch gemacht. Es war ja nicht so, dass sie nach Spanien gesegelt wären, und plötzlich wäre Hannibal völlig überraschend im (durch die Schuld der Scipionen) unverteidigten Norditalien aufgetaucht.
Die Römer waren sich durchaus darüber im Klaren, dass Hannibal auf dem Landweg kommen würde. Wenn schon, dann könnte man den Römern vorwerfen, dass sie nicht früher in Spanien intervenierten, nicht schon zu der Zeit, als Hannibal noch vor Saguntum festsaß. Aber das war nicht die Schuld der Scipionen, denn 219 v. Chr., als Saguntum belagert wurde, war keiner von ihnen Konsul und daher nicht in der Position, solche Entscheidungen zu treffen. Außerdem wurden die Zuständigkeiten der Magistrate verlost, Publius Cornelius Scipio konnte also nicht einmal im Voraus wissen, dass er im Fall seiner Wahl zum Konsul den nördlichen Kriegsschauplatz erhalten würde.
Anfang 218 wurden dann die entsprechenden Maßregeln getroffen: Nachdem Scipio durch Los den nördlichen Kriegsschauplatz erhalten hatte, gab man ihm vier Legionen sowie zahlreiche Bundesgenossentruppen, der Praetor Lucius Manlius wurde mit einem Heer nach Gallien vorausgeschickt, und zwei Legionen mitsamt zahlreichen Bundesgenossen wurden in Norditalien stationiert. Man war sich also römischerseits vollkommen darüber im Klaren, dass Hannibal, falls er einen Vorstoß nach Italien plante, auf dem Landweg kommen würde, und traf entsprechende Vorbereitungen. Auch damit, dass Hannibal die Alpen überqueren und in Norditalien auftauchen könnte, rechnete man. All diese Maßregeln wurden nach dem Fall von Saguntum getroffen, aber noch ehe sich Hannibal überhaupt Richtung Italien in Bewegung gesetzt hatte. Da man aber vermutlich nicht sicher wusste, dass er nach Italien ziehen würde, war es auch durchaus vernünftig, dass die Scipionen eine Invasion in Spanien vorbereiteten.
Auch später, als Hannibal dann tatsächlich in Norditalien eintraf, traf er die Römer keineswegs unvorbereitet. In der Schlacht an der Trebia waren sie den Karthagern zahlenmäßig überlegen. Dass Hannibal eine zahlenmäßig überlegene römische Armee nach der anderen schlagen würde, konnten und mussten die Scipionen nun wirklich nicht voraussehen.
Es war also keineswegs so, dass die Scipionen etwa darauf vertraut hätten, dass Hannibal schon an den Alpen scheitern würde, und dann völlig überrascht waren, dass er doch nach Italien durchkam.
Der Keltenaufstand im Frühjahr 218, bevor Hannibal los marschierte, im Cisalpinischen Gallien gegen Rom, wurde durch Hannibal ausgelöst und in Absprache mit diesem durchgeführt. Ziel war es, die Römer von Ihrem Angriff auf Spanien abzuhalten.
Natürlich wäre das möglich, aber man muss nicht zwangsläufig gleich einen weitgespannten Plan Hannibals vermuten. Es ist auch gar nicht gesagt, dass Hannibal wirklich unbedingt eine römische Landung in Spanien verhindern wollte. Darauf vorbereitet war er, indem er seinen Bruder Hasdrubal mit einem Heer zurückließ, und eine römische Landung hätte auch bedeutet, dass die Römer ihre Kräfte verzetteln und er es in Italien mit weniger Gegnern zu tun bekommt.
Dass die norditalischen Gallier nicht gerade glücklich darüber waren, dass ihnen die Römer soeben mit Placentia und Cremona zwei Kolonien vor die Nase gesetzt hatten, dürfte auf der Hand liegen. Dass sich zwischen Römern und Karthagern etwas zusammenbraute, muss ihnen auch nicht entgangen sein.
Seibert widerspricht den antiken Darstellungen über die gewaltigen Verluste, die Hannibal laut antiken Quellen bei der Alpenüberquerung gehabt haben soll. Laut Seibert waren die Verluste nur gering und die antiken Quellen wollten Hannibal als Hasadeur diskreditieren, der leichtfertig die Hälfte seiner Männer opfert.
Dazu passt aber nicht so recht die Bewunderung, die Hannibal für seine Leistung gezollt wurde. Cornelius Nepos verglich Hannibal anlässlich der Alpenquerung gar mit Hercules.
Seibert berichtet, dass Hannibals Alpenzug keineswegs der erste war, sondern dass auch die Kelten vor Hannibal schon oft Heereszüge über die Alpen führten. Außerdem berichtet er über regelmäßigen Handelsverkehr über die Alpen.
Das ist alles richtig. Aber erstens wissen wir nichts darüber, wie groß eigentlich die Verluste früherer keltischer Alpenquerer waren, und zweitens macht es natürlich einen Unterschied, ob eine Handelskarawane oder ein ganzes Heer die Alpen überquert. Hannibals afrikanischen Truppen dürften die Alpen auch mehr zu schaffen gemacht haben als etwa den Kelten. Außerdem musste er sich den Weg teilweise freikämpfen, und das in höchst ungünstigem Gelände.