7.300 BC: gab es eine ‘soziale revolution’ in cayönü (anatolien)?

Klarer Fall von männlicher Dominanz. Ich muss die o. a. Argumentation also noch erweitern :

Danke!

Ich dachte schon, ich bin hier der Einzige, der glaubt, das Frauen nicht unterdrückt werden, wenn sie "geschont" werden und die ungefährlicheren Sachen erledigen "dürfen".
Wahrscheinlich ist meine Frau "falsch gepolt", weil sie die gefährlichen und schweren Arbeiten nur zu gerne mir überläßt.:devil:

Wenn Frauen jagen, Männer aber nicht -> wer wird dann unterdrückt ?
Ganz klar die Frau! Und selbst wenn sie es auf Ausdrücklichen Wunsch tut, wird sie insgeheim doch unterdrückt...
 
Zuletzt bearbeitet:
Da die Aborigines ja als Beispiel herangezogen wurden: Gibt es von diesen Aussagen oder Erklärungen für ihre Art der "Arbeitsteilung" bei der Jagd?

Es wird sich halt im Laufe der Evolution dieser Stämme als das Sinnvollste für das Überleben dieser Stämme herausgestellt haben.
Woanders wird es wieder anders gewesen sein.

In der eiszeitlichen Tundra wo, es eher an Kleintieren und Pflanzen mangelt, werden wohl nicht nur 15% der Nahrung von Männern herbei geschafft worden sein, sondern wesentlich mehr. Und womöglich gingen dort auch mehr Frauen mit auf die Großtierjagd.

Ich hab keine Ahnung, warum da schon wieder drauf rum geritten wird, wer wieviel und warum nun auf Jagd gegangen ist.

Ich dachte, hier gehts um die Jungsteinzeit, wo die Leute dauerseßhaft waren und immer weniger gejagt wurde. Das das Auswirkungen auf die Arbeitsteilung hatte, ist doch klar.
 
Die Reichweite,also wie weit man einen Speer theoretisch werfen kann und die Kampfentfernung, also die Entfernung innerhalb der Du einen Speer mit der nötigen Durchschlagskraft gezielt mit letaler Wirkung werfen kannst sind zwei paar Schuhe . Da ist bei ca 25 Metern Schicht im Schacht, alles weitere sind Glückstreffer Im Wald oder Gebüsch ist die Entfernung noch kürzer.
Genau.
Darum habe ich ausdrücklich von verirrten Speeren oder Bumerangs geschrieben. Es war ja nie die Rede davon, dass Speere oder Bumerangs gezielt (oder gar noch mit Tötungsabsicht) nach Treiber(inne)n geschleudert werden.
 
Ich dachte schon, ich bin hier der Einzige, der glaubt, das Frauen nicht unterdrückt werden
Dabei ist Klaus der Einzige, der immer von Frauenunterdrückung schreibt. :devil:


Da die Aborigines ja als Beispiel herangezogen wurden: Gibt es von diesen Aussagen oder Erklärungen für ihre Art der "Arbeitsteilung" bei der Jagd?
Für die Aborigines hat das Waffentabu religiöse Gründe. Da Frauen bestimmte Waffen nicht benutzen (oder sogar nicht einmal berühren) dürfen, ergibt sich die "Arbeitsteilung" von selber.

Es wird sich halt im Laufe der Evolution dieser Stämme als das Sinnvollste für das Überleben dieser Stämme herausgestellt haben.
Richtig, sofern wir die Entwicklung der Religion auch als "Evolution" verstehen.
Die Knaben machen im Unterschied zu den Mädchen eine lange Phase (bis zu 7 Jahren) der Initiation durch. In dieser Zeit werden sie mit Mythologie, Zeremonien, heiligen Gegenständen und Waffen vertraut gemacht.


Ich dachte, hier gehts um die Jungsteinzeit, wo die Leute dauerseßhaft waren und immer weniger gejagt wurde. Das das Auswirkungen auf die Arbeitsteilung hatte, ist doch klar.
Im Moment geht es um die paläolithischen Voraussetzungen, von denen die mittel- und jungsteinzeitlichen Entwicklungen ausgegangen sind.

