Wurden Hitlerfans, die es übertrieben wirklich weggesperrt?

Ich habe neulich das Buch "Hitlers Kinder" von Guido Knopp gelesen, und darin stand, es auch Frauen und Mädchen gab, die Hitler Liebesbriefe schrieben, und meistens bekamen sie dann einen höflichen Formbrief vom Reichsministerium zurück.
Einige Frauen und Mädchen hätten aber immer wieder Liebesbriefe geschrieben, und diese seien dann in Anstalten eingewiesen wurden.
Ist das tatsächlich möglich, dass damals Menschen bestraft wurden, die es mit dem Hitlerwahn ein wenig übertrieben und immer wieder Liebesbriefe an den brutalen Demagogen schrieben?
Gibt es belegte Fälle über weibliche Hitlerfans, die wegen ihres Fanatismus in die Irrenanstalt mussten?
Ich fand das etwas seltsam, wenn ich Fotos aus der Hitlerzeit sehe, wie sie alle fanatisch den Arm heben und Hitler anschauen als ob er Gott persönlich wäre, hab ich immer den Eindruck, fast alle Leute wären damals ein Fall für die Irrenanstalt gewesen, so wirklich normal waren ja alle diese Hitlerfanatiker nicht, ihr verklärter, völlig irrer Gesichtsausdruck auf den Bildern macht mir immer Angst und ist für mich nur völlig unverständlich.
Konnte man damals wirklich eingesperrt werden, wenn man diesem wahnsinnigen Massenmörder mehrere Liebesbriefe schrieb?
Kennt jemand vielleicht hier so einen Fall? Knopp hat leider in seinem Buch keinen Beispielfall genannt.
Mich wundert es jedenfalls, ich hätte eher gedacht, das Regime hätte die totale Verehrung Hitlers gewollt, es wurden ja damals extra viele Fotos von weiblichen Hitlerfans, wie sie ihr Idol jubelnd umringen wie man heute einen Popstar umringen würde, gemacht.
Reichten da wirklich ein paar Liebesbriefe an Hitler, damit junge Mädchen und Frauen eingesperrt wurden?
 
Kurz gegooglet, das hier gefunden:

All die Briefe an den „süßen Adilie“ erreichten Hitler nie. Sie wurden seinerzeit von Beamten der Reichskanzlei gesichtet und zu den Akten gelegt. Jene Frauen, die dem Führer ihre Liebe allzu überschwänglich offenbarten, wurden zudem häufig unter Überwachung gestellt und mitunter vom Sicherheitsdienst bedroht. Einige von ihnen wurden sogar – zu Recht oder unrecht – für geisteskrank erklärt und in „Heil- und Pflegeanstalten“ eingeliefert, was angesichts der Nazi-Ideologie vom „unwerten Leben“ einem Todesurteil gleichbedeutend sein konnte.
Die Geschichte der Gertrud Z. zeugt von dieser Vorgehensweise. Unermüdlich schrieb die Frau dem Führer Liebesbriefe. Von einem besonders langen, liebestrunkenen Brief existiert sogar eine Schreibmaschinenabschrift. Sie wurde 1943 vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda angefertigt. Die Frau schrieb: „Tun Sie mit mir, was Sie wollen. Sie können mich auch wieder in ein Irrenhaus einsperren, ist mir egal, wenn ich nicht beim Führer sein kann, bin ich so nur ein lebender Leichnam!“ Die Passage wurde mit rotem Buntstift unterkringelt. An dem Brief klebt ein Protokoll vom 5. November 1943, adressiert an das Innenministerium: Der Minister habe telefonisch mitgeteilt, dass Frau Z. sich ab sofort in einer „Irrenanstalt“ befinde.

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Quellen: Diane Ducret „Die Frauen der Diktatoren“, übersetzt von Elisabeth Liebl, Ecowin Verlag. – Signatur im Bundesarchiv: R 43. – Katharina Ebeling u.a. (Hg): Geliebter Führer…”, 2011. – Helmut Ulshöfer „Liebesbriefe an Hitler – Briefe in den Tod“, 1994.

Liebesschwüre an Adolf Hitler: „Du süßestes herzensbestes Lieb, mein Einziges, möchte Dich vor lauter Lieb’ auffressen.“ – Ein Mosaik personifizierter Geschichte | www.rothenburg-unterm-hakenkreuz.de
 
Deine eigentliche Frage kann ich dir nicht beantworten, davon höre ich zum erste Mal.
Ich fand das etwas seltsam, wenn ich Fotos aus der Hitlerzeit sehe, wie sie alle fanatisch den Arm heben und Hitler anschauen als ob er Gott persönlich wäre, hab ich immer den Eindruck, fast alle Leute wären damals ein Fall für die Irrenanstalt gewesen, so wirklich normal waren ja alle diese Hitlerfanatiker nicht, ihr verklärter, völlig irrer Gesichtsausdruck auf den Bildern macht mir immer Angst und ist für mich nur völlig unverständlich.
In den 1990ern gab es einen Boygroup-Boom. Naja, im Prinzip waren schon die Beatles in den 1960ern eine Boygroup. Oder man denke an Elvis. Auch diese haben Massenhysterien bei hauptsächlich weiblichen Fans ausgelöst.
Außerdem exkulpierte man Hitler. Wann immer ein Verbechen als solches auch empfunden wurde: "Wenn das der Führer wüsste..." Somit konnten die Menschen die Diskrepanz zwischen Personenkult und dem Rest-Rechtsempfinden überbrücken.
 
@Sepiola

Danke für deine Antwort. Das ist schon krass und beängstigend, dass es Frauen wie diese Gertrud Z. gab, die so verrückt nach Hitler waren, dass sie ihm ständig Liebesbriefe schickten. Dass sie schreibt "Sie können mich auch wieder in ein Irrenhaus einsperren" , deutet ja darauf hin, dass die Nazis sie schon mal dort wegen ihrer Liebesbriefe eingesperrt hatten.
Die Hysterie dieser Frauen ist in etwa vergleichbar mit Teenagern die heute Popstars anbeten, die schreiben ja auch mehrere Liebesbriefe manchmal.
Ist eigentlich bekannt, was aus Gertrud Z. wurde?
Fiel sie, wie so viele andere Anstaltsinsassen den brutalen Vergasungsaktionen von Behinderten und psychisch Kranken zum Opfer? Oder hat sie überlebt und nach dem Krieg erkannt, dass ihr Liebeswahn einem Massenmörder galt? Gehörte sie womöglich zu denen die Selbstmord begangen am Ende des Krieges?
Ich vermute ja Ersteres, da damals fast alle Insassen solcher Anstalten vergast wurden.
Unfassbar, dass so viele Frauen ihm geschrieben haben und in ihn verliebt waren, das werde ich wohl niemals nachvollziehen können, was die an Hitler fanden.
Und danke für die Quellenangaben, diese Bücher werde ich mal lesen, da erfahre ich bestimmt noch mehr zum Thema.
 
Deine eigentliche Frage kann ich dir nicht beantworten, davon höre ich zum erste Mal.

In den 1990ern gab es einen Boygroup-Boom. Naja, im Prinzip waren schon die Beatles in den 1960ern eine Boygroup. Oder man denke an Elvis. Auch diese haben Massenhysterien bei hauptsächlich weiblichen Fans ausgelöst. Und Hitler war ja auch vor 1941 kein Massenmörder. Außerdem exkulpierte man ihn. Wann immer ein Verbechen als solches auch empfunden wurde: "Wenn das der Führer wüsste..." Somit konnten die Menschen die Diskrepanz zwischen Personenkult und dem Rest-Rechtsempfinden überbrücken.

