Reihenfolge des NT-Kanons
Den heutigen NT-Kanon kann man in drei Gruppen teilen:
- die vier Evangelien
- die dreizehn Paulus-Briefe
- die sieben "katholischen" Briefe (Jakobus, Petrus, Johannes, Judas)
Dazu kommen drei Schriften, die in keine der Kategorien passen:
- die Apostelgeschichte des Lukas
- der anonyme Hebräerbrief (die gelegentliche Zuschreibung an Paulus ist wenig stichhaltig)
- die Offenbarung des Johannes
Anordnung der Gruppen
Dass die Evangelien, die die Worte und Taten Jesu beschreiben, den ersten Rang einnehmen, ist wohl ohne weiteres nachvollziehbar.
Die zweite Gruppe ist dann in einigen alten Listen die der katholischen Briefe, während die Paulus-Briefe (Paulus als der "späteste" Apostel) an den Schluss rücken. So z. B.:
Cyrill von Jerusalem:
The Development of the Canon of the New Testament - The Canon of Cyril of Jerusalem
Synode von Laodicäa:
The Development of the Canon of the New Testament - The Canon approved by the Synod of Laodicea
Dasselbe gilt von den meisten alten griechischen Bibelhandschriften.
Oft werden jedoch die Paulus-Briefe den katholischen vorangestellt; diese Reihenfolge hat sich letztlich auch durchgesetzt.
Der Hebräerbrief wird oft bei den Paulusbriefen mitgezählt oder ihnen angehängt.
Die Apostelgeschichte wird meist den vier Evangelien angehängt, aber es gibt auch andere Lösungen. Der Codex Sinaiticus aus dem 4. Jahrhundert ordnet sie zwischen den Paulusbriefen und den katholischen Briefen ein:
Codex Sinaiticus - Inhalt
Die Offenbarung (die häufig ganz fehlt oder zu den zweifelhaften Schriften gerechnet wird) rückt gerne an den Schluss, aber auch hier gibt es andere Lösungen. Der Cheltenham-Kanon setzt sie zwischen die Apostelgeschichte und die Johannesbriefe:
The Development of the Canon of the New Testament - The Cheltenham Canon
Anordnung innerhalb der Gruppen
Die häufigste (und auch eine der ältesten) Anordnung der Evangelien ist (wie heute üblich) Matthäus - Markus - Lukas - Johannes.
Aber es gibt eine Reihe von Abweichungen. Der Codex Claromontanus hat z. B. Matthäus - Johannes - Markus - Lukas:
The Development of the Canon of the New Testament - Catalogue inserted in Codex Claromontanus
Lukas steht nie am Anfang, Matthäus steht nie am Schluss. Ansonsten sind alle Kombinationen irgendwann mal belegt.
Eine der ältesten Auflistungen der Paulus-Briefe (Muratori-Kanon) zeigt folgende Reihenfolge:
- Korinther (2)
- Epheser
- Philipper
- Kolosser
- Galater
- Thessalonicher (2)
- Römer
- Philemon
- Titus
- Timotheus (2)
Abgesehen davon, dass die Briefe an Einzelpersonen an den Schluss gerückt sind, hat sich diese Anordnung nicht durchgesetzt. Üblicherweise beginnen die Listen mit dem Römerbrief. Offensichtlich spielte die Länge der Briefe eine Rolle beim Sortieren - der längste Brief (Römer) steht am Anfang, der kürzeste (Philemon) am Schluss.
Auch die Anordnung der katholischen Briefe (von denen einige in ihrer Kanonizität umstritten waren) ist variabel. Durchgesetzt hat sich die Reihenfolge, die schon im Altertum sehr beliebt war:
Jakobus - Petrus - Johannes - Judas
Auch hier gibt es viele Varianten. Mal steht Petrus am Anfang, mal Johannes machen. Nur Judas kommt nie am Anfang, sondern häufig am Schluss.