Österreich 1866 zerschlagen?

Trojan

Mitglied
Im Jahre 1866 nach dem Deutschen Krieg (oder wie auch immer man ihn nennen mag) legte Bismarck den Österreichern keine sehr harten Friedensbedingungen auf, um sie zukünftig als Verbündete oder Partner an seiner Seite zu haben.
Weise Vorraussicht, denn Österreich stand tatsächlich als KuK-Monarchie bis 1918 auf Deutscher Seite.

Doch die österreichische Armee war die schwächste unter denen der Großmächte. Ebenso war die Einheit dieses Vielvölkerstaates mit nur 15-20% deutschsprachigen Einwohnern im Zeitalter der Nationalstaaten spätestens seit den Balkankriegen 1885/86 und den immer stärker hervortretenden Unanhängigkeitsbestrebungen der anderen Völker bedroht.

Idee:
Es wäre damals (1866) doch viel sinnvoller gewesen, Österreich nach dem Krieg komplett zu zerschlagen.

Das Kern-Österreich (heutiges Österreich) sowie Böhmen/Mähren wären einem Deutschen Bund (oder schon dem deutschen Reich) beigetreten.
Ungarn wäre unabhängig geworden, Kroatien ebenfalls oder aber ihm wäre Autonomie innerhalb Ungarns gewährt worden.
Russland hätte Galizien erhalten.
Ein Dreibund Deutsches Reich (bzw. 1867 noch Deutscher Bund) - Ungarn - Russland hätte sich manifestiert.

Die folgenden Ereignisse bis hin zum ersten Weltkrieg ließen Russland ja auch hauptsächlich in die Arme der Entende laufen, weil seine Ansprüche mit denen Österreich-Ungarns auf dem Balkan kollidierten.
Bei einer Zerschlagung Österreichs hätte es unter den Nachfolgestaaten Deutsches Reich, Ungarn und Russland keine nennenswerten Reibereien mehr auf dem Balkan gegeben
Die britisch-russischen Gegensätze waren im Vergleich dazu um einiges größer.


Meine Überlegung geht natürlich in den kontrafaktischen Bereich und vielen Historikern ist das ja ein Graus. Hinterfragen kann man den Sinn solcher Überlegungen, doch mir geht es darum, ob es eurer Meinung nach überhaupt politisch durchsetzbar gewesen wäre?

Gibt es Quellen (ich habe wirklich keine finden können) dass Russland beispielsweise an einer Komplettzerschlagung Österreichs Interesse gehabt hätte oder gab es in der preußischen Regierung gar solche Ansätze?

Wohlgemerkt: Wilhelm I wollte Österreich härtere Friedensbedingungen auferlegen, wahrscheinlich aber auch nur etwaige Gebietesabtretungen und keine komplette Zerschlagung.


Ich weis, dass man im Nachhinein immer klüger ist und Bismarck die Entwicklung nicht ahnen konnte. Aber hat sein "preußischer" Blick - er war ja niemals wirklich sehr deutschnational - evtl. die Deutschen um ihre komplette Einigung und Europa um einen anschließend folgenden längeren Frieden gebracht?
Die Bündniskonstellation 1914 wäre mit Sicherheit eine andere gewesen.
 
Man sollte aber bedenken, dass Preussen zwar bei Køniggrætz einen Sieg errungen hatte, aber die østerreichische Armee keineswegs vernichtet war.

Hætte Preussen die "Zerschlagung"* Østerreichs zum Ziel gehabt, wære der Krieg weitergegangen - die entspr. høheren Verluste und ein grøsseres Risiko auf den "Endsieg"* hætte/hat Preussen sicher nicht in Kauf nehmen wollen. Es wære auch der eigenen Bevølkerung schwer vermittelbar gewesen, preussisches Blut fuer die Freiheit anderer Vølker zu opfern.
Und fuer ein dt. Reich war es noch ein paar Jahre zu frueh - da hætten die Mitglieder des dt. Bundes (noch) nicht mitgespielt.

Gruss, muheijo

*Wer findet hier bessere Ausdruecke fuer diesen Nazi-Jargon?
 