Beim Übergang würde ich mit zwei Phasen rechnen:
- Ackerbau mit allenfalls sehr bescheidener Viehzucht; Fleischversorgung aber noch fast ausschließlich durch die Jagd. (siehe Abu Hureyra)
- Ackerbau und Viehzucht; die Jagd spielt gesellschaftlich-kulturell noch eine wichtige Rolle, ist aber zur Fleischversorgung schon zweitrangig (siehe Çatal Höyük)
 
Richtig, sofern wir die Entwicklung der Religion auch als "Evolution" verstehen.

Ja, klar.

Für die Aborigines hat das Waffentabu religiöse Gründe. Da Frauen bestimmte Waffen nicht benutzen (oder sogar nicht einmal berühren) dürfen, ergibt sich die "Arbeitsteilung" von selber.

Ich denke, das ursprünglich mal "weltlich-praktische" Verhaltensweisen (wie die Arbeitsteilung) mit der Zeit traditionell weitergegeben wurden und dann irgendwann ins Religiöse "transferiert" wurden. Und zwar so, das nach Generationen keiner mehr weiß, warum es diese "Vorschriften" oder "Tabus"
eigentlich gibt.

Beim Übergang würde ich mit zwei Phasen rechnen:
- Ackerbau mit allenfalls sehr bescheidener Viehzucht; Fleischversorgung aber noch fast ausschließlich durch die Jagd. (siehe Abu Hureyra)
- Ackerbau und Viehzucht; die Jagd spielt gesellschaftlich-kulturell noch eine wichtige Rolle, ist aber zur Fleischversorgung schon zweitrangig (siehe Çatal Höyük)

Ja, sehe ich auch so. Allerdings dürfen wir uns wohl den Ackerbau nicht so vorstellen wie heute. Es handelte sich wohl eher um eine Art "Gartenbau".
Wirklicher Ackerbau auf freiem Feld ist wohl erst mit dem Aufkommen von Zugtieren (Rindern?) möglich geworden.
Hab hier einen interssanten Artikel gefunden. Tim Kerig, Der Faktor Arbeit im Neolithikum: Steinbearbeitung, Feldbestellung, Schwertransport. In Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.), Jungsteinzeit im Umbruch. Die "Michelsberger Kultur" und Mitteleuropa vor 6000 Jahren. Karlsruhe: Landesmuseu
 
Ich denke, das ursprünglich mal "weltlich-praktische" Verhaltensweisen (wie die Arbeitsteilung) mit der Zeit traditionell weitergegeben wurden und dann irgendwann ins Religiöse "transferiert" wurden. Und zwar so, das nach Generationen keiner mehr weiß, warum es diese "Vorschriften" oder "Tabus"
eigentlich gibt.http://www.academia.edu/2091860/Tim...0_Jahren._Karlsruhe_Landesmuseum_2010_236-242
Auf den ersten Blick hört sich das vernünftig an.
Aber das bedeutet doch, dass die Menschen in früheren Zeiten klare Vorstellungen vom praktischen Nutzen ihrer Verhaltensweisen hatten, während ihre späteren Nachkommen diese Verhaltensweisen nur noch "stumpfsinnig einpaukten", ohne sich über deren praktischen Nutzen Gedanken zu machen?
 
Auf den ersten Blick hört sich das vernünftig an.
Aber das bedeutet doch, dass die Menschen in früheren Zeiten klare Vorstellungen vom praktischen Nutzen ihrer Verhaltensweisen hatten, während ihre späteren Nachkommen diese Verhaltensweisen nur noch "stumpfsinnig einpaukten", ohne sich über deren praktischen Nutzen Gedanken zu machen?

Das nennt man dann Tradition. :D





Zu der Platitüde fühlte ich mich eingeladen.
 
Das nennt man dann Tradition. :D

Was man aber durchaus unter dem Aspekt einer zusätzlichen "Funktion" betrachten könnte: Big-Gods-Phänomene.

Wenn ich das richtig sehe, sind es psychologische Ansätze bis hin zu entscheidungstheoretischen Modellen, die "Religion"/Tabus etc. in der Funktion als "Organisationskitt" bzw. Regelungswerk für größer (und damit komplexer) werdende Gruppen betrachten.

