Auswirkungen der 68er Bewegung

littlekeckz

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Momentan schreibe ich meine Facharbeit über die 68er Bewegung und deren Auswirkung auf die heute Politik, insbesondere die Bildungspolitik, der BRD.

Ich habe jedoch das Problem, das ich keine geeignete Fachliteratur finde :(
Kann mir da vielleicht jemand weiterhelfen?

LG littlekeckz
 
die 68er Bewegung und deren Auswirkung auf die heute Politik, insbesondere die Bildungspolitik
Ha Superthema....Unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren damit gings los....

Hochschulreform, Bildungsreform, [FONT=Helvetica, Arial]Modernisierung, Demokratisierung und Internationalisierung des Bildungswesens[/FONT]. Zugang bildungsferner Schichten zu Gymnasien und Hochschulen alles das wurde in Gang gesetzt.

Konkrete Auswirkungen sind u.a Bafög, (ab 1971), Berufsausbildungsgesetz , Frauenbildung, Oberstufenreform, stärkerer Fokus auf die Wissenschaft..das ging bis in die Mitte der 70iger Jahre. Nachdem das ganze Geld verpulvert war und es zu einer Bildungsinflation gekommen war wurde wieder das Leistungsprinzip stärker in den Vordergrund gestellt...inzwischen gehen wir aber wieder in die andere Richtung.

Gib diese Schlagworte mal bei Google ein und du findest viele weiterführende Infos und Artikel tlw. auch mit Literaturhinweisen...

Aber Achtung: das ist so ein Thema wo die Note nicht unbedingt vom fachlich sachlichen Inhalt abhängt sondern leider oft die Gesinnung des Lehrers eine noch größere Rolle spielt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Facharbeit ist wohl schon abgegeben, aber die Themenstellung finde ich interessant.

Bildungsreformen wurden seit Mitte der sechziger Jahre diskutiert. Die Reform der gymnasialen Oberstufe ist keine Konsequenz aus den "68er-Unruhen".

In den sechziger Jahren machte die Bundesrepublik einen gesellschaftlichen Wandel durch, den es auch in den USA oder anderen westeuropäischen Ländern gab. Es kam zu einer Liberalisierung der Mode, der Sexualität und der gesellschaftlichen Umgangsformen. In Deutschland begann die Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus.

Ob das radikale Vokabular der 68er wirklich etwas verändert hat, möchte ich bezweifeln.
 
Eine weitere Wirkungen der 68er war die Entwicklung der "Spontis" und der damit zeitlich zusammenhängende Wunsch des "linken" Milieus, über eine Zeitung zu verfügen, die sich in der Berichterstattung nicht dem politischen, bürgerlichen Mainstream anpassen muss oder will.

Und zur Gründung der "taz" führte, unter nicht unerheblichen finanziellen Geburtswehen. Wie insgesamt ein sehr buntes Publikationsspektrum, eingebettet in eine sehr bunte Landschaft alternativer Projekte (vgl. z.B. die damaligen "Stattbücher" aus West-Berlin), in den achtziger Jahren vorhanden war.

Berlin in den Sechzigern und Siebzigern: Erinnerungen eines Spontis - SPIEGEL ONLINE
 
Ein Teil der politisch aktiven Studenten wandte sich der SPD zu. Innerhalb dieser Partei kam es in den frühen siebziger Jahren zu einer sozialistischen Theoriediskussion, die sich vom sozialliberalen Pragmatismus des Godesberger Programms aus dem Jahr 1959 deutlich unterschied.

Zu den Spätfolgen gehören auch die neuen sozialen Bewegungen, die sich in der zweiten Hälfte der siebziger Jahren formierten (Friedensbewegung, Umweltbewegung); thanepower hat es ja angesprochen.

1980 ging daraus die Partei "Die Grünen" hervor. Die "taz" wäre ohne das Jahr 1968 wohl undenkbar.
 
Wir haben im Jahr 2018 auch das fünfzigjährige Jubiläum, das an die 68er Bewegung erinnert. Nur zu gern wird es ignoriert. Und das ist kein Zufall, sondern eine bedenkliche Entwicklung im historischen Narrativ, wie Lucke es ganz nachvollziehbar darstellt.

https://www.blaetter.de/archiv/jahr...re-afd-von-der-revolte-zur-»konterrevolution«

Eine gute komparative Darstellung findet sich bei Frei.