Glaubst du ernsthaft, das die anderen Großmächte das akzeptiert hätten?

1. Das war ja meine Frage. Ob es "politisch möglich war".
Deiner Antwort entnehme ich, dass du an dieser Stelle ein klares "Nein" siehst.

2. Ich spreche ja von einem Bündnis Deutsches Reich (bzw. Dt. Bund) - Ungarn - Russland.
Wer hätte denn da als "Großmacht" noch dagegen gestanden?
Frankreich und GB


Evtl wäre es zu einem Krieg dieser beiden Länder gg Preußen und Russland gekommen.

Das ist mir aber jetzt zu viel "wenn.."

Es ging mir einzig und allein darum, ob es irgendeine Quelle gibt, wo dieses Szenario ernsthaft in Erwägung gezogen wurde, sei es von Seiten Preußens oder gar von Seiten Russlands, die ja seit dem Krimkrieg nicht gut auf Österreich zu sprechen waren und evtl was vom Kuchen abhaben wollten.

Im Nachhinein scheint mir so eine Lösung nicht nur die beste für Deutschland sondern auch die beste für Europa zu sein:

- Keinen direkten Kontakt Deutschlands zu den Problemen auf dem Balkan (die man indirekt durch das Bündnis mit Österreich-Ungarn und deren Interessen dort immer hatte)
- Evtl. hätte man auch extrem nationalistischen Gruppen den Wind aus den Segeln genommen, da nun wirklich fast alle Deusche in einem Nationalstaat vereint gewesen wären. Das Hauptproblem Europas in der ersten Hälfte des 20. Jahehunderts wäre weggefallen.
- Dieses Reich hätte bei der richtigen Führung friedensstiftend wirken können, indem es sich (wie von Bismarck ja auch 1871 beschrieben) als satuiert erklärt hätte

Meine Überlegung kam, weil ich dachte, dass man die darauffolgenden Probleme (vll wären andere entstanden..) durch diese "Zerschlagung" 1866 hätte lösen können.
Daraufhin habe ich nach Quellen geucht, ob es diese Überlegung nicht vll ernsthaft sogar gab.

Das war alles. Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass es von irgendwem damals ernsthaft in Erwägung gezogen wurde, aber ich will es nicht ausschließen.
 
Man sollte aber bedenken, dass Preussen zwar bei Køniggrætz einen Sieg errungen hatte, aber die østerreichische Armee keineswegs vernichtet war.

Hætte Preussen die "Zerschlagung"* Østerreichs zum Ziel gehabt, wære der Krieg weitergegangen - die entspr. høheren Verluste und ein grøsseres Risiko auf den "Endsieg"* hætte/hat Preussen sicher nicht in Kauf nehmen wollen. Es wære auch der eigenen Bevølkerung schwer vermittelbar gewesen, preussisches Blut fuer die Freiheit anderer Vølker zu opfern.
Und fuer ein dt. Reich war es noch ein paar Jahre zu frueh - da hætten die Mitglieder des dt. Bundes (noch) nicht mitgespielt.

Gruss, muheijo

*Wer findet hier bessere Ausdruecke fuer diesen Nazi-Jargon?

Ja das Wort "Zerschlagung" erinnert vll an "Nazi-Jargon" aber im Grunde genommen ist dieses Wort an dieser Stelle nicht falsch.
Von mir aus auch "Aufteilung" oder "Auflösung"

Klingt ein bischen lieblicher, wenn es euch rechter ist.

Ansonsten: Ich habe die weiteren militärischen Planungen bei meiner Fragestellung außer Acht gelassen.
Mir ging es einzig und allein darum, ob es Quellen gibt, die Überlegungen zu diesem Szenario zur damaligen Zeit belegen.
 
trojan schrieb:
Es wäre damals (1866) doch viel sinnvoller gewesen, Österreich nach dem Krieg komplett zu zerschlagen.

Dieser Gedanke hier, der wäre nicht realisierbar gewesen. Insbesondere Frankreich, aber auch Großbritannien und Russland hättes das nicht hingenommen.
 
und Preußen war nicht unglücklich, einen 'deutschen' Staat als Puffer zum Balkan, der zweifelsohne dann russisch geworden wäre - zumindest aber in direkten russischen Einflussbereich - zu haben; ein Puffer, der natürlich auch die Kosten dafür zu übernehmen hatte. Dass Preußen auf die deutschen Kerngebiete (Österreich, Stmk) verzichtet hätte ist kaum denkbar.

