Warum konnte man die SMS Goeben nicht retten?

Hätten Sie sich für den Erhalt der SMS Goeben als Museumsschiff eingesetzt?

  • Ja

    Stimmen: 5 55,6%
  • Nein

    Stimmen: 3 33,3%
  • Schwer zu sagen

    Stimmen: 1 11,1%

  • Umfrageteilnehmer
    9
Kurze Fassung:
Die SMS Goeben war ein Schlachtkreuzer der Moltke-Klasse, der 1912 als Teil der Hochseeflotte vor dem Ersten Weltkrieg in Dienst gestellt wurde. 1914 ging das Schiff in den Besitz des osmanischen Reiches über und diente dort während des Ersten Weltkrieges. Sie überlebte den Krieg und verblieb danach in türkischem Besitz. In den 1950er Jahren wurde sie außer Dienst gestellt. In den späten 1960er/frühen 1970er Jahren wurde mit West-Deutschland über einen Rück-Verkauf verhandelt, um sie hier in ein Museumsschiff zu verwandeln - zum damaligen Zeitpunkt war sie das letzte Großkampfschiff der ehemaligen kaiserlichen Flotte. Einige Quellen sagen, dass der Rück-Verkauf an der deutschen Seite scheiterte, andere Quellen sagen, dass es an der türkischen Seite lag. Hat irgendjemand genauere Informationen, warum dies scheiterte?

Lange Fassung (nur bei Interesse lesen):
Der Moltke-Klasse-Schlachtkreuzer SMS Goeben war ein rund 25.000 Tonnen verdrängender Schlachtkreuzer mit zehn 28 cm-Geschützen in fünf Türmen sowie einer beeindruckenden Höchstgeschwindigkeit von 28 Knoten. Nach der Indienststellung des Schiffes wurde es der Mittelmeerdivision zugeteilt.

Bei Beginn des ersten Weltkrieges befand sich das Schiff daher im Mittelmeer. Es gelang der Goeben britische Verfolger hinter sich zu lassen und zum Osmanischen Reich durchzustoßen. Dieser Durchbruch wurde von den Briten als schwere Niederlage angesehen; zudem trug er seinen Teil dazu bei, dass die Osmanen auf Seiten der Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn in den Krieg eintraten.
Die SMS Goeben ging mitsamt ihrer Mannschaft und ihrem Kommandanten zur osmanischen Marine über und hieß ab dem Zeitpunkt "Yavuz". Bis 1918 kämpfte die Goeben vorallem im Schwarzen Meer gegen Russland und im östlichen Mittelmeerraum gegen Großbritannien.

Am Ende des Krieges war die Goeben zwar beschädigt, aber prinzipiell weiterhin verwendungsfähig. Die politischen Wirren in der Türkei sorgten dafür, dass das Schiff erst Ende der 1920er Jahre wiederhergerichtet werden konnte. Sie diente danach bis in die frühen 1950er Jahre und erhielt beim Eintritt der Türkei in die NATO sogar noch eine NATO-Kennung. Sie dürfte damit eins der wenigen oder gar das einzige Schiff der kaiserlichen Hochseeflotte sein, dass in irgendeiner Form in der NATO diente.

1954 wurde sie außer Dienst gestellt. Ab den 1960er Jahren wurde diskutiert, was mit ihr passieren sollte. Die Türkei wollte sie erst verschrotten, dann kam jedoch die Idee auf, sie nach Westdeutschland als Museumsschiff zu verkaufen.

Und hier beginnt es nun etwas wirr zu werden. Je nach Quelle, die man liest - und ich habe diverse Bücher sowie die deutsche und englische Wikipedia durchgesehen - scheiterte dieses Geschäft entweder an der deutschen oder türkischen Seite, es werden jedoch nie Details genannt; im besten Falle heißt es, dass es "finanzielle Gründe" gegeben habe - was bei einem Verkauf ja fast immer der Fall ist. Aber was genau ist passiert? Hat da jemand von euch genauere Informationen?