Dann wären Tabus/Traditionen etc. als Lösungsmechanismen für Kooperationen/Gemeinschaften und darin auftretende Konflikte anzusehen. Eventuell ist das auch Ergebnis von Diskursen bzw. Auseinandersetzungen über "Hamilton's Rule".
 
Ich dachte, hier gehts um die Jungsteinzeit, wo die Leute dauerseßhaft waren und immer weniger gejagt wurde. Das das Auswirkungen auf die Arbeitsteilung hatte, ist doch klar.

Eine dieser Auswirkungen könnte dabei btw. ja durchaus auch "wir brauchen mehr Kinder" gewesen sein.

Landwirtschaft benötigt deutlich mehr Arbeit als die Jagd, ermöglicht aber auf individuell bescheidenem Niveau auch deutlich höhere Bevölkerungszahlen.

Möglich ist also durchaus dass zwar Frauen auf Feld und auf der Jagd sehr nützlich gewesen wären. Aber ein paar mehr Kinder noch nützlicher waren. Gerade auch in Hinsicht auf die ersten ausbrechenden Seuchen welche ganz sicher auch mit einer höheren Kindersterblichkeit verbunden waren.
 
Warum jagen so gut wie immer die Männer und sehr selten die Frauen? Der von silesia verlinkte Artikel geht darauf aus einer die "signaling theory" ablehnenden Weise ein. Ich frage mich, hat jemand den Artikel eigentlich gelesen (die Diskussion hier scheint das nicht nahe zu legen) oder habe ich ihn falsch verstanden? :winke:

Nach der "signaling theory" ist Großwildjagd in Bezug auf die Ernährung eigentlich weniger einträglich als das Sammeln (was empirisch oft nicht haltbar erscheint, siehe Gurven und Hill S. 52/53 und 60 m.w.N.), die Jagd wird eher als Mittel zur Statusbeförderung gesehen und daher betrieben. Da frage ich zuerst, wieso wird das von den Männern als Statusförderung und Geschlechtspartnerwahlunterstützung gesehen, aber scheinbar nicht von den Frauen?

Lassen wir die Frage mal beiseite und wenden uns den jagenden Männern und den sammelnden Frauen zu: das beantworten Gurven und Hill vor allem mit Nachteilen für die Frauen auf der Jagd durch Kinderaufzucht/-betreuung und als eine sich selbst verstärkende Folge davon zu geringer Jagdbefähigung der Frauen durch zu große Beschäftigung mit dem Nachwuchs und daher mangelnder Jagdausbildung (S. 55-57).

Was man noch fragen könnte, über welche Jagdmethoden spricht man hier und kann man neuere empirische Studien auf die Zeit der großen Herden im Paläolithikum übertragen? Wobei ich das Gefühl habe, daß für diese Zeit Gurven und Hill noch richtiger liegen als für das Mesolithikum.
 
Auf den ersten Blick hört sich das vernünftig an.
Aber das bedeutet doch, dass die Menschen in früheren Zeiten klare Vorstellungen vom praktischen Nutzen ihrer Verhaltensweisen hatten, während ihre späteren Nachkommen diese Verhaltensweisen nur noch "stumpfsinnig einpaukten", ohne sich über deren praktischen Nutzen Gedanken zu machen?

Ja, das denke ich.
Mir fallen spontan viele Beispiele ein, bei denen Leute Dinge so erledigen, wie "es schon immer gemacht wurde", die aber mit heutigem Wissen oder heutigen ethischen Vorstellungen kollidieren. Trotzdem man diese Leute mit Argumenten versucht zu überzeugen, es besser zu machen, wird an diesen überholten Vorstellungen festgehalten.

Wenn ich das richtig sehe, sind es psychologische Ansätze bis hin zu entscheidungstheoretischen Modellen, die "Religion"/Tabus etc. in der Funktion als "Organisationskitt" bzw. Regelungswerk für größer (und damit komplexer) werdende Gruppen betrachten.

Denke ich auch.
Wenn Verhalten, das sich als günstig herausgestellt hat, tradiert weiter gegeben wird, muß das einzelne Individuum nicht in jeder Generation durch Versuch und Irrtum das günstigste Verhalten neu herausfinden.
Das spart Energie.
Blöd wird es nur, wenn man blind an diesen Traditionen festhält, obwohl sich die Umstände geändert haben und man eigentlich sein Verhalten anpassen müßte.
 
