"Mohr mit Smaragdstufe" ist eigentlich amerikanischer Ureinwohner

Maglor

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Die kleine, barocke Plastik von 1724 aus dem Grünen Gewölbe in Dresden ist als "Mohr" bekannt und wurde oft für einen Afrikaner gehalten. Eigentllich deutet der Kontext darauf hin, dass ein amerikanischer Ureinwohner gemeint war.
Sinn des Kunstwerkes war es jenes exotische Gestein aus Kolumbien in seiner Exotik zu präsentieren.

Link zum Grünen Gewölbe und zur Beschreibung der Figur:
https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/117440

Mit dem "Mohr" waren im Barock also keineswegs nur Afrikaner gemeint.
 
Mit dem "Mohr" waren im Barock also keineswegs nur Afrikaner gemeint.
Wäre mir ohne weitere Infos nicht so sicher…

Meine Frage wäre, was das Museum unter »historische Bezeichnung« versteht, zumal Titel von Kunstwerken häufig erst später von einem der Besitzer irgendwo hingeschrieben wurden und heute (auch von Museen) nicht immer von einem Originaltitel unterschieden werden. Möglich aber, dass als Steinträger explizit ein »Mohr« bestellt war, dem Permoser nachzukommen versuchte. Allerdings war der Mohr, resp. der Diener ohne Zunge, der bevorzugte Tablettträger in der Kunst und im Kunsthandwerk des 18. Jhs. Außerdem war dunkles Holz für vornehme Möbel in Mode (wie bspw. beim »dumbwaiter« genannten Serviertisch; siehe auch »Ebenist«); was o.W. der einzige Grund für die dunklere Darstellung der Hautfarbe gewesen sein könnte (es gibt ja auch Büsten von Europäern aus Ebenholz, resp. aus ebenisiertem Holz).

Es wäre also denkbar, dass ein Mohr als Träger erwartet wurde, während sich Permoser wegen der Herkunft der Steine bei Theodor de Bry schlau machte und zur Befriedigung der Erwartungen ebenisiertes Holz wählte. So würde ich allein wegen dem »„**** mit der Smaragdstufe“ (historische Bezeichnung)« nicht auf die allgemein übliche Verwendung des Begriffes auch für amerikanische Ureinwohner schließen. Dazu brauchte es m.M.n. schriftliche Belege, wozu (aus den genannten Gründen) nicht mal die Bestellung eines »Mohren« reichen würde.
 
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Meine Frage wäre, was das Museum unter »historische Bezeichnung« versteht
Da geht es darum, dass die Bezeichnung "Mohr" historisch, also nicht mehr aktuell ist.
Ein treffenderes Adjektiv wäre antiquiert.

Es wäre also denkbar, dass ein Mohr als Träger erwartet wurde, während sich Permoser wegen der Herkunft der Steine bei Theodor de Bry schlau machte und zur Befriedigung der Erwartungen ebenisiertes Holz wählte.
Offensichtlich war das nicht der einzige "Mohr" den Permoser geschaffen hat.
Bei anderen "Mohren" verwendete er tatsächlich Ebenholz, während der "Mohr mit Smaragdstufe" aus Birnenholz gefertigt sein soll.
Allesamt sind als halbnackte Wilde mit Röckchen aus Palmen oder Straußenfedern gestaltet. Selbst diese Mohren mit Dromedaren weichen nicht von diesem Schema ab. Der "Mohr" im eigentliche Sinne wäre ja ein Nordafrikaner mit Pluderhose und Turban etc.

Was die allgemein übliche Bedeutung des Wortes "Mohr" Anfang des 18. Jahrhunderts betrifft, so sollte man nicht all zu viel Systematik erwarten. Wirkliche Rassentheorien (Linné, Blumenbach, Kannt) mit grotesken Unterscheidungen roter, schwarzer, gelber und weißer Menschen entstanden erst einige Jahrzehnte später.
Der Künstler kann nichts von dieser Unterscheidung der roten und schwarzen Wilden gewusst haben.
 
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Da geht es darum, dass die Bezeichnung "Mohr" historisch, also nicht mehr aktuell ist.
Ein treffenderes Adjektiv wäre antiquiert.
Danke, Maglor! Habe nicht daran gedacht, dass eine 20 Jahre zuvor noch akzeptierte Bezeichnung ›historisch‹ genannt werden könnte. Der Titel ist aber in Anführungszeichen, d.h. schriftlich überliefert, insofern also historisch.