Frei, Norbert (2018): 1968. Jugendrevolte und globaler Protest. A. München: dtv
 
Ein genereller Indikator für den Zustand einer demokratisch verfassten Zivilgesellschaft, seit der grundlegenden Studie von Almond und Verba, ist die Frage der politischen Partizipation. Ursprünglich eher im Bereich der traditionellen Unterstützung lokaler oder regionaler politischer oder kultureller Aktivitäten von Almond und Verba thematisiert, hat sich das Spektrum der Aktivitäten in den Bereich der unkonventionellen politischen Partizipation verschoben, wie bei Barnes und Kaase komparativ dargestellt. Diese Entwicklung war eingebettet in eine Verschiebung des Wertesystems, den Inglehart als "Silent Revolution" beschrieben hat.

Die Zunahme sowohl von Formen der unkonventionellen politischen Partizipation, seit der Apo und den Demonstration der anti-AKW-Bewegung, wie auch die zunehmende Betonung von Werten der Selbstverwirklichung und der Partizipation in den siebziger und achtziger Jahren haben im Ergebnis ein konfliktreiches Spannungsverhältnis zwischen dem Prinzip der Repräsentation in den Parlamenten und Formen der direkten Demokratie entstehen lassen.

Die Demonstrationen der Apo verliefen zwar nicht unter dem Motto "Wir sind das Volk", aber es wurde unter dem Anspruch einer generalisierten Vernunft und Gerechtigkeit, universelle politische Forderungen formuliert. Und durch die Formulierung eine parallele Agenda erzeugt, die teilweise im bewußten Widerspruch zu der Agenda der etablierten politischen Parteien stand.

Über die Wirkung der Massenmedien auf die Meinungsbildung in der Bevölkerung konnten die Forderungen der alternativen "sozialen Bewegungen" einen gewissen Druck gegenüber den etablierten Parteien aufbauen und so das Regierungshandeln im positiven wie im negativen beeinflussen.

In der Logik dieser politischen Mechanik bewegten sich in der Tradition der Bürgerrechtsbwegungen, u.a. der "Apo", die Bürgerrechtler der DDR. Es bewegten sich aber auch in dieser Logik rechtspopulistische Bewegungen, die mit "Wir sind das Volk" den Anspruch formulierten, gleichwertig in die Politikformulierung eingreifen zu können wie die Abgeordneten im Rahmen der repräsentativen Demokratie.

Das interessante, dass in der Folge passierte ist, dass es zu einem asymmetrischen Konflikt zweier "sozialer Bewegungen" kommt, indem die "rechten Populisten" Exklusion betreiben wollen und nebenher eine Leugnung des menscheninduzierten Klimawandels vornehmen und damit in einen Konflikt zu den "wissenschaftsorientierten Klimaaktivisten" kommen.

Das ist deswegen theoretisch und historisch interessant, weil hier zwei politische Sichten, die sich über die Mobilisierung auf der "Straße" Geltung verschafft haben, aufeinander treffen. Im Ergebnis tritt eine Rivalität dieser politischen Programme auf und vor allem ergibt sich daraus die Frage, welche Formation für "das Volk" sprechen kann.

Die Legitimierung der eigenen politischen Programmatik ergibt sich dabei in der Regel als ein Akt der Akklamation, abgesegnet durch die massenhafte Teilnahme an Demonstrationen oder Versammlungen. Sofern eine der Gruppierungen eine deutlich höhere Anzahl der Teilnehmer mobilisiert beansprucht sie im außerparlamentarischen Bereich "für das Volk zu sprechen".

Unter dieser Perspektive kann man unschwer erkennen, dass die Viralität einer Zivilgesellschaft - auch als Ergebnis der 68er/Apo - derzeit auf das Positivste unter Beweis gestellt wird. Und die Enkel der 68er einen gewaltigen Einfluss auf die Politikformulierung der nächsten Dekaden haben werden, da ihr Protest sich ähnlich wie der der 68er zunächst über die Wirkung der Massenmedien direkt auswirkt und indirekt durch organisationelles / parteiliches Engagement zeitverzögert auswirken wird.

Almond, Gabriel A.; Verba, Sidney (1965): The Civic Culture. Political Attitudes and Democracy in Five Nations. An Analytic Study. Boston: Little, Brown.
Barnes, Samuel Henry; Kaase, Max (Hg.) (1979): Political action. Mass participation in five western democracies. Beverly Hills, London: Sage Publications.
Inglehart, Ronald (1977): The silent revolution. Changing values and political styles among Western publics.
 
Unter dieser Perspektive kann man unschwer erkennen, dass die Viralität einer Zivilgesellschaft - auch als Ergebnis der 68er/Apo - derzeit auf das Positivste unter Beweis gestellt wird.
Thane, das versteh ich nicht.
Heißt das die "Viralität" hat sich verstärkt und in diesem Sinn "auf das Positivste" entwickelt,
oder verheißt deren Entwicklung Positives?
 
