Welche Staatsform hatte das Reich?

Nun, dass es zum einen eben bis dahin nicht üblich war

Die Königeerhebung von Arnulf bis Heinrich I. waren Ausnahmefälle

Was war "üblich", was waren "Ausnahmefälle"?

Im späten 9. Jahrhundert, zur Zeit der Königserhebung Arnulfs war es in allen Teilen des Karolingerreichs "üblich" geworden, dass die Großen den König mitbestimmten.

Walter Schlesinger: "Eine weitere Möglichkeit der Nachfolgeregelung bestand in der Auswahl eines geeigneten Kandidaten und seiner Erhebung durch die Großen des Landes. Es ist an anderer Stelle gezeigt worden, wie das Wahlprinzip, dem altfränkischen Recht wohlbekannt, Grundlage des karlingischen Königtums und für Sonderregelungen sowohl in der Divisio regnorum von 806 wie in der Ordinatio imperii von 817 vorgesehen, seit der Spätzeit Ludwigs des Frommen wieder Boden gewann und, von Aquitanien ausgehend, sich ins Westreich und nach Italien und Lothringen, schließlich auch ins Ostreich ausbreitete. Der Möglichkeit, den König zu wählen, entsprach die Möglichkeit, ihn zu verlassen, ihn abzuwählen, wie wir heute sagen würden. Die Großen Karls des Kahlen und Karls von der Provence hatten 858 und 861 entsprechende Versuche gemacht, die aber scheiterten; die Großen Lothars hatten einen solchen Versuch wenigstens erwogen."
http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a089773.pdf

Zum Stichwort "von Aquitanien ausgehend": 839 widersetzten sich dort die Großen der geplanten Reichsteilung. Sie weigerten sich, Karl den Kahlen als neuen König zu akzeptieren, und wählten stattdessen Pippin II. Dazu schreibt Schlesinger: "Es handelte sich um eine wirkliche Wahl, da nicht nur Karl der Kahle, sondern auch Pippins jüngerer Sohn ausgeschlossen wurden... Die Bedeutung dieser Vorgänge liegt darin, daß zum ersten Male beim Herrscherwechsel in karlingischer Zeit der Adel seinen Willen gegen den Willen des Königs durchgesetzt hatte."
(Karlingische Königswahlen, in: Königswahl und Thronfolge in fränkisch-karolingischer Zeit, hrsg. Eduard Hlawitschka, Damrstadt 1975)

Dass die Großen sich erfolgreich dem Willen des Königs wiedersetzten und eigenmächtig einen Nachfolger wählten, war allerdings die Ausnahme. Das habe ich oben geschrieben.

Dieser Ausnahmefall lag bei der Erhebung Arnulfs vor, nicht aber bei seinen Nachfolgern Ludwig, Konrad, Heinrich, Otto...
 
Ludwig das Kind war recht jung. Es musste entschieden werden, ob er übergangen wird. Konrad war kein Karolinger. Es musste entschieden werden, wie es weiter geht. Und ob nun Heinrich designierte war oder nicht, war hier doch die Frage, ob ein so mächtiger Herzog Akzeptanz fand.

Gut, Otto hatte einen älteren Bruder, aber Thankmar scheint erst gegen Otto vorgegangen zu sein, als dieser ihn nach der Königserhebung erneut zurücksetzte. Und irgendwann in dieser Zeit war die Wahl seit Menschengedenken üblich und als recht, kurz darauf sicher auch als Recht angesehen. Ausdruck ist spätestens die Krönungsdarstellung Widukinds. Aber auch mir fällt auf, dass Heinrich vor dem Problem der Zustimmung stand. Seiner Zustimmung zu Konrad und später der Zustimmung der Großen zu ihm selbst. Und damit hätten wir die Institution der Kür des melior pars. Denn das ist auch ein Unterschied zur bloßen Regelung der Nachfolge, die, wenn es keine andere Möglichkeit gab, der Theorie nach an Maifeld oder Reichsversammlung, in Praxi an die Großen fiel.

