Benedikt XVI./Joseph Ratzinger

Scorpio

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Eine Persönlichkeit, die stark polarisierte! In jungen Jahren galt Josef Ratzinger durchaus als Hoffnungsträger, von dem man sich eine gewisse Liberalisierung erhoffte. Er war Studien-Kommilitone der Theologin Uta Ranke Heinemann, die als erste Frau einen Lehrstuhl für katholische Theologie erhielt, diesen aber unter Johannes Paul II. wegen Kritik an der Jungfräulichkeit Marias und überaus kritischer Äußerungen gegen die Sexualethik und Moral verlor.

Als Chef der Glaubenskongregation setzte Josef Ratzinger knallhart die Linie seines Vorgängers durch, und als Papst galt Benedikt, nicht zuletzt wegen seines schon fortgeschrittenen Alters als Übergangskandidat. Als Papst, der der Linie seines Vorgängers treu bleiben würde, und das war wohl auch einer der Gründe seiner Wahl.

Benedikt XVI. hatte nach dem sehr langen Pontifikat des "Papstes der Herzen" Johannes Paul II. durchaus einen schweren Stand. Bei aller (berechtigten) Kritik war Johannes Paul II. doch ein charismatischer Papst gewesen. Gleichzeitig hatte sich unter Johannes Paul II. ein großer Reformstau in der Kirche angesammelt.

Die römisch katholische Kirche ins 21. Jahrhundert zu führen, war durchaus eine Herausforderung.

Zu Beginn von Benedikts Pontifikat war überall die Rede von einer Renaissance des Glaubens, einer Wiederbelebung von Spiritualität. Da wurde fast schon um die Wette gepilgert, Arnulf Baring und andere nahmen eine Auszeit im Kloster, bedauerten, dass Spiritualität bei den Protestanten eher zu kurz kommt.

Dann kam Benedikt nach Deutschland, und wo auch immer sich Kameras befanden, tauchten sogleich sehr jugendliche Vertreter einer Generation Benedikt auf, die erklärten, was doch der Sechzehnte für ein brillanter Vordenker, Theologe und netter Onkel ist und die Aussagen zu Familie, Sexualität und Glauben machten, die unglaublich reaktionär anmuteten.

Benedikt XVI. hielt dann viele kluge Reden. Sein Dialog mit Vertretern des Judentums und des Islams wirkte zumindest ernst gemeint, und auch sein Engagement für den Weltfrieden nahm man Benedikt ab, Sein Engagement wirkte zumindest authentisch. Im Großen und Ganzen war die Botschaft dieses Papstes und dieses Pontifikats: Es bleibt alles beim Alten- und das ist auch gut so! Die Katholische Kirche muss sich nicht ändern. Es gibt eine Sehnsucht nach Glauben und Spiritualität, es schien einige Zeit so, als sei es gerade die Stärke der Kirche, sich nicht zu verändern, an überkommenen Prinzipien festzuhalten-klare Regeln zu setzen, auch wenn diese bei vielen aneckten.

Dann aber kamen die seit 10 Jahren nicht endenden Missbrauchsskandale, und es taten sich wahre Abgründe auf!
Man hatte irgendwie geahnt, dass es eine Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit gab, auch dass es Kleriker gab/gibt, die mit der von oben verordneten Keuschheit ihre Schwierigkeiten haben. Für Priester, die mit dem Zölibat Schwierigkeiten haben, hätte man Verständnis aufbringen können. Das Gleiche gilt für Kleriker, die nun einmal homosexuell sind. Man könnte selbst für Kleriker, die sich mal einen Seitensprung, einen Bordellbesuch oder auch ein paar Joints gönnen Verständnis aufbringen-nicht aber für homosexuelle Pädophile, die den ihnen gewährten Vertrauensbonus missbrauchen, um sich an Kindern zu vergehen.