Damit sollte gesagt werden, dass die neue soziale Bewegung zum Klimaschutz zeigt, dass die klassischen Ideale einer partizipationsorientierten Demokratie, wie von Verba und Nie formuliert, wieder und verstärkt an Bedeutung gewinnen. Und an zentralen Themen sich immer wieder soziale Bewegungen formieren, wie zuletzt bei dem Kampf gegen die Stationierung - in West und Ost - von Mittelstreckenraketen in Europa.
 
Nach so viel Lob ist es aber Zeit für ein bisschen Kritik.
  • "Aus heutiger Sicht lag die 68er-Bewegung exakt in dem Trend, der zur Konsumgesellschaft führt. Ohne es zu ahnen, waren wir, die westdeutschen Früh-Hedonisten, die Labormäuse des totalen Konsumismus."
  • "Eine bleibende Kulturleistung der 68er besteht darin, dass sie die deutsche Gesellschaft in ein Kollektiv von Halbkranken umgeschaffen haben." - Peter Sloterdijk, FOCUS 31/2005, Interview: "Die Freigabe aller Dinge", S. 51
 
Horst Mahler redet heute auch anders über die 68er, als er es vielleicht um 1975 getan hätte. Die Frage ist, ob das alles so aussagekräftig ist.
 
Nach so viel Lob ist es aber Zeit für ein bisschen Kritik.

Da verwechselst Du offensichtlich die Einordnung von sozialen Bewegungen durch die Politologie und "Lob". Es ging dabei um die Frage, welche Werte eine Zivilgesellschaft aus der Sicht der Demokratietheorie bzw. der empirischen Studien zur politischen Soziologie ausmacht.

Die Ausführungen zur "Früh-Hedonisten" bzw. zu dem "Kollektiv von Halbkranken" entspringen dabei im wesentlichen der Phantasie von "Philosophen". Für mich schlichtweg empirisch kaum verifizierbare abwegige Unterstellungen und ich kenne ein wenig die - empirische - Literatur zu dem Thema "Wertewandel" und "Neue Soziale Bewegungen" (vgl. z.B. Brand) .

Folgt man beispielsweise der empirisch angeleiteten Sicht von Thome, der eng mit Inglehart, Klingemann, Barnes u.a. zusammengearbeitet hat, kann man parallel zur Existenz des Wertewandes und zu den politischen Folgen von 68 erkennen, dass sich Erziehungsstile nach 1970 deutlich verändern und den selbstbestimmten Menschen als Leitbild in den Vordergrund stellen. Und ebenso das politische Interesse sich deutlich verstärkt, so die Ergebnisse der entsprechenden - teil komparativ angelegten - Studien. (Thome, S. 411 und 412).

Dieses ist deswegen so relevant, weil es vor dem Hintergrund von Schelsky`s Befunden zur "skeptischen Generation" zu interpretieren ist und den tiefgreifenden sozialen Wandel nach 1968 veranschaulicht.

Das läßt sich aber auch anhand der Beiträge in Klages & Kmieciak (Hg) Wertewandel und gesellschaftlicher Wandel (1979) und Matthes (Hg): Sozialer Wandel in Westeuropa verdeutlichen.

Ansonsten geht es um die Kontinuitäten oder Brüche einer partizipationsorientierten Demokratie. Wie gesagt ein zentraler Wert in der Diskussion über "Civic Culture" (Almond & Verba) und der wichtigen Studie von Lipset zum "Political Man".

Brand, Karl-Werner (1982): Neue soziale Bewegungen. Entstehung Funktion und Perspektive neuer Protestpotentiale ; eine Zwischenbilanz. Opladen: Westdt. Verl.
Brand, Karl-Werner (1985): Neue soziale Bewegungen in Westeuropa und den USA. E. internationaler Vergleich.
Thome, Helmut (2005): Wertewandel in Europa. In: Hans Joas und Klaus Wiegandt (Hg.): Die kulturellen Werte Europas. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verl. , S. 386–443.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine gute komparative Darstellung findet sich bei Frei.

Frei, Norbert (2018): 1968. Jugendrevolte und globaler Protest. A. München: dtv

Zu ergänzen wäre der Hinweis auf die Darstellung bei Kraushaar, die sich ebenfalls kenntnisreich und reflektiert ihrem Thema nähert.

Kraushaar, Wolfgang (2000): 1968 als Mythos, Chiffre und Zäsur. Hamburg: Hamburger Edition.
 
Nach so viel Lob ist es aber Zeit für ein bisschen Kritik.