Was wir ebenfalls noch nicht beleuchtet haben, sind die Funktionen der Hofämter und der Bischöfe, sowie im Übrigen auch des sicher nicht 'gewöhnlichen' Umstands, der eher aus Großen als Aachener Bürgern bestand, die Örtlichkeiten dort sind ja nicht so groß, beim Vorgang des Königmachens von Erhebung über Krönung bis zur Aktualisierung der Herrschaft im Krönungsmahl.

Dass hier die Mitwirkung der Großen nicht ausbleibt, setzt schon Zustimmung voraus.

Und ja, Maifeld oder Reichsversammlung - um es nicht nur im Nebensatz zu sagen - konnten in der Theorie, die Großen in der Praxis, wenn die Umstände entsprechend waren, als Regler der Nachfolge auftreten. Und auch der Gedanke der Reichseinheit konkurrierte mit dem Salischen Recht.

Wir haben da also verschiedene Institutionen, die alle mit Wahl, Kür, Zustimmung zu tun haben. Vielleicht sollten wir fragen, wann sich eine bestimmte Form durchsetzte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was wir ebenfalls noch nicht beleuchtet haben, sind die Funktionen der Hofämter und der Bischöfe, sowie im Übrigen auch des sicher nicht 'gewöhnlichen' Umstands, der eher aus Großen als Aachener Bürgern bestand, die Örtlichkeiten dort sind ja nicht so groß, beim Vorgang des Königmachens von Erhebung über Krönung bis zur Aktualisierung der Herrschaft im Krönungsmahl.

Solche Sätze muss man erst mal finden. :devil:
 
Wir haben da also verschiedene Institutionen, die alle mit Wahl, Kür, Zustimmung zu tun haben. Vielleicht sollten wir fragen, wann sich eine bestimmte Form durchsetzte.

Da haben wir das Problem, dass die Quellen nur wenig von dem berichten, was uns interessiert. Die Quellen sind entweder wortkarg oder tendenziös (oder beides).

Über die Krönung Ludwigs des Frommen zum Mitkaiser berichtet der Ludwig-Verehrer Thegan ausführlich:

"Als der Kaiser den Tag seines Todes herannahen fühlte - er war nämlich sehr alt geworden -, berief er seinen Sohn Ludwig mit dem ganzen Heer, den Bischöfen, Äbten, Herzögen, Grafen und Unterbeamten zu sich. Mit ihnen hielt er in Frieden und Ehren in der Pfalz Aachen eine allgemeine Beratung ab, ermahnte sie zur Treue gegenüber seinem Sohn und fragte sie alle, vom Höchsten bis zum Niedrigsten, ob es ihnen genehm sei, daß er seinen Namen, nämlich den Kaisernamen, auf seinen Sohn Ludwig übertrage. Da antworteten alle unter Jubel, dies sei eine Eingebung Gottes.

(Supradictus vero imperator, cum iam intellexit adpropinquare sibi diem obitus sui - senuerat enim valde - , vocavit filium suum Hludouuicum ad se cum omni exercitu, episcopis, abbatibus, ducibus, comitibus, locopositis. Habuit generale colloquium cum eis Aquisgrani palatio pacifice et honeste, ammonens, ut fidem erga filium suum ostenderent, interrogans omnes a maximo usque ad minimum, si eis placuisset, ut nomen suum, id est imperatoris, filio suo Hludouuico tradidisset. Illi omnes exultando responderunt, Dei esse ammonitionem illius rei.)"

dMGH | Band | Scriptores [Geschichtsschreiber] | Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi (SS rer. Germ.) | 64: Thegan, Die Taten Kaiser Ludwigs. Astronomus, Das Leben Kaiser Ludwigs | Titelblatt: Theganus Gesta Hludowici imper

Waren wirklich alle Amtsträger des Reiches anwesend, bis zum kleinsten "Unterbeamten"? Sicher nicht. Wer war anwesend? Wessen Anwesenheit war erforderlich?