Ich frage mich, hat jemand den Artikel eigentlich gelesen (die Diskussion hier scheint das nicht nahe zu legen) oder habe ich ihn falsch verstanden? :winke:

Ich nicht, mein Englisch ist dazu nicht ausreichend.

Möglich ist also durchaus dass zwar Frauen auf Feld und auf der Jagd sehr nützlich gewesen wären. Aber ein paar mehr Kinder noch nützlicher waren. Gerade auch in Hinsicht auf die ersten ausbrechenden Seuchen welche ganz sicher auch mit einer höheren Kindersterblichkeit verbunden waren.

Mir scheint, das die landwirtschaftliche Arbeit anfangs nicht viel mehr Zeit verbraucht hat als die Jagd. (siehe obigen Artikel von Kerig).
Eher hat die "häusliche" Arbeit zugenommen. Nahrungszubereitung (Mahlen von größeren Mengen Getreide), Töpfern und Weben u.a. sind neue Tätigkeiten, die es vorher nicht gab.
Eine Erhöhung der Kinderzahl halte ich auch für notwendig, um die sicherlich gestiegene Kindersterblichkeit auszugleichen.
Das wiederum führte zu einer weiteren Bindung der Frauen an das Haus/Dorf.
 
Der von silesia verlinkte Artikel geht darauf aus einer die "signaling theory" ablehnenden Weise ein. Ich frage mich, hat jemand den Artikel eigentlich gelesen (die Diskussion hier scheint das nicht nahe zu legen) oder habe ich ihn falsch verstanden? :winke:

Ich habe den Artikel so verstanden wie Du, muss aber zugeben, mich nicht in alle Details vertieft zu haben.
Zwei Anläufe zur Diskussion habe ich bisher versucht:

Nach dem, was ich bisher gelesen habe, leuchten mir die Einwände gegen die signaling-Theorie viel mehr ein als die Theorie selber.

Ich fände es auch generell hilfreich, die für Dich wichtigen Argumente einmal in Deinen eigenen Worten zu lesen.

Ich hoffe aber, dass von Silesia noch "Futter" kommt:

Kann ich gerne mal machen.


und als eine sich selbst verstärkende Folge davon zu geringer Jagdbefähigung der Frauen durch zu große Beschäftigung mit dem Nachwuchs und daher mangelnder Jagdausbildung (S. 55-57).
Oder die Jagdausbildung fehlt von vornherein - siehe Aborigines, wo die Jungen in ihrer Initiationsphase unter anderem auch den Gebrauch der Waffen lernen, der den Mädchen verboten ist.
Das Jagen war den Frauen nicht verboten. Nur die Chancen, ein Beutetier ohne Waffen zu erwischen, sind natürlich nicht sehr hoch.
Sibylle Kästner zitiert (S. 351) Geza Róheim, der 1929 Feldforschungen betrieb:
"There is no hard and fast line between the sphere of work of the two sexes; there is nor reason why a woman should not knock a kangaroo on the head if she is lucky enough to catch one, only usually this is done by the men." (Unterstreichung von mir)
 
Der Beitrag (weil digital verfügbar)
http://www.geschichtsforum.de/705845-post337.html
weist auf einen Ausschnitt aus einer laufenden Diskussion hin, der sich auf die Kontroverse Provisioning (Kith/Kin) vs. Signaling (Kin) richtet. Deshalb "zB". Zum Kontext: Die Replik von Hawkes (die als Exponent des signaling vorwiegend "angegriffen" wird)/O'Connel/Coxworth ist wiederum von Gurven/Hill zurückgewiesen worden. Beide kontroverse Ansätze sind in der Literatur weiter diskutiert worden. Das nur vorab, mit dem Hinweis, dass ich mir ein Zuneigen zu einer Seite dieses Streites verkneifen werde, mangels Expertise, über Plausibilitäten dieser Theorien urteilen zu können. Von daher kann ich nur versuchen, zu inventarisieren:

