Warum wird Alexander der Große der "Große" genannt?

Wie gesagt, die goldene Regel findest du nicht nur bei Matthäus, sondern auch bei Platon.
...und wie oft hat nachweislich irgendein Kaiser, König, General, Warlord plötzlich innegehalten, Angriffe oder sonstige für viele höchst ungesunde Maßnahmen abgeblasen, und seinem staunenden Kriegsvolk mit erhobenem Zeigefinder erklärt: "gewiß, ihr Lieben, würden wir drauflosschlagen, hätten wir einigermaßen vertretbare Chancen auf sieg und Beute, aber sehet, die goldene Regel, nachzulesen bei Platon und Matthäus, findet das nicht so ganz in Ordnung, also lassen wir´s bleiben" ;)

Wer dichtete ihm die Skrupel an?
Prokop, Agathias und eine anonyme frühmittelalterliche Quelle erwähnen das

Zeitgenössische Kritik, dass sich jemand grausam verhielt, ist immer ein Beleg dafür, dass Grausamkeit abnorm war.
wie findest du, dass Gregor von Tours die Grausamkeiten Chlodwigs als gottgefällig zurechtbiegt?
und was galt in welchen Zeiten als grausam? (ja, auch en detail sind die Maßstäbe zu verschiedenen Zeiten nicht immer dieselben: für uns heute ist das erdrosseln eines Delinquenten eine barbarische Grausamkeit, zu anderen Zeiten galt dies als sehr menschlich, wenn es dem verbrennen oder rädern vorausging)

Was willst du damit sagen? :confused: Bzw. was hat das damit zu tun, dass man ein als üblich postuliertes Verhalten nicht bewerten dürfe?
natürlich darf man bewerten - aber dabei nicht vergessen, dass die eigenen Maßstäbe nicht immer galten (da waren wir uns doch schon einig?)
 
... ein Mord bleibt ein Mord, und wenn der
Zweck heiliggesprochen werden kann, so muss das noch lange nicht bedeuten, dass es auch die Mittel sind.

Es geht doch aber auch darum, eine Beurteilung des gesamten Lebenswerks zu erreichen und die Wirksamkeit einer historischen Person zu beurteilen. Wollte man ihnen Größe wegen politischer Morde verwehren, so müssten wir einige von ihnen aus der Liste streichen.

Auf der Basis heutiger Moralvorstellungen und ethischer Grundsätze müssten wir ohnehin die meisten Herrscher von der Antike bis zur frühen Neuzeit einkerkern oder vor internationale Gerichtshöfe wegen Völkermord stellen.
 
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..und wie oft hat nachweislich irgendein Kaiser, König, General, Warlord plötzlich innegehalten, Angriffe oder sonstige für viele höchst ungesunde Maßnahmen abgeblasen, und seinem staunenden Kriegsvolk mit erhobenem Zeigefinder erklärt: "gewiß, ihr Lieben, würden wir drauflosschlagen, hätten wir einigermaßen vertretbare Chancen auf sieg und Beute, aber sehet, die goldene Regel, nachzulesen bei Platon und Matthäus, findet das nicht so ganz in Ordnung, also lassen wir´s bleiben" ;)
Ob absichtliches Missverstehen einer sinnvollen Diskussion zuträglich ist, darf bezweifelt werden.

wie findest du, dass Gregor von Tours die Grausamkeiten Chlodwigs als gottgefällig zurechtbiegt?

Wenn er sie, wie du schreibst zurechtbog, dann hat er offenbar große Anstrengungen unternommen, um sie zu mildern. Aber auch das sagt ja was aus, wenn man die Notwendigkeit hat, etwas zurechtzbiegen, zu mildern oder sonst wie zu apologisieren.

und was galt in welchen Zeiten als grausam? (ja, auch en detail sind die Maßstäbe zu verschiedenen Zeiten nicht immer dieselben: für uns heute ist das erdrosseln eines Delinquenten eine barbarische Grausamkeit, zu anderen Zeiten galt dies als sehr menschlich, wenn es dem verbrennen oder rädern vorausging)
Die Fragen sind gut. Dennoch sind Strafen aber wieder eine ganz andere Kategorie als unnötiges Abschlachten einer Stadtbevölkerung. Wenn ich als Feldherr einen Eroberungskrieg führe, also der Aggressor bin, und eine Stadt - nennen wir sie Tyros - weigert sich, mir die Tore zu öffnen und ich erobere die Stadt dann und zerstöre sie, dann verhalte ich mich so, als wäre nicht ich der Aggressor gewesen, sondern die Tyrener (nicht zu verwechseln mit den Tyrrhenern). Die Stadt hat sich im Prinzip so verhalten, wie sie sich verhalten musste.
Ich schrieb allerdings oben auch, dass es natürlich in der Logik des kriegführenden lag, gegenüber unbotmäßigen Städten keine Gnade zu zeigen, um eben alle anderen Einzuschüchtern und so auch den eigenen Soldaten unnötige kräftezehrende (im individuellen wie im größeren Sinne) Kämpfe zu ersparen.