Ludwig das Kind war recht jung. Es musste entschieden werden, ob er übergangen wird. Konrad war kein Karolinger. Es musste entschieden werden, wie es weiter geht.

Was ist der Unterschied zu vorher?

882 starb Ludwig III., Herrscher über Franken, Sachsen, Thüringen und Lotharingien. Er war kinderlos. Es musste entschieden werden, wie es weiter geht.

Man entschied sich für Karl III. (den "Dicken").

887 kam man zur Auffassung, dass es mit Karl III. so nicht weitergeht. Es musste entschieden werden, wie es weiter geht, und man entschied sich diesmal für Arnulf.
 
Was war "üblich", was waren "Ausnahmefälle"?

Im späten 9. Jahrhundert, zur Zeit der Königserhebung Arnulfs war es in allen Teilen des Karolingerreichs "üblich" geworden, dass die Großen den König mitbestimmten.

Walter Schlesinger: "Eine weitere Möglichkeit der Nachfolgeregelung bestand in der Auswahl eines geeigneten Kandidaten und seiner Erhebung durch die Großen des Landes. Es ist an anderer Stelle gezeigt worden, wie das Wahlprinzip, dem altfränkischen Recht wohlbekannt, Grundlage des karlingischen Königtums und für Sonderregelungen sowohl in der Divisio regnorum von 806 wie in der Ordinatio imperii von 817 vorgesehen, seit der Spätzeit Ludwigs des Frommen wieder Boden gewann und, von Aquitanien ausgehend, sich ins Westreich und nach Italien und Lothringen, schließlich auch ins Ostreich ausbreitete. Der Möglichkeit, den König zu wählen, entsprach die Möglichkeit, ihn zu verlassen, ihn abzuwählen, wie wir heute sagen würden. Die Großen Karls des Kahlen und Karls von der Provence hatten 858 und 861 entsprechende Versuche gemacht, die aber scheiterten; die Großen Lothars hatten einen solchen Versuch wenigstens erwogen."
http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a089773.pdf

Zum Stichwort "von Aquitanien ausgehend": 839 widersetzten sich dort die Großen der geplanten Reichsteilung. Sie weigerten sich, Karl den Kahlen als neuen König zu akzeptieren, und wählten stattdessen Pippin II. Dazu schreibt Schlesinger: "Es handelte sich um eine wirkliche Wahl, da nicht nur Karl der Kahle, sondern auch Pippins jüngerer Sohn ausgeschlossen wurden... Die Bedeutung dieser Vorgänge liegt darin, daß zum ersten Male beim Herrscherwechsel in karlingischer Zeit der Adel seinen Willen gegen den Willen des Königs durchgesetzt hatte."
(Karlingische Königswahlen, in: Königswahl und Thronfolge in fränkisch-karolingischer Zeit, hrsg. Eduard Hlawitschka, Damrstadt 1975)

Dass die Großen sich erfolgreich dem Willen des Königs wiedersetzten und eigenmächtig einen Nachfolger wählten, war allerdings die Ausnahme. Das habe ich oben geschrieben.

Dieser Ausnahmefall lag bei der Erhebung Arnulfs vor, nicht aber bei seinen Nachfolgern Ludwig, Konrad, Heinrich, Otto...

Das meinte ich auch mit "üblich". Du schreibst ja selbst, dass die es sich langsam wieder verbreitete und sich allmählich entwickelte. Aber es war noch nicht so, dass es bei jeder Nachfolge notwendig war. "Üblich" ist für mich die zwingend notwendige Zustimmung der Großen, unabhängig von der Situation.

Und soweit ich das gelesen habe, scheint das ab der Erhebung Konrads der Fall gewesen zu sein.
 
Es ist bei Karl unübersehbar die Reichsversammlung gemeint. Sie musste ja der keinesfalls üblichen Regelung zustimmen. Allein konnte er ja kein Recht setzen. Da ist die fragliche Institution recht klar.