Dieses Ausmaß, diesen Dreck hätten wohl selbst Leute, die der Kirche feindlich gesinnt sind, nicht für möglich gehalten.

Johannes Paul II. hatte als junger Priester miterlebt, wie (häufig erfundene) Missbrauchsfälle von den Nazis instrumentalisiert wurden, um Priester und nicht zuletzt auch die Kirche selbst zu diskreditieren. Johannes Paul II. war daher sehr stark geneigt, solche Vorwürfe für instrumentalisiert zu halten, selbst wenn sie berechtigt waren. Viele Betroffene beschrieben, dass ihnen nicht geglaubt wurde, dass man sich so etwas nicht vorstellen konnte und wollte.

Benedikt XVI. hat wohl durchaus eine Reihe von Geistlichen vom Dienst suspendiert, war aber letztlich nicht wirklich in der Lage, die Skandale aufzuarbeiten. Es wurde der Vorwurf laut, dass Benedikt XVI. als Erzbischof von München und Freising eine Reihe von Fällen auf dem Schreibtisch hatte und dass auch er Anteil an der Vertuschung hatte. Es war offensichtlich, dass Missbrauchsfälle systemisch bedingt waren, dass zumindest die Hierarchie dazu beigetragen hat, dass Pädophile über Jahre hinweg, ihre Neigungen ausleben konnten, dass man Priester, die nicht nur schwerste Sünden, sondern widerliche Verbrechen begingen immer wieder versetzt hat.

Ein Bekenntnis und eine Stellungnahme dazu hat man von Benedikt XVI. nicht dazu gehört. Statt dessen wurden Sündenböcke vorgeschoben, und obwohl es Missbrauchsfälle schon in den 1950ern gab, behauptete Benedikt, dass die 68er Bewegung, die Sexualisierung von Kindern und die Gottesferne des modernen Menschen verantwortlich für diese monströsen Missbrauchsskandale seien-

Das alles ist dem Papst und der katholischen Kirche gewaltig auf die Füße gefallen, ist für die Kirche zu einem riesigen Glaubwürdigkeitsproblem geworden.
Es ist heute kaum noch die Rede davon, dass es eine Wiederbelebung und Renaissance des Glaubens und ein Sehnen nach Spiritualität gibt.

Ein Papst wie Franziskus, der statt mit dem Papamobil mit dem Bus oder einem alten Fiat vorfährt, der sich über das Protokoll hinwegsetzt, der Obdachlose bewirtet und öffentlich sagt: "Wer bin ich, um über Homosexuelle zu urteilen"- ein solcher Papst wäre 2005 eine Sensation gewesen. Einem solchen Papst wären Sympathien zugeflogen, und er wäre ohne großen Aufwand ein Medienstar geworden.
Nun, im x-ten Jahr der Missbrauchsskandale genügt das nicht (mehr), um das angeschlagene Ansehen der Kirche wiederherzustellen.
 
Als Chef der Glaubenskongregation setzte Josef Ratzinger knallhart die Linie seines Vorgängers durch, und als Papst galt Benedikt, nicht zuletzt wegen seines schon fortgeschrittenen Alters als Übergangskandidat. Als Papst, der der Linie seines Vorgängers treu bleiben würde, und das war wohl auch einer der Gründe seiner Wahl.
Ein zentrales Problem war, daß er ein Gelehrter und kein Seelsorger war. Außer einem Jahr als Kaplan und Vertreter eines Gemeindepfarrers in München hat er seine Karriere an der Universität gemacht. Auch als Erzbischof war seine Hauptaufgabe die Verwaltung. Insofern war er als Papst keine wirklich passende Besetzung, was er auch wußte und den Job nicht haben wollte...
 
Ihn auf das Pontifikat und seine Tätigkeit als Großinquisitor seines Vorgängers zu reduzieren und sich stigmatisierend über seine Schwierigkeiten bei der Kommunikation außerhalb seiner Kreise zu mokieren, wird ihm nicht gerecht.*

Ein Satz zu seiner überragenden Rolle als Theologe ist da sicher nicht zuviel.

Er versuchte zu vermitteln und wurde als Chef der Glaubenskongregation teils erst auf Aufforderung von Johannes Paul II. tätig, was oft unterschlagen wird. Zudem war er in dem Amt an die Richtlinien des Papstes gebunden. Ein Amt zu übernehmen bedeutet nicht, sich auszuleben. Für viele Kritikpunkte ist er nur der Exponent und die Amtsführung war im Vergleich sehr besonnen und setzte zuerst in der Regel auf den Dialog und Überzeugung. Dies sollte auch nicht übersehen werden.

Und auch die Annahme der Rolle eines Übergangspapstes schmälert nicht seine Bedeutung als Theologe. Das bedeutet auch, eben keine großen, bahnbrechenden Schritte zu unternehmen, sondern eher das Gute zu bewahren, ansonsten vorzubereiten und Kardinäle zu ernennen. Hier muss ich daran erinnern, dass Franziskus tatsächlich ausdrücklich auf diese Vorbereitungen zurückgegriffen hat. Wie er sich selbst bezeichnete: ein einfacher Arbeiter im Weinberg des Herrn.

Groß ist aber sein Rücktritt. Ausdrücklich ging es ihm dabei darum, dass er viele Aufgaben nicht mehr effektiv lösen konnte und dafür ein anderer an seine Stelle treten sollte. Wo finden wir soviel Ehrlichkeit und Konsequenz sonst bei den Mächtigen dieser Welt?

Ich wollte nicht ausführlicher schreiben, und will keine Diskussion lostreten, aber fair sollte es unter Nachruf trotz aller Polarisation schon bleiben. Darum habe ich jetzt mal eine positivere Sicht skizziert.

*(Keiner ist überall begabt, was die Organisation der Kirche und anderer Organisationen leider nur teilweise berücksichtigt, obwohl es schon heute mehrere Bischöfe in einem Bistum gibt und der eigentliche Titelträger mit etwas geändertem Recht eine bessere, den Amtsträgern angemessenere Aufgabenverteilung in Gang setzen könnte. Und wie der Generalvikar eine Rolle bei der Bistumsleitung hat, ohne Bischof zu sein, könnten so ohne große Änderung nach Vorbild der Kurienreform und ohne Glaubenssätze zu verletzen auch Frauen und Laienvertreter eingebunden werden. Eigentlich ist die Kirche in diesem Punkt im Vergleich gar nicht so schlecht aufgestellt. Aber so etwas passt nicht zu einem 'Übergangspapst'.)
 
Im Großen und Ganzen war die Botschaft dieses Papstes und dieses Pontifikats: Es bleibt alles beim Alten- und das ist auch gut so!
Nein, er hat nicht alles beim Alten gelassen, er hat das Rad sogar zurückgedreht: Benedikt der XVI. hat beispielsweise die lateinische Messe wieder zugelassen und den Bann gegen die Pius-Brüderschaft aufgehoben.

Es war offensichtlich, dass Missbrauchsfälle systemisch bedingt waren, dass zumindest die Hierarchie dazu beigetragen hat, dass Pädophile über Jahre hinweg, ihre Neigungen ausleben konnten, dass man Priester, die nicht nur schwerste Sünden, sondern widerliche Verbrechen begingen immer wieder versetzt hat.
Ja, das war systembedingt nach dem Motto: Warum sollte man etwas ändern, was jahrhundertelang gut funktioniert hat?

Auch als Erzbischof war seine Hauptaufgabe die Verwaltung. Insofern war er als Papst keine wirklich passende Besetzung, was er auch wußte und den Job nicht haben wollte...
Doch, er wollte den Job, sonst hätte er vor Konklave nicht seine Bewerbungsrede gehalten – siehe den Artikel der FAZ vom 19.04.2005.

Er versuchte zu vermitteln und wurde als Chef der Glaubenskongregation teils erst auf Aufforderung von Johannes Paul II. tätig, was oft unterschlagen wird. Zudem war er in dem Amt an die Richtlinien des Papstes gebunden.
Diese Richtlinien waren größtenteils die seinen, denn der Kardinal und Großinquisitor Ratzinger war der wichtigste Ratgeber des Johannes Paul II. Und während dieser die fundamentalistische Pius-Brüderschaft 1988 verbot und exkommunizierte, erlaubte Ratzinger sie 2009 als Papst wieder. Schon allein das beweist, dass Ratzinger ein Reaktionär war.

Und auch die Annahme der Rolle eines Übergangspapstes schmälert nicht seine Bedeutung als Theologe. Das bedeutet auch, eben keine großen, bahnbrechenden Schritte zu unternehmen, sondern eher das Gute zu bewahren, ansonsten vorzubereiten und Kardinäle zu ernennen.
Was er für das Gute hielt, hat er hinreichend mit seinen Entscheidungen bewiesen: Alles sollte so bleiben, wie es ist, notfalls auch wieder, wie es einmal war – siehe meine bisherigen Bemerkungen dazu.

Groß ist aber sein Rücktritt. Ausdrücklich ging es ihm dabei darum, dass er viele Aufgaben nicht mehr effektiv lösen konnte und dafür ein anderer an seine Stelle treten sollte. Wo finden wir soviel Ehrlichkeit und Konsequenz sonst bei den Mächtigen dieser Welt?
Sein Rücktritt sehe ich anders: Vordergründig war das ein Dienst an der Kirche – weil er das Siechtum des Johannes Paul II. bei sich nicht wiederholen wollte. Aber in Wirklichkeit hat er den Papst Franziskus in seinem Reformeifer gebremst, denn solange Papst-emeritus lebte, musste Franziskus auf einstige päpstliche Entscheidungen Rücksicht nehmen. Und weil Benedikt während seines zehnjährigen Rückzugs nicht wirklich stillhielt und sich immer wieder – auch konträr zu Franziskus – äußerte, war er ein eher Klotz man Bein des neuen Papstes und damit auch der Kirche.

Ich wollte nicht ausführlicher schreiben, und will keine Diskussion lostreten, ...
Hast du aber. In dem gleichst du Ratzinger: Er wollte auch viel Gutes tun, bewirkte aber das Gegenteil. Was zu beweisen war.
 
Woher dieser Hass, es nicht auszuhalten, wenn zu einem Verstorbenen auch etwas Positives gesagt wird? Bei anderen Themen schreibst du doch auch sachlicher.

Er hat Gutes bewirkt und ist auf verschiedenste Gruppen zugegangen. Die Pius-Bruderschaft herauszugreifen ist populistisch.

Die lateinische Messe war und ist nicht verboten. Du meinst die veraltete tridentinische Liturgie. Er hat die Ausnahmen dazu rationalisiert und Ungerechtigkeiten dabei beseitigt. Zudem war es nicht reaktionär, sondern nur darauf angelegt, eine Spaltung zu vermeiden und die wirklich reaktionären Teile der Kirche durch mehr Offenheit aus ihrer Bubble, wie es heute heißt, zu holen und sie so nach und nach wieder zu integrieren. Franziscus hat sich dann für einen rigideren Kurs entschieden, weil es trotz Verbots missbraucht wurde, um Gemeinden zu spalten. Und Franziskus ist sich sicher der Ironie darin bewusst. Aber die Alternative wäre, wieder zu Ausnahmen zu wechseln. Jetzt kann es jeder Bischof nach den Verhältnissen seiner Diözese einrichten. Benedikt verlangte Akzeptanz des neuen Ritus durch die Tat, durch die Teilnahme an der Liturgie der jeweiligen Kathedrale, was zuvor nicht der Fall war. Konsequent hat Franziskus das in ein abgefragtes Bekenntnis verwandelt.

Johannes Paul II. war nicht die Marionette Ratzingers. Da ist deine Argumentation wieder populistisch. Und Franziskus agiert innerhalb der von ihm selbst dargelegten Linien, und das durchaus unabhängig von Benedikt. Es mag dir nicht in den Kram passen, aber die beiden stimmen in so einigen Punkten überein. Und Benedikt XVI. war längst nicht so konservativ wie Ratzinger + Johannes Paul II., was viele erstaunte, weil sie Ratzinger nicht gelesen haben.

Und konservativ bedeutet nicht reaktionär. Progressivität ist auch nicht von sich aus positiv. Wenn z.B. der Mensch über Gott gestellt wird, wird es für gläubige Katholiken verdammenswert.

Und reiß meine Worte nicht aus dem Zusammenhang, um sie umzudeuten. Ich erkläre an der Stelle des letzten Zitats, warum ich mich genötigt sah,von meinen Absichten abzuweichen.

Im übrigen gehört eine historische Abrechnung nicht unter die Überschrift Nachruf. Scorpio in den Posts #1289 und #1290 und Tannhäuser in Post #1291 haben gezeigt, wie als Nachruf Kritik geäußert wird, ohne dass es pietätlos wird.
 
Bei anderen Themen schreibst du doch auch sachlicher.
Wo war ich nicht sachlich? Alle Fakten, die ich genannt habe, stimmen.

Die Pius-Bruderschaft herauszugreifen ist populistisch.
Die Exkommunikationen der „Lefevre-Bischöfe“ inkl. des Holocaustleugners Williamson, die der Johannes Paul II. ausgesprochen hatte, wieder zurückzunehmen und tridentinische Messe, die der II. Vatikanische Konzil abgeschafft hatte, wieder zuzulassen, bedeutet erstens Missachtung der Entscheidung seines Vorgängers und, zweitens, ignorieren einer Konzilsentscheidung. Das beim Namen zu nennen ist nicht populistisch, sondern gehört zu einem Nachruf dazu.

Johannes Paul II. war nicht die Marionette Ratzingers.
Das habe ich auch nicht gesagt. Gesagt habe ich, als Antwort auf deine Aussage, Kardinal Ratzinger müsste als Verantwortlicher für die Glaubenslehre auf Papst hören, dass er, Ratzinger, der wichtigste Beraten des Papstes war. Das ist weit davon entfernt von dem, was du mir hier unterstellst.

Und konservativ bedeutet nicht reaktionär.
Natürlich nicht, aber wenn ein Papst Konzilsentscheidungen ignoriert und wieder status quo ante anstrebt, dann ist er ein Reaktionär – es gibt kein anderes Wort dafür.

Und reiß meine Worte nicht aus dem Zusammenhang, um sie umzudeuten. Ich erkläre an der Stelle des letzten Zitats, warum ich mich genötigt sah,von meinen Absichten abzuweichen.
Nicht die Absichten sind wichtig, sondern die Taten. Und ich habe nichts zu dem Tod Benedikts gesagt – bis du meintest, ihn gegen wirklich moderate Kritik im Faden verteidigen zu müssen.
 
Eigentlich sollten hier nur Nachrufe ohne größere Diskussionen gepostet werden.

Ansonsten kann über einen Verstorbenen bei Bedarf ein Sachthema eröffnet werden.
 
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Mal ein Foto von mir aus dem Jahre 2006 - Palmsonntag.
Um den Palmsonntag am 09.04. waren ich und meine Frau mit einer kleinen Gruppe auf dem Petersplatz.
Wie man sieht, wir waren sehr weit vorn beim Papst.
 
Auf ein 'doch' ist ein 'ne' die logisch korrekte Erwiderung.

Nur Absichten können überhaupt ethisch relevante Taten begründen. Alles andere haben wir nicht in der Hand.

Zudem versuchst du schon wieder, mir zu unterstellen, was ich nicht schrieb.
 
Nein, er hat nicht alles beim Alten gelassen, er hat das Rad sogar zurückgedreht...
Immerhin hat er die Vorhölle (Limbus) abgeschafft, also den Aufenthaltsort der ungetauften Säuglinge, falls sie zu früh ins Jenseitige eingehen.
Interessant finde ich dabei, dass ein Papst über Orte gebietet, wenn man doch als Laie eher vermutet, dass der liebe Gott sie eingerichtet hat und sich dabei nicht von einem Papst reinreden lässt.
 
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Nein, er hat nicht alles beim Alten gelassen, er hat das Rad sogar zurückgedreht: Benedikt der XVI. hat beispielsweise die lateinische Messe wieder zugelassen und den Bann gegen die Pius-Brüderschaft aufgehoben.

Inwiefern bedeutet das "das Rad zurück zu drehen"?

Das Zulassen der lateinischen Messe neben Messen in der jeweiligen Landessprache und moderneren Liturgie stellt ja keine Einschränkung dar. Ein versuch das Rad zurück zu drehen wäre es gewesen, wenn er die lateinische Messe verordnet und Messen nach anderen Riten untersagt hätte.

Was die Pius-Bruderschaft angeht, stellt sich die Frage ob die Entscheidung was den Umgang angeht, auf einer ideologischen Nähe zu deren Positionen beruht, wie du das offenbar unterstellst oder vielleicht mehr auf dem Kalkül, dass man als oberster Chef der ganzen Veranstaltung vielleicht mehr Einfluss auf eine abtrünnige Gruppierung gewinnen und sie vielleicht besser disziplinieren kann, wenn die Androhung eines Banns als Instrument zur Verfügung steht, als gegenüber einer ausgeschlossenen Gruppe, gegen die man keine Mittel mehr hat, weil bereits alle eingesetzt wurden und die es demnach auch nicht für nötig hält auf irgendwas aus Rom zu hören.

Das würde ich nicht unbedingt als Versuch beurteilen wollen "das Rad zurück zu drehen", sondern eher als unpopulären, machtpolitisch aber möglicherweise sinnvollen Schritt betrachten.

Diese Richtlinien waren größtenteils die seinen, denn der Kardinal und Großinquisitor Ratzinger war der wichtigste Ratgeber des Johannes Paul II.

Auch das ist überzogen, nur weil er ein wichtiger Ratgeber war, war er nicht derjenige, der die Richtlinien letztendlich diktiert hat.
Da kommt einmal mehr deine Neigung hervor im Bezug auf die Kirche überall Verschwörungen zu sehen und immer eine "eigentliche Macht hinter dem Thron" zu vermuten.

Das mag deine persönliche Interpretation sein, aber die lässt sich durch nichts stützen.
Die Tatsache, dass der Kardinal Razinger ein Vertauter und Ratgeber Johannes Paul II. war. macht letzteren nicht zum willfährigen Werkzeug des Ersteren und nur weil beide zusammengearbeitet haben, bedeutet das noch lange nicht, dass sie sich auch in allen Fragen einig waren.

Sein Rücktritt sehe ich anders: Vordergründig war das ein Dienst an der Kirche – weil er das Siechtum des Johannes Paul II. bei sich nicht wiederholen wollte. Aber in Wirklichkeit hat er den Papst Franziskus in seinem Reformeifer gebremst, denn solange Papst-emeritus lebte, musste Franziskus auf einstige päpstliche Entscheidungen Rücksicht nehmen.

Ne, da verdrehst du dann doch in meinen Augen ein wenig die Tatsachen, denn ohne seinen Rücktritt hätte es möglicherweise überhaupt keinen reformorientierten Papst Franziskus gegeben.
Ob ein solcher unter den heutigenn Umständen gewählt würde, ist doch vollkommen fraglich und alles andere als selbstverständlich.
Mehr als zurücktreten und sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück zu ziehen um den Weg frei zu machen für einen neuen Anfang konnte Benedikt XVI. nun wirklich nicht.