natürlich darf man bewerten - aber dabei nicht vergessen, dass die eigenen Maßstäbe nicht immer galten (da waren wir uns doch schon einig?)
Natürlich sind wir uns darin einig, dass die Wertmaßstäbe sich ändern. Nichtsdestowenigertrotz gab es damals schon die goldene Regel und wir dürfen, glaube ich, positiv unterstellen, dass die Mehrheit der Menschen früher an ihrem Leben hing und am liebsten ein angst- und gewaltfreies Leben führte. Daher ist es auch legitim, es zu bewerten, wenn andere Menschen dieses angst- und gewaltfreie Leben nicht zuließen. Und dabei geht es nicht um Strafe etc.
Auch mir ist klar, dass der Erfinder der Guillotine dachte, dass er der Menschheit einen Gefallen täte.
 
Hasstiraden ? Wie kommst Du da drauf ?

eines unselbständigen, überheblichen, entschlusslossen, planlosen und schwachen Grosskönigs. Zudem ein militärischer Dilletant und NULL, wie nur Crassus/Surenas oder Varus/Arminius. Und zudem noch ein Angsthase und Memme. Zwei mal in Panik geflohen, obwohl die Schlachten nicht mal verloren waren. Unglaublich. Nahezu einmalig in der Geschichte. Unwürdig und beschämlich!

Nur weil ich schreibe, was alles bekannt , aber verschwiegen wird ? Ist Benennung von Fakten und Beschreibung von Taten Hass ? Hat zB. Cäsar in Gallien 1 Million Gallier abgeschlachtet ? Bitte, wie nennt man so einen Völker-mord mit "wissenschaftlicher Distanz " ? Verbreitung der Pax Romana ?

Dareios hat zweimal ( ! ) das Schlachtfeld WÄHREND des tobenden Kampfes verlassen und ist feige geflohen. Wie z B.Pompeius bei Pharsalos. Und erst dadurch wurden seine Soldaten mutlos und beide Schlachten verloren. Hat seine Truppen schmählich im Stich gelassen. .....

In all Deinen Ausführung ziehst Du in extremst wertender Weise über Deine Lieblingsfeinde her: feige, Memme, beschämend etc. Wie, wenn nicht als Hass, soll man das bezeichnen?
Ich bin wahrlich kein Fan von Alexander dem Großen, aber ich halte viel von ausgewogener Betrachtung solcher Sachen. Ich habe überhaupt nichts gegen Deine Thesen an sich und denke, dass sie zumindest teilweise gerechtfertigt sind - mir geht es einfach um Deine Art zu argumentieren. Und ja: auch wenn Du kein Wissenschaftler bist, solltest Du schon mal ein paar Deiner Quellen nennen, wenn man Dich ernst nehmen soll.
Wissenschaftliche Distanz heißt nicht zwangsläufig, dass man völlig wertfrei (sofern das überhaupt geht) über ein Thema diskutieren muss. Auch ich nenne ein Massaker beim Namen. Aber so blind auf jemanden verbal einzuschlagen, ist irgendwie albern und unseriös.