Da hattest gefragt, was da für Ausnahmesituationen vorlagen, was ich erläuterte. Wieso kommst Du darauf, dass ich weitergehende Unterschiede behaupte? Das entstammt Deiner Phantasie. Zudem zäumst Du das Pferd von hinten auf. Es geht nicht um Unterschiede der Situation, sondern der Lösung. Du magst sagen, dass der typisch fränkische Thronwechsel nein Ausnahmefall aufgrund der Seltenheit war. Das ist aber gar nicht in Betracht. Hier ist die Frage, was jeweils als typisch, als recht oder Recht galt. Von der Reichsversammlung Karls bis zu Heinrich, der seine Großen erst 'integrieren' musste, um ihre Zustimmung zu erhalten, ist ein weiter Weg.

Und genau da fragte ich nach den jeweiligen Formen als Möglichkeit die Institutionalisierung der 'typisch' ostfränkischen Kür des melior pars. (Auch wenn das wie die Reichsversammlung nur in Theorie und Propaganda so war.)
 
Ich verstehe nicht ganz, was du meinst. Dir geht's darum, mit welchen "Institutionen" diese Ausnahmefälle gehandhabt wurden und nicht um die Ausnahmefälle an sich?
 
Die Frage war doch, ab wann eine Wahl als Institution gelten kann. Hierzu ist zu klären, was mit Wahl gemeint ist. Dann ist auf die Entwicklung zu sehen. Und zwar nicht auf die Regelmäßigkeit oder Unregelmäßigkeit bei der Nachfolge, sondern die dessen, wie man es -theoretisch und praktisch- handhabte.

Ausnahmen in der Situation sind nur insofern von Bedeutung, als sie ein Vorgehen auch jenseits des Üblichen bedingen und so aus Zwang und Notwendigkeit Gewohnheit werden kann. Dies war ganz konkret von Arnulf bis Konrad oder Heinrich der Fall. Hier ist dann ganz konkret die Frage, ob man seit Konrad, Heinrich oder Otto von einer Gewohnheit des Neuen zu sprechen ist.

Holt man dabei zu weit aus, kommt die Frage hinzu, wann die Institution der Entscheidungsfindung beim März-/Maifeld oder einer Reichsversammlung durch Zersetzungdatenreihen, die durch Koalitionen von Regional Mächten durchgedrückt wurde, abgelöst wird. Keine neue Frage, doch dadurch, dass 'die Königsmacht' von uns nicht mehr als Faktor ins Feld geführt wird, schwieriger zu entscheiden.

Dahingehend ist auch meine Überlegung hinsichtlich des Zusammenspiels verschiedener Ansätze einzuordnen. Wie wirkten sich kirchliche Beteiligung und traditionelle Übernahme der Positionen beim Krönungsmahl in der Entwicklung aus? Was könnte von der Reichsversammlung geblieben sein? Wie wurde Macht im Zeremoniell Ausdruck verliehen? Etc.?

Ja, die Quellen sind spärlich, aber die Fragen müssen gestellt werden.
 
Deine letzten Fragen beziehen sich darauf, ob man Rückschlüsse auf die Art und Weise nehmen kann, wie die Wahl vonstatten ging? Also z.B. durch die Stellung der Bischöfe bei der Krönung auf die Involvierung jener bei der Wahl?
 
Es gab doch gar keine Wahl. Jedenfalls nicht im heutigen Sinn. Es ging z.B. um den Konsens, nicht nur um eine Entscheidung. Wenn Du Dich nicht von der anachronistischen Vorstellung frei machst, kannst Du unter anderem, was Du gerade nachfragst nicht richtig verstehen.

Man kann natürlich ganz einfach sagen, dass sich ein König mit genug Würdenträger umgeben musste, um alle kirchlichen Funktionen (3 Bischöfe) und Hofämter besetzen zu können. Und zwar entsprechend hochrangige Würdenträger, wenn es nicht lächerlich wirken sollte. Das kann man teils recht gut verfolgen. Und das kann man zweifellos weiter ausführen.

