Das Berliner Olympiastadion und die NS-Archtektur im Kontext ihrer Zeit

Divico

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Es hat ja auch niemand gefordert, das Olympia-Stadion in Berlin abzureißen, obwohl es auch der Innen- und Außendarstellung des NS-Systems gedient hatte.
Das Berliner Olympiastadion wurde allerdings schon vor der 'Machtergreifung' geplant. Und wenn ich nicht irre, hatte der Architekt March zunächst eine moderne Glasfassade vorgesehen, die aber dem Hobbyarchitekten und Führer missfiel und daher weggelassen wurde — und leider auch bei der nicht allzu lang zurückliegenden Renovierung nicht verwirklicht wurde. Vielleicht beim nächsten Mal?
 
bei der nicht allzu lang zurückliegenden Renovierung nicht verwirklicht wurde.
Na, immerhin hat man durch das Dach schon ganz ordentlich das Erscheinungsbild "modifiziert".

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... nun lass die Berliner doch erst einmal den Flughafen fertigstellen! ;)
Falls der doch noch abgerissen werden muss, könnte man immerhin die Glasfassaden am Olympiastadion als Spolien verbauen. ;)

Nebenbei finde ich es faszinierend, welche moderne Leichtigkeit das Stadion mit Verglasung vermittelt, während gleichzeitig der braune Stank völlig verfliegt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, das wäre mal was Schönes für eine Bürgerinitiative. Ich fürchte aber, sie würden das Glas farblich an das Dach anpassen. Also kein Lernen aus der Geschichte.
 
Ja, das wäre mal was Schönes für eine Bürgerinitiative. Ich fürchte aber, sie würden das Glas farblich an das Dach anpassen. Also kein Lernen aus der Geschichte.
À propos Bürgerinitiative — hat es eigentlich jemals eine solche gegeben, die sich um eine zumindest symbolische Rückführung der im Zuge des Zweiten Weltkriegs konfiszierten 'Hollandräder' bemüht hätte?

In den Niederlanden ist das durchaus noch ein Thema.
 
... während gleichzeitig der braune Stank völlig verfliegt.
"Völlig verfliegen" würde er, wenn man das Ding abreißen würde.

Die Frage ist:
Versuchen wir, nach Möglichkeit die Vergangenheit zu retuschieren, zu verschönern? Dann brauchen wir keinen Denkmalschutz.
Oder versuchen wir, nach Möglichkeit das, was damals gebaut wurde, zu erhalten? Und zwar so, wie es nun mal damals gebaut wurde, auch wenn uns was anderes heute lieber wäre?
 
Die Frage ist:
Versuchen wir, nach Möglichkeit die Vergangenheit zu retuschieren, zu verschönern? Dann brauchen wir keinen Denkmalschutz.
Oder versuchen wir, nach Möglichkeit das, was damals gebaut wurde, zu erhalten? Und zwar so, wie es nun mal damals gebaut wurde, auch wenn uns was anderes heute lieber wäre?
So sehr ich Dein Argument prinzipiell unterstütze, liegt hier der Fall doch anders. March hatte ein sensationell modernes Stadion mit antiken Anklängen geplant — aber dann fiel die Bauherrenschaft plötzlich in die Hände der Nationalsozialisten und die Pläne wurden im Sinne deren Anführers nachträglich geändert.

Die Olympischen Sommerspiele 1936 wurden an das Deutschland der Weimarer Republik vergeben. In dieser Zeit fanden auch noch die wesentlichen Planungen statt. Warum sollte also eine Restauration nicht den ursprünglich vom Architekten gewünschten Zustand rekonstruieren?
 
So sehr ich Dein Argument prinzipiell unterstütze, liegt hier der Fall doch anders. March hatte ein sensationell modernes Stadion mit antiken Anklängen geplant — aber dann fiel die Bauherrenschaft plötzlich in die Hände der Nationalsozialisten und die Pläne wurden im Sinne deren Anführers nachträglich geändert.

Die Olympischen Sommerspiele 1936 wurden an das Deutschland der Weimarer Republik vergeben. In dieser Zeit fanden auch noch die wesentlichen Planungen statt. Warum sollte also eine Restauration nicht den ursprünglich vom Architekten gewünschten Zustand rekonstruieren?

Genau das ist die doch hier die Frage: Wollen wir das, was nun mal gebaut wurde, erhalten - oder Wunschvorstellungen verwirklichen, die damals leider nicht verwirklicht werden konnten, weil die Geschichte nun mal anders verlaufen ist?
 
