Petrus und das Schwert

Chan

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Die Frage rührt an nichts Weltbewegendes, doch ihre Klärung würde ich aus einem bestimmten Grund interessieren.

Im Joh-Ev Kap. 18 heißt es im Zusammenhang mit der Gefangennahme des Protagonisten:

Da fragte er sie abermals: Wen suchet ihr? Sie sprachen: Jesum von Nazareth. 8 Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt, daß ich es sei. Suchet ihr denn mich, so lasset diese gehen! 9 (Auf daß das Wort erfüllet würde, welches er sagte: Ich habe der keinen verloren, die du mir gegeben hast.)10 Da hatte Simon Petrus ein Schwert und zog es aus und schlug nach des Hohenpriesters Knecht und hieb ihm sein rechtes Ohr ab. Und der Knecht hieß Malchus. 11 Da sprach Jesus zu Petrus: Stecke dein Schwert in die Scheide! Soll ich den Kelch nicht trinken, den mir mein Vater gegeben hat?

Meine Frage ist (und es geht mir natürlich nicht um die Historizität des geschilderten Ereignisses, sondern ums Prinzip):

War Juden zur Zeit der römischen Besatzung gestattet, öffentlich ein Schwert zu tragen? Oder kann man den Text so interpretieren, dass "Petrus" seine Waffe verborgen bei sich trug? Natürlich fällt letztere Frage unter ´Textauslegung´, was in diesem Forum off topic ist, aber ich stelle sie dennoch, da sie in engem Zusammenhang der eigentlichen (geschichtlichen) Frage steht.

Wenn es einem Juden aber nicht gestattet war, ein Schwert zu tragen, wie wäre es dann zu erklären (mal gaaaanz hypothetisch die Historizität des Vorfalls vorausgesetzt), dass "Petrus" trotz Verstoßes gegen dieses Gesetz nicht von den anwesenden Soldaten festgenommen wurde?

Zudem interessiert mich das Verhältnis der römischen Soldaten zu den Dienern des Hohepriesters. Waren sie diesen untergeordnet, hatte der Hohepriester Jerusalems damals also die Befugnis, römische Soldaten zu von ihm selbst verfolgten Zwecken einzusetzen?
 
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Wenn es einem Juden aber nicht gestattet war, ein Schwert zu tragen, wie wäre es dann zu erklären (mal gaaaanz hypothetisch die Historizität des Vorfalls vorausgesetzt), dass "Petrus" trotz Verstoßes gegen dieses Gesetz nicht von den anwesenden Soldaten festgenommen wurde?
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Es waren keine "Soldaten" anwesend sondern die Knechte des Sanhedrin.
 
Man darf die biblischen Texte alle natürlich nicht allzu wörtlich nehmen.

Dennoch könnte es durchaus sein, dass es kein Schwert war, sondern ein Messer (wird ja oft synonym verwendet).
 
Das μάχαιρα ist mehr ein großes Messer, als eigentlich ein Schwert. Die ÜS mit Schwert dürfte wohl auf Hieronymus zurückgehen, der es mit gladius übersetzt. Interessant wäre zu wissen, was die wirklich vulgärlateinischen* Übersetzungen vor Hieronymus, die Afra und die Itala da setzen.
Man könnte einen Zusammenhang mit den Sikariern vermuten, zu denen ja auch Judas gehörte (Ischariot/Iskariot).

*Hieronymus' Fassung ist zwar als Vulgata, also als in volkssprachlichem Latein verfasste Bibel benannt, aber tatsächlich verwendet sie einen relativ gehobenen Stil.
 
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Das μάχαιρα ist mehr ein großes Messer, als eigentlich ein Schwert. Die ÜS mit Schwert dürfte wohl auf Hieronymus zurückgehen, der es mit gladius übersetzt. Interessant wäre zu wissen, was die wirklich vulgärlateinischen* Übersetzungen vor Hieronymus, die Afra und die Itala da setzen.
Man könnte einen Zusammenhang mit den Sikariern vermuten, zu denen ja auch Judas gehörte (Ischariot/Iskariot).

In diesem Zusammenhang fällt mir noch ein anderer Jünger ein, Simon der Zelot. Die sica, das Krumschwert, das auch die Gladiatorengattung der Thraker führte, galt als Waffe der Banditen, aber auch der Zeloten.
 
