Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Das ganze kommt mir unbedarftem Mitleser ziemlich seltsam vor ...
Es gibt ein paar wenige Funde um welche sich die Archäologen kloppen und deren Bedeutung sie zu entschlüsseln suchen was das Zeug hält, und dann kommen Leute daher und wollen das Fehlen von weiteren Funden als Beleg für irgendwas nutzen.
Ich schreib gleich dass die Evolution nicht stattgefunden hat weil keine Fossilien irgendeiner präkambrischen Qualle entdeckt wurden, und fordere dann vom Rest der Welt mir das Gegenteil zu beweisen.

Kopfschüttel ...
 
Xander schrieb:
Dir ist aber schon bewusst, dass zwischen den Schlachten ca. 1600 Jahre liegen, in deren Zeitraum sich sie die Bestattungsgewohnheit wohl etwas geändert haben! In meinen Augen bringt hier ein Vergleich gar nichts!

Zudem wurden die Toten in Kalkriese erst Jahre später bestattet! Warum wohl? Auch das wurde hier schon reichlich diskutiert!
Seit einigen Jahren hat sich ein neuer Zweig der Archäologie etabliert:

die Schlachtfeldarchäologie

Damit versucht man durch Analyse der bekannten Schlachtfelder für

- zukünftige Ausgrabungen
- Nachgrabungen auf bekannten Schlachtfeldern

allgemein akzeptierte Methoden zu entwickeln. Die Siedlungsarchäologie als auch die Gräberforschung gingen in der Vergangenheit den gleichen Weg.

Dabei wurde unter anderem das Schlachtfeld von Little Big Horn (USA /Nordamerika) mit den Befunden von Kalkriese (Deutschland/Europa) verglichen. Den Wissenschaftlern sahen hier bestimmte Parallelen gegeben. Bei beiden Ereignissen standen sich technisch unterlegene "Ureinwohner" technisch fortschrittlich ausgerüsteten Berufssoldaten im Kampf gegenüber. Bei beiden Schlachten kann man einen Hinterhalt voraussetzen. Bei beiden Schlachten triumphierten die Ureinwohner, vernichten die Eindringlinge und behaupten natürlich das Schlachtfeld.

Der Befürworter "Varus-Schlacht im Osnabrücker Land" nimmt aus dem Vergleich gerne etwas positives mit. Heutige Funde am Little Big Horn sind in der deutlichen Mehrheit den unterlegenen Feind zuzuordnen. Die toten Kavalleristen werden durch die Ureinwohner ausgeplündert. Materielle Verluste der Ureinwohner sind aus organischem Material und erhalten sich deshalb nicht. Hier ist es dann auch unproblematisch, wenn zwischen den beiden Ereignissen um die 1.850 Jahre liegen.

Gar nicht akzeptabel ist nun, wenn jemand irgend ein Ereignis mit den Funden in Kalkriese kritisch vergleicht. Ob nun Kalefeld (mit 225 Jahren Differenz), Geluba (mit rund 250 Jahren Zeitdifferenz) oder Schlachten aus dem 30-jährigen Krieg - solche Vergleiche bringen für die Diskussion nach Mehrheitsmeinung nichts und sind wohl zu verwerfen.
:(
Wenn man in diesem Stil weiter "diskutiert", dann kann man den Faden auch gleich schließen.
 
Lieber flavius-sterius,

der Riss führt nicht durch Befürworter und Nichtbefürworter. Der Riss führt eher durch konstruktiv und destruktiv diskutierende. Besonders störend ist es, daß einigen kein Argument zu hohl ist.

Gruß

beaker
 
Das ganze kommt mir unbedarftem Mitleser ziemlich seltsam vor ...
Es gibt ein paar wenige Funde um welche sich die Archäologen kloppen und deren Bedeutung sie zu entschlüsseln suchen was das Zeug hält, und dann kommen Leute daher und wollen das Fehlen von weiteren Funden als Beleg für irgendwas nutzen.
Ich schreib gleich dass die Evolution nicht stattgefunden hat weil keine Fossilien irgendeiner präkambrischen Qualle entdeckt wurden, und fordere dann vom Rest der Welt mir das Gegenteil zu beweisen.

