Die beste Antwort auf die Lauras Frage muss also sein: Augustus hatte faktisch alle Kompetenzen. Die, die er dem Gesetz nach nicht hatte, konnte ihm dennoch niemand ernsthaft verwehren.
Das sehe ich anders und will es mal an ein paar Beispielen darlegen.
Staatskrise 23 v.Chr.:
Der Auslöser war, dass sich enge Vertraute und Freunde des Augustus gegen ihn stellten, eben weil er seine Kompetenzen überschritt. Stichwort: Der Prozess gegen Marcus Primus. Primus wurde angeklagt, als Prokonsul von Macedonia unerlaubt Krieg gegen die Odrysen geführt zu haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er es mit Einverständnis des Augustus getan hatte. Der aber leugnete alles Wissen von dieser Aktion und ließ Primus eiskalt fallen. Und jetzt kommt etwas, was sehr bemerkenswert ist. Primus' Prozessverteidiger war der enge Augustusfreund Varro Murena, der zu jener Zeit auch als Konsul amtierte. Murena war wegen des Primusprozesses nun dermaßen aufgebracht, dass er einen Putsch gegen Augustus vom Zaun brach. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich den schlagartigen Wechsel von Freundschaft zu Todfeindschaft zu erklären: Murena wusste, dass Augustus gelogen hatte. Also koennen wir resümieren, dass es mit der Entscheidungsgewalt des Augustus, in diesem Falle Krieg gegen die Odrysen, nicht hoch gestellt war. Wer hätte beispielsweise den Gefolgsleuten des Trajan den Prozess gemacht, weil sie gegen die Daker 101 ins Feld gezogen waren?
aerarium militare:
Die Kasse diente zur Versorgung der ausgeschiedenen Soldaten. Gegründet 6 n.Chr. sollte sie aus zwei neu geschaffenenen Steuern (die 1%-Verkaufs- und die 5%-Erbschaftssteuer) gespeist werden. Augustus stifte lediglich für diese Kasse einmalig 170 Mio. HS. Nun war es so, dass der Princeps VORHER sich um diese Angelegenheit immer mit seinem eigenen Geld gekümmert hatte (Stichwort Landkauf für die Veteranen, was ihn bspw. 7-2 v.Chr. das hübsche Sümmchen von fast einer halben Milliarde (!) Sesterzen kostete.
Da nun das aerarium militare aus Steuern finanziert wurde, kann Augustus unmöglich die alleinige Verfügungsgewalt darüber gehabt haben und hat damit seine eigene machtpolitische Patronatsstellung gegenüber dem Heer geschwächt, weil eben die Veteranen nicht mehr aus Augustus' "eigener Tasche" abgefunden wurden.
Soweit mir bekannt ist, gab es unter Augustus das aerarium (also die Staatskasse, Vefügungsgewalt hatte der Senat) und das patrimonium (Vefügungsgewalt hatte Augustus). Das muss wohl mehr oder minder klar abgetrennt gewesen sein, aber das lässt sich nie mehr eindeutig feststellen. Seit Galba gabs eine "dritte" Kasse: das privatum patrimonium (Privatvermögen des jeweiligen Kaisers), die sich wiederum klar vom patrmonium abgrenzte, weil aus ihr bspw. ausschließlich die privaten Erbschaftsansprüche der kaiserlichen Familienmitglieder entnommen wurden.
Mit fiscus hingegen, so meine ich, sind jene Kassen gemeint, die man wohl als Staatskasse der Provinzen bezeichnen könnte. Aber das kann ich schlecht erklären, denn wie will man die Verfügungsgewalt über diese Gelder klar deffinieren, wenn der vom Kaiser bestallte Statthalter über diese Gelder verfügte und damit der Kaiser selbst?
Ich erinnere mich sogar einmal gelesen zu ahben, dass die Prätorianer aus dem aerarium besoldet wurden!
Also zusammenfassend würde ich meinen wollen:
Augustus hatte viele Kompetenzen, aber bei weitem nicht alle. Selbstverständlich hätte er sich alle nehmen können, aber dann wären seine Tage als Kaiser gezählt gewesen.