War Juden zur Zeit der römischen Besatzung gestattet, öffentlich ein Schwert zu tragen? Oder kann man den Text so interpretieren, dass "Petrus" seine Waffe verborgen bei sich trug?

Eine gute Frage. Mir persönlich ist nicht bekannt, dass die Römer im damaligen Judäa ein generelles Waffen- bzw. Schwertverbot für jüdische Zivilisten ausgesprochen hätten. Vielleicht fehlt aber auch nur die entsprechende Überlieferung, denn vorstellbar ist so ein Verbot ja. Jedenfalls, so denke ich, kann man behaupten, dass damals nicht die meisten jüdischen Festbesucher in Jerusalem mit Schwertern herumliefen. Denn Iosephos gibt ja hie und da Beispiele von Volkserhebungen zu Festzeiten (erstes Passa unter Archelaos, Passa unter dem röm. Befehlshaber Cumanus usw.), wo die Juden ihre Gegner mit Steinen bewarfen (nicht aber mit Schwertern angriffen). An späterer Stelle erwähnt Iosephos die von El Q. schon genannten Sikarier, die ihre Dolche unter dem Gewand verbargen, um im Gewimmel zuzustechen und unerkannt wieder zu entkommen. Hier geht es aber nicht darum, die Dolche zu verbergen, weil es verboten war, sie mit sich zu tragen, sondern weil die mit den Dolchen durchgeführten Verbrechen natürlich verboten waren. Petrus hätte das Schwert gewiss heimlich getragen, falls er eine Gewalttat mit dem selbigen geplant hätte. Das kann man ihm nicht unterstellen. Er handelte ja im Affekt. Darum glaub ich auch nicht, dass er wie ein Sikarier das Schwert heimlich mit sich trug. Vielleicht hat man damals ein Schwert nicht ausschließlich als eine Waffe für bestimmte Gewalttaten aufgefasst, sondern es auch als eine Zier oder "Männer-Schmuck" verstanden. Habe nämlich folgendes gefunden: "Denn Schab 6, 4 heißt es weiter: R. Eliezer (um 90) sagte: Schmucksachen sind sie (die Waffen) [vorher wird ausdrücklich unter anderem auch das Schwert genannt] für den Mann (u. deshalb am Sabbat erlaubt)", so steht's in Billerbeck/ Strack: Das Evangelium ... erläutert aus Talmud und Midrasch (Bd. II), München 1924, S. 827.
(Nur am Rande: Spannender als die Frage, ob die Römer damals das Tragen eines Schwertes erlaubten, ist beinah die Frage, ob die Juden so etwas am Festtag erlaubten.)

Wenn es einem Juden aber nicht gestattet war, ein Schwert zu tragen, wie wäre es dann zu erklären (mal gaaaanz hypothetisch die Historizität des Vorfalls vorausgesetzt), dass "Petrus" trotz Verstoßes gegen dieses Gesetz nicht von den anwesenden Soldaten festgenommen wurde?

Also bei Matthäus und Markus steht ja, dass alle Jünger (also auch Petrus) geflohen sind > Die erfolgreiche Flucht hatte folglich auch die Festnahme verhindert.

Zudem interessiert mich das Verhältnis der römischen Soldaten zu den Dienern des Hohepriesters. Waren sie diesen untergeordnet, hatte der Hohepriester Jerusalems damals also die Befugnis, römische Soldaten zu von ihm selbst verfolgten Zwecken einzusetzen?

Dass römische Soldaten bei der Verhaftung anwesend waren will Joh. 18, 12 m. E. unzweifelhaft aussagen (während die Synoptiker dazu schweigen). Aber ich glaube nicht, dass der Hohepriester das Recht hatte auch nur über den Geringsten der römischen Soldaten in irgendeiner Form zu verfügen. Man kann sich den gemeinsamen Aufmarsch der jüdischen Tempelgarde und der römischen Soldaten aber vielleicht so erklären: Nach den Evangelisten befürchtete das Synedrion einen Volksaufstand im Zusammenhang mit der Verhaftung Jesu. Es ist ihnen daher geboten gewesen, solch einen nicht einfach zu riskieren, ohne vorher Absprache mit den Römern getroffen zu haben. Vielleicht als Unterstützung wurden einige röm. Soldaten abgestellt, um die Tempelgarde im Fall der Fälle zu unterstützen, ansonsten dafür zu sorgen, dass alles in Ruhe und Ordnung vonstatten gehen würde. So könnte ich mir das Zusammenspiel zumindest vorstellen.
 
