Die Toga als Aufhänger...
Ich versuche meinen Ansatz im Kontext mit dem Römischen Reich anzureißen, im Rückgriff v.a. auf das Buch "Die Macht der Toga: Dresscode im Römischen Weltreich"
Kleidung war kostbar (S162):
Es hat sich ein Papyrus aus Ägypten erhalten, in welcher eine wohlhabende Frau aufzählt welche Kleidung ihr bei einem Einbruch geraubt worden waren (Papyrus Hamburg 1,10). Die Frau zählt akribisch ihren entwendeten Besitz auf und widmet auch Details der Kleidung Raum. Erst danach erwähnt sie Schmuck, Geld, Wertgegenstände und anderen Hausrat. Aus heutiger Sicht handelt es sich um eine polizeiliche Akte. Ihre Verlustliste umfasst, was aus ihrem HAUS entwendet wurde (sie berichtet auch von 3 Todesopfern aus ihrem Personal):
13 komplette Sets für Erwachsene (einige mit Streifen - also Einfarbig?), 4 "farbige Sets", 2 purpurne Sets für Frauen, darunter eines, das unter dem Gürtel zu tragen war. "Ein hellgrauer Mantel in perfektem Zustand mit weißen Streifen, wie man es in Lakonien hat"... Diverse Überwürfe [], 2 wollene Tücher in perfektem Zustand, "eines davon ungewalkt" (= noch nicht einer abnutzenden Grundreinigung unterzogen, google unter Walken oder dem Handwerk des Walkers etwa in Pompeij)... 2 weiße Bettlaken....
Das war in einem wohlhabenden Hausstand zu finden! Welcher heutige Einbrecher durchsucht in der Regel den Kleiderschrank seiner Opfer nach brauchbaren Stücken?
Kleidung als Rechtssymbol /Distinktion am Beispiel der Toga:
Es war alleine Menschen mit römischem Bürgerrecht vorbehalten die Toga tragen zu dürfen. Ein Sklave oder einem Fremden stand dieses Kleidungsstück nicht zu. Es ist damit eine repräsentative Kleidung. Ursprünglich auch ein "Gebrauchsgegenstand", eher ein Mantel als irgendetwas Anderes, wandelte es sich zunehmend in ein mehr und mehr politisches Repräsentationsgewand. Entsprechend nahm die (teure) Stoff-Fülle im Laufe der Zeit stark zu, so dass dieses Kleidungsstück zunehmend unbequem zu tragen wurde. Wer es sich leisten konnte, investierte in Stoff, der dann in repräsentativen Lagen und genauem Faltenwurf nur noch mithilfe von Sklaven auf die rechte Weise drapiert werden konnte.
Es versteht sich von selbst, dass Stoffmasse nur von Reichen zu finanzieren war. So war schon bei diesem Kleidungsstück sowohl Ansätze für modische Wandlungen, als auch als Anzeichen für Macht und Stand seines Träger zu erkennen. Die Drapierung der Toga ist ein Stilmittel, das bei der Datierung von Statuen hilfreich ist.
"Nur der erwachsene Römer ohne jegliche Ämter oder Funktionen trug ein rein weißes Gewand: Knaben [...] und Amtsträger hatten Gewänder mit farbigen Differenzierungen.... ....Aus den Schriftquellen erhalten wir zudem die seltsam wirkende Information, dass Prostituierte (Anm: sozialer "Abschaum") bisweilen in der Öffentlichkeit in farblich auffallenden Togen erschienen, und das betrogene Ehemänner ihre Frauen nach deren Ehebruch zwangen, wie Prostituierte eine Toga zu tragen" (S39)
Die repräsentativ zunehmend überladene und unbequem/hinderliche Toga wurde bei den römischen Bürgern zunehmend unbeliebt und man griff lieber auf praktischere Kleidungsstücke zurück, wie man sie etwa in Griechenland oder Gallien schätzen lernte... Augustus schob dieser Tendenz einen endgültigen Rigel vor. Er ließ die Römer als "gens togata" (Volk in der Toga) rühmen und setzte diese Kleidung zumindest für das öffentliche Leben durch. Auch erließ er Kleidungsvorschriften, von denen das Verbot der Hose noch bis in die Spätantike hinein offiziell Gültigkeit besaß! (Man denke auch an die Kleiderordnungen mittelalterlicher Städte, Zunftordnungen und selbst Trachtenordnungen in späterer Zeit...)
Trotz dieser "höheren Weihen" setzte sich die Toga niemals im griechisch sprachigen Osten des Reiches durch, auch nicht bei Inhabern des römischen Bürgerrechts... Die Toga wurde spätestens völlig Obsolet (außer für das Auftreten von Politikern oder Amtspersonen), als alle rechtlich freien Menschen innerhalb des Römischen Reiches durch die "Constitutio Antoniniana " das römische Bürgerrecht verliehen bekamen. Das Sozialprestige für dieses Bürgerrecht war damit verloren gegangen und auch jeder Sinn dafür dieses Prestige durch Kleidung sichtbar zu machen. Ebenso verschwand mit diesem Rechtsakt auch bald die vorher übliche, charakteristische Praxis der römischen Namensgebung...
