Evolution der Kultur (?).

Der unbedingte Wille sein Leben nicht mit schwerer Arbeit, sondern als Künstler, auch ohne Talent leben zu können=)
:rofl: ...ob der "talentlose" Kandinsky seine Bilder infolge ihm unbewußter, doch in ihm wirkender "dem Menschen längst entwachsener eigener Gesetze" gemalt hat? :winke::rofl:
 
:rofl: ...ob der "talentlose" Kandinsky seine Bilder infolge ihm unbewußter, doch in ihm wirkender "dem Menschen längst entwachsener eigener Gesetze" gemalt hat? :winke::rofl:
Kandinsky war nicht talentlos, der konnte sicher, ebenso wie Picasso auch anders malen. Die haben ihre Pinsel zum säubern immer auf einer gesonderten Leinwand ausgestrichen. Irgendwann sind diese dann, versehentlich mit ausgestellt worden. Die Maler waren sicher vollkommen überrascht ,was das kunstsinnige Publikum darin alles erkennen wollte und schon war eine neue Kunstform geboren ,mit der wir bis heute beglückt werden. Das nenne ich evolutionär. Nicht jede Mutation ist auch ein echter Gewinn.:)
 
Kandinsky war nicht talentlos, der konnte sicher, ebenso wie Picasso auch anders malen.
ja, wie in der Musik bei Schönberg und Berg: die konnten auch anders, z.B. die Johann-Strauß-Bearbeitungen

Die haben ihre Pinsel zum säubern immer auf einer gesonderten Leinwand ausgestrichen. Irgendwann sind diese dann, versehentlich mit ausgestellt worden.
weitere verblüffende Parallelen zur Musik: zum üben der Notenschrift hatten Schönberg und Berg immer Notenpapier, auf das sie irgendwie alle 12 Halbtöne zu malen übten - das kam dann irgendwann an die Öffentlichkeit, und sehr zum staunen von Arnold und Alban philosophierten die Leute dann über Dodekaphonie :rofl::rofl:
Das nenne ich evolutionär. Nicht jede Mutation ist auch ein echter Gewinn.:)
:):):)
 
weitere verblüffende Parallelen zur Musik: zum üben der Notenschrift hatten Schönberg und Berg immer Notenpapier, auf das sie irgendwie alle 12 Halbtöne zu malen übten - das kam dann irgendwann an die Öffentlichkeit, und sehr zum staunen von Arnold und Alban philosophierten die Leute dann über Dodekaphonie
Das hat auch Ähnlichkeit mit Hape Kerkelings "Hurz", da saß auch einer im Publikum, der da etwas unheimlich sinnvolles heraushörte, vermutlich um seinen übergoßen Intellekt zu demonstrieren. Hätte man das Ganze nicht als Gag aufgelöst , könnte es sein, dass Kerkeling zum obersten Vertreter der modernen Klassik geworden wäre.
Besser konnte man der modernen Kunstszene keinen Spiegel vorhalten.
Falls es in einigen Jahrhunderten noch Menschen gibt und die einige unserer Kunstwerke finden ,werden die sicher denken : " mit den Menschen muss damals etwas ganz Schlimmes passiert sein, dass sie plötzlich weder malen noch bildhauen konnten und verrostetes Altmetall zu Kunstwerken erhoben."
 
falls wir uns einig sein sollten, dass etwa die Malerei ein Teil der Kultur ist, könntest du dann bitte darlegen, welche dem Menschen entwachsenen eigenen Gesetze zur gegenstandslosen Malerei geführt hatten? (ich dachte nämlich immer, das habe andere als quasi-biologische Gründe) :):)

Ich habe seit einige Zeit eine "Rätsel" ...hmmmm....Gedicht(?:cool:) geschrieben über den kulturelle Evolution. Suchen ist hier eine Wort, wenn Du es findest, vielleicht bekommst Du und die Anderen hier auch eine Antwort auf Deine Frage:):
(Hoffe sehr darauf, dass wegen der Grammatik wird es trotzdem verständlich sein :).)

Oh, Gustave, wer sind diese Leute mit schwarze Kleid in Ornans?
Uhh... Gustave, die .....Madame .... wie lebt sie? Im Trans?
Und Charles und seine "flaneur", toll! - aber gegen den einfache Volk
und die (welches!) Blicke zur Frauen: da ist nix anarchronistisch!

Und du Emile, mit deine Klage machst der Übergang
zwischen Francois M... und Jean-Paul.
Und E'duards Frühstück und die Dame hinten im "schwarz",
und auch noch eine schwarze Katze bei Olympia,
und der Aufregung "nur" wegen der Herkunft die Dame ...
... oh, nicht "diese" akzeptable Herkunft, sondern der Arbeiterm....

Und Pablo und der blau Abdeckung, und darunter der arme Colin,
was tut er da ..., und Diego und Lenin und der jun. Rockefeller,
...hihi... gemeinsam sie zu erwähnen, und Trotzki und die
wunderbare Frida mit ihre abgeschnittene Haar, der Stalins-Bild,
und vor noch der Scheidung, und der letzte Musikstück
beim Begräbnis ... und jede vergisst Fridas Herzsglück...

Tja, ...der Differenz zwischen den weibliche und männliche Phantasie, ...
Und Frances-s Frage: "Who Paid the Piper?" .... und Andy ...
und Raymond sagt: der Reklame wird der Kunst des XX. Jh. sein ...
(so ein Sch....)
und Chin-tao-s "Feststellung": und nun einmal wird der Hund
von der Schwanz wedelt ... und noch "schöner" war: nun
Charles und Damian-s Freundschaft, und der Sensation/
Y...... B..... A.... f... t... S.... C....., es war eine Hammer, non
war "nur" Myra und der Zygotic .... (oh, weh ... meine Nase!)
und Rudi mit seine falsche Geschmack wegen Chris-s und seine
Elephantensch....

... und letztendlich bin ich auch noch da,
unter eine Hut passt es leider nicht, hah...
 
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falls wir uns einig sein sollten, dass etwa die Malerei ein Teil der Kultur ist, könntest du dann bitte darlegen, welche dem Menschen entwachsenen eigenen Gesetze zur gegenstandslosen Malerei geführt hatten? (ich dachte nämlich immer, das habe andere als quasi-biologische Gründe) :):)

Wie sind uns gewiss einig, dass "Malerei ein Teil der Kultur ist".
Wollte ich aber hier einen sehr speziellen Nachweis führen, dann bräuchte ich wahrscheinlich Deine Unterstützung.
:D

Es ist auch ein Missverständnis die "Evolution der Kultur" in 'quasi-biologischen Gründen' zu suchen.
Der Evolutionsbegriff ist keiner der exklusiv biologisch ist, sondern einer der nur das Wirken des Evolutionären Algorithmus postuliert und beschreibt.
(Darwin z.B. findet nicht etwa als erster das Prinzip der Evolution, sondern überträgt den von Malthus beschriebenen kulturellen Mechanismus auf die Natur, und nicht umgekehrt.)

Auch in der Malerei sollte sich feststellen lassen, dass Replikation, Variation und Selektion stattfanden und dergestalt sich die Malerei entwickelte, wie andere Künste auch.

Die Schwierigkeit den Grundgedanken aufzugreifen, liegt womöglich in seiner Trivialität.

hatl

Zur Malerei...
Ich hab zwar wenig gemalt, aber eine Zeitlang sehr viel gezeichnet (Porträts und auch Akte).
Ich hatte dann auch das Vergnügen einen Zeichenkurs zu machen, bei einem Zechkumpanen, der nebenbei:) auch noch echter Kunstdozent an einer entsprechenden Hochschule war.
Der zeigte wie man Linienstärken an welcher Stelle nutzt, wie man Licht und Schatten begreift und wie man den visuellen Eindruck von der eigenen Interpretation trennt.
Ich hab das repliziert und variiert. Die Selektion aber hat mein persönliches Schaffen weniger beflügelt, als vergleichbares Tun in der Technik. :D:D
Es ist doch eigentlich sehr einfach zu verstehen, wie sowas geht.

Selbst bei der Malerei oder Zeichnerei, kann man solche Mechanismen erkennen.
Umsomehr ist dies bei kulturellen Leistungen gegeben, die nicht letzlich individuell erbracht werden, sondern Leistungen einer Gruppe sind.
 
Es ist auch ein Missverständnis die "Evolution der Kultur" in 'quasi-biologischen Gründen' zu suchen.

Der Evolutionsbegriff ist keiner der exklusiv biologisch ist, sondern einer der nur das Wirken des Evolutionären Algorithmus postuliert und beschreibt.

...und es ist nicht optimal, wenn man andere Beiträge nicht richtig liest und den Hinweis auf Spencer offensichtlich nicht ernst nimmt.

Und Kultur ist weder ausschließlich Malerei oder irgendeine andere Form der "Hochkultur", sondern die Summe vielfältiger kultureller Praktiken.

Und deswegen wäre es für das Thema nicht ganz verkehrt, wenn man sich ein wenig festlegen würde, über was man eigentlich reden möchte, ansonsten sollten wir weiter bei "Harpe" und seiner "Kulturkritik" bleiben.
 
Vor allem ein kulturelles Phänomen findet einige Beachtung aus evolutionärer Perspektive: Die Sprache.

Sprache ist kein kulturelles Phänomen. Sie ist im wesentlichen das Produkt von menschlicher Interaktion und somit das Medium, über das Kultur erzeugt und kommuniziert wird. Und verselbständig sich erst im zweiten Schritt durch die Kodifizierung im Rahmen der Grammatik und unterliegt durch die Nutzung im Rahmen der menschlichen Interaktion dennoch einer Wandlung.

Um dann in der späten Ausprägung, beispielsweise im Rahmen der Sprachunterschiede zwischen Schichten gesellschaftliche relevant zu werden. Vgl auch die Arbeiten von Bourdieu und seiner Theorie zu "Kultur" (Die feinen Unterschiede).

http://de.wikipedia.org/wiki/Elaborierter_Code#Elaborierter_Code

Ohne diese Fähigkeit hätte es keine Kultur = menschliche Gesellschaft gegeben, folgt man beispielsweise Plessner oder Gehlen. Sie ist somit das konstituierende Moment für menschliche Gruppen bzw. Organisationsformen und konstituiert die spezifische Kulturleistung, in Abgrenzung zur Tierwelt.

http://books.google.de/books?id=kmv...a=X&ei=hyunUY2RMNDotQaMxoCoDw&ved=0CGYQ6AEwCQ

Und über die Arbeit von Elias, der den Prozess der Zivilisation als einer der ersten relativ umfassend beschrieben hat, wissen wir, dass Sprache die zentrale Größe ist, für die Reproduktion von Kultur und auch in der erweiterten Fassung, im Rahmen der "Zivilisation".

Über den Prozess der Zivilisation: Wandlungen des Verhaltens in den ... - Norbert Elias - Google Books

Die Soziologie von Norbert Elias: Eine Einführung in ihre Geschichte ... - Annette Treibel - Google Books

Wichtige Arbeiten zur gesellschaftlichen Konstruktur von "Kultur" sind vor allem durch die "Phänomenologen", wie Schütz, Goffman oder auch Berger und Luckmann geleistet worden. Und bilden zentrale Erklärungsansätze für aktuelle Verhaltensstile bzw. auch für historische Studien (gl. z.B. die Studie "Soldaten")

Phänomenologie und Soziologische Theorie: Aufsätze Zur Pragmatischen ... - Ilja Srubar - Google Books

Ansätze, die ebenfalls eine hohe Bedeutung für die Semiotik besitzen und die spezifischen "Sinnwelten" erklären.

Semiotik ? Wikipedia
 
Zuletzt bearbeitet:
Und Kultur ist weder ausschließlich Malerei oder irgendeine andere Form der "Hochkultur", sondern die Summe vielfältiger kultureller Praktiken.
gewiß - wie nicht alles, was man allgemein als "Kultur" bezeichnet umgehend "Hochkultur" ist (die Begriffe sind in der Tat unscharf: wir finden oft eine Vermengung von "Zivilisation" und "Kultur" usw)

"Evolution" als Denkmodell auf allerlei angewendet, treibt meiner Ansicht nach komische Blüten: eine "Evolution" menschlicher Kreationen, z.B. eine "Evolution des Sägens" oder eine "Evolution der Novelle", gar eine "Evolution der Instrumentaletüde" ist sprachspielerischer höherer Blödsinn, denn diese menschlichen Kreationen - die etwas künstlich erschaffenes sind - erfüllen nicht die Bedingung, allein den Wirkmechanismen und -ursachen der Natur unterworfen zu sein (mal ganz von den zeitlichen Dimensionen abgesehen)

Vielleicht ist chic, pseudowissenschaftlich Evolution zu sagen, wo man ganz einfach das Wort Entwicklung verwenden könnte?
 
"Evolution" als Denkmodell auf allerlei angewendet, treibt meiner Ansicht nach komische Blüten: eine "Evolution" menschlicher Kreationen, z.B. eine "Evolution des Sägens" oder eine "Evolution der Novelle", gar eine "Evolution der Instrumentaletüde" ist sprachspielerischer höherer Blödsinn, denn diese menschlichen Kreationen - die etwas künstlich erschaffenes sind - erfüllen nicht die Bedingung, allein den Wirkmechanismen und -ursachen der Natur unterworfen zu sein (mal ganz von den zeitlichen Dimensionen abgesehen)

Vielleicht ist chic, pseudowissenschaftlich Evolution zu sagen, wo man ganz einfach das Wort Entwicklung verwenden könnte?

Evolution heisst ja erst mal nichts andere als Entwicklung oder Veränderung, wenn meine Fremdsprachenkenntnis nicht völlig im Stich lassen. ;)

Passen tut der Begriff mE durchaus auch für nicht-biologische Fragen, weil der Mechanismus von zufälliger Veränderung und danach foglender Auslese durchaus auch in andere Gebieten zu beobachten ist, so bspw in der kulturellen Entwicklung. Diese ist mitnichten von Menschen gezielt und geplant konstruiert worden. Viele, wenn nicht die meisten kulturellen Merkmale entstanden bzw veränderten sich ungeplant, ja ziellos. Bestimmte verschwanden, andere passten sich an oder setzten sich durch. Weniger, weil alle oder bestimmte Menschen das so wollten, sondern weil es sich so ergab, weil es eine gute Idee zu sein schien, weil es funktionierte, etc.pp.
 
Evolution heisst ja erst mal nichts andere als Entwicklung oder Veränderung, wenn meine Fremdsprachenkenntnis nicht völlig im Stich lassen. ;)
ja ja... wer dächte an naturwissenschaftliches bei einem (fiktiven) Titel wie "die Evolution der Marienerscheinung nördlich der Alpen" :autsch: (und wer käme überhaupt auf einen derartigen Titel...)
Evolution (Begriffsklärung) ? Wikipedia
Evolution ? Wiktionary
...ist es nicht so, dass in der Verwendung des Begriffs "Evolution" primär die Bedeutung innerhalb des biologischen naturwissenschaftlichen Bereichs gemeint ist?

Passen tut der Begriff mE durchaus auch für nicht-biologische Fragen, weil der Mechanismus von zufälliger Veränderung und danach foglender Auslese durchaus auch in andere Gebieten zu beobachten ist, so bspw in der kulturellen Entwicklung.
für diese Diskussion ist nur letzteres interessant:
[2] Biologie, Natur- und Kulturgeschichte: die Entwicklung zu (meist) höher integrierten, komplexeren Formen im physikalisch-chemischen (Entwicklung des Weltalls und der Erde), im biologischen (Entwicklung der Lebewesen) und im kulturellen Bereich (Entwicklung der Kulturen)
...da steckt doch immer noch ein Rest Haeckel und Fortschrittsoptimismus drin :):) vgl. auch Soziokulturelle Evolution ? Wikipedia
 
Als Erscheinungsformen des Biologismus lassen sich unter anderem anführen:

  • der Malthusianismus mit seiner speziellen Deutung der Bevölkerungsentwicklung.
  • der Sozialdarwinismus, der das Darwinsche Prinzip der natürlichen Auslese im „Kampf ums Dasein“ zum Bewegungs- und Entwicklungsgesetz auch des menschlichen Gesellschaftslebens erklärt, wobei die Bereitschaft zum Führen von Kriegen häufig als immanenter Wesenszug des Menschen gedeutet wird; hierunter fallen auch geopolitische Ansätze, die die Beziehungen zwischen den Staaten und Völkern sozialdarwinistisch als „Kampf um Lebensraum“ (Karl Haushofer) interpretieren.
  • die moderne Soziobiologie und Evolutionäre Psychologie, soweit sie psychologische und gesellschaftliche Phänomene ausschließlich oder ganz überwiegend auf der Grundlage genetischer Faktoren erklärt.<sup id="cite_ref-Bunge_2-1" class="reference">[2]</sup>
:yes:
...wie kommt mir bloß der Verdacht, dass das übertragen des speziell biologisch-naturwissenschaftlichen Evolutionsmodells auf die Geschichte biologistische züge hat? ;)
 
...wie kommt mir bloß der Verdacht, dass das übertragen des speziell biologisch-naturwissenschaftlichen Evolutionsmodells auf die Geschichte biologistische züge hat? ;)

Kommt drauf an, was man da überträgt. Alle von Dir zitierten Beispiele führen soziales Verhalten auf biologische Grundlagen zurück. Das ist nicht mein Anliegen. Malthus ist verhungert, von Sozialdarwinismus halte ich nichts, da er mE widerlegt ist, und von Soziobiologie bzw evolutionärer Psychologie verstehe ich zu wenig.

Aber die soziale respektive kulturelle Entwicklung ist doch auch ein ungeplanter Prozess ohne zentrale Steuerung, in dem sich verschiedene, wie auch immer geartete Elemente (Ideen, technische Verfahren, soziale Mechanismen usw) begegnen, gegenseitig beeinflussen und hin und wieder auch verdrängen.

"Fortschritt" mag man bspw bei beidem diagnostizieren, aber es gibt halt auch Rückschläge; der Untergang des römischen Reiches als das KT-Ereignis der Geschichte, sozusagen... ;)
 
Aber die soziale respektive kulturelle Entwicklung ist doch auch ein ungeplanter Prozess ohne zentrale Steuerung, in dem sich verschiedene, wie auch immer geartete Elemente (Ideen, technische Verfahren, soziale Mechanismen usw) begegnen, gegenseitig beeinflussen und hin und wieder auch verdrängen.
interessante Überlegung, probieren wir sie aus:
die christliche Religion, wiewohl erst in der Spätantike in Mitteleuropa eingewandert, erwies sich evolutionär als besser angepasst als die indigenen keltischen und germanischen Naturreligionen :rofl::rofl::rofl:

so formuliert wirkt es doch ebenso komisch, als würde man den Untergang des weströmischen Reichs wie den Verlauf eines Fußballturniers*) erzählen, bei welchem im Viertelfinale der FC Goten den FV Westrom plattmacht, im Finale dann aber der FC Merowinger siegt

"Fortschritt" mag man bspw bei beidem diagnostizieren, aber es gibt halt auch Rückschläge; der Untergang des römischen Reiches als das KT-Ereignis der Geschichte, sozusagen... ;)
:):):)

___________________
*) das ließe sich dann großspurig pseudowissenschaftlich als aleatorische Geschichtsschreibung vorstellen =)=)=)
 
interessante Überlegung, probieren wir sie aus:
die christliche Religion, wiewohl erst in der Spätantike in Mitteleuropa eingewandert, erwies sich evolutionär als besser angepasst als die indigenen keltischen und germanischen Naturreligionen

Du lachst, aber ich hab überlegt, dass als Beispiel zu nehmen. ;)

Es gibt eine Entwicklung der Religion, das wirst Du nicht abstreiten. Es lassen sich sogar einige Parallelen zwischen so verschiedenen Gebieten und sozialen Entwicklungslinien finden wie Europa, Japan, dem präkolumbianischen Amerika und Polynesien; genug, um ohne Probleme überall Begriffe wie "Götter", "Priester" oder "Tempel" zu verwenden, auch wenn die genauen sozialen Implikationen natürlich voneinander abweichen. Und zumindest in der Alten und der Neuen Welt entstand das völlig unabhängig voneinander aus Kulturen, die vielleicht Götter, aber weder Priester noch Tempel kannten.

Diese Entwicklung ist nicht zentral geplant*, und Neuerungen oder Impulse sind auch eher zufällig*; wie eigentlich immer in der Geschichte.

* Es sei denn, Gott hat seine Hand doch im Spiel... ;)

So weit, so gut. Wieso also hat sich das Christentum so erfolgreich über Europa ausgebreitet, selbst nach Ende des römischen Reiches? Wieso haben nicht die ursprünglichen Götter der "Barbaren" den historischen Triumph davongetragen und einen Wotanspriester im Vatikan installiert?

"Quasi-biologisch" könnte man sich fragen: Wieso war das Christentum derart erfolgreich, sich in Europa auzubreiten? Soll nicht abwertend klingen, kann ja ne symbiotische Sache sein. ;)

Und dann mehrere Punkte untersuchen:

Vorteile des neuen Glaubens bei seiner Ausbreitung waren sein Missionierungsdrang (wo immer der auch herkam); das Christentum war insofern "aggressiv", dass es aktiv daran ging, andere zum Christentum zu überzeugen. Das waren die "alten Religionen" nicht. Auch stützte sich das Christentum, im Gegensatz zu "alten Religionen", auf einen verbindlichen Schriftkanonen, va die Bibel. Diese konnten dank der neuen Buchbindekunst auch problemlos von Missionaren mitgeführt werden.

Das Christentum basierte auf dem Judentum, einer Religion, die sich im Umfeld der alten mesopotamischen und ägyptischen Hochkulturen entwickelt hatte. Seine erste bedeutende Prägung hatte es im römischen Reich erfahren, wo es seit dessen Spätphase ein wichtiger Machtfaktor war. Es war einer komplexen Agrargesellschaft mit städtischen Zentren angepasst, und spätestens seit Konstantin und den Kirchenvätern auch dem hierarchischen staatlichen Überbau. Je mehr in den Gebiete, in denen vorher keltische oder germanische Götter angebetet worden waren, sich eine komplexere gesellschaft entwickelte, eh mehr hier erst römische Bürokratie und später mittelalterlicher Feudalismus Einzug hielten, umso attraktiver wurde das Christentum und so unattraktiver wurde die alte Religion, die sich unter anderen Bedingungen entwickelte hatte.

Das konnte zu einer weitgehend freiwilligen oder zumindest "inländisch" motivierten Übernahme führen, wie in Teilen Germaniens, Britannien, Skandinaviens oder später der slawischen Gebiete in Mittelosteuropa. Es konnte natürlich eine kriegerische Übernahme und Installation neuer Machtverhältnisse sein, wie bei den Sachsen. Die seltene Unterdrückung der keltischen Religion oder zumindest Priesterschaft Galliens könnte ähnlich motiviert gewesen sein, da sie als Hinderung bei Romanisierung des Gebietes gesehen wurde.


Wenn wir genaue Daten über diese Ausbreitung des Christentums hätten, die es in der Form leider nicht gibt, ich bin sicher, schlaue Statistiker könnten da genauso Schlüsse draus ziehen, wie sie es aus biologischen Daten bspw zur Ausbreitung neuer Arten können; und würden sogar auf manche Gemeinsamkeit stoßen, denn letztendlich ist alles nur Mathematik... :scheinheilig:
 
Sprache ist kein kulturelles Phänomen.

Eine Aussage, die erläutert werden sollte. Von Tyler stammt eine Definition von Kultur, die auch M. Mead ähnlich formuliert hat. "Kultur ist jenes komplexe Ganze, das Wissen, Glaube, Kunst, Moral, Recht, Sitten und alle anderen Fähigkeiten und Gewohnheiten umfaßt, die der Mensch als Glied einer Gesellschaft erwirbt." (vgl. Ogburn: Kultur und sozialer Wandel, S. 33).

Mit dieser Definition ist das generelle Verhältnis von "Agent" und "Struktur" angesprochen und beschreibt das grundlegende Verhältnis für nahezu sämtliche historische Epochen. Für die meisten bedeutet dieses Verhältnis, dass sie als "Agenten" in eine Gesellschaft / Struktur hineingeboren werden und via Kommunikation die sozialen Standards, Werte, Normen etc. aufnehmen. Somit werden sie durch die Struktur geprägt.

In einer späteren Lebensphase gestalten sie durch ihre aktiven Handlungen wiederum die "Stuktur" und modifizieren sie entsprechend den veränderten politischen, ökonomischen und sozialen Trends.

Diese relative Einzigartigkeit formulierte beispielsweise auch Ranke für die unterschiedlichen historischen Epochen und stellte sich damit gegen das universale, deterministische Geschichtsbild beispielsweise eines Hegels oder auch Marx.

In der aktuellsten Form wird diese Theorie von M. Archer im Rahmen ihres Ansatzes formuliert (vgl. Link) und versucht den komplizierten Zusammenhang zwischen Agent und Struktur zu lösen.

http://www.geschichtsforum.de/f72/das-handelnde-individuum-der-geschichte-43556/

Die zentrale Neuausrichtung der Sichtweise auf Kultur kam in Deutschland nach dem Krieg durch die Kritik an den Theorien von Parsons und Luhmann zustande.

Im Zentrum stand eine mikrosoziologische und handlungstheoretisch ausgerichtete Perspektive, die das Individuum / Agent im Rahmen der Interaktion mit Organisationen wieder in das Zentrum der gesellchaftlichen Prozesse stellte.

In der Folge der Arbeiten von George H. Meade wurden durch Goffman oder durch Berger & Luckmann die Kommunikation im Rahmen der "Lebenswelten" und ihre Veränderungsbedingen betrachtet.

Sie rückt damit auch in Anlehnung an M. Weber (wie in der "Protestantischen Ethik) die gesellschaftlich, auch via Sprache, definierten Normen, die Rituale und die gesellschaftlichen Symbole in das Zentrum der Analyse von Kultur.

In diesem Sinne ist der individuelle Akteur auf der einen Seite der Produzent von "Kultur", und auch von Sprache, Symbolen etc., und auf der anderen Seite der Empfänger von "Kultur".

Diese Sichtweise ist nicht kompatibel mit einer "evolutionären" Sichtweise von Gesellschaft, bei der völlig unklr ist, welche Bedingungen die Anpassung der Gesellschaft erzwingen. Zudem blendet diese Sichtweise die "Ergebnisoffenheit" von sozialen Prozessen aus, die wie Reinecke durchaus richtig anmerkt, jedes Ergebnis zuläßt.

Eine Einführung bzw. eine Übersicht in die Entwicklung der sehr unterschiedlichen Ansätze zur Erklärung von sozialen Wandel und somit auch von kulturellen Wandel bieten folgende (schon etwas ältere aber noch relevante) Werke.

Einführung
Strukturwandel der Gesellschaft - Wilbert Ellis Moore - Google Books

Einführung in die Theorien des sozialen Wandels - Google Books

Übersicht über unterschiedliche Theorien des sozialen Wandels
Sozialer Wandel, Zivilisation und Fortschritt als Kategorien der ... - Google Books

Theorien des sozialen Wandels - Google Books
 
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