Doch geht es mir hier um das Umgekehrte. Was sagt das, was auf uns wie ein bloßes Zeremoniell wirkt, für die Teilnahme an der Kür oder das Verfahren aus.

Eine Abstimmung reichte nicht, Herrschaft war erst, wo sie ausgeübt wurde, ohne dem kein König zu machen. Hätte Heinrich die Krönung wie gewohnt durchgeführt, wäre er König der Sachsen und Franken gewesen, nicht König des Ostfränkischen Reiches.

Form und Wirklichkeit waren nicht zu trennen.

Ohne die Mitwirkung der Großen kein König. Nicht bei den Merowingern, nicht bei den Karolingern und nicht bei den Liudolfingern. Unter einem starken König war das nicht freiwillig.

Wie ich schon gesagt habe, darf man aber auch nicht übertreiben. Macht blieb sicher der entscheidende Faktor und schon im Vorfeld fanden Verhandlungen statt. Wenn Konrad Heinrich die Insignien übersandte, war entweder er oder Eberhard mit Heinrich einig geworden. Aber wer im Zeremoniell den König als solchen herausstellen half, gleichermaßen das Reich aktualisierte, hatte ganz sicher mitzureden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Unterschied ist feiner. Die Macht des -sagen wir mal- Kandidaten, spielte ebenso eine Rolle. Und die Art und Weise der Wahl ist in dem Zusammenhang eine falsche Formulierung.

Das Zeremoniell gehörte dazu, es gab keine Wahl in heutigen Sinn und zum Teil ist das Zeremoniell die Art und Weise. In anderer Hinsicht ist nur - und das auch eingeschränkt - der Umfang des Personals zu sehen.

Aber ja, ich störe mich hier auch an der Formulierung.

Vor allem jedoch schloß ich mich im wir mit ein, als ich sagte, wir müssten uns auf mehr Aspekte beziehen: ich schließe nicht aus, dass ich da noch nicht auf alles gestoßen bin. Unbeschadet meines alleinigen Begründungsanspruch in Sachen Kalkriese, Germanicus etc. pp. ... ;)
 
Da hattest gefragt, was da für Ausnahmesituationen vorlagen

Danach habe ich nicht gefragt.

Lafayette hatte geschrieben, die 'Wahl' durch die Großen sei bis Arnulf nicht üblich gewesen, Arnulf sei ein Ausnahmefall gewesen.
Du hattest ergänzt, die vier Könige von Arnulf bis Heinrich I. seien Ausnahmefälle gewesen.

Da hatte ich nachgehakt: Was war "üblich", was waren "Ausnahmefälle"?

Was kennzeichnet Arnulf als Ausnahmefall in Abweichung vom bisher Üblichen?

Ausnahmen in der Situation sind nur insofern von Bedeutung, als sie ein Vorgehen auch jenseits des Üblichen bedingen und so aus Zwang und Notwendigkeit Gewohnheit werden kann. Dies war ganz konkret von Arnulf bis Konrad oder Heinrich der Fall. Hier ist dann ganz konkret die Frage, ob man seit Konrad, Heinrich oder Otto von einer Gewohnheit des Neuen zu sprechen ist.
Was war denn Deiner Meinung nach "das Übliche" im Ostfrankenreich vor Arnulf?
 
Das meinte ich auch mit "üblich". Du schreibst ja selbst, dass die es sich langsam wieder verbreitete und sich allmählich entwickelte. Aber es war noch nicht so, dass es bei jeder Nachfolge notwendig war. "Üblich" ist für mich die zwingend notwendige Zustimmung der Großen, unabhängig von der Situation.

Nun weiß ich nicht, ob ich Dich richtig verstanden habe.

"Üblich" hat nichts mit "zwingend notwendig" zu tun, sondern damit, dass etwas häufig bzw. gewohnheitsmäßig so gemacht wird.
 
