Moscheen - Arabische Architektur?

romanus00I

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Ich hoffe inständig, dass dieses Thema nicht zu tagespolitisch ist. Wenn dem so sein solltem wird es ja sowieso gelöscht. Aber nun meine Frage:

Im heutigen und auch früheren Volksgeist ist eine Moschee (ich spreche hier nur von osmanischer Architektur; die Moscheen des islamischen Spaniens, Afrikas und Asiens ausgenommen ) etwas komplett arabisch-orientalisches, kurz etwas fremdes. Ich meine natürlich mit "Volksgeist" die Allgemeinheit, nicht unbedingt den Spezialisten der Geschichte/Architektur.

Aber ich habe schon einige Moscheen hier in Deutschland gesehen (nach osmanischen Vorbild erbaut) und habe mir gleich gedacht: Das ist doch keine arabische Architektur. Das ist byzantinisch, wenn nicht gar römisch. Vor allem die Kuppel fiel mir antikes Element auf.

Kann man also von einer Kontinuität zwischen römischer Architektur der Spätantike und osmanischer Architektur der Neuzeit sprechen? Und wenn ja, war dies schon einmal breiteren Kreisen bewusst? Wenn nein: warum?

Mich beschleicht die Vermutung im Mittelalter habe man als europäisch-christlich vor allem die romanische und gotische Architektur empfunden, während das, was die "Türken" ins Abendland brachten, "heidnisch" und damit schlecht sei.
 
Die typische osmanische Kuppelmoschee geht auf die Hagia Sophia, also auf byzantinische Architektur zurück. Das war eigentlich nie bezweifelt worden. Aber daneben gibt es ja noch zich andere Moscheetypen in der islamischen Welt. Oder verstehe ich nicht ganz, worauf Deine Frage abzielt? :grübel:
 
Zuletzt bearbeitet:
Die indische Kuppel nicht zu vergessen.
Weißt Du, wo die herkommt? Also ich meine diese Stupa-Form, die ja auch vorchristlich ist. Könnte sie aus dem iranischen Raum stammen oder ist sie eigenständig entwickelt worden? Mit Indien kenne ich mich so gar nicht aus.
Was die indischen Moscheen betrifft, so sind sie ja wohl großteils eine Weiterentwicklung der persisch-zentralasiatischen Vorbilder, wenn ich mich nicht irre.
 
Weißt Du, wo die herkommt? Also ich meine diese Stupa-Form, die ja auch vorchristlich ist.

Eindeutig skythisch!
Vielleicht auch amerikanisch...

Und im Ernst: Der Stupa wird, glaube ich, tatsächlich aus der Form des Grabhügels hergeleitet.
Von Orientalistik habe ich leider auch keine Ahnung, aber bei der Form des Grabhügels würde ich einen polyzentrischen Ursprung nicht ganz ausschließen wollen...
 
Eindeutig skythisch!
Vielleicht auch amerikanisch...
:grübel:


:yes:
Und im Ernst: Der Stupa wird, glaube ich, tatsächlich aus der Form des Grabhügels hergeleitet.
Von Orientalistik habe ich leider auch keine Ahnung, aber bei der Form des Grabhügels würde ich einen polyzentrischen Ursprung nicht ganz ausschließen wollen...
Ich meinte eigentlich eher die Konstruktion der Kuppel. Sowas muss man ja erst mal stabil hinkriegen aus Ziegeln oder Steinen.
 
Der Kuppelbau ist sicher römisch/ byzantinisch . Nur die überschlanken Minarette, der türkischen Moscheen dürften kein europäisches oder arabisches Vorbild gehabt haben. Sie scheinen eigenständig osmanisch zu sein. Die maurischen Minarette sind häufig eckig und einem europäischen Turm nicht unähnlich.
 
Also die Inder kannten früher eher nur flache Dächer oder falsche, sogenannte Kragg-, Kuppeln. Erst durch islamische Baumeister kamen dann aus dem persischen Raum die richtigen Kuppeln. Wobei in Indien dies teilweise noch zu zwei-dreischaligen Kuppeln erweitert wurde. Man setzte einen Tambour auf das Gebäude und am Fuße begann die innere, spitzere Kuppel und am oberen Ende des Tambour die bauchigere, äußere Kuppel.
 
