Warum kein Frieden 1917?

Und wenn Deutschland die domminierende Nation war und alles erzwingen hätte können, dann gilt dies für für die USA im anderen Lager noch viel mehr. Ich denke es nicht so einfach mit dem Erzwingen.

Ich würde meinen, dass dieser Vergleich hinkt, jedenfalls, was das Jahr 1916 betrifft.

Die USA waren ja noch nicht direkt in den Krieg involviert.
Ihre materielle Unterstützung war sicherlich sehr bedeutsam dafür, dass die Entente-Mächte hinreichend Material für groß angelegte Offensiven zusammenbringen und schwächere Partner einigermaßen vernünftig materiell unterstützen konnten, aber ein Wegfall hätte kaum ihre Fähigkeit den Krieg (wenn auch mit deutlich geringeren Aussichten ihre Ziele zu erreichen) fortzusetzen entscheidend beeinträchtigt.

Das sah auf Seiten der Zentralmächte anders aus. Hätte Deutschland einen Sonderfrieden geschlossen und seine Truppen anno 1916 aus der österreichischen Front zurückgezogen und die Front im Norden liquidiert, wäre der russische Durchmarsch nach Wien allenfalls eine Frage von Wochen gewesen.
Und wie lange sich das Osmanische Reich oder Bulgarien allein hätten behaupten können, ich denke darüber braucht man gar nicht zu diskutieren.
Die übrigen Zentralmächte, waren von Deutschland schon deutlich abhängiger, als es Großbritannien, Frankreich oder Russland von den USA waren, jedenfalls aus der Situation Ende 1916 heraus.

Von dem her, wenn irgendein Akteur zu diesem Zeitpunkt des Krieges in der Lage dazu war, seine Verbündeten zur Teilnahme an einer Friedenskonferenz oder anderen Friedensbemühungen und zum Verzicht auf überzogene Forderungen zu zwingen dann war es das Deutsche Reich.
 
Meinen Kenntnisstand sah es Ende 1916 mit den Finanzen der Entente schlecht aus. England und erst Recht Frankreich waren auf amerikanische Kredite angewesen, damit diese weiterhin in den USA einkaufen konnten. Und genau hier war der Ansatzpunkt, um Druck auszuüben.
 
Meinen Kenntnisstand sah es Ende 1916 mit den Finanzen der Entente schlecht aus. England und erst Recht Frankreich waren auf amerikanische Kredite angewesen, damit diese weiterhin in den USA einkaufen konnten. Und genau hier war der Ansatzpunkt, um Druck auszuüben.

An der Stelle muss ich sagen, dass mir nicht bekannt ist, wie genau Frankreich den Krieg finanzierte.
In Großbritannien tat man das ja nach meinem Kenntnisstand vor allem über steuerliche Abgaben.
Diese hätte man natürlich erhöhen oder parallel dazu noch Kriegsanleihen auflegen können, wäre halt die Frage, inwiefern die Bevölkerung das mitgetragen hätte.
 
Der unbeschränkte U-Bootkrieg begann erst am 01.Februar 1917. Die Note mit den Bedingungen wurde Ende Januar überreicht.

Von eine Farce kann also keine Rede sein. Ein Beschluss kann schnell korrigiert werden.

Was sagst du hierzu?

Ich denke intern waren die Würfel schon gefallen, Bethmann hatte verloren und "Friedensbotschaften" an Wilson zu dieser Zeit (Ende Januar) konnten nur noch dem Zweck dienen die Auswirkung des unbeschränkten U-Boot-Krieg diplomatisch ein wenig abzufedern. Mag es nur noch ein Fünkchen Hoffnung gegeben haben den Kriegseintritt der USA zu vermeiden, so war doch jede Woche die gewonnen werden konnte sehr kostbar.
Denn der unbeschränkte U-Boot-Krieg ist ja eine zeitlich enge Wette, so wie etwa der Schlieffenplan.
Es musste gelingen Großbritannien zur Kapitulation zu zwingen noch bevor sich die Macht der USA auf dem Kriegsschauplatz entfalten konnte.
Ist dieses Vabanque-Spiel erst begonnen, kann man nicht mehr langsamer werden, geschweige denn stoppen.
Der U-Bootkrieg konnte auch schnell wieder eingestellt werden.
Theoretisch ist das so. Doch hatten sich im DR bereits jene durchgesetzt die den Willen und die Macht hatten die Wette zu wagen, den neuen großen Sprung ins Dunkle.
Daher finde ich den Begriff "Farce" zutreffend.

(Ich hab mal versucht Dokumente dieser Zeit (Ende Januar, Anfang Februar) zu sichten.
Ein solches vom 29. Januar hab ich bisher nicht gefunden und bitte Dich um eine Quelle.)
 
Die Militärs, vor allem die Marine aber auch die Herrn Hindenburg und Ludendorff, wollte ohne Frage den U-Bootkrieg. Sie alle verließen sich auf die unzuverlässigen Berechnungen, da auf falscher Grundlage gerechnet wurde, mit einem schnellen Erfolg. Nur, die paar Monate, in denen man den unbeschränkten U-Bootkrieg tatsächlich geführt hatte, bilden doch auch keine zuverlässigen Anhaltspunkte, um eine belastbare Trendextrapolation durchführen zu können. Ich kann es bis heute nicht begreifen, auf was für ein unerhörtes Risiko man sich auf einer so schlampigen Grundlage einlassen konnte.

Klar, defacto war die Entscheidung gefallen. Das war ja beschlossen. Aber trotzdem wurde Wilson die Bedingungen übergeben, ich denke, das Kaiser wusste auch davon, und insofern bestand eigentlich durchaus eine Chance.

Am Ende hatte Bethmann verloren, ja, aber ich glaube noch nicht zum Zeitpunkt der Übergabe.
 
Anknüpfungspunkt für Bethmann war, das Wilson gegenüber Sternburg zu erkennen gegeben hatte, das er mit den Forderungen der Alliierten übereinstimme; ja sie als unmöglich bezeichnet hat. (Kielmannsegg, Erster Weltkrieg). Bethmann wollte den dünnen Faden nach Washington nicht abreißen lassen.
Bernstorff wurde angewiesen die Antwort auf das letzte Vermittlungsangebot zu übergeben und, das ist die Krux, auch die Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Bootkrieges. Beides zusammen. Bethmann ließ mitteilen, der U-Bootkrieg würde eingestellt, wenn sicher sei, das Wilsons Bemühungen zu einen annehmbaren Frieden führen würden. Und es wurden die oben genannten Bedingungen genannt. (Auch Kielmannsegg, Erster Weltrieg).
Der ganz große Fehler dürfte gewesen sein, die Ankündigung des uneingeschränkten U-Bootkrieges gleichzeitig zu übergeben. Das war natürlich nicht sonderlich geschickt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bethmann ließ mitteilen, der U-Bootkrieg würde eingestellt, wenn sicher sei, das Wilsons Bemühungen zu einen annehmbaren Frieden führen würden. (...) Der ganz große Fehler dürfte gewesen sein, die Ankündigung des uneingeschränkten U-Bootkrieges gleichzeitig zu übergeben. Das war natürlich nicht sonderlich geschickt.
Das könnte man auch als Erpressungsversuch gegenüber einer neutralen Macht ansehen.
 
Das könnte man auch als Erpressungsversuch gegenüber einer neutralen Macht ansehen.
Eben.

Brunauer, The Peace Proposals of December, 1916-January, 1917, JoMH 1932, S. 570:

"Wilson's reply was to break off diplomatic relations with Germany."
dazu: Secretary of state to the German ambassador,Feb. 3, 1917; Seiten 407-9
(Diplomatic correspondence with belligerent governments relating to neutral rights and duties)
 
Secretary of state to the German ambassador,Feb. 3, 1917
Das dürfte diese Note gewesen sein: Severance of Diplomatic Relations between the United States and Germany, February 3, 1917 - World War I Document Archive
Sie nimmt Bezug auf die Note von Bernstorff an den US-Außenminister vom 31. Januar 1914. German Note to the United States regarding the Submarine Blockade, January 31, 1917 - World War I Document Archive


Der ganz große Fehler dürfte gewesen sein, die Ankündigung des uneingeschränkten U-Bootkrieges gleichzeitig zu übergeben. Das war natürlich nicht sonderlich geschickt.
Das war kein Ungeschick, sondern es gehörte zusammen.
 