Kopfschüttel ...
Der Vergleich hinkt ein wenig. Wenn das ganze Land flächendeckend erfolglos ausgegraben worden wäre, könnte man daraus schließen, dass es bestimmte Funde nicht mehr gibt. Da das aber nicht der Fall ist, besteht immer die Möglichkeit, dass die erwarteten Funde nur ein paar Kilometer weiter auf ihre Entdeckung warten.
ElQs Meinung, dass von einem Römer im Sumpfloch nichts mehr übrig geblieben ist, kann ich deshalb nicht teilen. Ein getöteter Römer, der in voller Ausrüstung im Sumpf untersinkt und in 2000 Jahren von Pflanzen, Laub und Schlamm bedeckt wurde, liegt da heute immer noch in seiner Gesamtheit drin. Möglicherweise sind einige organische Bestandteile oder gar die Knochen aufgelöst, aber entweder seine Rüstungsteile, sein Helm, seine Orden oder gar sein gefüllter Geldbeutel sind ganz oder teilweise erhalten oder lassen sich an Hand von Resten rekonstruieren. Die Germanen waren keine Schlammtaucher und hatten keine Suchgeräte.
Aber es gibt von zigtausend Toten nicht einen einzigen Moorfund. Es gibt aber sehr wohl gut konservierte Funde von Opfergaben in Quellheiligtümern, also ist man mit höchster Wahrscheinlichkeit noch nicht an der richtigen Stelle gewesen.
Ein Vergleich mit Schlachtfeldern, die auf gewöhnlichem Ackerboden lokalisiert wurden, ist allerdings tatsächlich kaum möglich. Wenn man heute die Fluchtwege der napoleonischen Armee untersucht, die, laut Literatur, von weggeworfenen Ausrüstungsteilen geradezu übersät gewesen sein sollen, so findet sich dort fast nichts mehr.
 
... Ein getöteter Römer, der in voller Ausrüstung im Sumpf untersinkt und in 2000 Jahren von Pflanzen, Laub und Schlamm bedeckt wurde, liegt da heute immer noch in seiner Gesamtheit drin. ...
... Die Germanen waren keine Schlammtaucher und hatten keine Suchgeräte. ...

Sumpf = "stark vernässten, schlammigen Böden mit stehendem Wasser"

Dieses total Versinken im Sumpf ist in Filmen zwar stark verbreitet, findet aber in Natura für gewöhnlich nicht statt. Wenn eine Wasserfläche vorhanden ist, dann ist sie meist nicht sehr tief.
Und Suchgeräte braucht ein Germane nicht, da er auch dahin laufen kann, wohin es ein (nun toter) Römer geschafft hat! ;)

... Aber es gibt von zigtausend Toten nicht einen einzigen Moorfund. ...

Moor oder Sumpf ?
 
Sumpf = "stark vernässten, schlammigen Böden mit stehendem Wasser"

Dieses total Versinken im Sumpf ist in Filmen zwar stark verbreitet, findet aber in Natura für gewöhnlich nicht statt. Wenn eine Wasserfläche vorhanden ist, dann ist sie meist nicht sehr tief.
Und Suchgeräte braucht ein Germane nicht, da er auch dahin laufen kann, wohin es ein (nun toter) Römer geschafft hat! ;)

Moor oder Sumpf ?
Wir sollten beides für möglich halten. Es gab hier bei uns schon bronzezeitliche Funde in so genannten seltenen "Moorlinsen" (z.B. Bronze-Schwert und -Armberge) im besten Erhaltungszustand. Schoppe lehnt zwar Moor grundsätzlich ab, aber ich kann mir gut vorstellen, dass ein in Todesangst flüchtender Römer auch in ein nahes Moor flüchten würde, wenn er keine andere Wahl hätte. Ob ihm dahin ein Germane gefolgt wäre, ist bei dem unter diesen herrschenden Aberglauben nicht sicher. Ich bleibe also bei meiner Meinung, dass bei der großen Fläche von Sümpfen und Mooren im freien Germanien auch irgendwo einige von den zigtausend Römern stecken müssen.
 
Gar nicht akzeptabel ist nun, wenn jemand irgend ein Ereignis mit den Funden in Kalkriese kritisch vergleicht.
Das stimmt nicht. Aber ein Vergleich muss ja auch gezogen werden können.

Bespielsweise müssen nun mal die Parameter auch stimmen zw. den Dingen, die man miteinander vergleicht. Wenn Biturigos also kritisiert, dass Äpfel mit Birnen verglichen werden, dann hat das weniger etwas mit dem Zeitstellungen der einzelnen Schlachtfeldern zu tun, sondern dass vorausgesetzt wird, dass die Parameter immer dieselben wären.