Bei anderen "Mohren" verwendete er tatsächlich Ebenholz, während der "Mohr mit Smaragdstufe" aus Birnenholz gefertigt sein soll.
Aber ebenisiert, was häufig ebenfalls »Ebenholz« genannt wird. Die Wahl des Birnenholzes dürfte eine reine Preisfrage gewesen sein, und nicht eine des Farbtones.
 
Das Adelung-Wörterbuch von 1793 erklärt, was damals unter dem deutschen Wort "Mohr" verstanden wurde.
Die Bezeichnung "Mohr" bezog sich laut Adelung auch auf die muslimische Bevölkerung des südlichen Asiens. Wegen der Zweideutigkeit des Begriffs empfiehlt das Lexikon jedoch die Bevölkerung muslimische Bevölkerung Asiens nicht mehr als Mohren, sondern als Araber zu bezeichnen und die Bevölkerung Nordafrika nicht mehr Mohren, sondern Mauren zu nennen.
Daneben bezeichnete "Mohr" auch einen Menschen von "ganz schwarzer Gesichtsfarbe ..." Neben Afrika werden jedoch einige Inseln im Indopazifik wie Neu-Guinea und Mallaka genannt.
Die wichtigste Bedeutung hat der Begriff jedoch im Rahmen der europäischen Hofhaltung:
"Besonders pflegt man einen solchen ganz schwarzen Afrikaner, welchen vornehme Herren zu ihrer Bedienung halten, einen Mohren zu nennen."

Der hessische Landgraf hielt das "chinesische Dorf" Mulang im Kasseler Bergpark als die richtige Kulisse für seine "Mohrenkolonie". Die "Mohren" waren zwar Mitbringsel aus dem nordamerikanischen Unabhängigskeitskrieg aber aus deutscher Perspektive passte alles exotische irgendwie zusammen und passten eben auch Afroamerikanerinnen perfekt in ein Dorf im Stil der Chinoiserie.

Der Begriff des Mohren war im 18. Jahrhundert ziemlich wage und unkonkret, ähnlich zweideutig wie die Bezeichnungen "Heide", "Kannibale" oder "Indianer".
Immanuel Kant unterschied noch zwischen"gelben" und "roten Indianern". Mit den "gelben Indianern" meinte er die Bevölkerung Ostasiens.
Klar ist nur, dass damit fremde Menschen gemeint war, die anders als die Europäer waren. Sie symbolisierten das Fremde im Sinne des Exotismus und Orientalismus.
Die genaue Herkunft der Hofmohren ist auch unklar und vage. Manchmal ist bekannt, von welchem Ort sie zuletzt verschleppt wurden, aber solche Formulierungen wie aus Amerika oder aus Afrika sagen eigentlich wenig aus.

Alles in allem gehe ich nicht davon aus, dass die barocke Hofgesellschaft zwischen amerikanischen Ureinwohnern, Schwarzafrikanern, Nordafrikanern, Türken, Indern und Chinesen klar und eindeutig unterscheiden konnte oder wollte.
 
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Wenn es gegen den „Mohr“ geht, fällt mir immer zuerst ein:
· Friedrich Schiller („Die Verschwörung...“) und
· William Shakespeare „Othello“ bzw. Giuseppe Verdi „Othello“ (nach W. Shakespeare). Othello, da ist der Mohr kein Diner, er ist Feldherr der Republik Venedig.
· Und auch noch mal G. Verdi mit „Aida“.

Unter den Begriff „Mohr“ fällt mir auch Karl Marx ein. Das Jugendbuch „Mohr und die Raben von London“ galt in der DDR in der POS (allgemeinbildende polytechnische Oberschule) als Einstieg der Kinder in ein späteres Studium des Marxismus-Leninismus (Inhalt: Armut und Kinderarbeit in der Textilbranche). Karl Marx bekam diesen Namen bei einigen Kindern in London wegen seiner schwarzen Kopf- und Barthaare.

Zur Psychose der Umbenennerrei schüttle ich nur mit dem Kopf.
 
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