Wenn sich mir das erschließt und der Wilson-Regierung 1917, warum sollte die deutsche Reichsregierung unter Bethmann nicht dazu in der Lage gewesen, das so wahrzunehmen?

Wohl weil Bethmann eben so ganz anders gedacht, eben nicht so negativ, hatte. Das zieht sich ja hier durch den ganzen Thread, das Deutschland nur negative Absichten gehabt hätte. Die Alliierten werden dabei vollständig ausgespart.
Ihm ging es darum, den hauchdünnen Gesprächsfaden eben nicht abreißen zu lassen. Wieso wird eigentlich so gar nichts zu den sehr gemäßigten Angebot der Deutschen hier ausgeführt?
Es geht immer nur und ausschließlich darum, den deutschen Absichten negativen Intentionen zu unterstellen.
Ich sehe, das es hier nichts mehr werden wird, über die Ablehnung der alliierten Staatsmänner zu reden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Woher weißt du das? Quelle?
Das lässt sich u.a. bei den Autoren nachlesen, deren Lektüre du mir letzte Woche ans Herz gelegt hast. (Wie du weißt, mache ich meine Hausaufgaben, so auch die, die du mir letzte Woche aufgetragen hast. Bin aber noch nicht fertig, daher gebe ich zurück an hatl.)
 
Das dürfte diese Note gewesen sein: Severance of Diplomatic Relations between the United States and Germany, February 3, 1917 - World War I Document Archive
Sie nimmt Bezug auf die Note von Bernstorff an den US-Außenminister vom 31. Januar 1914. German Note to the United States regarding the Submarine Blockade, January 31, 1917 - World War I Document Archive
Das war kein Ungeschick, sondern es gehörte zusammen.

Der 31.1. bezüglich Ankündigung ist schon datumsseitig bekanntlich der letztmögliche Termin für die formale Ankündigung des 1.2. (militärisch der Beginn).
Dieser wiederum wurde bereits am 9.1. durch Wilhelm/Order SKL definitiv festgelegt, was wiederum seit Anfang Dezember 16 militärisch als letztmöglicher Beginn fixiert und den politischen und militärische Akteuren bekannt gegeben war. Wenige Tage vor dem 9.1. wurde durch Lansing klar gesagt, dass dies den Kriegszustand mit den USA bedeuten würde. Ich sehe daher wie Du die Farce.
 
Wohl weil Bethmann eben so ganz anders gedacht, eben nicht so negativ, hatte. Das zieht sich ja hier durch den ganzen Thread, das Deutschland nur negative Absichten gehabt hätte
Ich denke, da sollte man einfach die Zeitachse berücksichtigen.
Für mich stellt sich das so dar, als wäre Bethmann zunächstmal ernsthaft an einem Verhandlungsfrieden interessiert gewesen.
Allerdings hat er sich mehr als lauwarme Schritte in diese Richtung nicht getraut, wahrscheinlich, weil er die Auseinandersetzung mit den Annexionisten innerhalb Deutschlands scheute.
Aus welchen Gründen er die scheute, sei es weil ihm die Courage dazu fehlte, sei es, weil er fürchtete des Kaisers Rückendeckung zu verlieren, wenn er das versuchte, vermag ich nicht zu sagen.
Aber jedenfalls ist das, was dabei zunächst herauskommt allenfalls halbherzig.

Und so wie ich dass sehe schwenkt Bethmann in seinen Absichten in dem Moment um, in dem er sieht, dass sein halbherziger Anlauf Gespräche aufzunehmen zu nichts führte.
Das mag möglicherweise auch damit zusammenhängen, dass ihm klar sein musste, dass das Zeitfenster für Verhandlungen begrenzt war, weil die Militärs die Sache wieder in der Hand haben würden, so bald dass Wetter wieder größere Offensivbemühungen zulassen würde (auf beiden Seiten).
 
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