Petrus hätte das Schwert gewiss heimlich getragen, falls er eine Gewalttat mit dem selbigen geplant hätte. Das kann man ihm nicht unterstellen. Er handelte ja im Affekt.

Wir sollten an dieser Stelle wohl weniger danach fragen, was im Ölmühlengarten wirklich geschah, sondern wohl eher danach, was der Evangelist uns mit der Geschichte eigentlich mitteilen möchte. Nämlich:
- Die Jünger haben immer noch nicht begriffen, wer Jesus wirklich ist.
- Es gibt grundsätzlich Hoffnung für alle Menschen, wenn selbst Petrus, der doch der Wortführer der Jünger gegenüber Jesus ist, teilweise so dämliche Fehler macht.*
- Liebe deine Feinde und wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen.


*Da du, Buschhons, Thiede gelesen hast, denke ich mal, dass du mit seiner Idee vertraut bist, dass Petrus sich gar nicht dämlich angestellt hat etc. pp. Aber das ist doch eine der vielen eher eigenwilligen Auslegungen Thiedes.
 
Wir sollten an dieser Stelle wohl weniger danach fragen, was im Ölmühlengarten wirklich geschah, sondern wohl eher danach, was der Evangelist uns mit der Geschichte eigentlich mitteilen möchte. Nämlich:
- Die Jünger haben immer noch nicht begriffen, wer Jesus wirklich ist.
- Es gibt grundsätzlich Hoffnung für alle Menschen, wenn selbst Petrus, der doch der Wortführer der Jünger gegenüber Jesus ist, teilweise so dämliche Fehler macht.*
- Liebe deine Feinde und wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen.

Diese Deutungen der Geschichte finde ich inhaltlich klasse!
Aber Chan hat ja "mal gaaaanz hypothetisch die Historizität des Vorfalls vorausgesetzt", um zu fragen, wie das Schwert des Petrus unter solch einer hypothetischen Voraussetzung historisch zu interpretieren wäre. Darauf hab ich dann geantwortet.

*Da du, Buschhons, Thiede gelesen hast, denke ich mal, dass du mit seiner Idee vertraut bist, dass Petrus sich gar nicht dämlich angestellt hat etc. pp. Aber das ist doch eine der vielen eher eigenwilligen Auslegungen Thiedes.

Ich glaube, Du überschätzt meine Belesenheit. Habe von Thiede nur einige Kapitel aus "Der Jesus-Papyrus" gelesen, weil ich etwas über die ältesten Evangelien-Papyri-Fragmente wissen wollte (ob dies die beste Anlaufstelle war, darf ohne Frage jeder, der will, bezweifeln). In diesem Zuge ist mir über Petrus im Garten Gethsemane nichts begegnet.
 
@El Quijote: Hab mir Chans ersten Beitrag gerade nochmal in Ruhe durchgelesen: Hast recht, ich hatte Chans Fragerichtung tatsächlich ein bisschen falsch aufgefasst. Es ging ihm eher darum, was der Evangelist auszusagen gedenkt, weniger um die etwaige Plausibilität eventueller historischer Hintergründe der Geschichte. Obwohl er beide Fragerichtungen ein bisschen vermengt hat (was natürlich nicht verwerflich ist).

Die Frage rührt an nichts Weltbewegendes, doch ihre Klärung würde ich aus einem bestimmten Grund interessieren [...] Natürlich fällt letztere Frage unter ´Textauslegung´, was in diesem Forum off topic ist, aber ich stelle sie dennoch, da sie in engem Zusammenhang der eigentlichen (geschichtlichen) Frage steht.

Hallo Chan, ich habe natürlich kein Anrecht auf eine Antwort, aber mich interessiert trotzdem, was jener "bestimmte Grund" bzw. jene "eigentliche (geschichtliche) Frage" ist, die hinter dem Ganzen steckt.
 