Und ja, Frankreich - v.a. aber Großbritannien hätte eine Teilung niemals hingenommen. Nicht zu vergessen die 'alten' Verbündeten aus dem Krimkrieg: die Türken, die ihr Interesse am Balkan diesfalls sicher wieder angemeldet hätten.

Alles Spekulation - aber mE genügend faktisch basiert, sodass Überlegungen einer Auflösung wenig wahrscheinlich erscheinen.

Und: Ideen einer Auslöschung eines Kaiserhauses waren auch 1866 noch denkunmöglich. (?)
 
Das wäre das Ende der Pentarchie gewesen, also jenes Mächtesystems (bestehend aus Frankreich, Österreich, England, Preussen und Russland), das seit der Mitte des 18. Jahrhunderts für ein politisches Gleichgewicht in Europa sorgte.

Bismarck wollte mit dem maßvollen Frieden innen- und außenpolitische Ziele erreichen.

Im Innern suchte Bismarck nach Wegen, um den Verfassungskonflikt zu beenden und einen Teil der Liberalen für sich zu gewinnen. Preußen als Vorreiter der 'nationalen Sache' - hier gab es Anknüpfungspunkte.

Außenpolitisch war Bismarck darauf bedacht, mit Zugeständnissen an Frankreich einen europäischen Konflikt zu verhindern (vgl. Lothar Gall, Bismarck. Der weiße Revolutionär, Frankfurt/M., Berlin, Wien 1980, S. 374 ff.).

Folgt man den Argumenten von Gall, dann hätte Paris es nicht zugelassen, dass die preußische Armee Österreich als souveränen Staat von der Landkarte getilgt hätte. England hätte wohl auch nicht tatenlos zugesehen.
 
Ich kann eure Argumente allesamt nachvollziehen.

Allerdings ist mein Gedanke eigentlich nur der der "Großdeutschen Lösung".

1848 debattierte man darüber unter welchen Vorraussetzungen und Bedingungen ein "Deutscher Bund" gegründet werden sollte.

Hätte es denn 1848 bei einer Realisierung der Großdeutschen Lösung auch Wiederstand aus Russland und GB gegeben?
Aus macht- und geopolitischen Gründen sicherlich, doch habe ich noch in keiner Quelle etwas dazu gelesen.
Zur Situation von 1848 wird eigentlich selten bis nie dargestellt, wie die außereuropäischen Mächte zu einer (nicht unbedingt unrealistischen) Verwirklichung der Großdeutschen Lösung gestanden hätten.


Nichts anderes wäre ja mein Gedanke von 1866. Eine verspätete Großdeutsche Lösung unter Führung Preußens.

Aber gut, da keiner eine Quelle bisher auflisten konnte, nehme ich an, es gibt wirklich keine.

Es wundert mich nur, dass die Grundidee der "Großdeutschen Lösung" welche von 1815 bis 1848 eigentlich die anzustrebende Optimallösung vieler national gesinnter Menschen darstellte, 1866 innerhalb der preußischen Führung garkeine Rolle mehr gespielt haben soll.
Dass sie letztendlich aus rationalen Gesichtspunkten verworfen wurde verstehe ich. Dass man aber diese Option garnicht erst in Erwägung zog, bezweifle ich.
 
Nichts anderes wäre ja mein Gedanke von 1866. Eine verspätete Großdeutsche Lösung unter Führung Preußens.

Aber gut, da keiner eine Quelle bisher auflisten konnte, nehme ich an, es gibt wirklich keine.

Es wundert mich nur, dass die Grundidee der "Großdeutschen Lösung" welche von 1815 bis 1848 eigentlich die anzustrebende Optimallösung vieler national gesinnter Menschen darstellte, 1866 innerhalb der preußischen Führung garkeine Rolle mehr gespielt haben soll.

