Besonderes Augenmerk richteten die Forscher zudem auf den Vergleich des Neandertaler-Genoms mit menschlicher DNA aus unterschiedlichen Erdteilen und
Ethnien: mit DNA-Sequenzen eines
Franzosen, eines
Han-Chinesen, eines
Papua, eines
Yoruba und eines
San.
[146] Sie berichteten, dass das Genom der Neandertaler eine
signifikant größere Ähnlichkeit mit dem Genom von Europäern und Asiaten hat als mit dem Genom von Afrikanern: Der Franzose, der Han und der Papua stehen den Neandertalern in gleichem Maße nahe, der Yoruba und der San weisen diese genetische Nähe gleichermaßen
nicht auf (S. 718). Die Autoren deuten dies so: „Die sparsamste Erklärung für diese Beobachtung ist, dass Neandertaler Gene mit den Vorfahren der Nicht-Afrikaner austauschten.“ Da anhand weiterer Analysen der untersuchten Genome der fünf Vertreter heutiger Populationen ein
Genfluss vom
Homo sapiens zum Neandertaler ausgeschlossen werden konnte, kam die Studie zu dem Ergebnis „dass der Genfluss vom Neandertaler zu den Vorfahren der Nicht-Afrikaner erfolgte, bevor sich die
eurasischen Gruppen voneinander trennten“ (S. 710), das heißt im
Nahen Osten, wo Neandertaler und anatomisch moderne Menschen in der Zeitspanne von vor 110.000 Jahren bis vor rund 50.000 Jahren
koexistierten. Gestützt wird diese Vermutung, der Genfluss sei ausschließlich in eine Richtung gegangen, unter anderem durch eine Studie, der zufolge die Wahrscheinlichkeit grundsätzlich sehr viel größer ist, dass Gene von einer ortsansässigen Population in eine andere Population übergehen, wenn diese andere Population in das Siedlungsgebiet der ansässigen Population eindringt, als umgekehrt.
[147] 2012 wurde die Zeitspanne des möglichen Genflusses zunächst in die Zeit vor 65.000 bis 47.000 Jahren eingegrenzt.
[148]