Ich denke schon, dass es teilweise durchaus um die Historizität des Ereignisses geht. Zumindest aber darum, wie wahrscheinlich es ist, dass Privatpersonen um 30 n. Chr. eine μάχαιρα mit sich führten.
In Rom gab es ja z.B. das Pomerium, innerhalb dessen man keine Waffen tragen durfte, daraus kann man schließen, dass rundherum das Waffentragen eben doch erlaubt war. Die Gruppe der Galiläer um Jesus war viel unterwegs, manchmal auch in menschleeren Gegenden, in denen man sich seiner Haut erwehren musste. Insofern halte ich es für nicht abwegig, dass die Jünger auch tatsächlich Waffen mit sich führten.
 
In Rom gab es ja z.B. das Pomerium, innerhalb dessen man keine Waffen tragen durfte, daraus kann man schließen, dass rundherum das Waffentragen eben doch erlaubt war.

Das Pomerium als sakralrechtliche Grenze bezieht sich meines Wissens aber nicht auf das Tragen einer Waffe durch eine Einzelperson, sondern dabei handelt es sich um die Frage der Befehlsgewalt. Es sollten keine Soldaten, die innerhalb einer Befehlsstruktur waren, durch die Stadt gehen. Wenn aber der Bürgersoldat, wir nehmen mal die Republik als Maßstab, der sich selbst ausrüstete, aus der Kommandogewalt des Konsuls (Tribuns, Legaten) entlassen war, legte er ja sein Schwert nicht an der Stadtmauer ab, sondern nahm es natürlich mit nach Hause.
Auf der anderen Seite endete am Pomerium die Befehlsgewalt der städtischen Magistrate wie zum Beispiel der Volkstribunen.

Daß es um die sichtliche Präsenz von Soldaten ging, zeigt auch die Tatsache, daß Augustus die Prätorianer zunächst in Zivilkleidung steckte, unter der sie natürlich bewaffnet waren.

Zur historischen Relevanz der Festnahme Jesu ist meines Erachtens noch zu bemerken, daß es dabei, wie bei jeder literarisch überarbeiteten historischen Darstellung, darum geht, daß der Evangelist seine Aussage natürlich in glaubhafte und nachvollziehbare Bilder einpacken muß. Wenn also jedem Zuhörer oder dann auch Leser der Geschichte klar war, daß das Tragen eines Schwertes ein gravierender Gesetzesverstoß war, dieser aber in der Geschichte nicht weiter thematisiert wird, wirft das doch Fragen beim Rezipienten auf, die ihn wieder von der Kernaussage ablenken. Insofern wird das Tragen einer Waffe, sei es nun ein kurzes Schwert oder ein langer Dolch, kein Tabubruch gewesen sein.

Und vielleicht noch ein Gedanke zum Verhältnis des Hohepriesters zu den römischen Soldaten. Man darf sich die Präsenz der Soldaten nicht allzusehr als eine flächendeckende Überwachung vorstellen, dazu waren die Römer niemals in der Lage, weder personell noch strukturell. In den allermeisten Fällen behielten die peregrinen Städte ihre innere Verwaltungsstruktur bei, wozu dann eben auch polizeiliche Aufgaben gehörten. Das heißt, es geht weniger darum, daß ein römischer Soldat innerhalb eines komplexen Hierarchiesystems einem Beauftragten des Hohepriesters weisungsbefugt war oder nicht, sondern, ab welchem Punkt sich die römische Administration mit den inneren Angelegenheiten der Provinz beschäftigen mußte.
 
Danke an alle für ihre erhellenden Antworten.

@Bdaian:

Entscheidend ist das Wörtchen "Schar", das im griechischen Original "speira" heißt und "Kohorte" bedeutet. Der in Joh 18,12 genannte "Hauptmann" entspricht dem griechischen "chiliarchos", was dem lateinischen "tribunus" entspricht.

@Buschhons:

Hast recht, ich hatte Chans Fragerichtung tatsächlich ein bisschen falsch aufgefasst. Es ging ihm eher darum, was der Evangelist auszusagen gedenkt, weniger um die etwaige Plausibilität eventueller historischer Hintergründe der Geschichte. Obwohl er beide Fragerichtungen ein bisschen vermengt hat (was natürlich nicht verwerflich ist).