Der Verweis von Cliomara auf Gall ist sicherlich hilfreich, um die Rolle der Liberalen und der Nationalliberalen im Zusammenspiel mit Bismarck und der Reichsgründung zu verstehen. Und vor allem, dass die Idee des "Nationalstaates" bis in die 60 er Jahre vor allem ein radikales, liberales und demokratisch geprägtes Konzept war, dem sich zunächst die Konservativen in Preußen verschlossen haben. Nicht zuletzt, weil mit dieser Idee der Nation auch ideengeschichtlich die liberale Idee der Parlamentarisierung der Monarchien verbunden war.

Das Staatensystem in Europa war durch die Revolutionen von 1848 deutlich in seiner "1815-Verfassung" verändert worden. GB widmete sich seinen Kolonien bzw. seinen Interessen im Mittelmeer. Und war nicht bereit - da das Parlament die Mittel nicht bereit gestellt hätte - sich militärisch in die "deutsche Frage einzumischen (vgl. Hewitson, S. 74-75).

Russland war durch den Krim-Krieg massiv geschwächt, erholte sich und richtete sein Interesse auf den Balkan respektive Konstantinopel und führte erfolgreich Krieg gegen das Osmanische Reich. Eine Entwicklung die die Frontstellung massiv zu GB verschlechterte.

Frankreich war in dieser Situation - künstlich - die - scheinbar - stärkste kontinentale Macht, obwohl sie auch 48 von der Revolution erschüttert war und mit Napoleon III einen scheinbar starken Herrscher hatte.

Die Großen Mächte waren um 1866 eher darauf bedacht, die territorialen Veränderungen in Europa zu begrenzen, nicht zuletzt weil sie die innenpolitische Situation stabilisieren wollten. Eine Teilung hätte unkontrollierte Entwicklungen, vor allem auf dem Balkan nach sich ziehen können, auch ein Erstarken der Position von Russland. Und das war sicherlich nicht erwünscht.

Als Literatur würde ich Dir, neben Galll, noch empfehlen:
- P. Kennedy: Aufstieg und Fall der großen Mächte. 1987, bes. 284 ff Die deutschen Einigungskriege, aber auch schon davor. Er geht da auf die militärischen Potentiale der Großmächte ein.
- M. Hewitson: Nationalism in Germany 1848 -1866. Revolutionary Nation, 2011, S. 65 ff "The Great Powers and the Austrian Question"
 
Zuletzt bearbeitet:
Hätte es denn 1848 bei einer Realisierung der Großdeutschen Lösung auch Wiederstand aus Russland und GB gegeben?
Schwierig, aber russische Truppen griffen in den ungarischen Aufstand 1848 ein. Dies weredn sie nicht nur aufgrund der Bitte des Kaisers getan haben, da steckten auch russische Interessen hinter.

Eine großdeutsche Lösung 1866 hätte eine massive Verschiebung der Macht in Europa bedeutet. Ungarn wäre auf dem Balkan wahrscheinlich entschiedener, aber eben auch mit einer geringeren Machtbasis aufgetreten. Frankreich im Westen hätte sich wahrscheinlich nicht sehr wohl gefühlt und England vielleicht mehr politischen Widerstand gegen die Annexion Hannovers geboten.

Auch müsste geklärt werden, wie eine großdeutsche Lösung überhaupt hätte aussehen sollen. Wären nur Gebiete Österreichs dazu gekommen und welche? Was wäre mit anderen Gebieten wie z.B. Liechtenstein passiert?

Es sollte vielleicht eher zuerst ein Ziel für eine großdeutsche Lösung definiert werden bevor die Machbarkeit besprochen werden kann.
 
thanepower schrieb:
Russland war durch den Krim-Krieg massiv geschwächt, erholte sich und richtete sein Interesse auf den Balkan respektive Konstantinopel und führte erfolgreich Krieg gegen das Osmanische Reich. Eine Entwicklung die die Frontstellung massiv zu GB verschlechterte.
Die Erholung dauerte. Der erneute Krieg gegen das Osmanische Reich wurde erst 20 Jahre nach dem Krimkrieg geführt. Zur russischen Orientpolitik und Einstellung gegenüber der Einigung Deutschlands grundlegend:

Dietrich Beyrau, Russische Orientpolitik und die Entstehung des Deutschen Kaiserreichs


thanepower schrieb:
GB widmete sich seinen Kolonien bzw. seinen Interessen im Mittelmeer. Und war nicht bereit - da das Parlament die Mittel nicht bereit gestellt hätte - sich militärisch in die "deutsche Frage einzumischen (vgl. Hewitson, S. 74-75).