Nun weiß ich nicht, ob ich Dich richtig verstanden habe.

"Üblich" hat nichts mit "zwingend notwendig" zu tun, sondern damit, dass etwas häufig bzw. gewohnheitsmäßig so gemacht wird.

Für mich schließt "üblich" das "zwingend notwendig" mit ein. Selbst die Habsburger, als die Kaiserwürde fast immer bei ihnen lag, waren auf die Wahl und die Zustimmung angewiesen.

"Üblich" heißt für mich, dass es notwendig war, es so durchzuführen, weil das ganze sich eben als Institution - wie Riothamus es beschrieben hat - etabliert hat.
 
"Üblich" heißt für mich, dass es notwendig war, es so durchzuführen

Dann ist Deine Definition von "üblich" eine andere als die allgemein geläufige, wie sie im Duden zu finden ist.

den allgemeinen Gewohnheiten, Gebräuchen entsprechend; in dieser Art immer wieder vorkommend

Für das, was Du meinst, würde ich lieber das Wort "obligatorisch" verwenden.

Die Frage wäre dann: Ab wann war eine Wahl durch die Großen obligatorisch?
 
Dann ist Deine Definition von "üblich" eine andere als die allgemein geläufige, wie sie im Duden zu finden ist.



Für das, was Du meinst, würde ich lieber das Wort "obligatorisch" verwenden.

Die Frage wäre dann: Ab wann war eine Wahl durch die Großen obligatorisch?

Wenn wir das auf diese Ebene herunterbrechen, "allgemeine Gewohnheiten" müssen irgendwann entstehen; und zwar aus einem Grund. Wenn dieser eben aus der zwingenden Notwendigkeit, die Großen einzubeziehen (Warum auch immer) resultiert, passt die Verwendung.

"Obligatorisch" ist die erhellendere Wortwahl. Dem kann ich mich anschließen.
 
Das Zeremoniell gehörte dazu, es gab keine Wahl in heutigen Sinn und zum Teil ist das Zeremoniell die Art und Weise. In anderer Hinsicht ist nur - und das auch eingeschränkt - der Umfang des Personals zu sehen.

Die deutsche Königswahl durchlief mehrere Entwicklungsstufen, bis sie in der Goldenen Bulle von 1356 zu festen Regeln gelangte.

In der ersten Periode stand die Königswahl unter dem beherrschenden Gedanken des Geblütsrechts. Die Wähler waren bei der Wahl an das königliche Haus gebunden. Die Thronfolge wurde dadurch noch besonders gesichert, dass der Herrscher noch zu seinen Lebzeiten seinen Sohn als Nachfolger bestimmte (Designation). Das war eine zur Folge verpflichtende Empfehlung. Die Designation wurde bis zum Ende der staufischen Zeit zur rechtlich anerkannten Form der Bestimmung der Sohnes- oder Verwandtschaftsnachfolge durch den lebenden Herrscher. Dennoch gab es auch damals schon Vertreter des freien Wahlrechts der Fürsten während des Kampfes mit Heinrich IV. auf einer Fürstenversammlung zu Forchheim im Jahr 1077.

Die zweite Periode der deutschen Königswahl, die mit dem Interregnum beginnt, stand unter dem beherrschenden Prinzip des freien Wahlrechts. Die Wahl fiel nun auf Mitglieder verschiedener Häuser wie Habsburger, Wittelsbacher und Luxemburger. Erst mit der Wahl Albrechts II. kehrte man im Jahr 1438 zur Wahl des Königs aus einem Hause zurück. Die Bevorzugung des Hauses Habsburg leitete sich nicht mehr aus dem Geblütsrecht, sondern aus der Vorrangstellung des Hauses Habsburg her.