Wobei in Indien dies teilweise noch zu zwei-dreischaligen Kuppeln erweitert wurde. Man setzte einen Tambour auf das Gebäude und am Fuße begann die innere, spitzere Kuppel und am oberen Ende des Tambour die bauchigere, äußere Kuppel.
Doppelschalenkuppeln sind allerdings schon erstmals im 11. Jh. unter den Seljuqen gebaut worden.
 
Ich hoffe inständig, dass dieses Thema nicht zu tagespolitisch ist. Wenn dem so sein solltem wird es ja sowieso gelöscht. Aber nun meine Frage:

Im heutigen und auch früheren Volksgeist ist eine Moschee (ich spreche hier nur von osmanischer Architektur; die Moscheen des islamischen Spaniens, Afrikas und Asiens ausgenommen ) etwas komplett arabisch-orientalisches, kurz etwas fremdes. Ich meine natürlich mit "Volksgeist" die Allgemeinheit, nicht unbedingt den Spezialisten der Geschichte/Architektur.

Aber ich habe schon einige Moscheen hier in Deutschland gesehen (nach osmanischen Vorbild erbaut) und habe mir gleich gedacht: Das ist doch keine arabische Architektur. Das ist byzantinisch, wenn nicht gar römisch. Vor allem die Kuppel fiel mir antikes Element auf.

Kann man also von einer Kontinuität zwischen römischer Architektur der Spätantike und osmanischer Architektur der Neuzeit sprechen? Und wenn ja, war dies schon einmal breiteren Kreisen bewusst? Wenn nein: warum?

Mich beschleicht die Vermutung im Mittelalter habe man als europäisch-christlich vor allem die romanische und gotische Architektur empfunden, während das, was die "Türken" ins Abendland brachten, "heidnisch" und damit schlecht sei.

Kontinuität ja, aber mit einigen Zwischenschritten:

Die typische osmanische Kuppelmoschee geht auf die Hagia Sophia, also auf byzantinische Architektur zurück. Das war eigentlich nie bezweifelt worden. Aber daneben gibt es ja noch zich andere Moscheetypen in der islamischen Welt. Oder verstehe ich nicht ganz, worauf Deine Frage abzielt? :grübel:

Die Hagia Sophia steht wiederum in der römischen Tradition (siehe Pantheon in Rom als größter antiker Kuppelbau).


Also die Inder kannten früher eher nur flache Dächer oder falsche, sogenannte Kragg-, Kuppeln. Erst durch islamische Baumeister kamen dann aus dem persischen Raum die richtigen Kuppeln. Wobei in Indien dies teilweise noch zu zwei-dreischaligen Kuppeln erweitert wurde. Man setzte einen Tambour auf das Gebäude und am Fuße begann die innere, spitzere Kuppel und am oberen Ende des Tambour die bauchigere, äußere Kuppel.

Ich kenne mich mit der Kultur- bzw. Architekturgeschichte Indiens nicht aus. Die islamischen Baumeister setzten möglicherweise die römische-byzantinische Bautradtion fort (so wie in Istanbul die großen Moscheen auch die Hagia Sophia als architektonisches Vorbild haben). Oder gab es auch eine persische Eigenentwicklung, die in Indien fortgeführt wurde? Oder wurde der indische Baustil von noch weiter aus dem Osten (z. B. China) beeinflußt?
 
Ich kenne mich mit der Kultur- bzw. Architekturgeschichte Indiens nicht aus. Die islamischen Baumeister setzten möglicherweise die römische-byzantinische Bautradtion fort (so wie in Istanbul die großen Moscheen auch die Hagia Sophia als architektonisches Vorbild haben). Oder gab es auch eine persische Eigenentwicklung, die in Indien fortgeführt wurde? Oder wurde der indische Baustil von noch weiter aus dem Osten (z. B. China) beeinflußt?

