Media in Germania - der Tintenfassdeckel des Germanicus

Danke. Damit ist der Absatz/Sprung im inneren Rand erklärt. Er stammt nicht aus der Fertigung, sondern von einer Beschädigung durch einen spitzen Gegenstand.
 
Laufwaage: klingt ja eher nach einem Kaufmann als nach Militär. Dazu passt auch das Tintenfass, falls römische Kaufleute damit etwas aufgeschrieben oder "angeschrieben" haben.
 
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Ein Kaufmann, der ein Bronze-Tintenfass in das entlegenste Germanien mitschleppt, erwartet dort Schriftlichkeit und Schriftkultur beim Handelspartner.
 
@Pardela_cenicienta vielleicht gehörte so ein Tintenfass dem Buchhalter des Kaufmanns, welcher seinem Chef die Gewinnspanne stets aktualisiert? Dann benötigte der Handelspartner kein Studium bei Cicero oder Quintilian ;)
 
Ein Kaufmann, der ein Bronze-Tintenfass in das entlegenste Germanien mitschleppt, erwartet dort Schriftlichkeit und Schriftkultur beim Handelspartner.
Nun, auf das Problem war ich selbst schon gestoßen. Aber aufschreiben kann man doch Verschiedenstes: die eingekauften und verkauften Waren, die Namen der Käufer und Verkäufer für spätere Geschäfte, die Wege, die Beschaffenheit der Landschaft, Bestellungen etc. Aber das sind natürlich alles Spekulationen und werden vielleicht dann konkreter, wenn man mehr über den gesamten Fund weiß. Fragen wären dann: warum liegen Laufwaage und Tintenfassdeckel (falls sie überhaupt zusammengehören) auf der Erde: Überfall, Unfall, Zufall?
 
Aber das sind natürlich alles Spekulationen und werden vielleicht dann konkreter, wenn man mehr über den gesamten Fund weiß. Fragen wären dann: warum liegen Laufwaage und Tintenfassdeckel (falls sie überhaupt zusammengehören) auf der Erde: Überfall, Unfall, Zufall?

Ganz genau - hier ist der Fundkontext wichtig.

@Hermundure hat von drei Fundstücken in unmittelbarer Nähe zueinander berichtet:

  • Tintenfaßdeckel
  • Gewandfibel
  • Gewicht einer Laufwaage
Dazu hatte ich schon oben geschrieben:

Neben den Funden sind doch auch die Befunde interessant:

Wie kommt ein römischer Tintenfassdeckel und eine Fibel dahin?
War da ein römisches Marschlager?
Oder eine germanische Siedlung, in der man vielleicht als Geschenk diese Stücke hatte?
Oder sind diese Gegenstände zwischendurch zufällig verlorengegangen/weggeworfen worden? Dann müßte am Fundort irgendeine Marschroute gelegen haben.

Oder war da vielleicht in der Antike eine germanische Schmiede, die Altmetall als Rohstoff gesammelt haben, und einige kleinere Stücke sind halt da verlorengegangen?
 
Ganz genau - hier ist der Fundkontext wichtig.


Oder war da vielleicht in der Antike eine germanische Schmiede, die Altmetall als Rohstoff gesammelt haben, und einige kleinere Stücke sind halt da verlorengegangen?
Verschiedene Varianten sind denkbar. Bronzezeitliche Bruchstücke findet man hier recht häufig. Ob zum Einschmelzen oder als rituell zerstörtes Gerät zum Opfern, ist nicht mehr feststellbar. Das betrifft aber die Bronzezeit. So wurde das römische Arztbesteck von Aschersleben von einem Germanen weiter benutzt, so dass man es ihm in die Urne legte.
https://www.mz.de/lokal/aschersleben/ur-und-fruhgeschichte-rom-in-aschersleben-2061202
 
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Spannend, sehr spannend.
Insbesondere weil der Fund so weit östlich ist.

@Hermundure Großen Glückwunsch!
Planst Du weiteres Sondieren dort?

Wie gesichert ist eigentlich die Datierung in frühkaiserliche Zeit?
 
@DerNutzer

Danke. Ja, da ich dort ganz in der Nähe auch schon vor Jahren Schuhnägel gefunden hatte. Optik und Maße passen gut zu den Fässchen von Haltern und Köln überein. Die norisch-pannonische Fibel lag ja praktisch fast gleich daneben.
 
@Hermundure Auch Schuhnägel, das wird ja immer besser.

Wurden die Nägel eigentlich auch von Zivilisten in den Sandalen getragen?
Oder deuten die Nägel auf Militär hin?

Und nochmal die Frage: Wie sicher ist die Datierung des Behälters in die Tiberius Zeit? Ist dieses "T" ohne das "IB" wirklich so aussagekräftig?

Sehr sehr spannend. Ich freue mich, hier mehr darüber zu lesen.
 
Über römische Legionärssandalen und ihre Nägel gibt es einige Veröffentlichungen. Auch hier im Forum hat Hermundure berichtet.
Betreffs des "T" habe ich allerdings einige Bedenken. Hier müsste eine Präzisierung durch optische oder Röntgentechnik erfolgen, um zufällige Werkzeugspuren auszuschließen.
 