Das Wahlverfahren beruhte zunächst nicht auf festen Regeln. Maßgebend waren die Stammesherzöge, während das Volk nur noch eine rechtlich bedeutungslose Akklamation besaß. Infolgedessen lag die Wahl in der Hand der weltlichen und geistlichen Reichsfürsten, die seit 1002 (Wahl Heinrichs II.) als selbstständige Gruppe auftraten. Dabei ist bedeutsam, dass die Wahl Einstimmigkeit erforderte, wobei nicht die Zahl, sondern das Gewicht der Stimmen entschied. Als "gewählt" wurde derjenige angesehen, "dem sich der bessere und größere Teil des Volkes zuneigte" (Thietmar von Merseburg, Chronik VI. 50). Demgemäß musste die mindere Partei die Wahlversammlung verlassen, oder sich, wenn auch erst später, der überlegenen Partei anschließen.

Bei einem Zwiespalt der Wähler konnte es zur Doppelwahl kommen, wobei der Streit um den Thron letztlich mit Waffen entschieden wurde.

Seit dem Ende des 12. Jh. begegnen vier bevorrechtigte Wahlfürsten, deren Nichtbeteiligung die Wahl ungültig machte. Das waren zunächst die drei rheinischen Erzbischöfe und der Pfalzgraf bei Rhein. Im 13. Jh. kamen nach dem Sachsenspiegel der Hezog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg hinzu, während der König von Böhmen wegen nichtdeutscher Nationalität zunächst ausgeschlossen blieb.

Im Verlauf des 14. Jh. wurde das Einstimmigkeitsprinzip durch das Mehrheitsprinzip verdrängt. Der Schwabenspiegel verpflichtete die Minderheit der Mehrheit zu folgen. Das Rhenser Kurfürstenweistum von 1338 kennt bereits das Mehrheitsprinzip bei der Königswahl, was die Goldene Bulle von 1356 endgültig festschrieb.
 
Das ist eben die Frage, ob die Designation oder die Zustimmung der Großen das entscheidende war. Da bin ich mir nicht sicher. Hast du für deine Aussage Quellen?
 
Hast du für deine Aussage Quellen?

Literatur (wenn auch keine Quellen im eigentlichen Sinn) sind hier angegeben:

Rechtsgeschichte von der römischen Antike bis zur Neuzeit



Ein paar Zitate daraus:

S. 128:

Die deutsche Königswahl hat mehrere Entwicklungsstufen durchlaufen, bis sie in der Goldenen Bulle von 1356 zu festen Rechtsregeln gelangte.
...
Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts begegnen wir vier bevorrechtigten Wahlfürsten (quorum), deren Nichtbeteiligung die Wahl ungültig machte. Es waren t die drei rheinischen Erzbischöfe und der Pfalzgraf bei Rhein. Der Sachsenspiegel nennt sechs bevorrechtigte Wahlfürsten: die eben erwähnten, den Herzog von Sachsen und den Markgrafen von Brandenburg. Den siebten, den König von Böhmen, schließt der Sachsenspiegel wegen nichtdeutscher Nationalität von der Wahl aus...

Im Verlauf des 13. Jahrhunderts wurde das Einstimmigkeitsprinzip durch das Mehrheitsprinzip verdrängt.



S. 218:

Die verschiedenen Perioden des Wahlsystems: Erst herrschte das Geblütsrecht mit der Möglichkeit der Designation des Nachfolgers; die Wahl bleib dann auf das königliche Haus beschränkt. Zuweilen erfolgte bindende Einsetzung des Nachfolgers schon zu Lebzeiten des Königs. Dieses System galt im Reich von den Ottonen bis zu den Staufern (911-1250).
Dann setzte sich das freie Wahlrecht durch, das bisweilen auch die Wahl von Gegenkönigen hervorrief. Habsburger, Wittelsbacher und Luxemburger wechselten sich ab. Diese Periode begann im Interregnum (1273 Wahl Rudolfs v. Habsburg).

Die dritte Periode, zu datieren ab der Wahl Albrechts II. 1438, brachte dann wieder die Bevorzugung eines Hauses, wobei sich das Durchsetzen der Habsburger aus ihrer Vorrangstellung ableitete.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben