Ich bin gerade eben erst auf die Debatte in diesem Thread gestoßen und, hmh.
Ich verstehe die Aufregung um Ruriks Wortmeldungen; ich war beim Lesen auch mehrfach kurz davor, Rot zu bewerten. Es geht einfach nicht, hier so schematisch über "die Frauen" vom Leder zu ziehen, die "die Männer" als Werkzeuge ihrer eigenen internen Machenschaften benutzen und daher auch diejenigen sind, die letztendlich an der Verfolgung schuld sind. Nicht nur spricht man den Männern mit so einer "Frauen vernichten Frauen"-These jegliche Möglichkeit der eigenständigen Handlung ab (steile These in einer patriachalisch geprägten Gesellschaft), sondern schafft es dabei noch irgendwie, die massenhafte Tötung von Frauen als die alleinige Schuld von Frauen hinzustellen.
Ich habe den Eindruck, dass es so von Rurik nicht gemeint war. Aber dadurch, dass er im Weiteren überhaupt nicht mehr differenziert hat, kam dieser Eindruck nun mal zustande. Ich fände es auch fair, Rurik, wenn du Verständnis dafür zeigen würdest, dass auf diesen Eindruck reagiert worden ist. Egal wie du es jetzt gemeint hast - keiner hier kann Gedanken lesen, und wenn du deine Beiträge auf eine Weise formulierst, die "die Frauen" generell für so etwas wie Hexenverfolgung verantwortlich macht, kannst du nicht einfach hergehen und sagen, ihr seid doch alle bloß eine ideologieversklavte, hysterische Schweinebande. Das ist unter der Gürtellinie. Das muss schon allein deshalb nicht sein. Und übrigens stimmt es auch nicht.
Man sollte sich als Faustregel immer vor Augen halten, dass "ein Sexist sein" und "sexistisch formulieren" nicht das gleiche sind. Wenn man angeklagt wird, letzteres getan zu haben, ist das kein persönlicher Angriff, sondern eine Aufforderung, nuancierter zu argumentieren und bestimmte Kategorien anders zu benutzen. Wenn Leute über sexistische Formulierungen sauer sind, ist das ihr verdammtes Recht, weil es ernsthaft respektlos ist. Aber das heißt nicht, dass die anderen direkt von der Formulierung auf den Menschen dahinter schließen und ihn gleich als grundsätzliches Ekelpaket abstempeln. So schätze ich die Mehrheit der Leute hier nicht ein, und vor allem nicht die Diskutanten.
Auf der anderen Seite glaube ich, dass Rurik grundsätzlich einen sehr legitimen Punkt angesprochen hat. Natürlich waren Frauen auch Trägerinnen eines Systems, das Gewalt ausüben kann - natürlich haben sie es da genutzt, wo sie eben die Möglichkeit hatten, von mir aus auch in der Gestaltung einer bösartigen Atmosphäre - natürlich haben auch Frauen gern mal Machttrips, wenn sie plötzlich in die Lage versetzt werden, über Wohl und Wehe anderer nach Belieben zu entscheiden. Dieses grundsätzliche Argument ist ein Strukturargument und als solches sogar ziemlich interessant, weil es sich eben nicht auf die übliche Machtkonstellationen wie "die arme Außenseiterin vs. die Gesellschaft/der Staat/die Kirche" konzentriert, sondern auf andere Arten des "Machtflusses", die sicherlich auch einen erheblichen Einfluss gehabt haben. An dieser Stelle finde ich es auch gut beobachtet, sich mal die Frauen anzugucken, die als Täter ja oft gar nicht wahrgenommen werden (lustigerweise auch ein Beiprodukt von strukturellem Sexismus).
Ich würde mich freuen, wenn wir diesen Gedanken - den ich echt spannend und auch fruchtbar finde - verfolgen könnten. Mit anderen Worten, wollen wir vielleicht lieber alle Frieden schließen und schauen was wir mit dem Argument machen können, das Rurik in die Diskussion eingebracht hat? :friends: