Eben, das ist doch schon mal was.
Wie gesagt, würde man hier auf dieser Ebene das Kaiserreich mit der 3. Repubik vergleichen und das ganze auf Budget pro Kopf oder am Anteil der eingezogenen Wehrpflichtigen oder an der Kopfstärke des Friedenspräsenzheeres gemessen an der Bevölkerung vergleichen, müsste man unweigerlich zu dem Ergebniss kommen, dass die 3. Republik deutlich militaristischer gewesen sein müsste, als das Kaiserreich.
Selbiges im übrigen auch, wenn man betrachtet, welche kriegerischen Auseinandersetzungen sich beide Staaten von 1871-1914 leisteten.
Da steht bei beiden die internationale Aktion gegen China zu Buche, auf französischer Seite allerdings auch noch eine recht blutige Auseinandersetzung mit dem Qing-Reich und Annam, um der Erweiterung des französischen Kolonialbesitzes in Ostasien wegen.
Insofern, wenn man es quantitativ an der Stärke des Heeres gemessen an der Bevölkerungsgröße, den monetären Aufwendungen im Vergleich zur Wirtschaftskraft oder der Anzahl der größeren Kriegerischen Auseinandersetzungen, losgelöst von der Niederschlagung von Aufständen in den eigenen Kolonien, betrachten und das zur Maßgabe nehmen wollte, wie militaristisch ein Staatswesen denn gewesen wäre, dann wäre die Feststellung, dass es im europäischen vergleich einen besonderen deutschen Militarismus gegeben hätte, reichlich absurd.
Insofern, sind Militärausgaben vielleicht ein Indikator für das soziale Ansehen der Truppe, aber aus sozialem Ansehen resultiert noch lange kein faktischer politischer Einfluss.
Davon einmal abgesehen, spielen da ja auch noch strategische Notwendigkeiten eine gewisse Rolle.
Wenn man hier wieder das Kaiserreich mit der 3. Republik vergleichen wollte, wäre hier genau so, wie die tendeziell größeren militärischen Aufwendungen Frankreichs auch festzuhalten, dass diese schlicht nötig waren um gegenüber dem demographisch und wirtschaftlich mittlerweile überlegenen Kaiserreich eine ernstzunehmende Gegenmacht aufzubauen.
Insofern lässt sich beispielsweise am Fall der 3. Republik auch gut infrage stellen, ob die Militärausgaben zwangsweise mit dem Ansehen des Militärs innerhalb des jeweiligen Staatswesens eindeutig korrespondieren.
Denn wenn dem der Fall wäre und das obendrein noch mit Einfluss des Militärs in der Politik korrespondieren würde, wäre absolut nicht einzusehen, warum die zivile Regierung in Frankreich Joffre an der relativ kurzen Leine hatte, die des Kaiserreichs Moltke und Falkenhayn aber nicht.
Das widerspricht sich offensichtlich.
Was ich auch nicht ganz nachvollziehen kann, ist der Versuch der Beweisführung weiter oben, dass England im Gegensatz zum Kaiserreich keine Wehrpflichtarmee hatte und die Gesellschaft damit nicht in dem Maße durchmilitarisiert worden sei.
Wäre auf Grund der Notwendigleit die große Flotte zu unterhalten und laufend zu modernisieren, zum einen wirtschaftlich nicht ohne weiteres machbar gewesen.
Zum anderen ist es ja nicht so, dass in Deutschland die Militärs besonders erpicht darauf gewesen wären, möglichst weite Teile der Bevölkerung durchzumilitarisieren.
Gerade des Ansehen des Militärs und seiner oberen Ränge hatte ja durchaus auch etwas mit ihrer Exklusivität zu tun.
Insofern standen Ansehen und Exklusivität als Interessen des adeligen Offizierscorps ab einem gewissen Punkt ja durchaus auch der weiteren Heeresvermehrung entgegen, bedeutete die doch immerhin auch mehr Bürgerliche in den höheren Rängen.