Weisst du, wie das in jeder modernen Armee genannt wird ? Desertion ! Feigheit vor dem Feind. Weisst du, wie ein modernes Kriegsgericht so was beurteilt ?
Das war aber keine moderne Armee oder?
Wenn Du Dich ein bisschen ausführlicher mit Darius beschäftigt hättest, wärst Du vielleicht auch auf andere Erklärungen als bloße Feigheit für sein Verhalten gestoßen. Seltsamerweise berichten auch die griechischen Quellen nämlich ausnahmslos, dass Darius ausgesprochen mutig und tapfer war und in kriegerischen Auseinandersetzungen oft große persönliche Risiken eingegangen ist.
Warum er das in der Auseinandersetzung mit Alexander nicht tat? An seiner Person hing zu diesem Zeitpunkt die Existenz des Reiches. Ohne Großkönig wäre dieses schon ziemlich wacklige Gebilde mit Sicherheit zusammengestürzt. Es gab für das "Amt" des Großkönigs keinen Nachfolger. Er hat sich in den entscheidenden zwei Situationen gegen seine persönliche Ehre und für die Interessen des Reiches entschieden in der Hoffnung, dass er nach einem Zurückweichen wieder Kräfte und Anhänger sammeln und Alexander aus dem Land werfen könnte.
Das war letztlich eine Fehleinschätzung der Lage. Aber ein großer Stratege war er halt wirklich nicht, der gute Darius, auch wenn er auf regionaler Ebene militärisch erfolgreich gewesen war. Dafür hatte er zu wenig Erfahrung in derart großen Unternehmungen; er war vorher Satrap von Armenien und irgendwann auch Chef des königlichen Postwesens gewesen. Auf den Thron gesetzt hat ihn 336 ein General, der erst mal Darius' Vorgänger Arses und dessen Söhne ermordet hatte.
Darius entstammte wohl nicht mal der achämenidischen Familie oder war zumindest nur ein sehr entfernter Verwandter. Seine Legitimation als Herrscher war also nicht besonders stabil. Erst 335 konnte er sich von der Dominanz des Generals Bagoas befreien (indem er ihn ermordete) - und dann hatte er kaum Zeit, sich vor dem Beginn von Alexanders Feldzug 334 richtig fest als Großkönig zu installieren.
Darius hat sich auch deshalb weniger auf seine persischen Befehlshaber gestützt, weil er unter ihnen keinen sicheren Rückhalt hatte und sich auf die griechischen Außenseiter im Heer besser verlassen konnte.
Diese Taktik des Abwartens hatte übrigens früher oft gut funktioniert: Darius I. und sein Sohn Xerxes haben ebenfalls wichtige Schlachten verloren (Marathon, Salamis) - das Achämenidenreich als Staat hat sich aber später immer wieder durchgesetzt.

Nachlesen kann man so was schön unter anderem in der Encyclopedia Iranica (online abrufbar) oder auch in der Cambridge History of Iran (Kapitel "Alexander in Iran", S. 420).
 
Bevor wir uns hier endlos im Kreis drehen, solltest du irgendwann auf Argumente von Usern eingehen, die zugunsten Alexanders vorgebracht wurden. Genannt wurde, dass er Wegbereiter des kulturhistorisch bedeutenden Hellenismus war, der sich im ganzen östlichen Mittelmeerraum und bis in den Mittleren Osten verbreitete. Durch Alexander wurde Griechisch zur lingua franca in diesem Raum. Genannt wurde Alexander als Städtgründer, auf den neben Alexandria auch Chodschend, Iskenderum, Merw u.a. zurückgehen. Schließlich hat das Charisma eines jugendlichen Königs, der ein "Weltreich" eroberte, die Menschen seiner Zeit und nach ihm fasziniert. Dieses Charisma wird von allen Geschichtsschreibern erwähnt und muss die Zeitgenossen - seine Makedonen wie auch andere - stark beeindruckt haben..
Diese Argumente sind mir alle bekannt und bestreite ich keineswegs. Sind aber nur EINE Seite der Medaille.
Und folgende von dir genannten Worthülsen sind nur pure Polemik und haben mit einer seriösen Analyse nichts zu tun:
Wie gelang es einem Egomanen, Trunkenbold, Schlächter, Vatermörder, Freundesmörder, Soldatenschinder als der Grosse in die Geschichte einzugehen? Sein Reich zerfiel nur wenige Stunden, nachdem er gestorben war.Seine Dynastie wurde ausgerottet. Geblieben ist das Märchen von Alexander dem " Grossen ".20 % Wahrheit, 50 % geschönte und übertriebene Propaganda und 30 % Lüge.

Das sind keine leeren Worthülsen, sondern historisch verbürgter Fakten. Ich habe in dieser Aufzählung sogar noch einiges vergessen.zB. grössenwahnsinniger Tyrann. Die darfst Du gerne mit Fakten und Tatsachen widerlegen. " Blödsinn, Einseitigkeit, Demagogie, Provokation " sind aber keine Argumente, sondern inhaltslose Parolen.
 
Zuletzt bearbeitet:
In all Deinen Ausführung ziehst Du in extremst wertender Weise über Deine Lieblingsfeinde her..
Ich bin neu hier und bei meinen " Lieblingsfeinden " noch gar nicht angekommen. Sobald ich hier fertig bin, tauche ich dort auf. Geduldige dich bitte...;)
Und ja: auch wenn Du kein Wissenschaftler bist...
Wie kommst Du darauf ?
Er hat sich in den entscheidenden zwei Situationen gegen seine persönliche Ehre und für die Interessen des Reiches entschieden
Reine Schutzbehauptung. Goggle mal Kyros d.G, Kambyses, Dareios I...haben alle in vorderster Front gekämpft. Dass er durch den Wesir Bagoas erst kürzlich auf den Thron gelangte, unerfahren war und seine fehlende Legitimation habe ich nicht bestritten. Im Gegenteil, zeigt das doch alles, das er ein schwacher König war.
 
Ich bin neu hier und bei meinen " Lieblingsfeinden " noch gar nicht angekommen. Sobald ich hier fertig bin, tauche ich dort auf. Geduldige dich bitte...;)
Ich bin gespannt.
Wie kommst Du darauf ?
Sag bloß, Du bist DOCH Wissenschaftler?! Das ist dann umso schlimmer, denn ein Wissenschaftler, der sich weigert, seine Quellen zu benennen, der noch nicht einmal einsieht, dass das wichtig und sinnvoll wäre, der ist ein verdammt schlechter Wissenschaftler.
Reine Schutzbehauptung. Goggle mal Kyros d.G, Kambyses, Dareios I...haben alle in vorderster Front gekämpft. Dass er durch den Wesir Bagoas erst kürzlich auf den Thron gelangte, unerfahren war und seine fehlende Legitimation habe ich nicht bestritten. Im Gegenteil, zeigt das doch alles, das er ein schwacher König war.
Ich muss die Herren weder goggeln noch googeln, da ich mich beruflich mit ihnen beschäftige und lieber andere Werkzeuge als Google verwende. Darius III war genauso auf dem Schlachtfeld mit dabei, und - wie gesagt - selbst die Griechen attestierten ihm große Tapferkeit. Nur um dann Feigling zu rufen, als er zweimal aus taktischen Gründen floh. Ist ein bisschen widersprüchlich oder?
Dass Darius der III ein schwacher Herrscher war, versteht sich ja wohl von selbst. Ich habe niemals das Gegenteil behauptet. Mir ging es in meinem Beitrag eher darum zu zeigen, dass Darius zumindest nicht feige war.
 
Dass Darius der III ein schwacher Herrscher war, versteht sich ja wohl von selbst. Ich habe niemals das Gegenteil behauptet. Mir ging es in meinem Beitrag eher darum zu zeigen, dass Darius zumindest nicht feige war.

Bei Gaugamela war Dareios mit Alexander doch beinahe in den Zweikampf geraten. Zumindest hatte Alexander dessen Wagenlenker umgebracht, wenn ich mich recht entsinne. Nur denke ich, dass es für Dareios allein auf dem Wagen nicht so gut bestellt gewesen wäre, es mit dem im Sattel sitzenden Alexander aufzunehmen.

robrich schrieb:
Sein Reich zerfiel nur wenige Stunden, nachdem er gestorben war.

Bis zum Diadochenfrieden waren noch 12 Jahre vergangen und bis zur Schlacht von Ipsos 22. Wenn der junge Demetrios nur etwas mehr Übersicht an den Tag gelegt hätte, wäre das "Alexanderreich" als "Antigonidenreich" in die Geschichte eingegangen.

Robrich schrieb:
Seine Dynastie wurde ausgerottet.

Darauf hatte Alexander wohl kaum einen Einfluss gehabt.

robtich schrieb:

Was zu beweisen ist. Weiter oben hast du doch selbst gepostet, dass die Hintergründe am Mord letztlich unklar geblieben sind.

robrich schrieb:

Als 324 in Opis die alten Veteranen meuterten, verlangten sie von Alexander nicht aus dem Heeresdienst entlassen zu werden. Nachdem sich aber Alexander durchgesetzt hatte, hatten sie sich tränenreich von ihm verabschiedet.
 
...Das war letztlich eine Fehleinschätzung der Lage. Aber ein großer Stratege war er halt wirklich nicht, der gute Darius, auch wenn er auf regionaler Ebene militärisch erfolgreich gewesen war. Dafür hatte er zu wenig Erfahrung in derart großen Unternehmungen; er war vorher Satrap von Armenien und irgendwann auch Chef des königlichen Postwesens gewesen. Auf den Thron gesetzt hat ihn 336 ein General, der erst mal Darius' Vorgänger Arses und dessen Söhne ermordet hatte.
...

