HRR im Spätmittelalter - Krise Landwirtschaft

recognite

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Hey Leute,

in meinem Unterricht soll es um Wüstungen gehen und um die Überprüfung einer These, dass Wüstungen ein Krisenkennzeichen der mittelalterlichen Landwirtschaft sind.
Ende vom Lied soll sein, dass es natürlich als das angesehen werden kann, aber andere Aspekte zusätzlich eine Rolle spielen, so z.B. die Pest.

Nun frage ich mich, ob auch Kriege signifikante Auswirkungen gehabt haben könnten. Der 100-jährige Krieg fand zu der Zeit statt, aber wurde ja hauptsächlich in Frankreich ausgetragen, oder?

Gabs andere kriegerische Auseinandersetzungen in der Zeit, die ich vergessen habe?
 
Vor dem Landfrieden Kaiser Maximilians war doch Krieg der Normalzustand und Frieden die Ausnahme. Fehden gab es also immer.

Und denk an den Landesausbau. Dabei fanden einige Landesherren, das Städte besser sind als Dörfer. Daher siedelten sie dann Dorfbewohner in neu zu gründende Städte um. Mir fällt gerade kein Beispiel aus dem Spätmittelalter ein.
 
Ah, Konflikte vergessen:

Bei Wikipedia kann man auch nach "Kriege 14.Jahrhundert" suchen. Da kommt dann schon mal eine Liste. Die Kategorie heißt "Krieg (14. Jahrhundert)" 14 kann auch durch 15 ersetzt werden.

Das ist natürlich nur eine Auswahl. Um welche Gegend geht es denn? Bei Paderborn z.B. war die Bengler-Fehde bedeutend für die Wüstungsbildung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerade in den deutschen Mittelgebirgen ist aber auch die kleine Eiszeit ein wichtiger Faktor für die Bildung von Wüstungen!
Insbesondere für die Hessische Rhön wüsste ich ein paar Beispiele....
 
Fehden können hier durchaus eine Rolle gespielt haben. Die Kriegführung im Mittelalter war nicht darauf ausgelegt, regelmäßig große Schlachten und Belagerungen zu führen. Vielmehr war es üblich, bei Auseinandersetzungen das Land des Feindes zu verwüsten und zu plündern. Der 100-jährige Krieg beschränkt sich in der Tat zum großen Teil auf Frankreich und England, allerdings sollte nicht unterschätzt werden, was viele kleinere Fehden auf lange Sicht anrichten können.
 
Abgesehen von kriegerischen Auseinandersetzungen haben auch Aspekte wie die Konzentration auf die Städte, Verschlechterung des landwirtschaftlichen Bodens, die dazu führte, dass Agrarflächen aufgegeben werden mussten oder vielleicht auch die Religionskriege gegen Ende des Spätmittelalters - falls man das dazu zahlen kann - eine Rolle gespielt.
 
Vielen Dank an alle. Ja, die Aspekte werden alle Erwähnung finden. Ich war mir nur bei den Kriegen/Fehden etwas unsicher.

Eine Frage bleibt für mich noch offen. Auf der Karte ist eine sehr "harte Grenze" zu sehen: westlich der Magdeburger Börde. ( um die Quelle der Ems herum) Warum nimmt der Wüstungsquotient so schlagartig ab?

http://fs2.directupload.net/images/150917/zx9qmd2e.jpg
 
Die Rolle der Fehden würde ich mal nicht überschätzen bei der Wüstungsbildung. Man muss hier auch das Prinzip der Grundherrschaft im Hinterkopf behalten. Aus Sicht eines Grundherren war die Zerstörung eines Hofes und Tötung aller seiner Bewohner ja noch kein Grund, nicht den nächsten Leibeigenen dorthinzusetzen, der das alles wieder aufbaut - polemisch gesagt.


Und noch ein Punkt, der bisher nur am Rande angesprochen wurde: man geht davon aus, dass Ende des 12. Jahrhunderts eine Art Wachstumsschub in der Bevölkerung herrschte, die unter anderem dazu führte, dass jetzt auch entlegene Siedlungsflächen (etwa weiter oben in den Mittelgebirgen) genutzt wurden. So entstand eine sehr dezentrale Siedlungslandschaft mit vielen kleinen Dörfern und Weilern. In vielen ländlichen Gebieten dürfte festzustellen sein, dass es im 14./15. Jahrhundert auf der gleichen Fläche mehr Orte (wenn auch viel kleiner) existierten als heute. Ich denke, dass dies - leider lässt sich wenig direktes aus den Quellen entnehmen - zu einem gewissen Konkurrenzdruck sorgte und viele Dörfer mehr aus Rentabilitätsgründen aufgegeben und nicht mehr neu besiedelt wurden.
 