Ich hab selbst früher Leo DiCaprio verehrt und auch mal an dessen Autogrammadresse geschrieben. Aber der war ein attraktiver Filmstar, während Hitler ein brutaler, nicht mal besonders charismatischer Diktator war. Und auch vor 1941 war Hitler ja schon ein Mörder, damals waren bereits Widerstandskämpfer in den KZ ermordet und Juden in den Selbstmord getrieben worden durch immer schlimmere Schikanen wie das Tragen des gelben Sterns.
Dieses "wenn das der Führer wüsste.." hat mich immer schon gewundert, ich glaube sogar die Riefenstahl, eine fanatische Verehrerin Hitlers hat das mal gesagt...bei ihr kann man auch nicht wissen, ob die nicht auch in den verliebt war. Mir fällt es halt schwer das nachzuvollziehen.....denn charismatisch wie so viele Popstars war Hitler ja nicht. Vielleicht war es auch seine Macht, die anziehend auf Frauen wirkte, habe mal irgendwo gelesen, dass Frauen mächtige Männer oft anziehend finden, selbst wenn diese nicht attraktiv und charismatisch sind.
 
Den Satz, den du da von mir mitzitiert hast, hatte ich bereits wieder entfernt, da ich da einfach Blödsinn geschrieben habe.
 
Das war keineswegs nur ein Jungmädchen- oder Frauenphänomen. Es betraf zB auch Goebbels:
Archiv für Begriffsgeschichte. Band 51
Zitat S. 129 unten


Relativ freundlich kann man sagen: Liebe macht blind.
Oder sachlicher: Projektion und selektive Wahrnehmung
 
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Dass sie schreibt "Sie können mich auch wieder in ein Irrenhaus einsperren" , deutet ja darauf hin, dass die Nazis sie schon mal dort wegen ihrer Liebesbriefe eingesperrt hatten.

Das kann genausogut bedeuten das diese Frau bereits eine Vorgeschichte in solchen Anstalten hatte, also z.b. an irgendeiner psychischen Störung litt.

Es ist ein Phänomen das viel älter ist als die Nazis und bis heute andauert:
Selbst die brutalsten Verbrecher erhalten ab einem gewissen Bekanntheitsgrad Fanpost und es scheint auch immer Frauen zu geben die sich für sie mehr als nur Interessieren. (@beetle hat den Fachbergriff dafür verlinkt)
 
Wobei ich Hybristophilie bei H. jetzt nicht unbedingt als Anlass für die Schwärmerei sehen würde. H. dürfte ja, vor seiner Frau, zwischen 1919 und 1945 niemanden eigenhändig ermordet haben, wenn man die Aktenlage, dass Geli Raubal Selbstmord begangen hat, akzeptiert. (Ich halte es für möglich, aber eben auch für unwahrscheinlich, dass Raubal ermordet wurde.)
 
Ja stimmt, das muss man trennen.

Damals war es die normale Schwärmerei wie du sie mit Elvis/Beatles/Boygroups ja korrekt verglichen hast.
Für seine Anhänger war er kein Verbrecher.
 
Mir fällt es halt schwer das nachzuvollziehen.....denn charismatisch wie so viele Popstars war Hitler ja nicht.

Es spricht für Dich, dass Du eine Distanz zu Hitler hast, dennoch sollte man auch Hitler korrekt historisch interpretieren. Und aus ihm keinen "Dämon" machen. Hitler ist aus der damaligen Zeit verstehbar, aber man muss ihn neutral rekonstruieren. Ohne Glorifizierung oder Verteufelung, jedoch mit einem klaren negativen Urteil über sein Wirken.

Folgt man z.B. der zeitgenössischen Darstellung aus 1941 von Werner, der ein bekannter und einflussreicher Politikbeobachter war, dann zollte die damalige Welt in weitgehender Unkenntnis des Holocaust, einem Reichskanzler und "Führer" Adolf Hitler einen relativ hohen Respekt. Autokratische Regime wie das NS-Deutschland hatten einen gewissen Grad an politischer Effizienz in den dreißiger Jahren gezeigt, der kurzfristig und oberflächlich betrachtet, als bemerkenswert erschien.

Vor diesem Hintergrund war Hitler in der Wahrnehmung der Zeitzeugen in ihrer Zeit bis 1939 auf dem Weg ein "bedeutsamer" deutscher Politiker zu werden.

Die Frage, ob und welche Attraktivität Hitler auf Frauen oder Männer hatte, ist sicherlich schwerer zu beantworten, da individuelle Dispositionen eine Rolle spielten, und schwer zu rekonstruieren sind. Andererseits, Hitler wies einen relativ ausgeprägten Grad an Narzissmus auf und gleichzeitig einen gewissen Grad an Charisma und bot sich an, "verehrt" zu werden. Sein Charisma hatte eine "objektive" Komponente und zum Teil, wie bei Herbst ausgeführt, ist es systematisch medial kommuniziert worden (vgl. z.B. den Link zur Inszenierung von Hitler)

Narzissmus unter Diktatoren

In dieser Rolle bot Hitler eine Projektionsfläche an, auf die patriotisch oder auch "zarte" Erwartungen oder Gefühle projiziert werden konnten. Das kann entsprechend psychologisch erklärt werden, was ich jetzt nicht machen möchte.


Herbst, Ludolf (2011): Hitlers Charisma. Die Erfindung eines deutschen Messias. Frankfurt, M.: Fischer Taschenbuch Verlag
Werner, Max (1941): Battle for the world. The strategy and the diplomacy of the second world War. Unter Mitarbeit von Translated by Heinz and Ruth Norden. London: V. Gollancz Ltd.
 
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Folgt man z.B. der zeitgenössischen Darstellung aus 1941 von Werner, der ein bekannter und einflussreicher Politikbeobachter war, dann zollte die damalige Welt in weitgehender Unkenntnis des Holocaust, einem Reichskanzler und "Führer" Adolf Hitler einen relativ hohen Respekt. Autokratische Regime wie das NS-Deutschland hatten einen gewissen Grad an politischer Effizienz in den dreißiger Jahren gezeigt, der kurzfristig und oberflächlich betrachtet, als bemerkenswert erschien.

Vor diesem Hintergrund war Hitler in der Wahrnehmung der Zeitzeugen in ihrer Zeit bis 1939 auf dem Weg ein "bedeutsamer" deutscher Politiker zu werden.
Man mag das am Chaplin-Film Der große Diktator und seiner Rezeption in den USA aufzeigen: Als der Film 1940 in die amerikanischen Kinos kam, hatte er nu mäßigen Erfolg. Die Kritik reichte von "wichtigstem Film aller Zeiten" bis hin zu Totalverrissen. In manchen Kinos wurde er wegen seiner Respektlosigkeit gegenüber H. und Deutschfeindlichkeit gleich gar nicht gezeigt. Erst mit dem Verlauf des Krieges, dem japanischen Überfall auf Pearl Harbor und der daraus resultierenden Kriegserklärung Deutschlands an die USA wurde der Film in den USA ein echter Erfolg.

Andererseits, Hitler wies [...] einen gewissen Grad an Charisma [auf] und bot sich an, "verehrt" zu werden. Sein Charisma hatte eine "objektive" Komponente und zum Teil, wie bei Herbst ausgeführt, ist es systematisch medial kommuniziert worden
Das will ich nicht in Abrede stellen, allerdings ist das ein Punkt, der mir immer rätselhaft geblieben ist und immer rätselhaft bleiben wird. Ich habe diesem geifernden kleinen Kerl mit dem wippenden Scheitel nie etwas abgewinnen könne.

Gleichzeitig ist klar, dass die modernitätsfeindliche Partei der Nazis gleichzeitig die Organisation war, die am besten mit den Mitteln jener Zeit umzugehen wusste, sei es Radio, sei es Flugreisen (Hitler war einer der wenigen Politiker, die das Flugzeug als Reisemittel im Wahlkampf benutzten und somit mehr Wahlkampfauftritte an vertreuteren Orten absolvierte, als seine Konkurrenten), sei es die Wochenschau...
 
denn charismatisch wie so viele Popstars war Hitler ja nicht.
Meine Oma war als Teenager einmal in der nächstgelegenen Stadt, weil Hitler zu Besuch war. Ihr Kommentar zu uns Enkeln dazu war "Da war halt was los. Das war wie, wenn heute die Beatles in der Stadt wären."
Gut das war in den 80ern oder 90ern und die Beatles waren eher ein Phänomen für meine Elterngeneration, aber das ändert nichts am Inhalt ihrer Aussage.
 
Gehört hier nur am Rande her:

Ich habe mich früher oftmals gefragt, wo denn die Beatles- oder Elvismania herkommen.

Da hatte ich immer Hitler als Erfinder der Massenhysterie im Verdacht, aber Mussolini kam früher. Gab es denn schon zuvor solche Massenveranstaltungen mit Ausflipp-Faktor (bei Wilhelm II oder Franz Josef)? Vielleicht sogar Reden in der Nationalversammlung der Französischen Revolution? Le Bon hatte ja schon 1895 sein Werk über die Massen publiziert.

Interessant finde ich, dass es heutzutage Politiker kaum noch schaffen, Massenhysterie zu erzeugen (man könnte sich das bei Merkel nun wirklich nicht vorstellen), eher Popgruppen, aber auch da sehe ich seit Michael Jacksons Tod einen deutlichen Rückgang.
 
Interessant finde ich, dass es heutzutage Politiker kaum noch schaffen, Massenhysterie zu erzeugen

1. Eine ausgesprochen positive Entwicklung, die zeigt, dass die Qualität der politischen Kultur der deutschen Zivilgesellschaft offensichtlich zugenommen hat.

2. Die Frage der Mobilisierung durch Parteien bzw. durch Politiker beantwortet die Wahlsoziologie, die politische Affinität varianzanalytisch zerlegt in die Partei-Identifikation, die Kanzlerkandidaten-Affinität und in "Issue-Orientierung". In diesem Sinne spielt die Persönlichkeit bzw. im weber`schen Sinne das Charisma durchaus nach wie vor eine Rolle für die politische Orientierung von Personen.

Im positiven Sinne konnte man das in der neueren deutschen Geschichte bei "Wir-müssen-mehr-Demokratie-wagen"-Willy Brandt erkennen oder auch bei "Yes-we-can" Barack Obama.

3. Ansonsten war das kollektive Erlebnis ein Teil der spezifischen NS-Ideologie. In diesem Sinne schreibt Gross:

"Die Kernbegriffe der NS-Ideologie unterscheiden sich grundlegend von denjenigen der marxistischen Ideologie. Während im Marxismus Begriffe wie Kapital, Mehrwert, Klassenkampf, Profit, Dialektik im Vordergrund stehen, kreisen die Ideologeme der NS-Theoretiker und -Politiker nicht um ökonomische, sondern vor allem um moralische Begriffe oder solche mit einer starken moralischen Aufladung: Ehre, Treue, Anstand, Kameradschaft." (S.8)

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass das NS-System seine Legitimität durch die "massenhysterische" Akklamation, das kollektive Erlebnis von Aufmärschen, Versammlungen, Fakelmärsche etc. erreichen wollte. (vgl. Beiträge in Brockhaus). Das wird ergänzt durch die Formulierung von Mythen und Utopien, die ebenfalls ein Element der NS-Ideologie war. (vgl. Sorel)

Diese Form der Beschaffung von Legitimität benötigen normalerweise Demokratien nicht, da die Mechanismen der Zuschreibung von Legitimität über den legalen Prozess der gleichen, freien und geheimen Wahlen sicher gestellt ist.

Aus diesem Grund legen politische Parteien zu Recht keinen Wert darauf, "hysterische Massen" zu beschwören.