Man muß Darius zugute halten, daß er es bei Alexander mit einer extremen Ausnahmepersönlichkeit zu tun hatte, die wohl von fast jedem zunächst falsch eingeschätzt, weil mit normalen Maßstäben gemessen, worden wäre. Der innere Trieb, die Entschlossenheit und der strategische (und taktische) Weitblick gepaart mit dem Sinn für das politisch und propagandistisch Nützliche (z.B. der Schlenker nach Ägypten) machten Alexander zu einem kaum beherrschbaren Gegner.

Wobei die Sache bei Issos durchaus auf der Kippe gestanden zu haben scheint und der Erfolg letztlich neben dem Angriff Alexanders nur der Hartnäckigkeit und Durchsetzungsfähigkeit der thessalischen Reiter zu verdanken war, die die Flanke gegen die zahlenmäßig wahrscheinlich überlegenen und besser gepanzerten persischen Reiter hielten. Darius wird sich gedacht haben, ich muß nur einmal siegen und habe noch große Ressourcen zur Verfügung, der verrückte Makedone darf nicht einmal verlieren, irgendwann kriege ich ihn schon.
 
Zuletzt bearbeitet:
. Dennoch sind Strafen aber wieder eine ganz andere Kategorie als unnötiges Abschlachten einer Stadtbevölkerung. Wenn ich als Feldherr einen Eroberungskrieg führe, also der Aggressor bin, und eine Stadt - nennen wir sie Tyros - weigert sich, mir die Tore zu öffnen und ich erobere die Stadt dann und zerstöre sie, dann verhalte ich mich so, als wäre nicht ich der Aggressor gewesen, sondern die Tyrener (nicht zu verwechseln mit den Tyrrhenern). Die Stadt hat sich im Prinzip so verhalten, wie sie sich verhalten musste.
Ich schrieb allerdings oben auch, dass es natürlich in der Logik des kriegführenden lag, gegenüber unbotmäßigen Städten keine Gnade zu zeigen, um eben alle anderen Einzuschüchtern und so auch den eigenen Soldaten unnötige kräftezehrende (im individuellen wie im größeren Sinne) Kämpfe zu ersparen.
(bitte versteh mich nicht falsch und wirf mir nicht erneut willkürliches missverstehen vor)
Das konstruieren eines rationalen Grundes (Logik des Kriegführenden innerhalb des Kontexts seiner Zeit und Umstände) für das abhalten eines Massakers: geht das nicht ein wenig in Richtung relativieren, wobei allerdings du selber ja (zurecht) nicht viel von solchem relativieren hältst? Und sind alle Massaker gleich, oder unterschieden sie sich im Grad der bestialischen Ausschreitungen? Und wie gestaltete sich so etwas zu verschiedenen Zeiten?

Natürlich sind wir uns darin einig, dass die Wertmaßstäbe sich ändern. Nichtsdestowenigertrotz gab es damals schon die goldene Regel und wir dürfen, glaube ich, positiv unterstellen, dass die Mehrheit der Menschen früher an ihrem Leben hing und am liebsten ein angst- und gewaltfreies Leben führte. Daher ist es auch legitim, es zu bewerten, wenn andere Menschen dieses angst- und gewaltfreie Leben nicht zuließen. Und dabei geht es nicht um Strafe etc.
(die Art und Weise der Strafe sowie ihre zeitgebundene Bewertung und Wahrnehmung war nur ein Exempel dafür, wie unterschiedlich eben zu verschiedenen Zeiten Wahrnehmungen und Bewertungen waren - mir liegt fern, poenale und politisch-militärische Maßnahmen in einen Topf zu werfen; wenn das Exempel falsch gewählt war, können wir ja irgendeinen Panegyrikus über das Barbarenschlachten den taciteischen Schriften über den römischen Frieden in Britannien gegenüberstellen: da haben wir zweierlei Perspektiven)
Dennoch verbleibt die Frage: wa war die goldene Regel und insbesondere ihre Anwendung in den Jahreszeiten, die sich in der Antike zum kriegführen eigneten? Wo war sie bei der Entscheidung, an dieser oder jener unbotmäßige Stadt ein drastisches Exempel zu statuieren?