Was ist eigentlich von einer - angeblichen - "Kritik" zu halten, die sich auf Wiki-Textschnipsel reduziert. Und die Vermutung nahelegt, dass "Opteryx" auch nicht erklären kann, in welchem inhaltlichen Kontext diese - angebliche - "Kritik" formuliert wurde.

Allerdings mag man konzidieren, dass das konfuse Zeug, das Sloterdijk von sich gibt, sich auch nicht so ohne weiteres erschließt, geschweige eine stringente oder gar plausible Analyse darstellen würde. Aber vermutlich muss man "Philosoph" sein, um das zu verstehen.

Aber "Opteryx" wird das sicherlich alles noch richtig stellen, wie denn diese angebliche Textschnipsel-Kritik denn nun wirklich zu verstehen sei. Und warum Dutschke der Messias des hemmungslosen Konsumerismus sei. Bin schon sehr gespannt und frage mich mit Münkler: "Weiss er was er will?"
 
Nun, ich bin kein Philosoph und kann nur von meiner langjährigen DDR-Ausbildung zehren. Aber das Internet ist voll von Hinweisen, die Sloterdijk bestätigen. Da finden sich Erklärungen für die Umkehr des angeblichen Anti-Konsum-Verhaltens (Ente CV) und für das leidige Familienproblem. Und hier zusammengefasst (Cicero).
"Der Freibrief zur schrankenlosen Selbstfindung
Doch die Studenten von 68 lasen nicht mehr Marx. Sie lasen Herbert Marcuse und Erich Fromm. Und dort fanden sie alles, was man als Sprössling einer prosperierenden Wohlstandgesellschaft braucht, um den eigenen Narzissmus und Hedonismus intellektuell zu rechtfertigen: die Idee, sexuelle Libertinage würde zu einer besseren Gesellschaft führen. Die Vorstellung, dass die Familie so etwas wie die Keimzelle faschistischer Gesellschaftsstrukturen ist. Und die Emanzipation von allen Bindungen eine Voraussetzung seelischer Gesundheit.
Mit kritischer Gesellschaftsanalyse hatte das nur auf den ersten Blick etwas zu tun. Tatsächlich war es der ideologische Freibrief für einen als antiautoritäres Selbstfindungsgetue getarnten Egoismus und grenzenlosen Konsum. Das war nicht links, das war als gesellschaftspolitische Subversion daherkommender Hedonismus."
 
Doch die Studenten von 68 lasen nicht mehr Marx. Sie lasen Herbert Marcuse und Erich Fromm. Und dort fanden sie alles, was man als Sprössling einer prosperierenden Wohlstandgesellschaft braucht, um den eigenen Narzissmus und Hedonismus intellektuell zu rechtfertigen: die Idee, sexuelle Libertinage würde zu einer besseren Gesellschaft führen.
Zum einen klingt das nach ner relativ einseitigen Einschätzung. Darf ich mal fragen wer derlei behauptet und woher derjenige zu wissen meint, was die 68er so lasen und was nicht?
Ferner inwiefern ist die Tatsache etwas gelesen zu haben damit gleichzusetzen es inhaltlich zu übernehmen? Ich würde meinen keineswegs.
Klingt mir mehr nach unbelegtem Gefasel als nach Substanziellem.

Die Vorstellung, dass die Familie so etwas wie die Keimzelle faschistischer Gesellschaftsstrukturen ist.
Darf ich mal fragen, wer derartige Vorstellungen jemals expressis verbis vertreten haben sollte?

Und die Emanzipation von allen Bindungen eine Voraussetzung seelischer Gesundheit.
Ich vermute mal da fehlt ein "sei". Ein Beleg dafür ist dann bezeichnenderweise auch nicht dabei.

Mit kritischer Gesellschaftsanalyse hatte das nur auf den ersten Blick etwas zu tun. Tatsächlich war es der ideologische Freibrief für einen als antiautoritäres Selbstfindungsgetue getarnten Egoismus und grenzenlosen Konsum. Das war nicht links, das war als gesellschaftspolitische Subversion daherkommender Hedonismus."
So weit mir bekannt haben weite Teile der 68er Generation auch nie für sich in Anspruch genommen expressis verbis links zu sein, sondern lediglich mit den post-NS-Strukturen der frühen Bundesrepublik nicht einvestanden zu sein.
Seit wann benötigt eine antiautoritäre Lebensweise oder das Bedürfnis nach Selbstfindung eigentlich irgendeine Art von "ideologischem Freibrief"? Ich würde ja meinen in post-totalitären Gesellschaften ist das Gegenteil der Fall und den ideologischen Freibrief benötigte eher der Versuch derlei zu unterbinden.
 
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