Wenn du z.B. Erhaltungsbedingungen von Knochen, Holz, organischem Material, Metallen etc. aus Grabung 1 heranziehst und mit Grabung 2 vergleichst, dabei aber missachtest, ob der Boden sauer oder basisch ist, feucht oder trocken etc. dann bekommst du ein schiefes Ergebnis.

Wenn du ein Stück Fleisch in ein Glas Wasser und in ein Glas Cola wirfst, passieren ja auch unterschiedliche Dinge. So ist das auch in der Archäologie. Ein Lehmboden ist etwas anderes als ein Sandboden, ein trockenes Klima ein anderes, als ein feuchtes.

Der Vergleich von Kalkriese mit dem Little Big Horn beispielsweise ist häufig der der Form geführt worden, dass das, was wir als rationales Verhalten unterstellen und das, was tatsächlich für die Handelnden rational ist häufig nicht übereinstimmt.
So wissen wir z.B., dass die Sioux gerne die Soldatenstiefel zu Satteltaschen umarbeiteten. Dazu nahmen sie nur den Teil mit, den sie benötigten, den Rest ließen sie als wertlos liegen. Von einem indianischen Bericht über die Plünderungen bei Little Big Horn wissen wir, dass der Indianer, der einen Soldaten getötet hatte, das Vorrecht hatte, dessen Besitz an sich zu nehmen. Erst dann, wenn er sich seinen Teil ausgesucht hatte, war der Tote zur Plünderung "freigegeben".

Wir wissen z.B., dass einem Soldaten eine Taschenuhr abgenommen wurde. Sie tickte noch und wurde deshalb als wertvolles Totem angesehen. Als sie am nächsten Tag stehen geblieben war, weil sie hätte aufgezogen werden müssen, wurde sie weggeworfen. Offenbar hatte der Zauber denjenien, zu dem er gehörte, nicht lange überlebt.

Nun hatten die Römer keine Aufziehuhren. Aber die indianischen Augenzeugenberichte von Little Big Horn lehren uns, dass in einer fremden Kultur bei der Plünderung eines Schlachtfeldes Dinge vor sich gehen, die wir gar nicht auf dem Schirm haben, die aber letztendlich den späteren archäologischen Befund mitbestimmen.

Das ist in erster Linie der Grund, warum Little Big Horn zum Vergleich mit Kalkriese herangezogen wurde.


Ob nun Kalefeld (mit 225 Jahren Differenz), Geluba (mit rund 250 Jahren Zeitdifferenz) oder Schlachten aus dem 30-jährigen Krieg - solche Vergleiche bringen für die Diskussion nach Mehrheitsmeinung nichts und sind wohl zu verwerfen.
Das ist falsch und somit auch die daraus gezogene Schlussfolgerung:
Wenn man in diesem Stil weiter "diskutiert", dann kann man den Faden auch gleich schließen.

Wenn du aus einer Bestattung, wie in Gelduba, wo aus der ersten, literarischen belegten Schlacht keine menschlichen Überreste überliefert sind, aber aus der zweiten, literarisch nicht belegten Schlacht schon, wo du am Befund erkennen kannst, dass die Bestatten noch im anatomischen Verband waren, aber hastig bestattet wurden (flache Gruben, keine Ordnung ob Mensch oder Tier, Leichen verdreht, teilweise die Sandalen noch an den Füßen, Kalkschichten gegen den Verwesungsgeruch über den Bestatteten) dann musst du daraus natürlich andere Schlussfolgerungen ziehen, als wenn du einen Bericht hast, wonach Leichen erst sechs Jahre nach einem Ereignis bestattet wurden (und demnach kein Verwesungsgestank mehr anfallen konnte) und du auch entsprechend fragmentierte Knochen findest. Die eben wesentlich länger als nach wenigen Tagen bestattet wurden.