Am Ende wurde die SMS Goeben leider doch verschrottet.

Zum Nachschlagen:
https://de.wikipedia.org/wiki/SMS_Goeben
 
Zur eigentlichen Frage kann ich aktuell nichts beitragen, da ich keinen Zugriff auf meine Büchersammlung habe. Jedoch habe ich eine Meinung dazu. Die politische Situation in der BRD sowie deren Geschichte liess dies meines Erachtens nicht zu.

Die USA hat einige ausgemusterte Kriegsschiffe als Museumsschiff bewahrt. Das geht von der USS "Constitution" in Boston bis zur USS "Wisconsin" (BB 64) in Norfolk, VA. Dies wird von der Bevölkerung unterstützt. Ein Besuch in einem Patriot Point hat dort den gleichen Stellenwert wie ein Familienausflug in einen Freizeitpark. Dies muss man jedoch im Kontext zu der positiven Stimmung zu seinem Militär in der US-Bevölkerung sehen.

Anders sieht es schon in Großbritannien aus. Wohl jeder kennt die HMS "Belfast" in London. Dieser Leichte Kreuzer ist häufig in Fernsehberichten aus der britischen Hauptstadt zu sehen.

https://de.wikipedia.org/wiki/HMS_Belfast_(C35)

Das ist jetzt nicht gerade das imposanteste Schiff der Royal Navy.

Warum liegt dort kein Schlachtschiff aus dem I. oder II. Weltkrieg? Siegfried Breyer hat dies nach meiner Erinnerung in dem Buch "Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer. 1905 bis 1970" beim britischen Schlachtschiff HMS "Vanguard" thematisiert. Ende der 1950er Jahre gab es in Großbritannien die Bestrebung, wenigstens ein Schlachtschiff für die Nachwelt zu erhalten. Aber die Zeit und die entsprechenden Kosten für einen Unterhalt eines solchen Schiffes machte dies nicht möglich. Was in Großbritannien noch aufbewahrt wird, ist eher traurig.

https://de.wikipedia.org/wiki/National_Museum_of_the_Royal_Navy

Frankreich, Ialien oder Japan - große Marinemächte. Da ist auch kaum was an Schiffen erhalten. Lediglich die Mikasa - ein Pre-Dreadnought - hat überlebt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Museumsschiffen

Es ist einfach enorm aufwändig, solch ein Schiff zu er- und unterhalten. Der Verein um den Korvettenkapitän Stötzel war honorig, hatte aber keinen finanziell potente Unterstützer in seinen Reihen. Und die politische Unterstützung sehe ich in der damaligen Zeit auch nicht. Wir sind hier in einer Zeit der Studentenunruhen und einer gesellschaftlichen Liberalisierung. Welcher Politiker mit Ambitionen hätte sich da für einen kaiserlichen Schlachtkreuzer engagieren sollen? Willy Brandt sicherlich nicht.

Nun musst Du mit der "Mölders" vorlieb nehmen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Mölders_(D_186)

Schon witzig, dass von allen historischen Einheiten der deutschen Marinen gerade das "Feuerschiff"* mit einem Luftwaffen-Namensgeber überlebt hat. Und das Schiff ist nicht mal in Deutschland geplant oder gebaut worden, sondern stammt aus einer US-Schiffsklasse.

* Marine-Insider-Scherz
 
Zuletzt bearbeitet:
Und hier beginnt es nun etwas wirr zu werden. Je nach Quelle, die man liest - und ich habe diverse Bücher sowie die deutsche und englische Wikipedia durchgesehen - scheiterte dieses Geschäft entweder an der deutschen oder türkischen Seite, es werden jedoch nie Details genannt; im besten Falle heißt es, dass es "finanzielle Gründe" gegeben habe - was bei einem Verkauf ja fast immer der Fall ist. Aber was genau ist passiert? Hat da jemand von euch genauere Informationen?