Und noch ein Wüstungsgrund, der z.B. im Taunus (aber sicher auch anderen Mittelgebirgen) gelegentlich auftritt:

eine komplette Siedlung wird aus politischen, verkehrstechnischen oder klimatischen Gründen verlegt, manchmal nur um wenige hundert Meter.
 
Da die Diskussion nun doch in eine andere (weitere) Richtung ausuferte, möchte ich kurz noch einmal auf meine letzte Frage aufmerksam machen =)

Ist das nur mit "groben Statistiken" erklärbar?
 
Für die Grenze an der Ems kann ich die Frage beantworten. Westlich der Grenze lag die Senne, ein großes, sandiges Wald- und Heidegebiet. Es wurde zum größten Teil erst später besiedelt. Noch im 19. Jahrhundert konnten dort auf Betreiben des Staates Höfe angesiedelt werden.

Vergleich das auch einmal mit einer Karte der Siedlungsformen: Wo Streusiedlung vorliegt, wie im Münsterland, verschwanden eher einzelne Höfe.

Und schau Dir auch an, wo viele Städte lagen. Im Hochstift Paderborn gab es auf ziemlich kleiner Fläche 24 Städte, wovon übrigens eine wüst gefallen ist. Gleichzeitig gab es dort im Spätmittelalter viele Fehden. Die Hofstellen wurden also einfach in die Städte verlegt und die Ackerflächen weiterbewirtschaftet. Ich kann hier durch das Fenster zur Stelle einer Wüstung blicken, für die das durch Urkunden dokumentiert ist. Mitunter blieben die Dörfer sogar rechtlich bis zu den Gemeinheitsteilungen des 19.Jahrhunderts bestehen.

Zwischen Ems und Lippe siedelten sich wegen der Fehden viele Dorfbewohner in Delbrück an. Südlich der Lippe ist die Grenze von starker zu geringer Wüstungsbildung aber eindeutig falsch eingezeichnet. Es gibt zu dem Gebiet um Salzkotten und Geseke eine umfangreiche Untersuchung: Rudolf Bergmann, Die Wüstungen des Geseker Hellwegraumes, Bodenaltertümer Westfalens 23, Münster 1989.

Vielleicht wurde das Gebiet ausgespart, weil die meisten Dörfer schon bei der Gründung Salzkottens 1247 zusammengelegt wurden, also vor der spätmittelalterlichen Wüstungsphase. Dann hätte man die Wüstungen um Geseke unterschlagen. Die Westgrenze der Wüstungsbildung muss südlich der Lippe bis mindestens Lippstadt verschoben werden. Es gibt Karten, auf denen die Wüstungen als Punkte eingetragen sind, was m.E. aussagekräftiger ist.
 
Da die Diskussion nun doch in eine andere (weitere) Richtung ausuferte, möchte ich kurz noch einmal auf meine letzte Frage aufmerksam machen =)

Ist das nur mit "groben Statistiken" erklärbar?

Schwer zu sagen, da die Wüstungsliteratur nicht üppig ist. Die Karte scheint auf jeden Fall auf den Wirschaftshistoriker und Mediävisten Wilhelm Abel zurückzugehen. Leider ist sein Werk "Die Wüstungen des ausgehenden Mittelalters" online noch nicht einzusehen.
 
Die Rolle der Fehden würde ich mal nicht überschätzen bei der Wüstungsbildung. Man muss hier auch das Prinzip der Grundherrschaft im Hinterkopf behalten. Aus Sicht eines Grundherren war die Zerstörung eines Hofes und Tötung aller seiner Bewohner ja noch kein Grund, nicht den nächsten Leibeigenen dorthinzusetzen, der das alles wieder aufbaut - polemisch gesagt.

Bei Fehden ging es eher ums Plündern, denn ums Morden. Man wollte den Gegner schädigen und sich bereichern. Ein überlebender Bauer erntet wieder und man kann ihn nach einigen Jahren wieder ausrauben. Und spätestens wenn ein Hof in einer Generation mehrmals ausgeplündert wurde, wird man ihn verlegt haben.