Sicher bin ich mir nicht, aber auf dem Weg der Bautradition vom Vorderen Orient nach Indien, ist die Bautradition nur weiterntwickelt wurden und richtige Neuerungen gab es nicht. Ab dem 14 Jhd. gab es in Zentralasien die Entwicklung zur Doppelschalkuppel (siehe Gur-Emir-Mausoleum) und dann in Indien ab dem 15./16. Jhd.
 
Ja? Hast du Gebäudebeispiele?
Fürs 11. Jh. hab ich jetzt auf die Schnelle nur das Mausoleum von Abu l-Fazl in Turkmenistan gefunden (die beiden Fotos in der zweiten Reihe der Fotogalerie). Ein ganz berühmtes Beispiel aus der ersten Hälfte des 12. Jhs. ist auf jeden Fall das Mausoleum von Sultan Sandjar in Merw.

Ab dem 14 Jhd. gab es in Zentralasien die Entwicklung zur Doppelschalkuppel (siehe Gur-Emir-Mausoleum) und dann in Indien ab dem 15./16. Jhd.
Wie gesagt, diese Kuppelform gab es schon unter den Seljuqen. In der timuridischen Architektur ist sie aber weiterentwickelt worden. Da ist dann der Zwischenraum zwischen den Kuppelschalen größer, so dass die Außenkuppel viel weiter herausragt.
 
Ich kenne mich mit der Kultur- bzw. Architekturgeschichte Indiens nicht aus. Die islamischen Baumeister setzten möglicherweise die römische-byzantinische Bautradtion fort (so wie in Istanbul die großen Moscheen auch die Hagia Sophia als architektonisches Vorbild haben). Oder gab es auch eine persische Eigenentwicklung, die in Indien fortgeführt wurde? Oder wurde der indische Baustil von noch weiter aus dem Osten (z. B. China) beeinflußt?
Die Urform des islamischen Mausoleenbaus geht auf den sasanidischen Baukörper des chahartaq (Vier Bögen) zurück, der überkuppelt war. Das älteste erhaltene islamische Gebäude dieser Art ist das Samanidenmausoleum in Buchara von ca. 900.
Ich denke mir, dass indische Kuppelbauten eher dieser Tradition zu verdanken sind als der römisch-byzantinischen, aber genau weiß ich das auch nicht.
 
Axworthy, Michael, Iran. Weltreich des Geistes. Von Zoroaster bis heute, Berlin 2012, S. 73:
Während die Umaiyaden dazu neigten, byzantinischen Architekturvorbildern zu folgen, [...]

Womöglich lag das daran, dass die byzantinische Architektur das war, was die Araber bei ihren Eroberungszügen vorfanden.
 
Womöglich lag das daran, dass die byzantinische Architektur das war, was die Araber bei ihren Eroberungszügen vorfanden.
Unbedingt. Der Islam hat sich eigentlich überall, wo er hinkam, in der lokalen Architekturtradition bedient. Die arabischen Beduinen hatten da ja selber nichts vorzuweisen.
 
+++Spoiler+++Könnte Tagespolitik beinhalten+++

Das Minarett(wie auch der Kirchturm ,durch den Pharos von Alexandria inspiriert? ), was nach einiger Zeit zu dem Gebäude Moschee=Masjid=Ort des Niderwerfens hinzukam unterlag auch einem Wettbauen mit kirchlichen Domen.Es wurde höher und mehrere Türme kam dann noch hinzu gebaut.

Das Minarett,im Zeitalter des Smartphones mit Muezzinapp hat lediglich (wie auch der Kirchturm) ein nostalgischen Erkennungscharakter.
 
Die arabischen Beduinen hatten da ja selber nichts vorzuweisen.
Wobei das die falsche Herangehensweise ist. Der Qur’ān entstand in einem städtischen Umfeld. Wenn Bedūs darin vorkommen (ʾAʿrāb, nicht zu verwechseln mit ʿarab, ‚Araber‘), dann eher abfällig. Muḥammad war Städter, seine Gefolgsleute waren Städter, Dünkel gegenüber den nomadischen Wüstenbewohnern (badawīīn) inklusive.
 
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