Marcioniten, Paulus, Mysterien

Hier nun meine Quelle zu den 50% Marcioniten:
Dr. Michael Conley "Marcions Stellung im frühen Christentum“

Wer ist Michael Conley?

Der Mensch taucht in keinem wissenschaftlichen Sammelwerk auf, das mir vorliegt, und tritt in der "Literatur" lediglich mit einer Fantasy-Novelle über das Frühchristentum in Erscheinung. Die zwei dicken Schwarten habe ich in der Eso-Schmuddelecke gesehen, das sollte er also kaum sein?

Wo und bei wem hat der promoviert, an welchem Lehrstuhl forscht der derzeit und worüber? Welche Schriften sind wissenschaftlich rezensiert, in und von welcher Marcion-Forschung* wird der zitiert?

*diese Frage ist auf Papyrologen, die paleografische Forschung und Geschichtswissenschaftler bezogen. Uninteressant sind für den Themenbereich hier theologische Debatten oder "Schulen".
 
Jetzt bin ich schon wieder spitz und pikiert:

Ein rechter Geschichtsbürokrat hat natürlich für alle Bewertungen der ersten Jahrhunderte absolut belastbare Zahlen. Ob 50, 30, 10 oder 5 Prozent Marcioniten. Belegen muß man es schon. Am Ende müssen wir hinnehmen, daß es mangels detaillierter Mitgliederlisten eben keine Marcioniten gab.

Du hast überhaupt keinen Anlass pikiert zu sein.
Deine Aussage war: 50 % der Christen waren Markioniten.
Conleys Aussage: 50 % der Christen könnten evtl. Markioniten gewesen sein.
Woher hat er diese Zahl? Um sich gegen Nachfragen zu immunisieren, behauptet er einfach: Jeder der diese Zahl anzweifelt, ist so naiv, dass er auf die alten Kirchenlehrer hereinfällt. Fakt ist, er liefert keinerlei Indizien dafür, dass die Markioniten (annähernd) 50 % der damaligen Christen stellten, dafür aber ein zimelich aggressives Immunisierungsargument.
 
Zur Antwort wird noch gebrütet.

In der Zwischenzeit kurz der Hinweis als Hilfestellung, wie sich im Geschichtsforum Quark identifizieren lässt:
"Ebensowenig ist das Forum eine Plattform für ... religiöse und sonstige weltanschauliche Glaubensbekenntnisse."
http://www.geschichtsforum.de/regeln.php


Und die ergänzende Frage: was ist Dir überhaupt aus der internationalen geschichtswissenschaftlichen Literatur (Papyrologen, Paleografiker, Archäologen etc.) zum Christentum bis zur Spätantike bekannt? Können wir uns mal über eine Literaturliste und einige aktuelle Grundlagendarstellungen austauschen, um den ernsthaften Forschungsbezug dieser Diskussion zu hinterfragen und das ganze vom kabarettistischen Bibelstammtisch abzutrennen?

Oder ist das nicht möglich?
 
Wer ist Michael Conley?

Er wohnt in Nordrhein-Westfalen, ist hauptsächlich mit der Marcion-Forschung beschäftigt und sieht so aus (angehängtes Foto). Ich könnte mehr über ihn erfahren, da ich seine Emailadresse habe sowie in Emailkontakt mit einem Bekannten von ihm stehe; ich denke aber, dass das im gegebenen Kontext nicht so wichtig ist. Man beurteile ihn nach dem, was er schreibt.
 

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Er wohnt in Nordrhein-Westfalen, ist hauptsächlich mit der Marcion-Forschung beschäftigt und sieht so aus (angehängtes Foto). Ich könnte mehr über ihn erfahren, da ich seine Emailadresse habe sowie in Emailkontakt mit einem Bekannten von ihm stehe; ich denke aber, dass das im gegebenen Kontext nicht so wichtig ist. Man beurteile ihn nach dem, was er schreibt.