Am Ende wurde die SMS Goeben leider doch verschrottet.

Vor einigen Jahren hatte ich die weitere Goeben-Geschichte recherchiert...eindeutige Erinnerungen habe ich schon nicht mehr ;). Die Gerüchte, es habe auf 'deutscher Seite' Bestrebungen gegeben, die Goeben der 'türkischen Seite' abzukaufen, sind wahrscheinlich nur Gerüchte, zumal eh offen ist, wer oder was die 'deutsche Seite' sein sollte. Ich meine auch, dass es eine 'Urban Legend' ist, wie in einem Marine-Forum eindeutig formuliert wurde.

Die Goeben war zudem die aller längste Zeit ihrer (Dienst-)Existenz in türkischen Besitz und keineswegs das Aushängeschild der kaiserlichen Marine gewesen, soweit ich mich erinnere, noch von vermeintlich oder echter nationaler, marinegeschichtlicher oder marinetechnischer Bedeutung, meine ich. Den Aufwand einer Überführung, Restaurierung, musealer Herstellung und Erhaltung hat flavius bereits angerissen.

Warum also hätte man sie für die BRD-Marine usw. retten sollen, scheint mir die bessere Frage zu sein.
 
Erstmal danke für die Rückmeldungen.

Das Argument von flavius-sterius, dass die politische Situation dies nicht zuließ...vielleicht.

@andreassolar:
Es ging ja nicht darum das Schiff für die westdeutsche Marine zu retten, sondern als Museumsschiff zu übernehmen.

Was diese Frage in mir ausgelöst hat, ist folgendes:
Vor einer Weile habe ich mir ein Buch über die deutsche Marine seit 1848 bei einem Antiquariat gekauft. Das Schöne an antiquarischen Büchern ist, dass sie manchmal selbst eine Geschichte haben. In diesem Fall lag dort ein zusammengefalteter Artikel aus der "Welt am Sonntag" vom 22. Juli 1973. Demnach scheiterte ein erstes Verkaufsangebot der Türkei im Jahr 1963 an den Kosten. Zum Zeitpunkt 1973 aber, also zehn Jahre später, schien sich die Lage auf deutscher Seite geändert zu haben. Der Artikel unterstützt die Idee, das Schiff zu erhalten, und spricht andere Schiffs-Museumsprojekte an, wie z.B. die HMS Victory in England oder U-995 in Laboe bei Kiel.

Jetzt kann es natürlich sein, dass dieser Artikel von einem Marine-Enthusiasten geschrieben wurde, der vielleicht mit seiner Meinung allein stand. Vielleicht vertrat er damit aber auch die Meinung von diversen interessierten Personen und Gruppen. Inwieweit ein Erhalt des Schiffes sinnvoll wäre oder nicht - kann man diskutieren.

Mich würde einfach interessieren, woran das am Ende wirklich gescheitert ist, daher die Frage nach "harten Fakten". :)
 
Warum also hätte man sie für die BRD-Marine usw. retten sollen, scheint mir die bessere Frage zu sein.

Als ein Zeugnis einer Zeit, die sich auch in dieser Form von - damals - modernster Technik manifestierte. Und sich auch darüber nach außen ausdrückte. Man denke an die "Weiße Flotte.

Ganz persönlich hätte ich es positiv gefunden, diesen idealtypischen Ausdruck [ich teile Deine obigen Einschränkungen] eines wilhelminischen Navalismus zu konservieren. Als Hamburger hatte ich die Möglichkeit große Kriegsschiffe bis hin zum Flugzeugträger zu besichtigen und es hinterläßt einen anderen Eindruck wie die Betrachtung in einem Buch oder Film.

Und einer nachwachsenden Generation ein anschauliches, kritisch und didaktisch aufbereitetes Beispiel für frühere Kriegstechnologie zu geben. Heutzutage wäre es vermutlich kein größeres Problem mehr, einen potenten Förderkreis zu finden, der ein solches Projekt in Kooperation mit dem Bund unterstützen würde.