Nein, dein erster Gedanke war zutreffender: Mir geht es nur um die (hypothetische) historische Plausibilität. Was die "Aussage" des Evangelisten betrifft, müsste man weiter ausholen. Die Evangelien stehen ja ganz im Kontext religiöser Propaganda, sie sollten Heiden das Christentum schmackhaft machen. Meiner Ansicht nach hat es nie einen historischen Jesus gegeben, vielmehr wurde die transzendente gnostische Erlösergestalt - ihrerseits eine Adaption z.B. aus iranischer (Saoshyant) und ägyptischer (Osiris) Mythologie - in eine irdische Figur transformiert, der man eine Biographie andichtete.

ich habe natürlich kein Anrecht auf eine Antwort, aber mich interessiert trotzdem, was jener "bestimmte Grund" bzw. jene "eigentliche (geschichtliche) Frage" ist, die hinter dem Ganzen steckt.
Ich arbeite an einem SF-Fantasy-Roman, der den gnostischen Simon-und-Helena-Mythos (siehe "Simon Magus") aktualisiert. Helena (die titelgebende Hauptfigur) ist eine auf die finstere Erde herabgestürzte Licht-Göttin, die erinnerungslos durch die Welt irrt. Simon, ihr Geliebter (ein Äon), verlässt den gnostischen Himmel und verkörpert sich als Mensch, um Helena zu suchen. In meiner Story hat er die Identität eines CIA-Ausbilders angenommen und findet seine Geliebte in einem französischen Bordell, an das sie von rumänischen Menschenhändlern verkauft wurde (das Bordell-Motiv entspricht der Simon-Magus-Legende). Was die Jesus-Gestalt betrifft, so ist sie ein von einem gnostischen Untergott (Äon) ´übernommener´ Mensch, der im Auftrag des gnostischen Autogenes die Menschen zum Licht führen soll. Dabei versagt er, lässt sich aber freiwillig kreuzigen, um der nachträglichen Bestrafung wegen seines Versagens durch seine Herren zu entgehen. Er gehört zu einer Gruppe von Äonen, mit denen Simon (selbst ein Äon) im Zwist liegt. Das wird zu heftigen Kämpfen in der Gegenwart führen, bei denen Helena Simon unterstützen wird. Da die Story mit der Gefangennahme des von einem Äon ´übernommenen´ Jeshua beginnt und ich die Darstellung des Joh-Ev als (Phantasie-)Grundlage verwende, interessiert mich die Klärung der Schwertfrage. In meiner Version schlägt Simeon (Petrus) dem Diener kein Ohr ab, sondern streift mit der Klinge nur seine Schulter. Damit erspare ich mir den Widerspruch zwischen der im Ev geschilderten Körperverletzung und dem Umstand, dass Simeon weder von den Dienern noch den Soldaten wegen einer gravierenden Gewalttat verhaftet wird.
 
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Meiner Ansicht nach hat es nie einen historischen Jesus gegeben, vielmehr wurde die transzendente gnostische Erlösergestalt - ihrerseits eine Adaption z.B. aus iranischer (Saoshyant) und ägyptischer (Osiris) Mythologie - in eine irdische Figur transformiert, der man eine Biographie andichtete.

Das ist es ja gerade: Die Evangelien sind keine Biographien.
 
@Chan: Danke für Deine ausführliche Beantwortung meiner Frage. Ja, ja, der Erzketzer und "Vater der Häresie" Simon Magus, wie er bei Irenaeus und anderen alten Kirchenschriftstellern anzutreffen ist, bietet tatsächlich Stoff für einen Roman.
Aber eines verstehe ich nicht: Glaubst Du, nur wenn man einen Polizisten mit einem Schuss trifft, wird man verhaftet? Man wird doch auch verhaftet, wenn man auf ihn schießt, ihn aber um Haaresbreite verfehlt. Das wird damals bestimmt nicht viel anders im Zusammenhang mit Schwert-Angriffen gehandhabt worden sein.
 
Off Topic:

... ach ja, @Chan: Ich würde den Simon in Deinem Roman nach dem Schwertstreich einfach abhauen lassen, wie bei den Synoptikern. Dann kann er dem Malchus vorher auch so richtig eine auf's Ohr hauen.
 