1. Gurven/Hill haben jedenfalls klargestellt, dass sie das "signaling" als Erträgnis nicht rundherum ablehnen ...

--- (kein Verwerfen der signaling-Theorie als Teil der Erklärung, insofern verstehe ich das auch anders als das hier von Luziv zugespitzt dargestellt wurde: Verwerfen der Theorie) ---

... sondern den Blickwinkel des Nutzen dieser Arbeitsteilung und der Männer-Präferenz von Jagd ggü. Sammeln neben dem innerfamiliären "signaling" auf die Erträgnisse eines interfamiliäres "Provisioning" des Stammes/der Gemeinschaft erweitern. Hawkes etc. würden die Komplexität der Gemeinschaften verkennen, und nur auf die Nahrungsversorgung der Familien abstellen.

ergo: "Signaling" wäre demnach (nach Gurven/Hill) ein nach innen in die Familie gerichtetes "Benefit", das zur Erklärung (des Jagens als Männerdomäne) allein nicht ausreichen würde und zwingend ergänzt werden muß: durch direktes "Provisioning" der Familie und darüber hinaus der Gemeinschaft. Das versuchen sie, anhand der Kalorien-Return-Rates zu belegen, wobei hier das Problem auftaucht (sepiola hat es gerade direkt angesprochen), wie die Lernkosten da einzukalkulieren sind (das wird wiederum von Hawkes etc. kritisiert: Kalorienraten/je Stunde im Vergleich Jagen/Sammeln sind zu adjustieren, wenn dafür zB 5 "Lernjahre" im Vorlauf anfallen, mit dem Erträgnis=Null, weshalb sie die ganze Rechnung von Gurven/Hill verwerfen). Sie gehen dabei so weit, Nahrung (Spitzen-Erträgnisse aus der Jagd auf Fleisch) als "Tauschgut" innerhalb der Gruppe anzusehen, wobei Tauschen und Gut ganz weit gefasst wird, bis hin zu sozialen Bindungen etc.

2. Deshalb oben der Hinweis auf die weitere Publikation zum einem weiteren Beispielfall (Befürwortung der signaling-Theorie), die über die zugespitzte Kontroverse der Motive für Jagen (Männer) vs. Sammeln (Frauen) hinausgeht.

In dieser Diskussion geht es nur ums Jagen von drei hauptsächlichen Beutetieren (Sammeln als Alternative ist ausgeblendet), wobei nun wieder die "Beutespitze" eine Männerdomäne darstellt, obwohl in den Kalorien-Return-Rates (auch ohne adjustments wegen Lernzeiten) die "Beutespitze" schlechter abschneidet als die beiden Kalorienbringer, die in der gemischten Männer/Frauen-Gemeinschaft gejagd werden. Das ist insofern bemerkenswert, als hier der oben genannte Provisioning/Signaling-Streit, sozusagen die grundsätzliche Kontroverse zur Aufgabenteilung Männer/Frauen und Jagen/Sammeln, keine Rolle spielt.


___________
Die Literatur-Kontroverse erschien mir jedenfalls interessant genug, um sie der laufenden Diskussion hinzuzufügen. Ob man den Zwischenstand der Fachdiskussion nun beispielsweise so werten mag, dass 20 Jahre massiv verfochtenes "signaling" von Hawkes und anderen als dominierende Erklärung überholt ist, oder nur verfeinert wurde, mag jeder für sich beurteilen.:winke:

Die Literaturkontroverse erschien mir auch interessant, um sie zuspitzend den oben erwähnten, höflich ausgedrückt etwas "schmaleren" Erklärungsversuchen (Bott?) gegenüber zu stellen.
 
nun ich kenne Beuteltiere nicht,aber das Rehlein oder die Wildsau entfernen sich in der Regel,wenn Du lärmend näher kommst , so auf ca 30-50 Meter ,danach wird gedroht und ab 20-25 Meter greift ein Keiler an,wenn er schlecht drauf ist..
Die Reichweite,also wie weit man einen Speer theoretisch werfen kann und die Kampfentfernung, also die Entfernung innerhalb der Du einen Speer mit der nötigen Durchschlagskraft gezielt mit letaler Wirkung werfen kannst sind zwei paar Schuhe . Da ist bei ca 25 Metern Schicht im Schacht, alles weitere sind Glückstreffer Im Wald oder Gebüsch ist die Entfernung noch kürzer.
Kannst Du ja selbst mal ausprobieren ,indem Du eine Pappwildsau gezielt mit Wurflanzen bewirfst.