Mich würde einfach interessieren, woran das am Ende wirklich gescheitert ist, daher die Frage nach "harten Fakten". :)

1. Keine Lobby für eine Trägerschaft
2. Kein politisches Momentum
3. Zu hohe Kosten angesichts zu niedriger Budgets

Ansonsten wäre in Archiven mit einem hohen Arbeitsaufwand dieser Entscheidungsprozess zu rekonstruieren. Vielleicht eine Aufgabe für eine engagierte MA-Abschlussarbeit.
 
Noch eine Info als Nachtrag.

Als die "Goeben" den Schweißbrennern zum Opfer fiel, gründeten deutsche Marinefans einen Verein. Diese brachten die Idee auf den Tisch, den Schlachtkreuzer "Lützow" zu heben und in einem deutschen Hafen als Museumsschiff auszustellen. Wie schon geschrieben, habe ich Covid-19-bedingt keinen Zugriff auf meine Büchersammlung. Aber ich glaube, der Vorsitzende dieses Vereins hieß Stötzel und wird in der Literatur als Korvettenkapitän bezeichnet. Das war natürlich nochmals eine ganz andere Hausnummer als ein schwimmendes Schiff für die Nachwelt zu erhalten. Bei einer Bergung hätte man ein modrige "Rostlaube" gehoben. Welche Unsummen deren Restaurierung verschlungen hätte? Da bewegen wir uns vielleicht in der Dimension wie für die Dresdner Frauenkirche.

SMS Lützow – Wikipedia

Es muss einem erst mal klar werden, was für ein Aufwand der Unterhalt solch eines Schiffes kostet. Das Schiff würde vermutlich in einem Küstenhafen mit Salzwasser aufbewahrt werden. Solch ein Kahn rostet Dir unter dem Allerwertesten weg, wenn man nicht andauernd Rost kloppt und pönt. Ich bin auf Schiffen gefahren, die waren 114 bis 134 Meter lang. Die hätten in die Goeben 3 bis 4 mal reingepasst, wenn man den Umfang der Außenhaut vergleicht. Mich erschreckt diese Aufgabe. Als warnender Hinweis wäre die "Aurora" in Sankt Petersburg, deren Rumpfhaut auch nicht erhalten werden konnte. Oder - viel kleinere Hausnummer - die "Seute Deern" in Bremerhaven. Selbst auf der HMS "Victory" oder der USS "Constitution" wird irgendwann die letzte Originalplanke ausgetauscht werden.
 
Als warnender Hinweis wäre die "Aurora" in Sankt Petersburg, deren Rumpfhaut auch nicht erhalten werden konnte
Die Aurora konnte ich 2017 besichtigen. Da sie den ersten Schuß in der Oktoberrevolution abfeuerte, der quasi als Startschuss galt, steht sie auch heute noch unter Denkmalschutz. Russische Marinesoldaten schieben Dienst vor und auf dem Schiff und knipsen auch die Eintrittskarten für Besucher. wiki erwähnt, dass die Außenhaut unterhalb der Wasserlinie in den 80ern erneuert wurde. Dieses Detail hatte ich gar nicht mehr in Erinnerung.
 
Russische Marinesoldaten schieben Dienst vor und auf dem Schiff und knipsen auch die Eintrittskarten für Besucher. wiki erwähnt, dass die Außenhaut unterhalb der Wasserlinie in den 80ern erneuert wurde. Dieses Detail hatte ich gar nicht mehr in Erinnerung.
Laut Spiegel TV in den wilden Glasnost-Zeiten wurde um 1990 herum folgendes berichtet:

Der Kahn war so verrottet, dass man einfach zu den Sowjetzeiten einen neuen Rumpf baute und dann das Innenleben vom alten Schiff in den neuen Rumpf transferierte. Ebenso die Aufbauten. Den alten Rumpf wäre - laut Spiegel TV - in einer abgelegenen Bucht im flachen Wasser versenkt worden. Es gab damals Luftaufnahmen von diesem Rumpf. Ob es eine Nachrichtenente war, weiß ich nicht. Auf jeden Fall war es damals ein weiteres Beispiel, wie verlogen der Kommunismus gewesen wäre.
 