Brockhaus, Gudrun (Hg.) (2014): Attraktion der NS-Bewegung. Essen: Klartext.
Gross, Raphael (2012): Anständig geblieben. Nationalsozialistische Moral. 1. Aufl., Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag
 
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Meine Oma war als Teenager einmal in der nächstgelegenen Stadt, weil Hitler zu Besuch war. Ihr Kommentar zu uns Enkeln dazu war "Da war halt was los. Das war wie, wenn heute die Beatles in der Stadt wären."
Dass Hitler seinerzeit für viele Frauen durchaus einen gewissen Sex-Appeal ausstrahlte, ist heute kaum noch verständlich. — Böse Zungen mutmaßen sogar, ohne das Frauenwahlrecht in Deutschland seit 1919 wäre die Geschichte anders verlaufen.
 
Böse Zungen mutmaßen sogar, ohne das Frauenwahlrecht in Deutschland seit 1919 wäre die Geschichte anders verlaufen.

Und wo kann man solche Gedankenblitze fundiert nachlesen? Bei Frevert oder Koonz vermutlich eher nicht.

Vielleicht in diesem Sinne:
"Nicht nur Männer, sondern auch Frauen hingen dem Nationalsozialismus an, allerdings waren es weniger vor als nach der Machtergreifung. Noch in den zwanziger Jahren hatten Frauen in weit überwiegender Mehrheit für die politische Mitte und gegen den republikfeindlichen Extremismus von rechts und links gestimmt." (Bock, S. 189)

Das gilt auch für die Wahl 1930, änderte sich aber bei den nächsten Reichstagswahlen, indem sich das Wahlverhalten der Frauen dem der Männer anglich. Die Motivation der Frauen war, so Bock, grunsätzlich dem der Männer vergleichbar.

Wo sollte also Geschichte anders verlaufen sein?

Bock, Gisela (2002): Der Nationalsozialismus und die Frauen. In: Bernd Sösemann (Hg.): Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft. Einführung und Überblick. Stuttgart: Deutsche Verlags Anstalt, S. 188–209.
 
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"Extremistische Parteien wie die NSDAP und die KPD waren eher Männerparteien, Frauen bevorzugten überdurchschnittlich christliche, nationale und konservative Parteien." sagt wiki dazu, mit Verweis auf diese Fußnote:

Die Frau in der politischen Entscheidung
[1932]. In: Otto Büsch, Monika Wölk, Wolfgang Wölk (Hrsg.): Wählerbewegung in der deutschen Geschichte. Analysen und Berichte zu den Reichstagswahlen 1871–1933. Colloquium Verlag, Berlin 1978 (Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin 20), S. 299–309, hier S. 305.
 
Konnte man damals wirklich eingesperrt werden, wenn man diesem wahnsinnigen Massenmörder mehrere Liebesbriefe schrieb?
Kennt jemand vielleicht hier so einen Fall?

Ulshöfer hat einige Dokumente zu einer Frau Anna W. veröffentlicht, die über mehrere Jahre Briefe an Hitler schrieb. Am 6. September 1940 ersuchte die Reichskanzlei den Berliner Polizeipräsidenten, "Frau W. möglichst dahin zu beeinflussen, daß sie ihre völlig zwecklosen Schreibereien künftig unterläßt". In der Folge schrieb Anna W. allerdings ihre Briefe an Hitler unter falschem Namen. Das flog dann aber auch irgendwann auf. Diesmal wurde in einem Schreiben vom 17. Oktober 1942 auch Heydrich, Chef der Sicherheitspolizei und des SD, gebeten, "den Unfug abzustellen".
Am 13. November 1942 teilte der Polizeipräsident mit, dass die Frau aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens am 9. November 1942 "polizeilich in die Heil- und Pflegeanstalt Wittenau" eingewiesen worden war.
Sie wurde am 30. November 1942 "zur Verlegung in die Provinz" (also wohl zur Deportation in eine Tötungsanstalt) vorgeschlagen, hatte dann aber doch Glück und wurde schließlich am 19. April 1943 zu ihren Eltern entlassen.
 
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