Wir sehen ja gerade wieder, wie starke Bevölkerungsbewegungen durch Krieg und Gewalt ausgelöst werden können. 1/3 der Syrer soll schon außer Landes geflohen sein. Wenn wir bedenken, dass das Spätmittelalter die Zeit ist, in der das Unwesen der Fehde überhand nahm, sollten wir es als Ursache nicht unterschätzen.

Es mag sein, dass das angesichts der weiteren Probleme häufig nur der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte, aber ich würde Fehden und Krieg zumindest nicht geringer veranschlagen als die anderen Ursachen. Insgesamt gesehen war es natürlich eine Mixtur verschiedener Gründe.

Vielleicht suche ich noch ein paar Beispiele heraus.
 
Eine Frage bleibt für mich noch offen. Auf der Karte ist eine sehr "harte Grenze" zu sehen: westlich der Magdeburger Börde. ( um die Quelle der Ems herum) Warum nimmt der Wüstungsquotient so schlagartig ab?

http://fs2.directupload.net/images/150917/zx9qmd2e.jpg
Ich denke, hier spielen mehrere miteinander verbundene Faktoren eine Rolle:

  1. Erbrecht: Das alt-sächsische Erbrecht, das bis heute in der Höfeordnung fortlebt, sah Hofübergang im Ganzen an einen ausgewählten Erben vor. Die anderen Erbberechtigten wurden in Geld oder Naturalien (Vieh) abgefunden. Im Gegensatz wurde in den meisten fränkischen/ süddeutschen Erbrechten der Hof geteilt.
    Dies führte zu besser (über-)lebensfähigen Großbauernstellen in NW-Deutschland, bei geringer ländlicher Bevölkerungsdichte und früher Verstädterung (Hanse-/ Hafenstädte). Bevölkerungsüberschüsse nahm zunächst die Ostkolonisation, später andere Auswanderung (Siebenbürgener Sachsen, USA etc.) auf.
    In Süddeutschland dagegen blieben die Erben auf dem Hof sitzen, und versuchten, mit mehr oder weniger Erfolg, die schlecht auskömmliche Landwirtschaft auf Kleinflächen durch handwerklichen Nebenerwerb aufzubessern. Wo dies gelang, z.B. durch Weberei in den traditionellen Textilregionen (Sachsen, Schlesien, Böhmen, Rheinland, Bodenseeraum), oder Holz-/ Metallverarbeitung rund um Erz-/Fichtelgebirge und Schwarzwald, ließen sich die Höfe auch in klimatisch schlechteren Zeiten halten.
  2. Plaggenwirtschaft: NW-Deutschland pflegte die schon bei Plinius beschriebene Tradition der Bodenaufbesserung durch Abtrag von Mutterboden, später auch Torf, von außerhalb gelegenen Flächen. Dies sicherte austrägliche Ernten vom hofnahen Land, führte allerdings zu weiträumiger Verödung der Außenflächen (Vermoorung, Heidebildung).
    An der Küste tritt die schon früheisenzeitlich belegte Praxis der "Mineraldüngung" mit Muschelschalen und Fischresten hinzu.
  3. Bauernlegen: Etwas verwunderlich, daß der Begriff hier noch nicht gefallen ist - dünkt er mir doch neben den Wüstungen als verläßlichster Indikator für die ökonomische Situation der Kleinbauern. Hier kenne ich die süddeutsche Situation nicht sehr gut, aber in Nordostdeutschland betraf es vielfach slawische Altsiedler (deutsche Kolonisten waren meist mit Vollhufen, ca.80 ha, ausgestattet, von denen sich ziemlich gut leben ließ, wie ein Blick auf die Bauernhäuser verdeutlicht). Mit dem Bauernlegen einher dürfte häufig eine Umsiedelung der "Gelegten" in Gutshausnähe verbunden gewesen sein, um die nun Leibeigenen besser kontrollieren und in der Gutswirtschaft einsetzen zu können.
  4. Kulturumstellung: Bei rückläufigen Ackererträgen (Klima, Bodenerschöpfung) bietet Kulturumstellung Alternativen. In Frage kommen v.a. Milchwirtschaft, Obst und Gemüse, z.T. auch Brauerei / Weinbau. Dies verspricht jedoch nur dort Erfolg, wo aufnahmefähige Märkte vorhanden bzw. gut erreichbar sind, also insbesondere in der Nähe größerer Städte, wichtiger Handelswege, und v.a. zur Deckung des seefahrerischen Bedarfs (Sauerkraut->Kohlanbau in Dithmarschen, Äpfel Altes Land etc.). Siehe auch Thünensche Ringe.
In diesem Sinne lese ich Deine Karte als Anzeiger von Faktoren, die es der ländlichen Bevölkerung erleichterten, sich trotz zurückgehender Ernten weiterhin auskömmlich auf dem Land zu ernähren. Neben NW-Deutschland scheinen mir auch Allgäu/ Oberbayern (Milchwirtschaft?), Schwarzwald (Bergbau, Holz-/Metallverarbeitung?), Sachsen/ Böhmen/ Schlesien (Bergbau, Textil?) herauszustechen. Das könnte vertiefende Analyse, warum sich diese Regionen als widerstandsfähiger erwiesen, lohnen.
Fehden würde ich als wenig relevant bzw. sekundäres Phänomen (wo es den Bauern schlecht geht, trifft dies auch die Obrigkeit) einstufen. Der Hundertjährige Krieg war weitab. Die Musik spielte im transalpinen Handel mit Venedig und Genua, und rund um Ost- und Nordsee.
P.S: Für die Nordseeküste sind die Sonderfaktoren Sturmfluten/ Eindeichung zu berücksichtigen, die das Bild dort sicherlich verzerren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nur haben die Grenzen der Karte nichts mit Deinen ersten 3 Punkten zu tun. Insbesondere nicht an der angesprochenen schroffen Grenze in Nähe der Emsquellen.

Sächsisches Recht galt beiderseits derselben. Und auch die Grenze von Vererbung an den ältesten und an den jüngsten Sohn verläuft nicht entlang, sondern senkrecht zu der Wüstungsgrenze.

Im Hochstift Paderborn war das Bauernlegen kein Thema, da der Landesherr dagegen vorging. Auch das Einziehen von Höfen war genau geregelt und beschränkt. Später bedurfte es hier sogar eines Urteils.

Und die Plaggenwirtschaft erstreckte sich bis zu Ems- und Lippequellen, querte also ebenfalls diese Grenze.
 
Nur haben die Grenzen der Karte nichts mit Deinen ersten 3 Punkten zu tun. Insbesondere nicht an der angesprochenen schroffen Grenze in Nähe der Emsquellen.
Sagtest Du nicht aber auch, daß Dir die Karte für Osttwestfalen nicht sonderlich präzise scheint, und daß eben dort Fehden durchaus eine Rolle spielten? Im Endeffekt kann man nicht pauschalieren, sondern wird für jede Region eigenständige Erklärungsansätze der Wüstungsmuster finden müssen.
Ein Aspekt, den ich nicht gesondert aufgeführt habe, weil er vorher schon angesprochen wurde, ist z.B. die Anfälligkeit von frühmittelalterlichen Rodungssiedlungen im Mittelgebirge (kalt, schlechte Böden,marktfern). Ist sehr schön belegt für den Solling, und hat vielleicht auch am anderen Weserufer eine Rolle gespielt. Im Flachland dann weniger, da war Altsiedelland auf fruchtbaren Börden..
Bauernlegen (Pkt 3) war ein Riesenthema im ehemaligen Slawenland, und diese Grenze tritt sehr schön auf der Karte hervor - schau mal auf Ostholstein, Mecklenburg und die Altmark. Warum sich das in Brandenburg und östlich der Oder nicht mehr so deutlich zeigt, hängt vielleicht mit der dort später, nämlich erst im 14. Jahrhundert, einsetzenden Ostkolonisation zusammen. Aber auch dort wird man genauer hinsehen müssen. Rügen war gegen den regionalen Trend stabil - einerseits Fischerei, dann alte germanische Siedlungskammern, schließlich wachsende Nachfrage aus den nahegelegenen Hansestädten (Stralsund, Greifswald, Wolgast etc.) wäre, ohne weitere Detailkenntnis, meine Arbeitshypothese zur Erklärung.
 
Unterm Strich muss man wohl schlicht festhalten, dass es so viele Faktoren gab, die Wüstungen verursacht haben, dass es - gerade durch deren unüberschaubare Einzelauswirkung und Wechselwirkung - kaum nachvollziehbar ist, wo durch welche Ereignisse wie hoch der Wüstungsquotient war. Es spielen gesellschaftliche, ökonomische, ökologische, politische, wahrscheinlich auch kirchliche Faktoren eine Rolle - überall mit anderen Gewichtungen und Kombinationen.

Das erklärt zwar nicht die harte Ems-Kante aber immerhin die starken Schwankungen im Ganzen.
 
Sagtest Du nicht aber auch, daß Dir die Karte für Osttwestfalen nicht sonderlich präzise scheint, und daß eben dort Fehden durchaus eine Rolle spielten? Im Endeffekt kann man nicht pauschalieren, sondern wird für jede Region eigenständige Erklärungsansätze der Wüstungsmuster finden müssen.
Ein Aspekt, den ich nicht gesondert aufgeführt habe, weil er vorher schon angesprochen wurde, ist z.B. die Anfälligkeit von frühmittelalterlichen Rodungssiedlungen im Mittelgebirge (kalt, schlechte Böden,marktfern). Ist sehr schön belegt für den Solling, und hat vielleicht auch am anderen Weserufer eine Rolle gespielt. Im Flachland dann weniger, da war Altsiedelland auf fruchtbaren Börden..
Bauernlegen (Pkt 3) war ein Riesenthema im ehemaligen Slawenland, und diese Grenze tritt sehr schön auf der Karte hervor - schau mal auf Ostholstein, Mecklenburg und die Altmark. Warum sich das in Brandenburg und östlich der Oder nicht mehr so deutlich zeigt, hängt vielleicht mit der dort später, nämlich erst im 14. Jahrhundert, einsetzenden Ostkolonisation zusammen. Aber auch dort wird man genauer hinsehen müssen. Rügen war gegen den regionalen Trend stabil - einerseits Fischerei, dann alte germanische Siedlungskammern, schließlich wachsende Nachfrage aus den nahegelegenen Hansestädten (Stralsund, Greifswald, Wolgast etc.) wäre, ohne weitere Detailkenntnis, meine Arbeitshypothese zur Erklärung.

Äh, du bezogst Dich aber ausdrücklich auf die 'harte' Grenze an der Ems, nicht auf das Gesamtbild. Daher meine Antwort. Dem Rest stimme ich natürlich zu.
 
Vor dem Landfrieden Kaiser Maximilians war doch Krieg der Normalzustand und Frieden die Ausnahme. Fehden gab es also immer..

Eben! Ulrich von Hutten beklagte, dass man wegen der ständigen Fehden nicht fischen und jagen könne, ohne befürchten zu müssen, entführt oder massakriert zu werden. Vielleicht hat er dabei etwas übertrieben, um seine Kritik an herrschenden Misständen zu pointieren, aber Fehden waren im ausgehenden Mittelalter ein akzeptiertes Rechtsmittel, und die Bauern hatten darunter allemal mehr zu leiden, als die Ritter, auch wenn deren Alltagsleben weit weniger romantisch war, als es sich viele vorstellen.

In einer Zeit ohne Gewaltmonopol des Staates, ohne starke Zentralgewalt und ohne Polizei war die Fehde ein selbstverständliches Rechtsmittel. Die Gottes- und Landfrieden des ausgehenden Mittelalters akzeptierten daher Fehden als Mittel, sich sein (Un)Recht zu verschaffen.

Da sie Fehden ohnehin nicht verhindern konnten, versuchten Kaiser und Könige, sie stärker zu ritualisieren, sie berechenbarer und humaner für die Schwächsten zu machen, indem sie durch Fehdebriefe angekündigt werden sollten, indem sie auf bestimmte Wochentage beschränkt wurden und Personen, die besonders schutzbedürftig waren (Frauen, Kinder, Kleriker) verschont werden sollten oder Einrichtungen, die für alle (Un)Beteiligten existenziell waren wie Mühlen unter besonderen Schutz gestellt wurden. Daran hielt man sich -oder auch nicht. Der ewige Landfrieden, den Maximilian I. ausrief, war Papier- und das ist geduldig, ihm reichsweit Geltung zu verschaffen, dazu war die Macht des Kaisers zu gering. Für die Landbevölkerung hatte das wenig Auswirkungen. Wirkungsvoller als Landfrieden der Kaiser waren Bünde von Freien Reichsstädten oder von Territorialfürsten, und wenn es ein Ritter zu toll getrieben hatte, kam es schon mal vor, dass er auf seiner Burg ausgeräuchert wurde wie Franz von Sickingen oder Hans Talacker von Massenbach. Götz von Berlichingen führte soviele Fehden, dass er selbst sich nicht mehr an alle erinnerte, laut seiner Autobiographie waren es 15.
 
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