Großbritannien hatte auch in der Ära nach Palmerston prinzipiell nichts gegen eine deutsche Einigung einzuwenden. Das galt für beide Parteien und man sah ein willkommenes Gegengewicht zu Frankreich und Russland in Mitteleuropa und darüber hinaus einen großen Wirtschaftraum ohne Zollschranken. Auch ist zu berücksichtigen, das Großbritannien in jener Zeit die Non Intervention Politik verfolgte.

Hierzu auch ausführlich und grundsätzlich Klaus Hildebrand, No Intervention. Die Pax Britanica und Preußen 1865/66 - 1869/70. Des Weiteren: Thomas Schaarschmidt, Außenpolitik und öffentlich Meinung in Großbritannien während des deutsch-französischen Krieges.

thanepower schrieb:
Frankreich war in dieser Situation - künstlich - die - scheinbar - stärkste kontinentale Macht, obwohl sie auch 48 von der Revolution erschüttert war und mit Napoleon III einen scheinbar starken Herrscher hatte.


Wieso künstlich und scheinbar?

Grundsätzlich zur Literatur des Kaiserreichs:

http://www.geschichtsforum.de/f58/literaturempfehlungen-f-r-die-zeitspanne-von-1870-1914-a-36907/
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch müsste geklärt werden, wie eine großdeutsche Lösung überhaupt hätte aussehen sollen. Wären nur Gebiete Österreichs dazu gekommen und welche? Was wäre mit anderen Gebieten wie z.B. Liechtenstein passiert?

Es sollte vielleicht eher zuerst ein Ziel für eine großdeutsche Lösung definiert werden bevor die Machbarkeit besprochen werden kann.

Eine Antwort wäre einfach: Alle Gebiete, die 1848 an der Wahl zur Nationalversammlung teilgenommen hatten. Das waren alle Gebiete des Deutschen Bundes, also die Gebiete des späteren Deutschen Reiches, die österreichischen Kernlande (das spätere Cisteithanien) einschließlich der nur teilweise deutsch besiedelten Gebiete Böhmen und Mähren sowie in etwa dem heutigen Slowenien einschließlich Triest.
 
Was wäre eigentlich mit dem "ungarischen Teil" der Donaumonarchie geworden ein Vasallenstaat Deutschlands.

Gab es da Pläne von denjenigen die eine großdeutche Lösung befürworteten.
 
Mitteleuropa

Was wäre eigentlich mit dem "ungarischen Teil" der Donaumonarchie geworden ein Vasallenstaat Deutschlands.

Gab es da Pläne von denjenigen die eine großdeutche Lösung befürworteten.

Es gab die Idee eines "Mitteleuropa", eines Staatenbundes aller mitteleuropäischen Staaten unter Führung Deutschlands, eng verbunden, so eine Art EU, aber eben ohne Frankreich, Italien und Großbritannien.

Der Begriff Mitteleuropa war zunächst ein politischer Begriff, der jedoch unterschiedlichen Zielsetzungen gedient hat. Er kam in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf, als Constantin Frantz eine Föderation „Mitteleuropa“ aus Deutschland, Polen und Donauslawen vorschlug, um ein Gegengewicht zu den Großmächten Russland und Frankreich zu schaffen. Ähnliche Ideen waren auch in der Nationalliberalen Partei verbreitet, so bei Friedrich List und Heinrich von Gagern, die ein deutsch-österreichisch geführtes Mitteleuropa von Hamburg bis Triest propagierten.

