Wie sah denn die Lage aus Sicht von Tovey aus:
Datei:Rheinuebung Karte.png ? Wikipedia
Bismarck und PE waren irgendwo nordöstlich von Island, Standort, Kurs und genaue Absichten unbekannt. Es gab viele Möglichkeiten, sogar eine evtl. Invasion Islands war a. G. eines Zusammentreffens mit Frachtschiffen im Kattegatt in Erwägung gezogen worden.
Möglichkeiten, die abzudecken waren, gab es viele:
1. Bismarck und PE brechen zum Handelskrieg in den Atlantik durch, entweder
a) durch die Dänemarkstr. nördl. Island oder
b) südl. durch die Enge Island - Faröer (wie beim ersten Versuch Unternehmen Berlin).
2. Bismarck unterstützt nur den Durchbruch des Kreuzers indem sie die Bewachungskräfte aufrollt.
3. Beide Schiffe greifen nur die Überwachung an (wie bei
Rawalpindi)
4. Beide sollen nur im Nordmeer britische Kräfte binden und vom Mittelmeer fernhalten.
Davon waren 1a) und 1b) die im Augenblick bedrohlichsten Szenarien. Positioniert sich Tovey zu früh oder zu weit nördlich, bspw. alle schweren Einheiten Richtung Dänemarkstr. und Lütjens wählt die südl. Route, wäre die dt. Kampfgruppe auf Grund der vorlichen Position durch, selbst wenn sie von den Kreuzern gesichtet würde.
Dann wären sowohl militärischer als auch "politischer" Schaden entstanden.
Bleibt Tovey mit allen Streikräften südl. Island kommt er nicht rechtzeitig zur Dänemarkstraße. Ergebnis wie oben. Also blieb nur die Möglichkeit die eigenen Kräfte zu teilen um beide Möglichkeiten auszuschließen.
Und man darf nicht vergessen, primäres Ziel der Admiralität war der Schutz des eigenen Handels, nicht die Versenkung der Bismarck. Sobald man ins Gefecht kam, war die Möglichkeit gegeben den Deutschen Schäden zuzufügen, die sie zum Abbruch des Unternehmens zwingen. Es kam also primär darauf an, ein Gefecht herbeizuführen - und das hat geklappt.
Theoretisch hätten die Briten gar nicht kämpfen müssen, es hätte vollkommen ausgereicht, wenn sie die dt. Schiffe non stop unter Beobachtung gehalten hätten, bis ihnen der Treibstoff ausging. (OT: Als PE ihren Tanker fand, hatte sie nur noch Treibstoff für wenige Stunden, mitten im Atlantik!).
Kurz noch zur Geschwindigkeit, auch Hood war im Mai 1941 schon etwas langsamer unterwegs, es werden Höchstgeschwindigkeiten von 28 - 30 kn genannt. Dazu kommt der knappe Fahrbereich, insbesondere bei hoher Fahrt, dann schrumpft die Reichweite mal schnell von imposanten 5.000 sm bei 18 kn auf vielleicht 1.500 sm bei 28 kn. Für eine längere Verfolgung waren weder Hood noch Repulse geeignet. Selbst KGV bekam ja am Ende noch Probleme.
Den einzelnen Durchbruch der PE (2.) deckte man ebenfalls ab, wobei die Gefahr für die Geleitzüge deutlich geringer war. Gegen ein Operieren der Bismarck nördlich von Island hatte man keine Kräfte frei.
Bzgl. der angesprochenen Ebenen, also mir genügen die drei vorhandenen, wie von silesia angesprochen völlig:
- politisch (z. B. Churchill - Roosevelt)
- strategisch (Schutz des Handels als wichtigste Aufgabe)
- operativ / taktisch, die Erreichung des strategischen Ziels.
Jede Ebene hat ihre eigenen Regeln und Rahmenbedingungen. Das Übertragen von einer in die andere ist bei einer Analyse wenig hilfreich und einem Verständnis der Abläufe nicht dienlich.
... Die 1:1 Gefechtsfreigabe der Bismarck konnte kein britischer Admiralsstabsoffizier voraussehen, wohl aber die politischen Auswirkungen eines Gefechtsabruches durch britische Schlachtschiffe in einem Seegefecht, das hätte durch eine proaktive Kräftekonzentration vermieden werden können. Roosevelts politische Lage hat diese Fehleinschätzung bestimmt nicht genützt, sondern sie war kontraproduktiv. Das, wäre meine "Metaebene", bei der Einschätzung des Seegefechtes.
Ein Angriff Bismarcks auch auf Geleitzüge in Begleitung eines alten Schlachtschiffes wurde als Bedrohung angenommen,. vgl. Telegramm Churchill an Roosevelt.
Die politischen Folgen bei einem Durchbruch der Dt., weil sich die RN zu einem Stelldichein an anderer Stelle im Atlantik eingefunden hat, wäre weitaus höher gewesen, von den militärischen mal ganz zu schweigen.
Zum geplanten Anmarsch von Holland (Hood, PoW) möchte ich mich auf ein Zitat beschränken:
Holland’s Original Plan:
Holland was clearly an able commander, not only had he grasped the problems with radar, his original plan and interception course was excellent;
17 highlighting the ability that is shown in his records. It was only an unfortunate turn of events which soured his situation. The German ships were heading in a south westerly direction, while the British squadron were sailing north westerly. This enabled Holland to, in effect, cross the path of the German ships baring their progress into the Atlantic for his planned attack at around 0200 on the morning of the 24th.
18 The advantage would be in the British favour with the element of surprise. This advantage also included the weight of heavy guns, as the German ships would be limited to their forward guns, while the British could use the full weight of their broadsides. Additionally, the Germans would be silhouetted against the setting sun. At those latitudes sunset was around that time and did not totally disappear; thus making the Germans very visible while Holland would be covered by the comparative dark. To maximise this advantage Holland wished to attack Bismarck from her port bow.
19 Holland’s wish to attack at 0200 is clear, as is shown by his screening orders to the destroyers issued at 2110 on the 23rd May.
20 Holland also ordered action stations around midnight - a clear indication he planned the action earlier than actually it happened at 0537.
21 Holland had done well. He had achieved the perfect position for attack; he even adjusted he course at 2300 by 10 degrees to keep ahead of the enemy and his advantage. As things stood he stood a good chance of victory: he knew the location of the enemy, had the benefit of surprise, and a greater weight of heavy guns. Holland held all the aces, had read the situation well, and was set to take advantage of his chance.
(aus
H.M.S. Hood Association-Battle Cruiser Hood–The History of H.M.S. Hood: Putting VADM Holland's Actions During the Battle of the Denmark Strait into Context - A Dissertation by Tim Woodward)
Abschließend möchte ich noch einmal um das Aufzeigen konkreter Alternativen bitten. Proaktiv, Kräftekonzentration und Metaebenen klingt zwar ganz hübsch, ist mir aber zu unkonkret.