Wenn man Bestattungen aus den Kriegen der Neuzeit mit Kalkriese vergleicht, kann man z.B. folgendes feststellen: In Kalkriese hat man relativ wenig Rüstungsteile gefunden, aber überproportional viele Rüstungsschließen. Woher kommt das?
Bei neuzeitlichen Schlachtfeldern hat man hin und wieder neben (auch in, aber auffälligerweise häufig daneben) den Massengräbern Knöpfe gefunden. Von Darstellungen wissen wir, dass den Leichen oder auch Verwundeten recht rabiat ihre Uniformjacken ausgezogen wurden. Dabei gingen Knöpfe verloren. Sie wurden eben nicht aufgeknöpft sondern aufgerissen.
Hier kann man die Parallele zwischen römischen Rüstungsschließen und Uniformjackenknöpfen ziehen.
Wo wir die Uniformknöpfe in den Massengräbern finden, wissen wir dann meist, dass die Toten mit ihren Uniformen bestattet wurden. Bei einem Massengrab in den vergangenen Jahren, ich meine, es wäre eines aus den napoleonischen Kriegen, konnte man sogar feststellen, dass die Toten an einer Seuche zugrundgegangen waren. Diese hatte man kaum entkleidet. Bei Wittstock dagegen finden wir nur einzelne Uniformknöpfe im Massengrab.
 
ElQs Meinung, dass von einem Römer im Sumpfloch nichts mehr übrig geblieben ist, kann ich deshalb nicht teilen. Ein getöteter Römer, der in voller Ausrüstung im Sumpf untersinkt und in 2000 Jahren von Pflanzen, Laub und Schlamm bedeckt wurde, liegt da heute immer noch in seiner Gesamtheit drin. Möglicherweise sind einige organische Bestandteile oder gar die Knochen aufgelöst, aber entweder seine Rüstungsteile, sein Helm, seine Orden oder gar sein gefüllter Geldbeutel sind ganz oder teilweise erhalten oder lassen sich an Hand von Resten rekonstruieren.

Ganz so einfach ist es eben nicht. Richtig ist, Edelmetalle würden erhalten bleiben. Eisenteile im Sumpf dagegen gerade nicht. Und die Knochen blieben natürlich auch erhalten, wenn sie noch von den Weichteilen vollumschlossen sind, was der Normalfall wäre, wenn ein Leichnam in einem Sumpf versinkt. Aber dazu müsste erst einmal ein Leichnam in ein Sumpfloch gefallen sein. Ein bisschen morastiger Boden reicht dafür nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ganz so einfach ist es eben nicht. Richtig ist, Edelmetalle würden erhalten bleiben. Eisenteile im Sumpf dagegen gerade nicht. Und die Knochen blieben natürlich auch erhalten, wenn sie noch von den Weichteilen vollumschlossen sind, was der Normalfall wäre, wenn ein Leichnam in einem Sumpf versinkt. Aber dazu müsste erst einmal ein Leichnam in ein Sumpfloch gefallen sein. Ein bisschen morastiger Boden reicht dafür nicht.
Auch andere Nichteisenmetalle, wie Kupfer oder Bronze, werden kaum angegriffen und kommen wie poliert zum Vorschein. Es gibt übrigens auch seltsame Veröffentlichungen, hier insbesondere der zweite Bericht:
"1. Im heutigen Schleswig-Holstein und in Skandinavien entstand in der Eisenzeit ein seltsamer Brauch. Zum Dank an die Kriegsgötter versenkten die Germanen in den Mooren Waffenopfer, Heeresausrüstungen, Schwerter, Rüstungen, Speere, Schilder, Lanzen, Helme, Gold, Silber, Elfenbein, Münzen, Kleidung sowie ganze Kriegsschiffe. Anhand der Fundanalysen können die eisenzeitlichen Heere „wiederbelebt“ werden. Bis zu 15000 Einzelstücke konnten schon aus dem Nydam-Moor geborgen werden.
2. In einem Moor in der Nähe von Osnabrück fand man die Überreste drei römischer Legionen (ca. 1000 Mann).Vermutlich erlitten die Römer damals eine Niederlage bei dem Versuch Landteile der Germanen zu erobern. Es gibt verschiedene Spekulationen, warum die Römer im Moor versanken. Entweder haben die Germanen die Römer ins Moor gelockt oder die Germanen haben nach ihrem Sieg die Leichen der Römer im Moor versenkt. Dafür gäbe es den Grund, dass sie sie den Göttern schenken wollten oder dass sie die Leichen beseitigen wollten. Auszuschließen aber ist, dass sich ein Moor über den Leichen bildete, da bevor dies passieren könnte die Leichen schon längst verrottet wären. (Abendblatt 2007)"
Moorleichen Kultur
Also tausend Römer statt der von mir vermuteten Einzelfälle. Man weiß nicht, ob man darüber lachen oder weinen soll.
 