Ich habe nicht ganz soviel praktische Erfahrung wie ein Bekannter von mir, der eine Schweißhundprüfung hat und gelegentlich bei Drückjagden aktiv werden muss, wenn eine Sau angeschossen ist. Wildschweine flüchten fast immer vor dem Menschen, und es sind die Bachen weit gefährlicher, als die Keiler. Die meisten Attacken sind Scheinangriffe, wirklich gefährlich sind nur Sauen, die verletzt sind und denen dazu jeder Fluchtweg abgeschnitten ist und Bachen mit Jungen. Selbst die begnügen sich aber meistens mit Scheinangriffen. Viele Hundeführer führen zum Schutz für den Notfall eine großkalibrige Pistole oder Revolver. Mein Kumpel lässt sich von seinen Hunden verteidigen und schwört auf eine Saufeder, da oft die Gefahr besteht, Hunde oder andere Jagdteilnehmer zu treffen, wenn in unübersichtlichen Terrain ein Wildschwein gestellt wird. Da in den meisten Jagdrevieren sehr hohe Gebühren fällig werden, wenn eine Sau nur verwundet wird, ist die Zahl wirklich gefährlicher Begegnungen mit Wildschweinen begrenzt.

Haarig wird es, wenn Wildschweine völlig die Furcht vor menschen verlieren und ihn nur noch als Futterlieferanten betrachten. Auf Sardinien habe ich selbst erlebt, dass das rascheln einer Tüte Kartoffelchips ausreichte, um eine Rotte Sauen anzulocken, die sich durchaus nicht vertreiben ließen.
 
Mir scheint, das die landwirtschaftliche Arbeit anfangs nicht viel mehr Zeit verbraucht hat als die Jagd. (siehe obigen Artikel von Kerig).
Eher hat die "häusliche" Arbeit zugenommen. Nahrungszubereitung (Mahlen von größeren Mengen Getreide), Töpfern und Weben u.a. sind neue Tätigkeiten, die es vorher nicht gab.
Eine Erhöhung der Kinderzahl halte ich auch für notwendig, um die sicherlich gestiegene Kindersterblichkeit auszugleichen.
Das wiederum führte zu einer weiteren Bindung der Frauen an das Haus/Dorf.

Ist sicher (vor allem durch die unterschiedlichen Jagdmethoden) schwer zu sagen, da einfach der Zeitaufwand nicht konstant ist.

Kerig geht auf die Jagd ja gar nicht so recht ein und untersucht in erster Linie bereits zur Landwirtschaft (Gartenbau gegenüber Ackerbau vergleichend). Aber ich denke dass dort ein sehr wesentlicher Faktor fehlt: Der Zeitaufwand für die Bewachung der Felder. Die ersten Anbauten sind in ihrer Effektivität wohl nicht ausreichend gewesen um große Vorratshaltung zu ermöglichen. Eine einzelne schlechte Ernte bedeutet Hungersnöte.

Gleichzeitig gab es noch viel mehr Tiere in der Umgebung für die solche Beete, Weiden und Äcker im wahrstem Sinne ein gefundenes Fressen sein müssen.

Schon die Entstehung der Landwirtschaft kann man ja in zunächst wilden Vorkommen von (späteren) Nutzpflanzen sehen welche einfach vom Menschen geschützt und gefördert wurden bis ein kritischer Punkt erreicht war an dem dies in gezielten Anbau überging.

Dieses Hegen würde ich als hauptsächlichen Zeitaufwand ansehen, da es eben über sehr lange Zeiträume geschehen musste, während die eigentliche Aussaat und Ernte in kurzer Zeit geschah (wir reden gerade in der Anfangszeit ja noch von Gartenstrukturen - da erntet man auch mal an einem Nachmittag). Und dies gilt ja generell. Als die Menschen ortsfester wurden gab es viel mehr Gründe Dinge im Auge zu behalten. Fallen die man gelegt hat, Reusen oder vorbeikommende Wildtierherden, Feinde, Händler oder eben die eigenen Felder. Überall sind Leute notwendig die man nicht benötigen würde als herumziehende Gruppe.