Zur selben Zeit – vor 1871 – wurde der Begriff auch in Österreich-Ungarn wichtig: als Alternative zur von vielen in Deutschland und Österreich propagierten großdeutschen Lösung, die vorsah, alle Deutschen – und nur diese – in einem Staat zusammenzufassen. In Österreich lehnte man dies mehrheitlich ab, da dies eine Zerschlagung des Vielvölkerstaates Österreich-Ungarns bedeutet hätte. Die Regierung Österreichs schlug daher als Alternative die „mitteleuropäische Lösung“ der deutschen Frage vor: den Zusammenschluss Deutschlands mit ganz Österreich-Ungarn zu einem „70-Millionen-Reich“.

Tatsächlich wurde 1871 das „kleindeutsche“ bismarcksche Deutsche Reich gegründet. In der Folge kam es zu einer endgültigen Spaltung in der Auffassung der Mitteleuropa-Idee in eine deutsche und eine österreichische Variante.[6] Während die deutsche Variante Mitteleuropa als "den unter der Führung der deutschen Kultur zur heutigen Blüte erhobenen Erdenraum im Rahmen eines Weltbildes" sieht [7], so wurde aus österreichischer Sicht Mitteleuropa als ein im Rahmen der Habsburger Monarchie gewachsener Organismus gesehen.[8]

Vor dem Ersten Weltkrieg verbanden sich mit der Mitteleuropa-Idee vor allem wirtschaftliche Ziele, so forderte Walther Rathenau die Schaffung einer mitteleuropäischen Zollunion. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges plante Theobald von Bethmann Hollweg in seinem Septemberprogramm die Gründung eines mitteleuropäischen Wirtschaftsverbandes. 1915 veröffentlichte Friedrich Naumann sein Buch Mitteleuropa. Er schlug darin einen Staatenbund vor, in dem Deutschland eine führende und beherrschende – Rolle spielen sollte. Naumanns Idee fand in Deutschland großes Echo.[9]
(Wikipedia)
 
Zur selben Zeit – vor 1871 – wurde der Begriff auch in Österreich-Ungarn wichtig: als Alternative zur von vielen in Deutschland und Österreich propagierten großdeutschen Lösung, die vorsah, alle Deutschen – und nur diese – in einem Staat zusammenzufassen. In Österreich lehnte man dies mehrheitlich ab, da dies eine Zerschlagung des Vielvölkerstaates Österreich-Ungarns bedeutet hätte. Die Regierung Österreichs schlug daher als Alternative die „mitteleuropäische Lösung“ der deutschen Frage vor: den Zusammenschluss Deutschlands mit ganz Österreich-Ungarn zu einem „70-Millionen-Reich“.

Die Idee eines 'Reiches der 70 Millionen' entstammt der Zeit direkt nach der Revolution 48/49 und wurde von Felix v. Schwarzenberg (u.a in Frankfurt am 9. März '49) - wenn auch erfolglos - propagiert. Die Großdeutsche Lösung war also wohl eher eine Reaktion auf die Machtbestrebungen der Habsburger.
 
z.z. lese ich ein gedownloadetes buch aus 1895: Bismarcks Erbe.

im anfang kommt schon eine passage, die ich interessant finde. Graf Lehndorff, flügeladjutant beim könig, erzählte sie. dadurch blieb sie behalten.

nach einander besuchten Roon, Moltke und Bismarck den könig. sie baten ihn krieg mit Ö-U führen zu dürfen. nach und nach wurde die bitte abgelehnt. der gespräch zwischen den könig und bismarck wurde sehr heftig und laut.
endlich kam bismarck heraus, blieb eine zeitlang wie verstört stehen und sagte endlich: »gehen sie hinein und melden sie mich nochmals«. lehndorf ging hinein, kam aber wieder heraus mit dem bescheid, die sache sei entschieden und der könig wolle nicht weiter darüber sprechen. da packte bismarck lehndorff, der selber ein über sechs fuß großer, starker mann war, warf ihn beiseite, riß die tür auf und ging hinein. Von neuen erhob sich drinnen die immer heftiger und lauter diskussion. (...)
plötzlich wurde die tür aufgerissen, bismarck stürzte heraus, warf sich halbtot auf die im vorzimmer stehende couchette und sagte »lassen sie sich möglichst lebendig nach hause bringen; der krieg ist erklärt«.
bismarck und moltke hatten den krieg gewonnen. das wäre nicht möglich
...ohne die reorganisation der armee von 1860, die der könig mit recht als sein eigenstes werk ansah.
jetzt habe ich also zwei fragen:
1. warum wurde das heer reorganisiert?
2. auf welche weise wurde reorganisiert?
 