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Wenn man Bestattungen aus den Kriegen der Neuzeit mit Kalkriese vergleicht, kann man z.B. folgendes feststellen: In Kalkriese hat man relativ wenig Rüstungsteile gefunden, aber überproportional viele Rüstungsschließen. Woher kommt das?
Bei neuzeitlichen Schlachtfeldern hat man hin und wieder neben (auch in, aber auffälligerweise häufig daneben) den Massengräbern Knöpfe gefunden. Von Darstellungen wissen wir, dass den Leichen oder auch Verwundeten recht rabiat ihre Uniformjacken ausgezogen wurden. Dabei gingen Knöpfe verloren. Sie wurden eben nicht aufgeknöpft sondern aufgerissen.
Hier kann man die Parallele zwischen römischen Rüstungsschließen und Uniformjackenknöpfen ziehen.
Wo wir die Uniformknöpfe in den Massengräbern finden, wissen wir dann meist, dass die Toten mit ihren Uniformen bestattet wurden. Bei einem Massengrab in den vergangenen Jahren, ich meine, es wäre eines aus den napoleonischen Kriegen, konnte man sogar feststellen, dass die Toten an einer Seuche zugrundgegangen waren. Diese hatte man kaum entkleidet. Bei Wittstock dagegen finden wir nur einzelne Uniformknöpfe im Massengrab.

Das ist ein wichtiger Punkt, denn er weist darauf hin, ob die Toten von Freund oder Feind begraben wurden.

Ich erinnere mich dass in meiner Jugend, im Baskenland bei Bauarbeiten das Grab eines karlistischen Soldaten aus dem 19. Jahrhundert gefunden wurde. Ein Freund von mir der bei der Ausgrabung war, erzählte dass es beeindruckend wirkte wie auf dem Skelett die Uniformköpfe und Orden lagen. Er war offensichtlich von eigenen Leuten mit allen militärischen Ehren bestattet worden.

Anders wenn man die Überreste irgendwie verscharrt vorfindet, womöglich noch mit solchen Anzeichen dass die Leichen vorab geplündert wurden (z.B. abgerissene Knöpfe neben der Grube), Mischung mit Tierkadavern, flache Gräber, unwürdige Stellungen etc. In England fand man z.B. vor einiger Zeit ein Massengrab mit erschlagenen Nordmännern: Nach der Gefangennahme erschlagen und nackt, ohne jegliche Beigabe und wild durcheinander in einer Grube verscharrt.

In Kalkriese haben wir Beides: Anzeichen des Plünderns (Schnallen, zerbrochene Ausrüstungsgegenstände etc.) die Tatsache das die Knochen längere Zeit an der Oberfläche lagen und eine späte aber sorgfältige und Ehrenvolle Bestattung. Dieses ist m.E. eines der wichtigsten Indizien, dass Kalkriese zum Umfeld der Varusschlacht gehört.
 
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"1. Im heutigen Schleswig-Holstein und in Skandinavien entstand in der Eisenzeit ein seltsamer Brauch. Zum Dank an die Kriegsgötter versenkten die Germanen in den Mooren Waffenopfer, Heeresausrüstungen, Schwerter, Rüstungen, Speere, Schilder, Lanzen, Helme, Gold, Silber, Elfenbein, Münzen, Kleidung sowie ganze Kriegsschiffe. Anhand der Fundanalysen können die eisenzeitlichen Heere „wiederbelebt“ werden. Bis zu 15000 Einzelstücke konnten schon aus dem Nydam-Moor geborgen werden.
2. In einem Moor in der Nähe von Osnabrück fand man die Überreste drei römischer Legionen (ca. 1000 Mann).Vermutlich erlitten die Römer damals eine Niederlage bei dem Versuch Landteile der Germanen zu erobern. Es gibt verschiedene Spekulationen, warum die Römer im Moor versanken. Entweder haben die Germanen die Römer ins Moor gelockt oder die Germanen haben nach ihrem Sieg die Leichen der Römer im Moor versenkt. Dafür gäbe es den Grund, dass sie sie den Göttern schenken wollten oder dass sie die Leichen beseitigen wollten. Auszuschließen aber ist, dass sich ein Moor über den Leichen bildete, da bevor dies passieren könnte die Leichen schon längst verrottet wären. (Abendblatt 2007)"
Moorleichen Kultur
Also tausend Römer statt der von mir vermuteten Einzelfälle. Man weiß nicht, ob man darüber lachen oder weinen soll.
Zu 1. Das berühmte Hjortspringboot https://de.wikipedia.org/wiki/Hjortspringboot hatte ich schon erwähnt, bekannt ist auch das Thorsberger Opfermoor https://de.wikipedia.org/wiki/Thorsberger_Moor

Zu 2. Ich nehme an, dass das Abendblatt Kalkriese meint - mir sind keine 1000 römischen Moorleichen bekannt, die aus einer 3-Legionen-Schlacht stammen...und die Gegend von Kalkriese gehört zum Landkreis Osnabrück.
Meiner Ansicht nach eine Zeitungsente...
 