Insofern ist mit diesem Wandel der Lebensweise gewiss auch ein Wandel der Arbeitsteilung verbunden - irgendwann war eben auch daheim bleiben eine wichtige Aufgabe, wichtiger als der Nutzen den man auf der weiterhin parallel betriebenen Jagd hätte oder bei etwaigen kriegerischen Auseinandersetzungen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gurven und Hill kommen in vier zentralen Punkten der signaling-Theorie zu abweichenden Einschätzungen. Ob das eine Ablehnung oder nur eine Modifizierung bedeutet, will ich nicht beurteilen, da ich in die Materie nicht tief genug einsteigen kann, äh, will. Mir ging es mehr um die Erklärung der jagenden Männer und sammelnden Frauen durch Gurven und Hill, die einigen Aussagen im Thread widersprechen. Es liegt sozusagen ganz simpel an der Tatsache, daß Frauen Kinder gebären und säugen müssen, daher mit den Kindern eine Zeitlang "belastet" sind, was bei der damals betriebenen Jagd auf bestimmte Tiere nachteilig sein kann. Wenn Kunstmilch und Feuerwaffen zur Verfügung gestanden hätten, hätte das vielleicht anders ausgesehen.

Was ich mich nach wie vor frage, wieso fällt die Jagd nach der signaling-Theorie den Männern zu? Wieso nicht den Frauen?


...

Oder die Jagdausbildung fehlt von vornherein - siehe Aborigines, wo die Jungen in ihrer Initiationsphase unter anderem auch den Gebrauch der Waffen lernen, der den Mädchen verboten ist.
Das Jagen war den Frauen nicht verboten. Nur die Chancen, ein Beutetier ohne Waffen zu erwischen, sind natürlich nicht sehr hoch.
Sibylle Kästner zitiert (S. 351) Geza Róheim, der 1929 Feldforschungen betrieb:
"There is no hard and fast line between the sphere of work of the two sexes; there is nor reason why a woman should not knock a kangaroo on the head if she is lucky enough to catch one, only usually this is done by the men." (Unterstreichung von mir)

Ich denke, dieses seltsame Waffenverbot ist schon eine relativ abgehobene Folge von ursprünglich mal biologisch (mit) angelegten Geschlechterdifferenzierungen, ein kompliziertes soziales Konstrukt, in das sicher noch andere Momente als reine Notwendigkeiten eingeflossen sind. Daher kann man es rein logisch auf biologisch-materialistischem Hintergrund nicht erklären.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das geschlechtsdifferenzierte Verhalten von Menschen nur über Vorteile bei der Versorgung der Gruppe zu erklären greift mMn zu kurz. Es geht immer auch um darum die persönliche Position im sexuellen Spannungsfeld der Gruppe zu schützen und zu stärken, aber auch die kollektiven Interessen des eigenen Geschlechts zu fördern. Diesen Geschlechterdiskurs kann man sich natürlich um so mehr leisten, wenn ausreichende Ressourcen zur Verfügung stehen, um dafür Zeit und Energie übrig zu haben. Eine Bevölkerung, die über Generationen immer nur knapp dem Verhungern entrinnt, wird sich weniger Tamtam, lange aufwändige Rituale und Geheimniskrämerei leisten, als eine, die alles Nötige im Überfluss hat.
Ein anscheinend unwirtschaftliches Verhalten könnte auf längere Frist sogar von Vorteil sein, wenn dadurch eine Ressoucen-bedrohende Überbevölkerung gar nicht erst entsteht und man sich in Notzeiten schlicht mehr auf die Ökonomie konzentriert als in guten Zeiten.
 
Natürlich gibt es geschlechtsspezifische Gruppeninteressen. Sonst gäbe es keine Frauenbewegung, kein Patriarchiat/Matriarchat oder andere Konstellationen, wo Männer oder Frauen Vorrechte besitzen und diese dem anderen Geschlecht gegenüber verteidigen/durchzusetzen versuchen. Das liegt doch auf der Hand.
 
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