Ob es eine Nachrichtenente war, weiß ich nicht
Das scheint in etwa zu stimmen.

"Having long served as a museum ship, from 1984 to 1987 the cruiser was once again placed in her construction yard, the Admiralty Shipyard, for capital restoration. During the overhaul, due to deterioration, the ship's hull below the waterline was replaced with a new welded hull according to the original drawings. The cut off lower hull section was towed into the Gulf of Finland, to the unfinished base at Ruchi, and sunk near the shore."
Russian cruiser Aurora - Wikipedia

Die deutsche wiki ist da weniger ausführlich.
 
@flavius-sterius :

Natürlich ist der Unterhalt für ein Museumsschiff nicht billig.
Andererseits kriegen dies andere Staaten durchaus hin, und nicht nur Supermächte wie die USA oder Sowjetunion/Russland. Großbritannien hat diverse Schiffe, z.B. die HMS Warrior aus dem 19. Jahrhundert und Japan hat die Mikasa, die ja Veteran des Krieges von 1905 gegen Russland ist. Länder vergleichbar mit Deutschland haben also durchaus die Möglichkeit, einzelne Schiffe als Museumsschiffe zu erhalten.

An Museen ist Deutschland ja nicht arm und es gab auch in den 1960er/1970er Jahren schon Museen, die auch Ausstellungsstücke aus dem Kaiserreich oder dem Dritten Reich hatten. Nur die Schifffahrt "fiel irgendwie hinten runter". Da wäre einerseits die erwähnte Geschichte mit der SMS Goeben. Und von 1990 bis 1993 gab es dann die Geschichte mit dem Ausbildungsschiff "Deutschland" (A 59), dem größten Schiff der westdeutschen Marine, welches ebenfalls nicht erhalten wurde, trotz langer Diskussion.

Das deutsche Marinemuseum in Wilhelmshaven gibt es erst seit 1998 und dort liegt ja die Mölders, mit 138 Metern Länge auch nicht gerade klein. Finanziell war Deutschland 1998 nicht wesentlich besser oder schlechter als 1990 oder 1970 aufgestellt. "Zu teuer" scheint mir da nur ein halbherziges Argument zu sein, speziell wenn man sich ansieht, "wofür Geld da ist", salopp gesagt. Ich vermute daher eher Desinteresse an einem Marinemuseum; es wäre für mich einfach interessant gewesen herauszufinden, ob ich damit richtig liege.
 
Es ging ja nicht darum das Schiff für die westdeutsche Marine zu retten, sondern als Museumsschiff zu übernehmen.

Das hatte ich nicht geschrieben oder gemeint, und ein 'Museumsschiff' dieser Kategorie und Größenordnung wird und wurde wahrscheinlich durch (bundes-)staatliche Institutionen oder staatsnahe oder staatliche geförderte bzw. unterstützte (Marine-)Vereine gepflegt und unterhalten. Das wird wohl unvermeidlich sein.

Als ein Zeugnis einer Zeit, die sich auch in dieser Form von - damals - modernster Technik manifestierte.

Das ist eine heutige Sicht, für die fragliche Zeit eines möglichen Abkaufs der ausgemusterten Goeben wahrscheinlich wenig relevant, schätze ich. Ansonten: Das galt für so ziemlich alle Marine-Schiffe (dto. Militärtechnik) ab Ende des 19. Jh. und die Goeben war im WKI weder das modernste oder größte oder kampfstärkste Kriegsschiff. Die technisch-militärische Entwicklung beschleunigte sich immer in den Jahren vor dem WKI.