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Auch andere Nichteisenmetalle, wie Kupfer oder Bronze, werden kaum angegriffen und kommen wie poliert zum Vorschein. Es gibt übrigens auch seltsame Veröffentlichungen, hier insbesondere der zweite Bericht:
"1. Im heutigen Schleswig-Holstein und in Skandinavien entstand in der Eisenzeit ein seltsamer Brauch. Zum Dank an die Kriegsgötter versenkten die Germanen in den Mooren Waffenopfer, Heeresausrüstungen, Schwerter, Rüstungen, Speere, Schilder, Lanzen, Helme, Gold, Silber, Elfenbein, Münzen, Kleidung sowie ganze Kriegsschiffe. Anhand der Fundanalysen können die eisenzeitlichen Heere „wiederbelebt“ werden. Bis zu 15000 Einzelstücke konnten schon aus dem Nydam-Moor geborgen werden.
2. In einem Moor in der Nähe von Osnabrück fand man die Überreste drei römischer Legionen (ca. 1000 Mann).Vermutlich erlitten die Römer damals eine Niederlage bei dem Versuch Landteile der Germanen zu erobern. Es gibt verschiedene Spekulationen, warum die Römer im Moor versanken. Entweder haben die Germanen die Römer ins Moor gelockt oder die Germanen haben nach ihrem Sieg die Leichen der Römer im Moor versenkt. Dafür gäbe es den Grund, dass sie sie den Göttern schenken wollten oder dass sie die Leichen beseitigen wollten. Auszuschließen aber ist, dass sich ein Moor über den Leichen bildete, da bevor dies passieren könnte die Leichen schon längst verrottet wären. (Abendblatt 2007)"
Moorleichen Kultur
Also tausend Römer statt der von mir vermuteten Einzelfälle. Man weiß nicht, ob man darüber lachen oder weinen soll.

Anscheinend hat der Autor die Nachrichten über die Stärke römischer Legionen mit dem Moor bei Kalkriese und dem Fund von menschlichen Knochen vermischt und kam auf 1.000 Moorleichen. Die genaue Berechnungsmethode ergibt sich wohl aus einer höchst komplizierten mathematischen Formel. Vielleicht stelle ich diese später ein.

Römische Moorleichen aus Kalkriese haben wir (leider) nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
aber ich kann mir gut vorstellen, dass ein in Todesangst flüchtender Römer auch in ein nahes Moor flüchten würde, wenn er keine andere Wahl hätte. Ob ihm dahin ein Germane gefolgt wäre, ist bei dem unter diesen herrschenden Aberglauben nicht sicher.
oh!! :S :grübel:
...kennt man tatsächlich irgendeinen "Aberglauben", ja sogar einen speziell auf Moore bezogenen Aberglauben, irgendwelcher Germanen aus der Zeit des frühen 1. Jhs.???
 
Ein kläglicher Rest ???? Ist das dein ernst ? Da erübrigt sich jeglicher weiterer Kommentar.

Und die 12.000 Germanicus-Soldaten hinterlassen einen piekfeinen Boden. Hör bloß auf.

@ Sepiola

warst du bei der Armee? Hast du mal ein Feldlager mit deiner Kompanie (oder wie in meinem Fall ein ganzes Bataillon) aufgeschlagen? Weißt du was da an kleinen Dingen verloren gegangen ist ? Und wie das Gelände nach 4 Tagen aussah ?

PS: Wieviel Geld lag denn in Kalkriese ? Warst du dabei ? Auf dieser Basis, da gebe ich einigen hier Recht, brauchen wir nicht weiter zu diskutieren. Das ist sinnlos.

Sinnlos ist es, darüber zu diskutieren, wer von uns vor 2000 Jahren in Kalkriese "dabei" war oder wer von uns ein Feldlager aufgeschlagen hat.