Hallo,

es ist wieder soweit. Die Felder sind gegrubbert, wenn auch teilweise noch sehr holprig das Ganze ist und eigentlich zum Detektieren weniger geeignet, habe ich doch einen weiteren sensationellen Fund bei Freyburg machen können. Es handelt sich um einen eisernen Hakenschlüssel (Länge 17,5 cm, Bartbreite 5,25 cm) wie ihn die Römer in der Colonia in Xanten z.B. benutzt haben. Bei genauerer Betrachtung der Kartierung der Fundorte der Schlüssel in der Colonia fällt auf, dass die Hakenschlüssel nur bei den öffentlichen Gebäuden wie dem Verwaltungspalast und dem Hafentempel aufgefunden worden sind. Was hat so ein Schlüssel in der Germania Magna zu suchen? Der Fundort des Schlüssels befindet sich nur knapp 1000 m weg vom Fundplatz des Tintenfassdeckels. Fragen über Fragen . . .
 

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Es gibt die ersten Waffenfunde von meinen zwei Lieblingsplätzen an der Unstrut - ein Ortbandfragment einer Gladius-Scheide, eine bipyramidale Pfeilspitze sowie eine abgebrochene Pilum-Spitze (siehe Avatar). Das Ortband fand ich links der Unstrut und die beiden anderen Sachen rechts der Unstrut, wo ich auch schon den römischen Schlüssel gefunden habe (ca. 600 m) Luftlinie entfernt. Laut Frau Dr. Dr. Hoss gehört das Ortband der Gladiusscheide in die erste Hälfte des 1. Jh. n. Chr. Sie geht davon aus, dass dieser Platz militärischen, als auch zivilen Charakter aufweist. Desweiteren fand ich wieder einen Terra Sigillata Scherben - der erste jetzt auch auf der rechten Seite der Unstrut. Bipyramidale Pfeilspitzen wurden in Augusteischer Zeit in größeren Mengen beim Oppidum Monte Bernorio in Spanien gefunden (siehe Zeichnung). Mal sehen was noch so zum Vorschein kommt...
 

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Vom Fundplatz an der Unstrut fand ich vor geraumer Zeit ein Fragment einer bronzenen Griffplatte (Avatar) eines römischen Gladius. Diese wurden zwischen den beinernen Griffstücken eingelegt (siehe Anhang Gladius). Es tauchen immer mehr Waffenfragmente auf.
 

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Die Felder sind gemäht und gegrubbert und neben Keramikfunden gleich wieder ein römischer Waffenfund von der Unstrut. Diesmal vom gegenüberliegenden Feld auf der anderen Flussseite. Es handelt sich um ein Fragment eines Speers. Dieser Typus wurde auch im Römerlager in Hedemünden ausgegraben (Gruppe A, RKZ B1). Auch ein stark abgegriffenes, vierkantig durchlochtes, bronzenes Regenbogenschüsselchen Typ Bochum (Zuordnung nach N. Roymans/J. Aarts zum Stamm der Bataver) kam zum Vorschein. Es ist das 4. Exemplar aus Mitteldeutschland (1x Thüringen, 3x Sachsen-Anhalt). Zudem habe ich auf dem Hauptplatz ein bronzenes Orakelstäbchen und einen runden, bronzenen, flachen Spielsteine mit 7 Augen detektiert. Laut Tacitus kämpften Bataver im Heer des Germanicus.
 

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Laut Tacitus kämpften Bataver im Heer des Germanicus.
Regenbogenschüsselchen sind doch eher in den drususzeitlichen Feldzügen zu erwarten. Wir befinden uns hier zwischen dem drususzeitlichen Hedemünden und der Saale, also dem Gebiet, in dem Drusus seinen tödlichen Unfall erlitt. Vielleicht hast du ja Scelerata gefunden.
 
Hallo ELQ,

Drusus auf keinen Fall mehr, da ich auch einen rhein-weser-germanischen Scherben der frühen RKZ aufgelesen habe. Vergleichsfunde lassen sich dazu wunderbar in Ostwestfalen (!) finden (siehe Auszüge Publikation 2016 im Anhang). Strabon hatte bereits mitgeteilt, dass z.B. die Marser sich in das Landesinnere vor den Römern geflüchtet hatten. Die Brukterer verbrannten ihre Wohnstätten laut Tacitus. Das weißt klar auf eine massive Bewegung hin. Und genau diese Keramik haben wir um 10/15 n.Chr. auch hier. Es lag noch mehr von dieser Keramik rum. Ich werde noch einige demnächst aufsammeln. Da das fast blanke Schüsselchen antik gelocht war, kann es auch als Talisman über einen längeren Zeitraum getragen worden sein.
 

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Diese Keramik von der Unstrut gibt es aus Grabungen folgender Orte in Ostwestfalen:

Engern
Hüllhorst
Kirchlengern

Wir befinden uns also im Gebiet um Porta Westfalica (Römerlager (?) Minden-Barkhausen) an der Weser.

Auch die Karten von R. v. Uslar oder J. Bemmann zeigen für die frühe RKZ, dass quer über Thüringen bis zur Saale ein Wechsel in der Keramik zu verzeichnen ist. Laut Tacitus waren die Germanen im Begriff die Elbe zu überschreiten, stellten sich aber den Römern zum Kampf (16 n. Chr.). Für mich stand fest, wo ich zu suchen hatte - nicht an der Lippe! Ich bin immer noch davon überzeugt das Germanicus den Spuren seines Vaters gefolgt ist. Die Funde sprechen für sich.
 
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