Welche Institutionen, Marine-Vereine in der BRD usw. hätten sich in den 1970er Jahren für eine damals völlig überholte Marine-Technik nachhaltig interessieren können, die zudem militärisch eine enttäuschende und marginalisierte Rolle im WKI gespielt hatte? Bei der Goeben erschließt sich mir auch keine große symbolische Bedeutung, vermutlich selbst für angenommene 'nationale Marinekreise' der 1960er oder 1970er Jahre in der BRD.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich vermute daher eher Desinteresse an einem Marinemuseum; es wäre für mich einfach interessant gewesen herauszufinden, ob ich damit richtig liege.

In Laboe bei Kiel existiert doch ein Marine-"Ehrenmal" mit einem Museums-Uboot (U995). Die Ausstellung wurde mehrmals überarbeitet - auch um einen in früheren Gedenktexten mitschwingenden Revanchismus nicht weiter zu unterstützen - und ist inzwischen eine Gedenkstätte für auf dem Meer gebliebene Seeleute aller Nationen mit angeschlossenem Museum. Insofern sieht es mit einem deutschen Marinemuseum doch nicht ganz so einsam aus.
 
@Ugh Valencia / @thanepower :
Diese Orte habe ich auch schon besucht. :)
Wie gesagt, es ging mir darum herauszufinden, wie die Diskussion damals verlaufen ist.

@andreassolar :
Die Bedeutung der SMS Goeben ist eigentlich offensichtlich - das letzte Großkampfschiff der kaiserlichen Flotte, welches zudem 1914 durch seinen Durchbruch im Mittelmeer das Osmanische Reich mit zum Kriegseintritt bewogen hat. Wenn man also einen Wert darin gesehen hätte, ein Schiff der Hochseeflotte zu erhalten - das war die absolut letzte Chance.
Ob Technik erfolgreich bzw. effektiv war, spielt in der Hinsicht doch keine Rolle. Die Flotte hatte vor dem ersten Weltkrieg weltpolitische Bedeutung und hier bot sich die letzte Chance, ein Stück Geschichte zu retten.

Ob man darin einen Wert sieht, ist natürlich abhängig von der persönlichen Perspektive. Ich vermute, dass damals sehr viel mehr Leute Ihrer Sichtweise als meiner gefolgt sind, weswegen die Goeben letztlich nicht gekauft wurde.
 
Im SPIEGEL vom 29. Juli 1964 wird u.a. geschrieben, dass die türkische Regierung die Ex-Goeben in Westdeutschland verschrotten lassen und mit dem (erwünschten) Erlös eine Teilzahlung eines geplanten Schulungsschiffes, welches in Westdeutschland gebaut werden sollte, leisten wolle. Ein Experte des Bonner Verteidigungsministerium habe die Ex-Goeben in der Türkei bereits auf den Schrottwert untersucht, die Panzerplatten der Goeben wären evt. für Schießübungen der Bundeswehr nutzbar.

Im SPIEGEL vom 29. September 1965 wird u.a. verbreitet, die Ex-Goeben werde am ''Donnerstag dieser Woche'' in der Türkei versteigert, Schätzwert 8,5 Mill. DM, das türk. Finanzministerium habe die Aktion in der FAZ per Anzeige angekündigt.

In der ZEIT vom 23. September 1966 wird u.a. veröffentlicht, dass die Ex-Goeben erneut vom türkischen Finanzministerium im Wall Street Journal zum Verkauf angeboten werde.

Die ZEIT vom 29. Juni 1973 teilt u.a. mit, die Ex-Goeben sei von der türkischen Kriegsmarine außer Dienst gestellt worden.

Im Bundesarchiv ist online eine Sachakte recherchierbar, vom Führungsstab der Marine im Bundesverteidigungsministerium:

  • Archiv-Signatur BM 1/4786, Laufzeit 1965-1973;
  • Titel: Bemühungen um Rückkauf des Schlachtkreuzers S.M.S. Goeben (später YAVUZ, Türkei) und Verwendung als Museumsschiff.
  • Enthält u.a.: Verkauf an die Fa. Makina ve Kimya Endüstrisi Kurumu und Verschrottung von YAVUZ und Bereitschaft zur Überlassung von Erinnerungsstücken, 1973.