Die einzige Basis, auf der wir sinnvoll diskutieren können, ist der archäologische Befund.
Der spricht dafür, dass das Schlachtfeld nach der Schlacht systematisch geplündert wurde. Und dass einige Jahre später die Knochen aufgesammelt und bestattet wurden.

Nach der Vorlage der auf dem Oberesch untersuchten Befunde durch Susanne Wilbers-Rost im Band Kalkriese 3 und der Erfassung der römischen Funde durch Joachim Harnecker in den Katalogbänden Kalkriese 4 und 5 sollten nun die Militaria und die übrigen römischen Artefakte dieses Fundplatzes nach Sachgruppen getrennt kartiert und ihre z.T. sehr unterschiedliche Häufigkeit und Verteilung interpretiert werden.

Ausgangspunkt für diesen Arbeitsansatz war die Überlegung, dass die Fundüberlieferung auf einem Kampfareal keineswegs nur durch die eigentlichen Kämpfe hervorgerufen wird, sondern in weit stärkerem Maße durch die nachfolgenden Prozesse, insbesondere des Plünderns und Bergens von Ausrüstung, Verwundeten und Toten. Abgesehen von dem Hinweis auf das Beutemachen als Motivation der Germanen, an den Kämpfen teilzunehmen, sind derartige Vorgänge in den antiken Schriftquellen aber nicht genauer überliefert. Daher galt es, gewissermaßen wie bei einer kriminalistischen Spurensuche, aus der Fundüberlieferung auf dem Oberesch Indizien für menschliche Verhaltensmuster während der Kampfhandlungen und nach ihrem Ende zu gewinnen. Erstmals wurden damit die archäologischen Funde eines antiken Schlachtfeldes einer detaillierten quellenkritischen Analyse unterzogen; die methodische Herangehensweise wird in einem einleitenden Kapitel erläutert.

So wird beispielsweise darauf eingegangen, wie die sehr unterschiedliche Häufigkeit verschiedener Teile der römischen Legionärsausrüstung zu erklären ist. Die Seltenheit römischer Schwertklingen spricht dafür, dass jene römischen Waffen, die auf dem Schlachtfeld aufgrund ihrer Größe gut erkennbar und leicht einzusammeln waren, fast ausnahmslos und ohne Spuren zu hinterlassen verschwinden konnten, wenn die Germanen diese Beutewaffen weiterverwenden wollten. Die zahlreicher entdeckten Fragmente von Schienen- und Kettenpanzern - häufig kleine Bruchstücke von Schließen oder Haken dieser Schutzausrüstung - sind hingegen wohl überwiegend als Verluste bei der Leichenfledderei durch die Sieger zu interpretieren. Die Seltenheit von Schildbuckeln einerseits und die sehr viel größere Menge von Fragmenten der bronzenen Schildrandbeschläge andererseits wird verständlich, wenn man bedenkt, dass die großen römischen Legionärsschilde für eine Weiterverwendung durch meist leichter bewaffnete germanische Krieger nicht unbedingt geeignet waren; wegen ihres hohen Anteils an Holz und Leder wurden die Schilde offensichtlich häufig bereits auf dem Schlachtfeld zerlegt, sodass nur das für die Germanen als Rohmaterial wertvolle Metall abtransportiert werden musste. Während bei dieser Verschrottung die massiven Schildbuckel kaum übersehen wurden, konnten kleine Bruchstücke der bronzenen Schildeinfassungen hin und wieder verloren gehen und zurückbleiben.
http://varusforschung.geschichte-multimedial.net/documents/Varus-Kurier_15.pdf

Zu den Knochengruben siehe nochmal hier: http://www.geschichtsforum.de/747283-post4530.html

Ich weiß nicht, ob Du Dich inzwischen über die Befunde in Kalkriese informiert hast.
Falls ja, könntest Du ja mal Deine eigene Interpretation dieser Befunde erläutern.

Bis dahin gehe ich davon aus, dass bei beiden Aktionen (Plünderung, Bestattung) jeweils mehr Münzen aufgesammelt als im Gelände verstreut wurden.
 
Beiträge zum Komplex "Gegenstempel" bzw. Münzfunde wurden in gesondertes Thema abgespalten.

Bitte dort weiter diskutieren, soweit es um die Münzfunde und die Interpretation der Gegenstempel geht.
 
