Kurfürsten und Königswahl

Teresa, natürlich gab es Vorentwicklungen ,die Tante Wiki ja umfassend darstellt und die Goldene Bulle war nur der Abschluß und die Constitutionalisierung dieser Entwicklung Sicherlich war es auch das Bestreben mit der Bulle, Doppelwahlen und Gegenkönige , wie sie vorher gang und gäbe waren zu vermeiden- und darum wurde ein überschaubares Wahlgremium gebildet,das die einflussreichsten Fürsten und Adelssippen jener Zeit in die Wahl eingebunden hat..
Dass Habsburg da zunächst aussen vor war lag wohl in erster Linie daran,dass die Habsburger damals noch nicht die Macht waren, wie einige Jahrzehnte später,nachdem sie die Luxemburger in Böhmen und die Bayern in Tirol mehr oder minder beerbt hatten.

Die drei rheinischen Erzbischöfe hatten sicherlich auch spirituelle Bedeutung waren aber auch die mächtigsten Kirchenvertreter im Reich- und die geistlichen Territorien zusammengenommen hatten was Größe und Bevölkerungszahl betrifft erhebliches Gewicht.

Fakt ist aber, dass die Kurstimmen offensichtlich an ein bestimmtes Territorium / Land gebunden waren und nicht an eine bestimmte Adelsfamilie, und dass diese "Kurländer" offensichtlich bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts anerkannt waren. Mit der Goldenen Bulle (1356) wurden z. B. keine neuen oder weiteren Kurfürstentümer geschaffen, und mir ist auch nichts bekannt, dass damals irgendeiner der Kurfürsten abgesetzt wurde oder etwa darum kämpfen musste, um seine Kurstimme zu behalten.)
(Karl IV. besaß damals übrigens nur die Kurstimme des Königreichs Böhmen, die Mark Brandenburg gehörte damals noch dem "bayrischen" Zweig der Wittelsbacher, und er brachte sie erst später an seine Familie.)

Dass Habsburg da zunächst aussen, weil die Habsburger damals noch nicht die Macht waren, wie einige Jahrzehnte später. Wie machtlos oder mächtig die Familie damals schon war, sei mal dahingestellt, aber 1356 hätten sie eigentlich nur zwei Möglichkeiten gehabt, zu einer Kurstimme zu kommen.

1. Möglichkeit:
Sich in den Besitz eines der vier weltlichen Kurfürstentümer zu bringen bzw. mit diesem belehnt zu werden, was zu diesem Zeitpunkt nur mit einer gewaltsamen Eroberung (ohne einen mehr oder weniger zulässigen Rechtsanspruch) möglich gewesen wäre. Aber selbst, wenn Karl IV. so etwas unterstützt hätte (was ich schwer bezweifle) hätten sie in diesem Fall sicher nicht nur die davon betroffene Adelsfamilie, sondern auch die anderen Kurfürsten gegen sich gehabt. (7 Kurfürsten als sichere Gegner und vermutlich auch einen Teil der übrigen Reichsfürsten - die 1. Möglichkeit hätte wohl eher die Vernichtung bedeutet, statt eines weiteren Aufstiegs.)

2. Möglichkeit:
Schaffung eines achten Kurfürstentums - das hätte aber nicht nur im Ermessen des Königs / Kaisers gelesen, sondern dafür wäre auch das Einverständnis von wenigstens einem Teil der übrigen Kurfürsten notwendig gewesen wäre. Aber wenn es solche Überlegungen oder sogar Planungen gegeben hätte, hätten sich dazu sicher auch Quellen erhalten.

Vorstellbar wäre vielleicht, ob ein solcher Plan durch die (Neu-)Schaffung eines Herzogtums in / von Schwaben, die offensichtlich schon unter König Rudolf I. ein Ziel der Habsburger war, bestanden haben könnte, aber dazu gibt es offensichtlich keine Belege.
 
(Karl IV. besaß damals übrigens nur die Kurstimme des Königreichs Böhmen, die Mark Brandenburg gehörte damals noch dem "bayrischen" Zweig der Wittelsbacher, und er brachte sie erst später an seine Familie.)

Sein Großonkel Balduin von Luxemburg hatte allerdings die Trierer Kurwürde inne. Schon bei der Wahl des Luxemburgers Heinrich VII. (seines Bruders) hatte er die Finger maßgeblich im Spiel gehabt.

Karl IV. gelang es später, einen weiteren Luxemburger (aus einer Seitenlinie) zum Kurfürsten von Mainz zu machen: Johann von Luxemburg-Ligny.https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_von_Luxemburg-Ligny
 
Vorstellbar wäre vielleicht, ob ein solcher Plan durch die (Neu-)Schaffung eines Herzogtums in / von Schwaben, die offensichtlich schon unter König Rudolf I. ein Ziel der Habsburger war, bestanden haben könnte, aber dazu gibt es offensichtlich keine Belege.