Aber ehe wir uns darüber Wortgefechte liefern, noch eine andere Überlegung: ganz gerne werden heutzutage allerlei historische Warlords wie AdGr, Caesar, Theoderich, Chlodwig so interpretiert, als hätten sie sllesamt den Macchiavelli gelesen und danach gestrebt, diesen zu übertreffen... Unsere heutige Darstellung dieser historischern Figuren als rigorose, skrupellose Machtpolitiker ohne jedes Gewissen*) (ja, bissel überzeichnet) ist vielleicht auch revisionsbedürftig?
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*) als Exempel die Literatur über Chlodwigs Taufe, die heuer gerne so dargestellt wird, als habe der Frankenkönig das nur aus Machtkalkül betrieben und sich ansonsten einen Dreck um christlich-inhaltliches geschert :):) so dargestellt, macht das den Chlodwig nicht eben sympathisch - zeigt aber, dass solche wie der Chlodwig (und es gab davor und danach viele von diesen, "sie machten Geschichte") womöglich goldene Regeln und christliche Feindesliebe für völlig irrelevant hielten.
Das wiederum deckt sich erstaunlicherweise mit der Darstellung der agonalen Mentalität, wie sie Scheibelreiter speziell für die Merowingerzeit dargestellt hat.
Entscheiden kann ich nicht, wie realistisch oder wahr das ist, aber deutlich wird, dass unsere heutigen Ansichten zu Grausamkeiten etc. eben doch recht verschieden sind von früheren Zeiten. Insofern glaube ich nicht, dass nach einem Massaker ein AdGr oder Chlodwig irgendwelche Gewissenbisse hatte... und die siegreichen seiner Zeitgenossen ebenfalls nicht
(lesenswert das Kapitel über den Krieg in Scheibelreiters "barbarischer Gesellschaft")
 
Das konstruieren eines rationalen Grundes (Logik des Kriegführenden innerhalb des Kontexts seiner Zeit und Umstände) für das abhalten eines Massakers: geht das nicht ein wenig in Richtung relativieren, wobei allerdings du selber ja (zurecht) nicht viel von solchem relativieren hältst?

Nein, es ist ein Unterschied ob man einen Sachverhalt intellektuell (herrschaftssoziologisch, militärsoziologisch) nachvollziehen kann und ob man dies auch gutheißt.

Dass AdG ein schlechtes Gewissen gehabt habe, habe ich nirgends behauptet oder insinuiert. Aber das heißt ja nicht, dass wir zum Historismus (Ranke: "jede Epoche ist umittelbar zu Gott.") zurückkehren müssen.
 
Nein, es ist ein Unterschied ob man einen Sachverhalt intellektuell (herrschaftssoziologisch, militärsoziologisch) nachvollziehen kann und ob man dies auch gutheißt.
...du weichst ein wenig aus... kann man den Sachverhalt jetzt muss an dieser unbotmäßigen Stadt ein Exempel statuiert werden, damit das Kriegsglück auf unserer Seite bleibt und der Gegner eingeschüchtert wird, was in der Summe Ressourcen und Menschenleben schont noch intellektuell (herrschaftssoziologisch, militärsoziologisch) nachvollziehen, wenn das mit diesen schönen sachlichen Worten benannte zu erfolgende Massaker besonders bestialisch war? ...in antiken Zeiten wurde so etwas doch nicht "human" rasch erledigt, sondern die Stadt samt ihrer Einwohner war schlimmsten Ausschreitungen durch die Soldateska preisgegeben.

Und da bleibt meine Frage immer noch offen, wie das Ausmaß der Bestialität wahrgenommen wurde - wir sehen das meiner Ansicht nach strenger als die Leute damals.
 
...du weichst ein wenig aus... kann man den Sachverhalt jetzt muss an dieser unbotmäßigen Stadt ein Exempel statuiert werden, damit das Kriegsglück auf unserer Seite bleibt und der Gegner eingeschüchtert wird, was in der Summe Ressourcen und Menschenleben schont noch intellektuell (herrschaftssoziologisch, militärsoziologisch) nachvollziehen, wenn das mit diesen schönen sachlichen Worten benannte zu erfolgende Massaker besonders bestialisch war? ...in antiken Zeiten wurde so etwas doch nicht "human" rasch erledigt, sondern die Stadt samt ihrer Einwohner war schlimmsten Ausschreitungen durch die Soldateska preisgegeben.

Und da bleibt meine Frage immer noch offen, wie das Ausmaß der Bestialität wahrgenommen wurde - wir sehen das meiner Ansicht nach strenger als die Leute damals.

Nein, eigentlich bin ich nicht ausgewichen. Es ist nun mal so, dass die Statuierung eines Exempels klar macht, wer der Chef im Ring ist. Es ist damit herrschafts- und militärsoziologisch nachzuvollziehen.
Eine andere Frage ist, ob man das gutheißen "möchte".

