Die Frau als Herrscherin

MargraveoftheEast

Neues Mitglied
Es erscheint zwar unrealistisch, aber glaubt ihr, es wäre möglich gewesen, dass im streng religiösen Mittelalter eine Frau (etwa eine Witwe) als Lehnsherrin hätte agieren können?
Gibt es denn sogar bekannte Fälle, die in diese Rcihtung tendieren?
 
Im Frühmittelalter, bei den Merowingern, gab es die aus dynastischen Gründen allein regierenden Königinnen Brunichildis und Balthild; bei den Ostgoten Königin Amalaswintha.
 
Natürlich gibt es das, etwa Königin Margarethe von Dänemark, Kaiserin Theophanu, Eleonore von Aquitanien und so weiter...
 
Es gab Frauenstifte, wie Essen oder Quedlinburg, das waren Landesherrschaften. Es gab Königinnen, wie die sehr katholische Isabel oder ihre indirekte Vorfahrin Urraca von Kastilien. Katharina von Medici regierte Frankreich, Marie de Guise für ihre Tochter, die im Alter von sechs Tagen Königin Schottlands wurde und später nach Frankreich ging, wo bereits erwähnte Katharina von Medici ihre Schwiegermutter wurde, und kehrte nachdem sie verwitwete nach Schottland zurück um sich dort der Reformation zu stellen. (John Knox, der Reformator von Schotland (Calvinisten/Presbyterianer) verglich sie - in der Tauf oder Krönungspredigt von James VI., ihrem Sohn, mit der in der Bibel als Enkelmörderin aus Machterhaltungsgründen schlecht wegkommenden Königin Athalya). In der Kreuzzugszeit gab es auch die ein oder andere Ehefrau, die für ihren Mann, der auf Kreuzzug war, die Landesgeschäfte führte.
 
Ich habe gerade erst ein interessantes Buch (Joanna Arman) über Aethelflaed von Wessex und Mercia gelesen, die im 10. Jahrhundert nach dem Tod ihres Mannes als Lady of Mercia über selbiges geherrscht hat, bis zu ihrem eigenen Tod.
Die Autorin erwähnt auch noch andere, spätere Bsp. wie zB Mathilde von Canossa.
 
Blanka von Kastilien übernahm 1226 in Frankreich nach dem Tod ihres Mannes, König Ludwig VIII., die Regentschaft für ihren Sohn Ludwig IX.. Als dieser 1248 zum Kreuzzug in den Orient aufbrach, wurden ihr erneut die Zügel des Staates anvertraut.

In Spanien konnte 1109 sogar die schon erwähnte Königin Urraca als erste Monarchin Europas überhaupt aus eigenem Erbrecht, die Herrschaft über das Reich ihres Vaters König Alfons VI. antreten.

Herrschaft erben und ausüben, dass konnten Frauen im Mittelalter sehr wohl, sofern ihnen das anerkannte Erbrecht die dynastische Nachfolge in einem feudalherrlichen Rechtstitel erlaubte. Und dort wo nicht, konnten Frauen unter Umständen im Namen ihrer Männer, oder Söhne Herrschaft übernehmen. Im Großen, also bei Königinnen und Kaiserinnen, geschah das sicher etwas seltener als bei den "Kleinen", den vielen Feudalherrschaften (Herzöge, Grafen, Herren/Seigneurs ect.). Dort konnten Frauen, sofern sie keine Brüder hatten, direkt das Erbe des Vaters antreten, oder hatten hier viel öfter ihre abwesenden Männer und unmündigen Söhne vertreten müssen.
 
In Spanien konnte 1109 sogar die schon erwähnte Königin Urraca als erste Monarchin Europas überhaupt aus eigenem Erbrecht, die Herrschaft über das Reich ihres Vaters König Alfons VI. antreten.
Aber erst, nachdem ihr ca. fünfzehnjähriger Bruder Sancho 1108 in der Schlacht von Úcles ums Leben gekommen war (García Ordóñez, Vertrauter seines Vaters und ewiger Gegenspiel des Cid, das Schiefmaul des Epos, soll den vom Pferd gefallenen Prinzen noch gegen almoravidische Krieger verteidigt haben, konnte aber den Prinzen und auch sein eigenes Leben nicht retten). Die 28jährige war damals Mutter eines dreijährigen Sohns (des späteren Alfons VII.) und bereits seit zwei Jahren verwitwet.

Mathilde von Tuszien, die Triere nannte, ist natürlich eine der schillerndsten Frauengestalten des 11./12. Jhdts. Ich schätze mal, ohne sie hätte die päpstlich Partei im Investiturstreit keine Chance gehabt. Bzw. hätte sie für die kaiserliche Seite Partei ergriffen, wäre die Geschichte anders verlaufen. (Das klingt jetzt unbeabsichtigt wertend, ist aber rein feststellend gemeint.)
 
Mathilde von Tuszien, die Triere nannte, ist natürlich eine der schillerndsten Frauengestalten des 11./12. Jhdts. Ich schätze mal, ohne sie hätte die päpstlich Partei im Investiturstreit keine Chance gehabt. Bzw. hätte sie für die kaiserliche Seite Partei ergriffen, wäre die Geschichte anders verlaufen. (Das klingt jetzt unbeabsichtigt wertend, ist aber rein feststellend gemeint.)
Bei ihr muß ich ja immer an das üble Ende denken, das ihr Mann fand und sie zur Regierung brachte: bekam auf dem Donnerbalken sitzend von einem Attentäter von unten ein Schwert in den Leib gerammt...
 
Trotzdem fällt es ein wenig auf, dass es gerade in den deutschen Landen recht wenige solcher Fälle gibt, wenn überhaupt, dann eher Westeuropa...oder ist das nur mein perönlicher Eindruck?
 
Trotzdem fällt es ein wenig auf, dass es gerade in den deutschen Landen recht wenige solcher Fälle gibt, wenn überhaupt, dann eher Westeuropa...oder ist das nur mein perönlicher Eindruck?

Im ostfränkischen/teutonischen Regnum galt flächendeckend das salische Erbrecht, wonach Frauen kein Erbrecht inne hatten. Rechtstitel galten hier als erledigt, wenn keine männlichen Erben des letzten Inhabers zur Verfügung standen.

In den Feudalordnungen des westfränkischen/französischen Regnums, der spanischen Reiche und in England gab es das nicht. Wenn dort keine Söhne da waren, konnten auch Töchter ein Rechtstitel/Lehen erben, siehe die Königin Urraca, die Herzogin Eleonore ect. Nur im Bezug auf das Königtum wurde in Frankreich im 14. Jahrhundert die Lex Salica geltend gemacht.
 
Zurück
Oben