Ein solcher Plan wäre vermutlich am Widerstand der Reichsfürsten gescheitert. Immerhin gab es im 14. Jh. gerade im schwäbischen Raum eine Fülle reichsfürstlicher Territorien, deren Landesherren Einspruch erhoben hätten.
 
akt ist aber, dass die Kurstimmen offensichtlich an ein bestimmtes Territorium / Land gebunden waren und nicht an eine bestimmte Adelsfamilie, und dass diese "Kurländer" offensichtlich bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts anerkannt waren.

Nicht ganz- die Kurstimme war an ein bestimmtes Erzhofamt gebunden und das wiederum an ein bestimmtes Territorium-bei den geistlichen Churürsten war das ja ohnehin klar .
Bei den weltlichen Churfürsten fällt es schon schwer das Auswahlkriterium auszumachen. Neben den beiden Wittelsbacher Linien (Pfalz/Brandenburg), den Askaniern(Sachsen)und Luxemburgern (Böhmen) hätten theoretisch auch die Wettiner (Markgrafschaft Meißen) Welfen(Braunschweig-Lüneburg),Habsburger(Sund- und Breisgau,Österreich ) Lothringer und Valois (Freigrafschaft Burgund) in Frage kommen können.
Interessant ist bei den geistlichen Churfürsten übrigens,dass dort ,von Köln abgesehen,die großen Adelshäuser eher selten zum Zug kamen . In Mainz und Trier und in der Pfaffengasse des Reiches wurden die Bischofsstühle i.d.R.l von einem Kartelln miteinander versippter kleinerer Adelssippen wie den Schönborn, Greiffenklau,Leyen,Metternich Eltz etc.besetzt.( Ich hatte dazu auch mal nen thread angeleiert find den aber nicht mehr :() So schafften es bei insgesamt 107 Mainzer Bischöfen nur zwei Wittelsbacher,zwei Luxemburger,ein Brandenburger und ein Sachse als Erzbischöfe oder Administratoren auf den Mainzer Erzbischofsstuhl
 
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Nicht ganz- die Kurstimme war an ein bestimmtes Erzhofamt gebunden und das wiederum an ein bestimmtes Territorium-bei den geistlichen Churürsten war das ja ohnehin klar .
Bei den weltlichen Churfürsten fällt es schon schwer das Auswahlkriterium auszumachen.

Wie das Kurfürstenkollegium einst entstand, ist eine umstrittene Frage. Eine Hypothese vermutet die Reichskrise seit 1198 als Hintergrund, eine andere die Verselbstständigung der Inhaber der königlichen Hofämter (Erzämtertheorie). Andere Hypothesen zielen auf genealogische Verbindungen, die auf mächtige Dynastenfamilien im Reich zurückgehen. Welche dieser Hypothesen nun zutrifft, lässt sich heute nicht mehr entscheiden.

Dass ein Erzamt Voraussetzumg für die Errichtung eines Kurfürstentums war, ist nicht zutreffend. So wurde für das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg 1692 eine neunte Kur errichtet und erst in diesem Zusammenhang für das Kurfürstentum Hannover das neue Erzamt eines Erzbannerträgers geschaffen.
 
Nicht ganz- die Kurstimme war an ein bestimmtes Erzhofamt gebunden und das wiederum an ein bestimmtes Territorium-bei den geistlichen Churürsten war das ja ohnehin klar .
Bei den weltlichen Churfürsten fällt es schon schwer das Auswahlkriterium auszumachen. Neben den beiden Wittelsbacher Linien (Pfalz/Brandenburg), den Askaniern(Sachsen)und Luxemburgern (Böhmen) hätten theoretisch auch die Wettiner (Markgrafschaft Meißen) Welfen(Braunschweig-Lüneburg),Habsburger(Sund- und Breisgau,Österreich ) Lothringer und Valois (Freigrafschaft Burgund) in Frage kommen können.
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Um abzuklären, nach welchen Kriterien eines der Erzämter an ein bestimmtes Territorium kam, aus dem später ein Kurfürstentum wurde, müssten wir den genauen Zeitpunkt kennen, wann die Kurfürstentümer entstanden sind. Sicher ist aber nur, dass sie alle bereits mindestens etwa 100 Jahre vor der Goldenen Bulle bereits existiert haben, also keineswegs erst durch die Goldene Bulle (neu) geschaffen wurden.

Insofern bringt es wohl nicht viel, das Auswahlkriterium in den Adelsfamilien zu suchen, die zum Zeitpunkt der Goldene Bulle in einem der Kurfürstentümer die Herrschaft hatte, denn der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt.

Wenn die Entstehung der (weltlichen) Kurfürstentümer etwas mit den Adelsfamilien, die dort geherrschaft haben, zu tun hat, sind eigentlich nur jene Familien relevant, die zum Zeitpunkt, als die Kurfürstentümer entstanden, auch dort geherrscht haben.

Das Königreich Böhmen zum Beispiel war bis Anfang des 14. Jahrhunderts unter der Herrschaft der Przemysliden, nach deren Tod ging die Herrschaft schließlich an die Luxemburger, nachdem zuvor noch die Habsburger und die Meinhardiner versucht hatten, die Herrschaft dort zu übernehmen. (Da Johann von Luxemburg, der Vater von Karl IV., Tauschplänen durchaus nicht abgeneigt war, war es ursprünglich gar nicht so sicher, dass sich die Luxemburger dort dauerhaft etablieren würden.)