Genau das ist die doch hier die Frage: Wollen wir das, was nun mal gebaut wurde, erhalten - oder Wunschvorstellungen verwirklichen, die damals leider nicht verwirklicht werden konnten, weil die Geschichte nun mal anders verlaufen ist?
Die Frage ist durchaus angebracht, aber in diesem speziellen Fall sehe ich es anders. March ist der Architekt gewesen, nicht Hitler oder Speer — darum sollte sein Entwurf maßgeblich sein.
 
Na, immerhin hat man durch das Dach schon ganz ordentlich das Erscheinungsbild "modifiziert".

Anhang anzeigen 18957

Anhang anzeigen 18958

Hierbei möchte ich noch die Frage stellen, ob die NS-Architektur nicht auch ein Kind ihrer Zeit ist. Anders herum gefragt: wie unterscheidet sich diese Architektur von der zeitgleich entstandenen Architektur in demokratischen Ländern? (Die Frage stelle ich ergebnisoffen, nicht rhetorisch).



Und die NS-Architektur entstand ja auch nicht aus dem Nichts, sondern griff auch auf architektonische Vorbilder zurück.

Gerade das Olympiastadion erinnert doch sehr an antike Amphitheater:

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Amphitheater von Verona

Und auch das "Dach" ist auch nicht wirklich neu.

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(Modell des Kolosseums in der Antike)
 
... und er hat das Stadion letztlich so geplant, wie es dann auch gebaut wurde.
Das behauptet ein HdK-Prof in den 1990ern und widerspricht sich selbst wenn er sagt: "Der erste Entwurf von March, den Hitler nach Speers Bericht beanstandete, ist nach Januar 1933 erstellt worden. Der Entwurf ist Nazi-Architektur".

Warum hat Hitler beanstandet, wenn es doch "Nazi-Architektur" war? Zudem ist es doch völlig unglaubwürdig, die Deutschen hätten erst drei Jahre vor den Spielen mit der Planung des Olympiastadions begonnen — also erst nach Hitlers Machtübernahme.
 
Zudem ist es doch völlig unglaubwürdig, die Deutschen hätten erst drei Jahre vor den Spielen mit der Planung des Olympiastadions begonnen — also erst nach Hitlers Machtübernahme.
So schreibt es einer, der es wissen muss:
https://diglib.tugraz.at/download.php?id=4d8a00732545c&location=browse


Es ist aber angekommen, dass das Stadion deswegen ein historisches Denkmal ist, weil es aus historischen Gründen genauso gebaut wurde, wie es gebaut worden ist?
 
Nicht Speer, sondern March. Werner March.
Meinst Du, der Text wäre überliefert, wenn er darin etwa beklagt hätte wie Hitler und Speer seinen ursprünglichen Entwurf ruiniert hatten? Dass March sich dem braunen Zeitgeist unterworfen hat steht ohnehin außer Frage. (Für solche schönen Aufträge würde wohl auch heute noch manch einer in eine Partei eintreten, oder diese zumindest anderweitig unterstützen...)
 
Amphitheater von Verona
Das wird ja regelmäßig für Konzerte und insbesondere Opern genutzt.
Ein modernes Dach hat man aber nicht darüber gebaut.
Wenn es regnet, sitzt man im Regenmantel da und hofft, dass der Regen aufhört und die Veranstaltung im Lauf des Abends doch noch irgendwann fortgesetzt wird.

Ein Anlauf, doch ein Dach drüberzuschieben, wurde aus Denkmalschutzgründen gestoppt:

Die Arena von Verona bekommt nun doch kein Regendach. Die Denkmalschutzbehörde der norditalienischen Stadt ist sich darin mit dem Bürgermeister einig: „Dieses Juwel mit einer Überdachung zu entstellen, wäre nicht nur eine Wunde für das Amphitheater, sondern für den gesamten Platz“, sagte Stadtoberhaupt Federico Sboarina. Das historische Zentrum von Verona gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. Die Hamburger Architekten Gerkan, Marg und Partner sowie die Stuttgarter Ingenieure von Schlaich Bergermann Partner hatten 2017 einen Ideenwettbewerb für das Projekt gewonnen. Es sollte eine Art Segel entstehen, das auch zur Seite geschoben werden kann. Das römische Amphitheater wurde vor mehr als 2000 Jahren und wird heute für Opernaufführungen und Konzerte genutzt.
- Amphitheater von Verona bekommt kein Dach
 
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