Wenn du so willst, gibt es natürlich unterschiedliche Qualitäten, wie man so etwas vollzieht, darauf willst du ja wohl hinaus. Von der vergleichsweise "humanen" Massenhinrichtung bis hin zur Entfesselung der "Soldatesca" (irgendwie gibt es zwischen Entfesselung und Soldatesca ein unauflösbares semantisches Band) mit allem, was dazu gehört: Folter, Vergewaltigung, sinnlose Gewalt.
Nur macht das Extrem die geordnete Massenhinrichtung nicht wirklich besser. Und da sind wir wieder bei Platon und seiner Version des kategorischen Imperativ:

Platon: "Soll ich mich andern gegenüber nicht so verhalten, wie ich möchte, dass sie sich mir gegenüber verhalten?"
Sokrates: "Tue anderen nicht an, was dich ärgern würde, wenn andere es dir täten."

Möchte ich als Alexander, dass ein Tyrener Pella erobert? Nein. Möchte ich als Alexander, dass ein Tyrener, der Pella nach meinem Widerstand erobert hat, dass dieser mir die Kehle durchschneidet? Nein, ebenfalls nicht.
 
Nur macht das Extrem die geordnete Massenhinrichtung nicht wirklich besser. Und da sind wir wieder bei Platon und seiner Version des kategorischen Imperativ:

Platon: "Soll ich mich andern gegenüber nicht so verhalten, wie ich möchte, dass sie sich mir gegenüber verhalten?"
Sokrates: "Tue anderen nicht an, was dich ärgern würde, wenn andere es dir täten."
da wiederhole ich meine zuvor schon gestellte Frage: wann haben diese Moralregeln je ein Massaker nachweislich verhindert? Wie zuvor schon gesagt, scheint mir, dass diese Regeln zu Kriegszeiten quasi Ferien hatten (um nicht zu sagen, dass sie eher am ästhetischen Teetisch diskutiert wurden und denjenigen, die das sagen hatten, herzlich gleichgültig waren) - und das konstruieren eines rationalen Grunds, der gleichsam rechnerisch die Moralregeln für diesen oder jenen Fall außer Kraft setzt, erscheint mir aufgesetzt.
 
Daß eine bestimmte Philosophenschule gewisse theoretische Grundsätze aufstellte, bedeutet ja nicht, daß diese die herrschende Moral festlegten. Im übrigen, selbst wenn das so wäre, bedeutet die Schlußfolgerung, Alexander hätte, weil er es nicht "gewollt" hätte, daß die Tyrener den Pellanern die Kehle durchschneiden, daher den Vorgang an sich als universell unmoralisch betrachtet, eine Unterstellung. Man kann es auf einer individuellen Ebene durchaus bedauern, wenn eigene Leute umgebracht werden, dies auf einer übergeordneten moralischen Ebene aber als gegeben hinnehmen, wenn man das Umbringen, Ausplündern, Vergewaltigen von Menschen in bestimmten Situationen als angemessen betrachtet.
 
da wiederhole ich meine zuvor schon gestellte Frage: wann haben diese Moralregeln je ein Massaker nachweislich verhindert?

Gegenfrage: Warum hältst du das dafür relevant, ob man historistisch urteilen sollte ("jede Epoche ist unmittelbar vor Gott", oder der Glaubenssatz "man muss die Menschen aus ihrer Zeit heraus beurteilen") oder eben nicht?

Wie zuvor schon gesagt, scheint mir, dass diese Regeln zu Kriegszeiten quasi Ferien hatten (um nicht zu sagen, dass sie eher am ästhetischen Teetisch diskutiert wurden und denjenigen, die das sagen hatten, herzlich gleichgültig waren)
Und das enthebt die Täter der passiven Urteilsfähigkeit?


und das konstruieren eines rationalen Grunds, der gleichsam rechnerisch die Moralregeln für diesen oder jenen Fall außer Kraft setzt, erscheint mir aufgesetzt.
Das ist kein Konstruieren. Herrschaft in vormodernen Gesellschaften funktioniert so. Wer keine Stärke zeigt, dem tanzen die Untergebenen oder Gegner auf der Nase herum und der wird bald seine "Legitimation" verlieren.
Allerdings muss Stärke nicht auch Grausamkeit bedeuten.
 
Daß eine bestimmte Philosophenschule gewisse theoretische Grundsätze aufstellte, bedeutet ja nicht, daß diese die herrschende Moral festlegten. Im übrigen, selbst wenn das so wäre, bedeutet die Schlußfolgerung, Alexander hätte, weil er es nicht "gewollt" hätte, daß die Tyrener den Pellanern die Kehle durchschneiden, daher den Vorgang an sich als universell unmoralisch betrachtet, eine Unterstellung. Man kann es auf einer individuellen Ebene durchaus bedauern, wenn eigene Leute umgebracht werden, dies auf einer übergeordneten moralischen Ebene aber als gegeben hinnehmen, wenn man das Umbringen, Ausplündern, Vergewaltigen von Menschen in bestimmten Situationen als angemessen betrachtet.