Brandenburg wurde bereits Ende des 12. Jahrhunderts von den Askaniern beherrscht, erst nach deren Aussterben (im ersten Viertel des 14. Jahrhunderts) ging die Herrschaft an die Wittelsbacher.

Sachen (zumindest jener Teil, der später als Kurfürstentum aufscheint) befand sich schon Ende des 13. Jahrhunderts unter der Herrschaft der Askanier und kam erst im 15. Jahrhundert, also viele Jahre nach der Goldenen Bulle unter die Herrschaft der Wettiner.

Die Pfalz kam ebenfalls erst Anfang des 13. Jahrhunderts an die Wittelsbacher, zuvor war sie unter der Herrschaft der Staufer bzw. eines Welfen.

Die vier weltlichen Kurfürstentümer dürften zum Zeitpunkt ihrer Entstehung also von den drei folgenden Dynastien beherrschaft worden sein: Askanier (Sachsen, Brandenburg), Wittelsbacher (Pfalz) und Böhmen (Przemysliden).

Sollte die Entstehung Ende des 12. Jahrhunderts gewesen sein (nach dem Tod von Kaiser Heinrich VI.) hätten wir: Askanier (Sachsen, Brandenburg), Welfen (Pfalz) und vielleicht noch die Przemysliden (Böhmen).
 
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Dass ein Erzamt Voraussetzumg für die Errichtung eines Kurfürstentums war, ist nicht zutreffend. So wurde für das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg 1692 eine neunte Kur errichtet und erst in diesem Zusammenhang für das Kurfürstentum Hannover das neue Erzamt eines Erzbannerträgers geschaffen.
Ich bezog mich da auf die ursprünglichen Churen nicht auf die neueren.Dort existierten teilweise sogar überhaupt keine Erzämter mehr wie z.B. in den Fällen von ChurHessen.Salzburg oder Baden,

Sollte die Entstehung Ende des 12. Jahrhunderts gewesen sein (nach dem Tod von Kaiser Heinrich VI.) hätten wir: Askanier (Sachsen, Brandenburg), Welfen (Pfalz) und vielleicht noch die Przemysliden (Böhmen).

Das Problem ist,dass nicht alle zum gleichen Zeitpunkt in die Königswahl einbezogen waren.
Nach einer Theorie sollen die ersten Churfürsten aus den laudatores,den Vorwählern der alten allgemeinen Königswahl hervorgegangen sein
das würde die rheinischen Bistümer Mainz und Köln ,Sachsen und die Pfalz als Rechtsnachfolger der Lothringer und Fränkischen Herzöge erklären,
Trier und Brandenburg sollen danach erst später dazu gekommen zu sein.
Nach Eike von Rebgow im Sachsenspiegel war Böhmen nicht wahlberechtigt, da die Przemysliden nicht als deutscher Zunge angesehen wurden,der König von Böhmen war wohl erst seit Anfang des 14.Jahrhunderts , also mit den Meinhardinern und Habsburgern Luxemburgern wahlberechtigt.
 
Offensichtlich war die böhmische Kurstimme in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts umstritten, wie eine Quelle wie eben dieser Sachsenspielgel zeigt. Da allerdings zum Beispiel ein Przemysl Ottokar II. seine Kurstimme durchaus aktiv und mit Erfolg einsetzen konnte (vgl. dazu Jörg K. Hoensch: Přemysl Otakar II. von Böhmen. Graz u.a. 1989), war der böhmische König offensichtlich schon im 2. Drittel des 13. Jahrhunderts als Kurfürst akzeptiert und nicht erst mit Anfang des 14. Jahrhunderts.
 
Offensichtlich war die böhmische Kurstimme in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts umstritten, wie eine Quelle wie eben dieser Sachsenspielgel zeigt. Da allerdings zum Beispiel ein Przemysl Ottokar II. seine Kurstimme durchaus aktiv und mit Erfolg einsetzen konnte (vgl. dazu Jörg K. Hoensch: Přemysl Otakar II. von Böhmen. Graz u.a. 1989), war der böhmische König offensichtlich schon im 2. Drittel des 13. Jahrhunderts als Kurfürst akzeptiert und nicht erst mit Anfang des 14. Jahrhunderts.

Bei der Auslegung des Sachsenspiegels war ein böhmisches Wahlrecht lange umstritten, da der König kein Deutscher war. Stellenweise war die Ansicht verbreitet, der Erzschenk des Reichs dürfe allenfalls als Schiedsrichter an der Kur mitwirken, wenn es zu einer Stimmengleichheit kam. Faktisch hat er jedoch seit Mitte des 13. Jh. an allen Wahlen mitgewirkt - abgesehen vom Jahr 1273 -, bis ihm die Goldene Bulle 1356 eine gleichberechtigte Kurstimme reichsrechtlich sicherte. - Dass die böhmische Kur während der Hussitenkriege zuweilen ruhte, steht auf einem anderen Blatt.
 
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