Grüß ihn schön von mir.:winke:

Aus dem Foto gehen aber leider keine Antworten hervor.
Die Email-Adresse gibt leider keinen Aufschluss über einen Hauch von Expertise.
Dein "Kontakt" ist leider kein Ersatz für wissenschaftliche Reputation und Rezension.
Der Bart kann aus der archäologischen Feldforschung in Nahen Osten stammen oder doch nur von einem schlechten Frisör?
Facebook-likes oder edu-Followers helfen ebensowenig.
Dass ein Wohnort in NRW für einen Autor, der auf "amerikanisch" schreibt, als Nachweis zur Forschung dient, wäre mir neu. Ich bin übrigens auch in NRW geboren.

Gangflow kann uns da sicher weitere Aufklärung und Aufhellung geben.
 
Ein Zitat zur Frage des Größenverhältnisses zwischen marcionitischer und katholischer Kirche:

Aus "The Fathers of the Church - Commentary on Galatians", Introduction (by Andrew Cain, Oxford University), 44

By the end of the second century, the Marcionite church had grown so significantly in size, influence, and geograpical spread that it became a serious rival to the orthodox church. Indeed, as Stephen Wilson points out, "for many in the second century, whether Christian believers or outside observers, the word ´Christianity´ would have meant ´Marcionite Christianity´". Marcion´s church continued to attract members, especially in the East, centuries after its founder´s death.
 
Indeed, as Stephen Wilson points out, "for many in the second century, whether Christian believers or outside observers, the word ´Christianity´ would have meant ´Marcionite Christianity´". Marcion´s church continued to attract members, especially in the East, centuries after its founder´s death.
Das führt nicht wirklich weiter. Woran hat Wilson das denn nun festgemacht?

[Das ist im Übrigen keine Hyperkritik, das habe ich im Studium genauso gemacht.]
 
Jetzt bin ich schon wieder spitz und pikiert:

Ein rechter Geschichtsbürokrat hat natürlich für alle Bewertungen der ersten Jahrhunderte absolut belastbare Zahlen. Ob 50, 30, 10 oder 5 Prozent Marcioniten. Belegen muß man es schon. Am Ende müssen wir hinnehmen, daß es mangels detaillierter Mitgliederlisten eben keine Marcioniten gab.

Als selbsternannter Radikalkritiker und rechter Geschichtsdilettant hat man natürlich überhaupt keine zitierfähigen Belege und bastelt sich nach Gutdünken eine Verschwörungstheorie nach dem Pippi Langstrumpf Schema Ich_mach-mir- die-Welt_wie sie mir gefällt.

Über solche Petitessen wie Quellenkritik, Methodik und Belegbarkeit geht man souverän hinweg. Wozu auch, wenn man sich ohnehin im Besitz der absoluten Wahrheit glaubt. Erstaunlich finde ich dabei nur, dass Forenfreunde, die anderen so gerne ein ideologisches Brett vor dem Kopf attestieren, völlig kritiklos pseudowissenschaftlichen Humbug aufsaugen und gläubig ergeben dubiosen " Koryphäen" und "Experten" an den Lippen hängen, die nicht mal ansatzweise wissenschaftlich zitierfähig sind.

Mit sophistischen Taschenspielertricks wird eine Akzeptanz pseudowissenschaftlichen Schunds angetäuscht, die solche, äh Koryphäen niemals hatten, nicht haben und auch nie haben werden.
 
Das führt nicht wirklich weiter. Woran hat Wilson das denn nun festgemacht?
eine mehr als berechtigte Frage!

doch davon abgesehen:
der Makrionismus hat sich nicht durchsetzen können.
Ob nun zu irgendeinem Zeitpunkt und aus irgendeiner Perspektive 20 oder 50 % der als Christen wahrgenommen oder sich selbst so bezeichnenden Bevölkerung Anhänger von Bischof Marcion waren oder nicht (was wir mangels demografischer Quellen gar nicht wissen) : das sagt nichts über die Entstehung der kanonischen Schriften und es sagt auch nichts über die Jerusalemer Urgemeinde.
Nebenbei: auch andere "Abweichler" oder "Häretiker" wie z.B. Arius hatten zeitweilig und ein paar Generationen lang sehr viele Anhänger.
 
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Als selbsternannter Radikalkritiker und rechter Geschichtsdilettant hat man natürlich überhaupt keine zitierfähigen Belege und bastelt sich nach Gutdünken eine Verschwörungstheorie nach dem Pippi Langstrumpf Schema Ich_mach-mir- die-Welt_wie sie mir gefällt.

Über solche Petitessen wie Quellenkritik, Methodik und Belegbarkeit geht man souverän hinweg. Wozu auch, wenn man sich ohnehin im Besitz der absoluten Wahrheit glaubt. Erstaunlich finde ich dabei nur, dass Forenfreunde, die anderen so gerne ein ideologisches Brett vor dem Kopf attestieren, völlig kritiklos pseudowissenschaftlichen Humbug aufsaugen und gläubig ergeben dubiosen " Koryphäen" und "Experten" an den Lippen hängen, die nicht mal ansatzweise wissenschaftlich zitierfähig sind.

Mit sophistischen Taschenspielertricks wird eine Akzeptanz pseudowissenschaftlichen Schunds angetäuscht, die solche, äh Koryphäen niemals hatten, nicht haben und auch nie haben werden.

Whoow! Das sitzt! - Was stören diese Laien auch unsere Kreise. Muß doch mal gesagt sein, wie man sich in wissenschaftlichen Kreisen zu benehmen hat.

Aber trotzdem toll: Im Elfenbeinturm hat es nun auch Internet. Das läßt doch hoffen.
 
Auch ich habe kaum etwas gefunden. Ein e-mail an seine Adresse kam unzustellbar zurück. Ich habe Hermann Detering um eine Antwort gebeten. - Mal sehen.

Ist denn das so schwer zu verstehen?

Wenn der Mann (oder die Frau, falls der Bart ein Fake und der Name kein Pseudonym für einen weiteren Fantasy-Autor ist) irgendetwas Beachtenswertes produziert hätte, gäbe es ein internationales wissenschaftliches Feedback, Zitate in der Forschungsliteratur oder wenigstens eine winzige, auf Expertise gestützte Rezension.

Findet denn wenigstens jemand irgendwo seine Dissertation, so das man sicher sein kann, dass die akademische Qualifikation kein Fake ist? Und wo ist die zitiert?

Theologie-Zirkel wie um Herrn Detering interessieren hier im Geschichtsforum nicht. (Der wird ja wenigstens manchmal zitiert, wenn auch aus unterschiedlichen, hier ebenfalls nicht relevanten Intentionen)
 
Whoow! Das sitzt! - Was stören diese Laien auch unsere Kreise.

Der Witz bzw. das küchenpsychologisch Interessante an der Sache ist ja, dass diese "Ecke" nach Beachtung durch die Forschung regelrecht schreit und sich über Missachtung gewaltig empört. Wie bei Detering: schlimm, dass man so wenig zitiert wird!

Man muss da Verständnis haben. In der Regel ist die Beschäftigung mit der Eso-Ecke oder einem Auslegungs-Messias oder seinen "Jüngern" Zeitverschwendung. Die sind ohnehin beratungsresistent, insbesondere bei Verschwörungstheorien.

Demnach können wir jetzt den Casus Conley, natürlich mit Ausnahme von Bart und Promotion, zu den Akten legen.
 
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Wenn der Mann (oder die Frau, falls der Bart ein Fake und der Name kein Pseudonym für einen weiteren Fantasy-Autor ist) irgendetwas Beachtenswertes produziert hätte, gäbe es ein internationales wissenschaftliches Feedback, Zitate in der Forschungsliteratur oder wenigstens eine winzige, auf Expertise gestützte Rezension.

Findet denn wenigstens jemand irgendwo seine Dissertation, so das man sicher sein kann, dass die akademische Qualifikation kein Fake ist? Und wo ist die zitiert?

Bei worldcat.org finden sich zumindest zwei thematisch einigermaßen passende Veröffentlichungen eines Michael Conley, wenngleich keine davon eine Diss ist:

Conley, Michael [WorldCat.org]

Scenario : nascent christianity emerges by Michael Conley( Buch )
1 edition published in 2005 in Englisch and held by 2 libraries worldwide

Hier mit einem Co-Autor:

Prophesy again! : duplicating Daniel, repeating Revelation : a study of prophetic repetition at the End of Time (Book, 2006) [WorldCat.org]

Immerhin in 4 Bibliotheken eingestellt. :fs:

Die gezielte Suche nach einer Diss gibt nix her:

Results for '"Michael Conley"' [WorldCat.org]
 
die Welt ist groß und weit, sicher gibt es auch ohne zu publizierende Dissertationen legale Wege zum Erwerb eines Doktortitels; inwiefern verschiedene solche Titel in verschiedenen Ländern anerkannt werden, ist eine andere Frage.

Die Welt ist sicherlich groß und weit und einer der Wege zum Titel ist vermutlich 'honoris causa'. Die Möglichkeiten des Erwerbs sozus 'humoris causa' sind demgegenüber vermutlich noch zahlreicher und es findet sich sogar für jeden Geldbeutel das Passende...

Bei Worldcat habe ich aus Testgründen mal ein paar Bekannte von mir gesucht, die nun sicherlich nicht die weltbekannten Doktores mit den aufsehenerregenden Erkenntnissen in der Diss sind - ich habe alle gefunden. Wenn dann ein als veritabler Wissenschaftler untergejubelter Herr Doktor *nicht* im Worldcat ist, läßt dies die ein oder andere Vermutung zu, sogar dann, wenn man kein ausgesprochen mißtrauisches Borstentier ist.
 
Seine Untersuchungen führten Mike Conley zu der Annahme von 50 % Marcioniten im 2. Jahrhundert.

Zitat Chan:
Indeed, as Stephen Wilson points out, "for many in the second century, whether Christian believers or outside observers, the word ´Christianity´ would have meant ´Marcionite Christianity´". Marcion´s church continued to attract members, especially in the East, centuries after its founder´s death.

Das führt nicht wirklich weiter. Woran hat Wilson das denn nun festgemacht?

Eine französische Seite habe ich gefunden: La conversion de Constantin et la christianisation de l’empire romain von Yves Modéran (1955-2010). Professor der Universität von Caen. (Wer mag, kann wieder nach der Dissertation und evt. Büchern suchen).

La conversion de Constantin et la christianisation de l'Empire romain

Er zitiert Lane Fox: c'est le christianisme qui, à la fin du IIIe siècle, était en fait encore un phénomène très minoritaire.
Die Christianisation hat sich also bis zum Ende des 3. Jahrhunderts sehr langsam entwickelt.

Und das Problem von aussagefähigen Zahlen scheint immer präsent zu sein:
La thèse se veut scientifique, elle est bien étayée, mais il serait très abusif de dire qu'elle a réglé définitivement tous les problèmes. Quand on y regarde de près, et certains l'ont fait aussitôt, on s'aperçoit en effet que ses méthodes se révèlent souvent aussi artificielles que celles des thèses traditionnalistes qu'elle dénonce : comme ses adversaires, Lane Fox s'appuie sur une collection d'exemples pris ici et là, qui sont mis en série de manière déjà arbitraire, et servent ensuite surtout de support à une généralisation qui est très largement hypothétique. Dans les deux cas, le problème essentiel reste en fait celui des sources, qui ne donnent que des vues générales ou des éclairages locaux très ponctuels, aussi bien sur les chrétiens que sur les païens. C'est un problème classique en histoire ancienne, où les instruments statistiques font presque toujours défaut. Mais il est très gênant sur cette question, dont un des enjeux essentiels est justement un problème de chiffres.

Meine Übersetzung:
Die These scheint wissenschaftlich, sie ist gut abgestützt, aber es ist sicher falsch daß sie definitiv alle Probleme beseitigt. Betrachtet man sie von nahe, … , bemerkt man schlußendlich, daß sich seine Methoden als genauso künstlich herausstellen wie die traditionellen Thesen die sie zurückweisen: wie seine Gegner stützt sich Lane Fox auf eine Sammlung von Beispielen von da und dort, willkürlich in eine Reihe gestellt, und dienen dann immer zur Generalisierung die großenteils hypothetisch ist. … Das wesentliche Problem bleibt das der Quellen, sie geben eine allgemeine Sicht oder beleuchten sehr punktuell lokale Dinge, sei es zu Christen oder Heiden.Das ist ein klassisches Problem alter Geschichte, wo statistische Instrumente fast immer fehlen. Diese Fragen zum Ziel zu führen scheitert immer und gerade am Problem der Zahlen.

Es scheint aber so, daß das Christentum attraktiv war für die Eliten der damaligen Zeit. Modéran bringt eine frühe Quelle. Cirta hatte 20-30.000 Einwohner und ein „Haus“ der Christen. In der folgenden Aufzeichnung einer offiziellen Hausdurchsuchung werden alle Leitenden der Gemeinde aufgeführt: 24 Personen, darunter ein Bischof und vier Priester. Bei einem Vergleich mit anderen Gemeinden schließt man auf 3-3500 Gläubige, etwa 10-20% der Bevölkerung.

Zur Zeit Diokletians führte der Flamen und Landpfleger von Cirta Munatius Felix eine dokumentierte Hausdurchsuchung bei den Christen durch:
Procès-verbal de perquisition dans l’église de Cirta, 19 mai 303 (aus Acta de Munatius Felix (gesta apud Zenophilum) dans l’appendix d’Optat de Milev )

Eine Menge Schriften wurden bei einigen Vorlesern und Funktionären der Gemeinde in ihren Häusern sichergestellt. Leider ist der Inhalt hier nicht dokumentiert. Aber interessant ist das Folgende:

Paul, évêque, étant assis, avec Montanus et Victor, Deusatelius et Memorius, prêtres, ayant à ses côtés Mars avec Hellus, diacres, Marcuclius, Catullinus, Silvanus et Carosus, sous-diacres, Januorius, Meraclus, Fructuosus, Miggin, Saturninus, Victor et tous les autres,. fossoyeurs, Victor, fils d’Aufidius, dressa l’inventaire sommaire ci-dessous :
Deux calices d’or, pareillement six calices d’argent, six burettes d’argent, une petite casserolle d’argent, sept lampes d’argent, deux flambeaux, sept candélabres courts de bronze avec leurs lampes, pareillement onze lampes d’airain avec leurs chaînes de suspension, quatre-vingt-deux tuniques de femmes, trente-huit voiles, seize tuniques d’homme, treize paires de chaussures d’homme, quarante-sept paires de chaussures de femmes, dix-neuf capes de paysan.

Übersetzung:
Paul, Bischof, saß mit Montanus und Victor, Deusatelius und Memorius, Priestern, an ihrer Seite Mars mit Hellus, Diakone, Marcuclius, Catullinus, Silvanus et Carosus, Unterdiakone, Janudrius, Meraclus, Fructuosus, Miggin, Saturnius, Victor und all die anderen, Totengräber. Victor, Sohn des Aufidius, brachte eine Aufstellung des gesamten Inventars:
Zwei Goldkelche, desgleichen sechs Silberkelche, sechs silberne Ölkännchen, eine kleine Silberpfanne, sieben Lampen aus Silber, zwei Leuchter, sieben kurze bronzene Lampenständer mit ihren Lampen, gleichermaßen elf erzene Lampen mit ihren Ketten und Aufhängungen, 82 Tuniken der Frauen, 38 Schleier, 16 Tuniken der Männer, 13 Paar Schuhe der Männer, 47 Paar Schuhe der Frauen, 19 bäuerliche Umhänge.


Weiß jemand eine Erklärung für diese signifikant große Anzahl der Bekleidung und Schuhe von Frauen in dieser Gemeinde? (Im 3. Jahrhundert wurde von Gegnern der Christen polemisiert und von einer „Religion der guten Frauen“ gesprochen.)
 
Woran hat Wilson das denn nun festgemacht?

Siehe ganz unten letztes Zitat. Darüber hinaus weitere Zitate zu Marcions Bedeutung:

Marcionite Christianity was so vigorous in the late second century that the number of adherents probably approximated or even outnumbered the proto-orthodox in some places. There is evidence of its survival as late as the eighth century C.E.

(Prof. Joseph B. Tyson in: Anti-Judaism in Marcion and His Opponents)

Marcion´s church flourished in the latter half of the second century; only after 200 CE did the Catholics definitely gain the upper hand.


(Drs. Antti Marjanen, Petri Luomanen in: A Companion to Second-Century Christian 'Heretics', Seite 101)

Marcion, in addition, was a major Christian figure of the second century. Around 160 CE, Justin claimed that Marcion´s teachings had spread throughout the whole human race, and about fifty years later Tertullian made much the same observation. The number of tracts written to combat Marcionite influence (most no longer extant), the extraordinary length of Tertullians Adversus Marcionem, and the fact that Celsus knew of only two branches of Christianity, one of them Marcionite, all reinforce the view that during its heyday (= Blütezeit) in the second century the Marcionite church was one of the dominant forms of Christianity, and that beyond the second century its influence continued to be felt (...) To complete the picture we must remember, too, that the Marcionites, like the Gnostics, in some places and for some time, would have been the main or even the sole representation of the Christian tradition.

(Prof. Stephen G. Wilson in: Related Strangers: Jews and Christians 70-170 CE, Seite 208)
 
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Ich lese da erst mal nur Behauptungen, die z.T. plausibel sind, aber nichts á la, dass die Hälfte der Christen markionitisch gewesen sei. Vor allem aber ist völlig unklar, wie die Abhängigkeitsverhältnisse der genannten Autoren untereinander sind und - darauf zielte meine Nachfrage hin - anhand welcher Fakten es festzumachen sei, dass die Hälfte der Christen Markioniten gewesen wären. Die Wiedergabe womöglich voneinander abhängiger Angaben neuzeitlicher Historiker und Theologen ersetzt nicht die Frage nach den Fakten sondern erzeugt womöglich Faktoide.
Wenn man die Argumentation von Wilson mit Neonazis heute vergleicht, dann kommt man dahin, dass Neonazis heute als virulentes Problem angesehen werden und es Salon-Nazis immer wieder schaffen, sich als Vertreter einer schweigenden Mehrheit zu repräsentieren. In den Medien werden ganze Landstriche als No-Go-Areas präsentiert und die Entwicklung mancherorts ist tatsächlich erschreckend. Wenn man aber den Anteil der Neonazis in der Berichterstattung auf ihre tatsächliche Bedeutung in der Gesamtbevölkerung eindampfen würde, wären sie vermutlich kaum noch sichtbar. Deshalb habe ich ein Problem mit der Argumentation Wilsons, der die Bedeutung der Markioniten an der Vehemenz eines Tertullian oder an den Kenntnissen Celsus' über die Markioniten festmacht.

Es geht mir nicht darum, die Markioniten kleinzureden. Es geht mir allein um die Argumentation, wie ein solcher Sachverhalt begründet wird.
 
Es geht mir nicht darum, die Markioniten kleinzureden. Es geht mir allein um die Argumentation, wie ein solcher Sachverhalt begründet wird.

Nur um einmal die Dimensionen dieser ominösen 50% aufzuzeigen:

Marcion lebte von 85 bis 160 n. Chr.
Tertullian sein Widersacher von 150 bis 220 n. Chr.
Konstantin der Große soll ab 312 das Christentum zur Staatsreligion erhoben haben.

Robin Lane Fox schätzt den Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung 312 um 4-5%. Andere nehmen nur 2-3% an.
In Italien selbst waren Christen noch unbedeutender, nimmt man die Anzahl der Bischöfe mal als Maßstab, die am Konzil von Arles 314 teilnahmen. (Konstantin soll ja z.B. 1800 Bischöfe bei freier Kost, Logis und Anreise zum Konzil in Nicäa 325 eingeladen haben).

Es kamen Bischöfe: 98-102 aus Kleinasien, 75 aus Syrien/Palestina, 70-100 aus Ägypten, 200-250 aus Nordafrika.
Aber nur 25 aus Italien, 30 aus Gallien, 20 aus Spanien, 3-6 aus Britannien.

La conversion de Constantin et la christianisation de l'Empire romain
 
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