Nein, Luziv, ich wehre mich gegen die Ideologie, dass man nur aus der Zeit heraus beurteilen dürfe, weil die Menschen früherer Epochen moralisch weniger reif gewesen wären als wir heute. Das ist schlicht nicht der Fall. Sie kannten im Grunde dieselben moralischen Grundsätze wie wir und müssen daher für die Missachtung moralischer Grundsätze genau so beurteilt werden, wie wir unsere Zeitgenossen beurteilen würden.
 
ich wehre mich gegen die Ideologie, dass man nur aus der Zeit heraus beurteilen dürfe, weil die Menschen früherer Epochen moralisch weniger reif gewesen wären als wir heute. Das ist schlicht nicht der Fall. Sie kannten im Grunde dieselben moralischen Grundsätze wie wir und müssen daher für die Missachtung moralischer Grundsätze genau so beurteilt werden, wie wir unsere Zeitgenossen beurteilen würden.
erstens:
"moralisch weniger reif" ist eine unstatthafte Formulierung :winke: denn es ist nicht nachweisbar, dass wir heute besonders moralisch reif wären :D -- akzeptier doch einfach, dass andere Zeiten manches etwas anders sahen als wir, und dass wir nicht der Maßstb für diese anderen Zeiten sind

zweitens:
merkst du nicht den Widerspruch in deiner Argumentation? Einerseits soll es das nachträgliche moralische Urteil gegeben haben, andererseits die militärische Notwendigkeit beispielsweise von einem Massaker. ...hm... je drastischer das Massaker, umso größer seine Wirkung - wenn also die größtmögliche Wirkung erzielt ist, dann müsste danach der moralische Katzenjammer ebenfalls am größten sein? ...na, stattdessen gab es wohl eher Siegesfeiern und Jubel, als zerknirschte Reue und Bußübungen

drittens:
nein, nicht zu allen Zeiten und nicht überall kannte (und kennt!) man dieselben moralischen Grundsätze wie wir.
 
erstens:
"moralisch weniger reif" ist eine unstatthafte Formulierung :winke: denn es ist nicht nachweisbar, dass wir heute besonders moralisch reif wären :D --
Eben. Deshalb musst du meine Aussage auch nich in ihr inhaltliches Gegenteil umkehren:
deine Version meiner Aussage schrieb:
akzeptier doch einfach, dass andere Zeiten manches etwas anders sahen als wir, und dass wir nicht der Maßstb für diese anderen Zeiten sind
meine Original schrieb:
Sie kannten im Grunde dieselben moralischen Grundsätze wie wir

merkst du nicht den Widerspruch in deiner Argumentation? Einerseits soll es das nachträgliche moralische Urteil gegeben haben, andererseits die militärische Notwendigkeit beispielsweise von einem Massaker. ...hm... je drastischer das Massaker, umso größer seine Wirkung - wenn also die größtmögliche Wirkung erzielt ist, dann müsste danach der moralische Katzenjammer ebenfalls am größten sein? ...na, stattdessen gab es wohl eher Siegesfeiern und Jubel, als zerknirschte Reue und Bußübungen
Nein, in meiner Argumention liegt kein Widerspruch. Es ist vielmehr die Dialektik von dem was die goldene Regel auch schon vor über 2000 Jahren verlangte und Mechanismen der Herrschaftssicherung. Wie ich schon schrieb: Dass es historischen Heerführern, Generälen, Königen möglicherweise an schlechtem Gewissen mangelte, enthebt sie nicht des Urteils. Ansonsten könnten wir ja auch Abstand davon nehmen, Psychopathen, die keinerlei Empathie empfinden können, zu verurteilen.

drittens:
nein, nicht zu allen Zeiten und nicht überall kannte (und kennt!) man dieselben moralischen Grundsätze wie wir.
Was Mord und Totschlag angeht schon. Sonst müsste ein Prokop nichts über Skrupel schreiben oder ein Gregor von Tours nicht irgendwelche Morde apologetisieren.
In unserem Hirn funnktioniert viel über sogenannte Spiegelneuronen. Es würde sich für die Diskussion lohnen, sich damit mal zu beschäftigen.
 
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