Anstelle der Toga konnten Männer auf besondere Achtung bauen, die im Dienste der Kaiser als Soldaten oder auch Beamten standen. Ihr Dienst galt als
militia und so wurde es üblich, dass beide Personengruppen Soldatentracht trugen....
Von Ikonographie und Bildwerken.. Eine Annäherung
Aus dem Kontext und der Varietät der Toga ergibt sich auch, welche soziale Bedeutung dieses Kleidungsstück für seinen Träger besaß. Die dabei zugrundeliegende Ikonographie selbst für die Kleidung lässt sich auch in Bildwerken der Antike ablesen!
Auf ihren Grabstelen ließen sich zu Beginn des Kaiserreichs gerade ehemalige Sklaven (Sklaven durften die Toga nicht tragen!), die von ihren römischen Herren freigelassen worden waren - und damit selbst in den Genuss von römischen Bürgerrechten kamen, - bevorzugt in der Toga darstellen! Glaubt man allein aufgrund von Bildwerken rückschließen zu können, welche Kleidung die Menschen zur Entstehungszeit des Kunstwerkes tatsächlich getragen hätten, verfällt man leicht einem grundlegenden Irrtum! Die Menschen pflegten sich so darstellen zu lassen, wie sie gesehen werden wollten, bzw. wie die Nachwelt sie sehen sollte! Der Freigelassene wird wohl nur zu wenigen Anlässen tatsächlich die Toga getragen haben. Auch der römische Reitersoldat dverbrachte die meiste Zeit seines Dienstes eben nicht in voller Rüstung, geschmückt mit Medaillen, Armreifen etc. (das waren weniger Schmuckstücke, als vielmehr militärische Auszeichnungen). Bei Darstellungen eines Kaisers ist die Art der Darstellung direkt mit der gewünschten Wirkung und Assoziation des Bildwerkes verbunden. So wie Caesar ebenfalls nicht ständig die Toga und seinen Lorbeerkranz getragen haben dürfte. Dass er Letztendlich per Senatsbeschluss das Recht erhielt, ständig einen Kranz zu tragen unterstreicht nur das Besondere daran. Augustus ließ sich je nach Kontext etwa in Toga, oder als Feldherr im Muskelpanzer (mit gut gewählten Auflagen, die ikonographisch aufgeladen waren), oder auch als opfernder Priester darstellen. Ähnliches gilt schon für frühere Zeiten und Kulturen!
Die Kleidung sollte auch in der Kunst eher eine Tätigkeit, ein Selbstbild oder einen Stand darstellen als den Alltag. Auch heutige Popstars lassen sich lieber in ihrer Bühnenkluft als "Star" darstellen, denn im schlabberigen Hausanzug zuhause auf dem Sofa, obwohl die aufwändigen Bühenkleider gewiss die geringste Zeit getragen werden... Kleidung sollte die "Rolle" unterstreichen, die der Dargestellte auf dem Bildwerk repräsentierte! Die "moderne" Bilderwartung, dass Bilder ein realistisches Abbild der Wirklichkeit darstellen ist in alter Zeit meist ein fataler Trugschluss! Schön ist das "Rollenbild" auch an manchen spätantiken Sarkophagen abzulesen, in denen der Verstorbene häufig mehrfach dargestellt ist.
Selbst realistische Gesichtsporträts setzten sich auch in der griechischen Kunst eher spät durch. Vorher wurden quasi "Archetypen" dargestellt: Der Philosoph etwa trug einen Rauschebart und lockiges Haar, mit einem Papyrusbehälter zu seinen Füßen (als Zeichen seiner Belesenheit), den Kopf häufig nachdenklich in die Hand oder Faust gestemmt...
http://viamus.uni-goettingen.de/vd/1748/mjt.jpg
Die bekannte Büste des Perikles wird ebenfalls kaum/keine individuellen Züge zeigen: Der behelmte Mann ist eine Darstellungsweise für Politiker oder Krieger.
Perikles ? Wikipedia
Nackte Männer mit Helm und Waffen zeigen meist Krieger an.
http://www.palmiholidays.altervista.org/images/bronzi.jpg
Die Frau hatte in der griechischen Öffentlichkeit nichts zu suchen, auf welche die Darstellungsweise der Männer in der Klassik zugeschnitten ist, bei denen das Ideal der Nacktheit und des durchtrainierten Körpers immer wieder auffällt, der ebenfalls ein Topos für das ist, was der Mann darstellen soll! Im Laufe der Zeit wurden die Gesichtszüge der Dargestellten in der griechisch/römischen Antike tatsächlich immer individueller. Das gilt aber nur selten für Kleidung und Gesamtkonzeption des Bildwerkes, in welchen die oben angerissenen Charakteristika weiterwirkten. Noch moderne "Klassiker" wie Voltaire oder Goethe ließen sich gerne im Rückgriff auf ältere Ikonographien darstellen um ihre Bildung zu unterstreichen.
http://www.wga.hu/art/h/houdon/voltaire.jpg
http://www.whitman.edu/VSA/letters/pigalle.jpeg
...dann fällt es keinem ein die Darstellung als Geschichtlich real anzusehen.
...aber es gibt zahlreiche "ikonographische oder andere Tretminen". Deshalb will ich meinen Abriss beenden.