Ein klitzekleiner Nachtrag zur Ausgangsfrage, ob man wohl damals als Zivilist ein Schwert (od. großes Messer oder wie auch immer) mit sich tragen durfte:

Zumindest der Evangelist Lukas scheint der Ansicht gewesen zu sein, dass zu Jesu Zeiten Schwerter in den Händen (od. am Gürtel) von Zivilisten nicht verboten waren. Das möchte ich aus dem Gespräch zw. Jesus u. den Jüngern im Abendmahlssaal, Lk. 22, 36-38, schließen. Mir war gar nicht so bewusst, dass dort zum einen Jesus vom Kauf eines Schwertes spricht (will man nicht an einen Kauf auf dem "Schwarzmarkt" denken, müsste das in Lukas' Augen ja offiziell erlaubt gewesen sein) und dass zum anderen die Jünger bei dieser Gelegenheit verlauten lassen: "Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter". Solche Waffen scheinen also (zumindest nach Meinung des Evangelisten Lukas) damals ein Stück weit in den Alltag der Zivilisten gehört zu haben. Vergleiche die Einschätzung in Beitrag #10.
 
Steht eigentlich die Bezeichnung des Hiebmessers,des Malchus mit der Geschichte um Petrus in Verbindung ? Der Knecht,dem Petrus das Ohr abgehauen hat hieß doch auch so ,wenn ich mich nicht irre .
 
Schwerter oder besser Dolche mit krummer Schneide (Sica, Falchion, Falx) waren wohl so weit verbreitet und nicht zuletzt auch bei Räubern und Banditen so beliebt, dass diese Waffe namensgebend für die Zeloten oder Sikarier oder allgemein für Banditen wurde. Die Waffe ähnelt dem Khukrie, der von den Gurkha heute noch verwendet wird.

Ein Teil der Leges Corneliae (contra sicarii et veneficis) die Sulla zwischen 78 und 82 v. Chr. beinhaltete Maßnahmen gegen Räuber. Es ist durchaus plausibel anzunehmen, dass zumindest das führen von längeren Waffen eingeschränkt wurde. Zur Zeit der Passion Jesu stand gerade das Pessach oder Passahfest bevor, und es war üblich, dass dann zahlreiche Juden aus der Diaspora nach Jerusalem pilgerten und sich ein mehrfaches der normalen Bewohnerzahlen in der Stadt aufhielt. Da kann man wohl davon ausgehen, dass sich gut und gerne 100.000 Menschen in Jerusalem aufhielten, wenn nicht mehr. Schätzungen für Pompeii gehen heute von 20.-30.000 Einwohnern aus. Städte wie Ephesus hatten etwa 100-140.000 Einwohner.

Es kann gut sein, dass das führen von Hieb- und Stichwaffen auch in Judäa in der Öffentlichkeit beschränkt wurde, bzw. dass man versuchte, es zu beschränken. Andererseits weiß man, dass etwa Verbote von feststehenden Klingen kaum durchsetzbar sind. Als Werkzeug, Essbesteck und nicht zuletzt auch als Waffe waren Messer und Dolche weit verbreitet. Autoren betonen zwar gerne, wie sicher das Imperium war, aber Vorfälle wie die fiktive Geschichte eines Mannes, der unter die Räuber fällt nahe Jericho müssen so häufig gewesen sein, dass Jesus sie für die Parabel vom barmherzigen Samariter aufgreift.

Ehrlich gesagt habe ich kein gutes Gefühl dabei, mich mit einer vagen Vermutung so weit aus dem Fenster zu lehnen. Da Chan im Moment gesperrt ist, argumentiere ich jetzt auch mal so:
mache ich es jetzt einfach mal so wie er.

1. Zeloten hatten Krummdolche deswegen hießen sie auch Sikarier
2. Simon der Zelot und vielleicht auch Judas Iskariot waren (ehemalige?) Zeloten (sicarii)
3. In der Fachwelt ist unumstritten, dass es Schwerter und Dolche in Judäa gab
4. Bei Flavius Josephus und anderen Autoren steht nichts, dass Petrus Kefas kein Schwert hatte.
 
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