Matti Mäkelä, erster und letzter 'Biograph' der Goeben notiert in seinem Buch 'Auf den Spuren der Goeben' (1979), S. 123, u. a. in der BRD hätten sich Museen, Vereine und Privatpersonen bemüht, die Ex-Goeben als Museumsstück zurück kehren zu lassen; der Hamburger Senat habe signalisiert, einen Liegeplatz zur Verfügung zu stellen. Doch die Verhandlungen mit der türkischen Regierung hätten leider zu keinem glücklichen Ende geführt.

Mäkela schreibt weiter, die türkische Marine habe die Ex-Goeben 1971 an einen staatlichen Rüstungskonzern verkauft, der die Abbrucharbeiten an eine Privatfirma vergeben habe.

Ausgerechnet im Forum eines SchiffsModellbau-Portals wird dies ebenso dargestellt, und auch die zu hohen Verkaufsforderungen des türk. Finanzministeriums.

Achja, das gibt es noch einige kurze Bemerkungen in diversen Heften der Marine-Rundschau, die mir wiederum mehr spekulativ erscheinen, u.a. mit der Behauptung, wg. der psychologischen Schwierigkeiten nach 1945 sei der Rückkauf der Ex-Goeben nicht gelungen - was indirekt oben widerlegt worden ist, meine ich. Und Kai-Uwe von Hassel hatte gewiss keine psychologischen Schwierigkeiten.
 
Übrigens, auch das Hamburger Abendblatt ist vollständig mit Texterschließung digitalisiert, die Artikel und Meldungen zur Goeben entsprechend - hinter PayWall - abrufbar.

Die Ex-Goeben wurde vom türk. Verteidigungs- bzw. Finanzministerium wie Sauerbier zu als allgemein eingeschätzt überhöhten Preisen seit 1963 u.a. der BRD-Bundesregierung angeboten, doch kein Abwrackunternehmen & Verein & Museum, auch nicht der Deutsche Marinebund soweit ich sehe, kein Finanzministerium einer Staatsregierung wollte in den folgenden Jahren die weltweit vom türkischen Finanzministerium bis 1966 zum Verkauf, zur Versteigerung vielfach angebotene Ex-Goeben abkaufen bzw. ersteigern.

  • Hamburger Abendblatt 5. Mai 1964 (Meldung): Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel besucht die Türkei und dabei u.a. auch die Ex-Goeben, zusammen mit Generalinspekteur General Trettner.

  • HA 23. August 1965 (Meldung): Das türkische Verteidigungsministerium stellt die Ex-Goeben a. D. & bietet sie in Pariser Zeitungsanzeigen zum Verkauf an.

  • HA 21. Oktober 1965 (Meldung): Türkische Marine will die Ex-Goeben in ein Flottenmuseum verwandelt, bei einer Auktion bot kein Kaufinteressent den geforderten Preis.

  • HA 2. November 1965 (eigener Artikel): Auch der zweite Versteigerungsversuch der Ex-Goeben durch die türk. Regierung scheitert erneut am geforderten Mindestpreis. [Aus dem Artikel wird klar, dass sowohl im Sept. 1965 wie 1964 Hamburger Unternehmen interessiert waren, ihre Kaufangebote lagen deutlich unter dem Mindestpreis der türk. Regierung]

  • HA 21. Okt 1972: Die Ex-Goeben soll verschrottet werden, die türkische Marine hat sie dazu an den staatlichen türkischen Rüstungskonzern Turkish Mechanical & Chemical Industries verkauft, nachdem weltweit kein Kaufinteressent die geforderten Mindestpreise leisten wollte.
Es gab in Hamburg eine aktive Niederlassung des Deutschen Marinebundes, bis Anfang der 1960er Jahre sogar mit einer Art Stammtisch/AG/Runde 'Mittelmeer'-Tradition Panzerkreuzer Goeben und Breslau.