Hallo Sepiola,

die Knochen können auch im Jahr 12/13 n. Chr. durch Einheimische bestattet worden sein. Schließlich hatte Arminius nicht nur Freunde unter den Germanen. Wir wissen es nicht. Von den Befunden her spricht nichts gegen einen varuszeitlichen bzw. nachvaruszeitlichen Horizont. Für Germanicus reicht das aber nicht aus. In Oberdorla hat man auch zerstückelte Menschenopfer aus der frühen römischen Kaiserzeit. Lange hatte man diese immer wieder mit dem Krieg der Hermunduren und Chatten in Verbindung gebracht, jedoch weist die Keramik eindeutig auf eine Gruppe des rhein-weser-germanischen Kulturkreises hin. Die Kämpfe beider Parteien spielten sich nicht an der Werra, sondern an der Saale und Elster ab (Grenzscheide des keramischen Materials). Schließlich waren die neuen Verbündeten der Römer nach dem Bellum Germanicum die Hermunduren. Das zeigen auch die reich ausgestatteten Hermunduren-Gräber zwischen Elster und Saale ab Stufe B1b, welche römisches Fundgut beinhalten (siehe u.a. Profen). Dagegen ist der Zufluss im Gebiet der Chatten und Cherusker zu dieser Zeit stark gestört (fundarm; in Nordhessen sogar Siedlungsabbruch). Das belegen auch die Quellen. Die Cherusker bitten die Römer um einen König (Italicus) und damit auch um erneute Beziehungen zu Rom. Kaiser Claudius lehnt jedoch ab. Das politische Ende der Cherusker war damit besiegelt. Dagegen werden die Beziehungen zu den Quaden (Vannius ab 19 n. Chr. und später Vangio und Sido) und Hermunduren (Weibel) gestärkt.
 
Hallo Sepiola,

die Knochen können auch im Jahr 12/13 n. Chr. durch Einheimische bestattet worden sein.
Richtig.
Die Befunde besagen ja nur, dass es eine Bestattungsaktion einige Jahre nach der Schlacht gegeben haben muss.
Sie sagen nicht, wer die Bestattungsaktion durchgeführt hat und auch nicht, in welchem Jahr genau.
Für die Möglichkeit, dass es die Römer unter Germanicus waren, spricht der Bericht des Tacitus.
Für die Möglichkeit, dass es die Einheimischen waren, spricht der Wunsch, die Varusschlacht woanders lokalisieren zu wollen als in Kalkriese.



Schließlich waren die neuen Verbündeten der Römer nach dem Bellum Germanicum die Hermunduren. Das zeigen auch die reich ausgestatteten Hermunduren-Gräber zwischen Elster und Saale ab Stufe B1b, welche römisches Fundgut beinhalten (siehe u.a. Profen). Dagegen ist der Zufluss im Gebiet der Chatten und Cherusker zu dieser Zeit stark gestört (fundarm; in Nordhessen sogar Siedlungsabbruch). Das belegen auch die Quellen.
Die Quellen belegen allerdings nicht, dass Hermunduren zwischen Elster und Saale siedelten.

"Wie es auch sei: Keine Quelle versetzt die Ermunduren nach Thüringen. Faßbar werden sie rechts der Elbe und im Donauraum."
Zwischen (H)Ermunduren und Thüringern besteht kein Zusammenhang
 
Für die Möglichkeit, dass es die Einheimischen waren, spricht der Wunsch, die Varusschlacht woanders lokalisieren zu wollen als in Kalkriese.

Dieser Wunsch ist ja vieleicht nachvollziehbar, allerdings fehlt mir hier eine plausible Erklärung.

Warum sollten einheimische Germanen diese Knochen bestattet haben? Welche Gründe hatten sie diese Knochen die zumindest mehrere Jahre dort "herumlagen" jetzt plötzlich zu begraben?
 
Dieser Wunsch ist ja vieleicht nachvollziehbar, allerdings fehlt mir hier eine plausible Erklärung.

Warum sollten einheimische Germanen diese Knochen bestattet haben? Welche Gründe hatten sie diese Knochen die zumindest mehrere Jahre dort "herumlagen" jetzt plötzlich zu begraben?
An Germanen glaube ich nicht. Es gibt natürlich noch eine zusätzliche Möglichkeit: Die Gruben enthalten Gebeine aus dem zerstörten Grabhügel, den man aus Angst vor erneuter Zerstörung nicht wieder errichten wollte. Natürlich war es eine römische Aktion, nur wesentlich später.
 
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