Graf Lehndorff, flügeladjutant beim könig, erzählte sie. dadurch blieb sie behalten.

nach einander besuchten Roon, Moltke und Bismarck den könig. sie baten ihn krieg mit Ö-U führen zu dürfen. nach und nach wurde die bitte abgelehnt. der gespräch zwischen den könig und bismarck wurde sehr heftig und laut.
endlich kam bismarck heraus, blieb eine zeitlang wie verstört stehen und sagte endlich: »gehen sie hinein und melden sie mich nochmals«. lehndorf ging hinein, kam aber wieder heraus mit dem bescheid, die sache sei entschieden und der könig wolle nicht weiter darüber sprechen. da packte bismarck lehndorff, der selber ein über sechs fuß großer, starker mann war, warf ihn beiseite, riß die tür auf und ging hinein. Von neuen erhob sich drinnen die immer heftiger und lauter diskussion. (...)
plötzlich wurde die tür aufgerissen, bismarck stürzte heraus, warf sich halbtot auf die im vorzimmer stehende couchette und sagte »lassen sie sich möglichst lebendig nach hause bringen; der krieg ist erklärt«.
bismarck und moltke hatten den krieg gewonnen.
Was für eine Drama-Queen.
 
z.z. lese ich ein gedownloadetes buch aus 1895: Bismarcks Erbe.

im anfang kommt schon eine passage, die ich interessant finde. Graf Lehndorff, flügeladjutant beim könig, erzählte sie. dadurch blieb sie behalten.

nach einander besuchten Roon, Moltke und Bismarck den könig. sie baten ihn krieg mit Ö-U führen zu dürfen. nach und nach wurde die bitte abgelehnt. der gespräch zwischen den könig und bismarck wurde sehr heftig und laut.bismarck und moltke hatten den krieg gewonnen. das wäre nicht möglich jetzt habe ich also zwei fragen:
1. warum wurde das heer reorganisiert?
2. auf welche weise wurde reorganisiert?

Preußischer Verfassungskonflikt ? Wikipedia

Das ist damit gemeint. Die Reform aufgrund von Modernisierung und Verbesserung der Schlagkräftigkeit.
 
1. warum wurde das heer reorganisiert?
2. auf welche weise wurde reorganisiert?

1. Einer der Gründe dürfte die Anpassung an damalige technische Neuerungen bei Waffen (Zündnadelgewehr/Hinterlader, gezogene Geschützläufe) und im Zivilen (Eisenbahn, Telegraph) gewesen sein.
Da sich die Einwohnerzahl Preußens seit 1815 drastisch erhöht hatte, wollten Wilhelm und Roon auch das Heer vergrößern.

2. Die stillschweigend auf 2 Jahren verkürzte Dienstzeit für Wehrpflichtige sollte wieder auf 3 Jahre angehoben werden. Außerdem sollten jährlich 1/3 mehr Rekruten eingezogen werden und dadurch das Heer von 150.000 auf 200.000 Mann wachsen.
Das preußische Heer gliederte sich damals in eine Berufsarmee (stehendes Heer/Linie) und eine Miliz (Landwehr), in der ehemalige Wehrpflichtige mehrmals im Jahr Manöver absolvierten. Bei der preußische Heeresreform 1860 wurde die Landwehr zugunsten des stehenden Heeres geschwächt.

SEHEPUNKTE - Rezension von: Preußische Heeresreformen 1807-1870 - Ausgabe 4 (2004), Nr. 5

So weit meine Gedanken, zu diesen beiden interessanten Fragen. Wenn ich irgendwo daneben liege oder etwas wichtiges vergessen habe, bitte ich um Korrektur.:winke:

P.S.: Kommt die Redewendung "So schnell schießen die Preußen nicht" eigentlich aus dieser Zeit als die Zündnadelgewehre eingeführt wurden?
 
Zurück
Oben