Das HA hat seine Inhalt sehr gut digitalisiert - es sind sogar die Leserbriefe recherchierbar seit Erscheinungsbeginn des HA im Jahr 1948.
Wie viele Leserbriefe sprachen sich für den Erhalt und die Rückführung der Ex-Goeben aus? 0
Das gilt, vermute ich, wohl auch für SPIEGEL und ZEIT.

Wie viele Artikel bzw. Meldungen in SPIEGEL und HA oder ZEIT sprachen sich für Erhalt und Rückführung der Ex-Goeben aus? 0, soweit ich sehe.

Die Ex-Goeben stammte aus der 'Vor-Vergangenheit', der gewaltige Schatten der NS-Zeit und des Zweiten Weltkrieges (und seiner Folgen) war weit präsenter, gewichtiger und prägender für die 1960er und 1970er und deutlich später. Die Rückkehr zum Ersten Weltkrieg und der Jahre davor in (deutscher) Geschichtsschreibung, -Forschung etc. ist erst ein Trend der Nach-'Wendezeit', im Rahmen einer vielleicht vorsichtigen 'nationalen Konsolidierung' nach Überwindung der gravierendsten politischen Folgen der NS-Zeit (u.a. Teilung Deutschlands und Europas) besonders in den letzten rund 20 Jahren.

Die SPIEGEL-Meldung vom 29. Juli 1964 (siehe mein vorletzter Beitrag), ein Experte des BRD-Verteidigungsministeriums habe in der Türkei die Ex-Goeben bereits auf den Schrottwert untersucht, zeigt ziemlich gut die damalige allgemeine breite Einstellung, auch der CDU-FDP-Bundesregierung mit samt dem schön konservativen Verteidigungsminister Kai-Uwe von Hassel.

Der Mini-'Aufstand' der Nostalgiker in der Marine-Rundschau gegen das Schicksal der Ex-Goeben erst ab 1970 geht entsprechend nicht von Marine-Angehörigen a. D., auch nicht von anderen Militärs a. D. aus. Abgesehen von den nicht zutreffenden Behauptungen der Autoren.
 
nun ja es mag daran gelegen haben, dass, wie oben bereits von andreasolar dargelegt, die kaiserliche Marine und die SMS Goeben in den Siebzigern für die breite Öffentlichkeit kein relevantes Thema war. Ich wage sogar mal die Behauptung ausser einigen wenigen Marineafficionados kannte in Deutschland niemand das Schiff und seine Geschichte . Eine in der Bevölkerung verwurzelte Navy- Tradition existierte im Gegensatz zu Grossbritannien oder den USA nicht, und in Zeiten einer wirtschaftlichen Rezession Steuermittel für den Ankauf und Erhalt eines unbekannten Schiffes aufzuwenden war damals schlicht nicht durchsetzbar
Allgemein bekannt waren zwar einige Schiffe des 2.Weltkriegs wie Bismark, Tirpitz und Scharnhorst , die U-Boote sowie die Segelschiffe Seeadler, GorchFock , Pamir, Adler von Lübeck , Wappen von Hamburg (alle von den Revellplastikbausätzen ) und die Bunte Kuh .
Damit dürfte die Aufzählung aber auch schon abschliessend sein.
Deutschland besteht nun mal im wesentlichen aus Binnenland und die Marine spielte in der deutschen Öffentlichkeitswahrnehmung mit Ausnahme der wilhelminischen Epoche und unter den Nazis keine Rolle.
Das erklärt auch das Desinteresse selbst konservativer Politiker an dem Thema und auch die mangelnde Bereitschaft eine Finanzierung eines Erhaltungsprojekts in Erwägung zu ziehen.
Bezeichnend ist dass sich offenbar auch nur Hamburger Presseverlage dem Thema aus lokalen Gründen angenommen hatten.
 
Zurück
Oben