Was den Reformeifer den Franziskus zu Beginn an den Tag legte ausgebremst hat, dürfte mehr der Umstand sein, dass sich in einer politisch verantwortlichen Position immer Zielkonflikte ergeben, mit denen irgendwie umgegangen werden muss.
 
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Bei anderen Themen schreibst du doch auch sachlicher.
Aber bei keinem Thema, dass irgendwie mit der Kirche im Allgemeinen und der Katholischen im Besonderen zu tun hat.

bedeutet erstens Missachtung der Entscheidung seines Vorgängers
Sag mal hast du dich nicht vorher darüber beschwert, dass unter dem Pontifikat Benedikt XVI. wenig Neuerungen angegangen wurden und wenig mit der Politik Johannes Paul II. aufgeräumt wurde?

Und hier kritisierst du ihn dann dafür, dass er sich über die Entscheidung des Vorgängers hinweg gesetzt hat, weil man so etwas gefälligst nicht zu tun hat?
Ja was denn nun, entscheide dich doch bitte.

und, zweitens, ignorieren einer Konzilsentscheidung.
Wenn man eine Entscheidung aufhebt, weil man sie, aus welchen Gründen auch immer, für falsch hält, ignoriert man sie nicht.

Das beim Namen zu nennen ist nicht populistisch
Populistisch ist, die Maßnahme ohe zu wissen aus welcher Kalkulation heraus sie betrieben wurde, mit der Begrifflichkeit "Das Rad zurückdrehen" zu ettikettieren.

Das habe ich auch nicht gesagt.
Aber impliziert, wenn du behauptest, der Kardinal Ratzinger hätte sich die Richtlinien nach denen er handelte größtenteils selbst geschaffen.

Natürlich nicht, aber wenn ein Papst Konzilsentscheidungen ignoriert und wieder status quo ante anstrebt, dann ist er ein Reaktionär – es gibt kein anderes Wort dafür.

Wenn ein Papst eine Entscheidung trifft, die ihm nach kirchenrecht zu treffen zusteht, ist das, auch wenn dem ein Konzilbeschluss entgegensteht nicht reaktionär sondern lediglich Wahrnehmung seiner Kompetenzen.

Und nur weil einzelne Entscheidungen, die ein neuer Entscheidungsträger möglicherweise für falsch hielt und möglicherweise aus ganz anderen Gründen, als du unterstellst und diese revidiert, macht ihn das nicht zu einem Reaktionär.

Er war sicher kein großer Reformer, aber das er en gros versucht hätte eine reaktionäre Politik zu betreiben sehe ich so auch nicht.
 
Immerhin hat er die Vorhölle (Limbus) abgeschafft, also den Aufenthaltsort der ungetauften Säuglinge, falls sie zu früh ins Jenseitige eingehen.
Interessant finde ich dabei, dass ein Papst über Orte gebietet, wenn man doch als Laie eher vermutet, dass der liebe Gott sie eingerichtet hat und sich dabei nicht von einem Papst reinreden lässt.

Mich persönlich interessiert ja eher die verwaltungstechnische Frage, was nun mit den Seelen geschieht, die sich bei der Abschaffung noch im Limbus aufhielten. ^^
 

Großinquisitor
Ratzinger er – auch konträr zu Franziskus – äußerte, war er ein eher Klotz man Bein des neuen Papstes und damit auch der Kirche.

Hast du aber. In dem gleichst du Ratzinger: Er wollte auch viel Gutes tun, bewirkte aber das Gegenteil. Was zu beweisen war.

Nil nisi bene de mortuis. Manche glauben, das heißt: Nur Gutes über Tote! Frei übersetzt heißt es aber, wenn einem schon nichts Positives einfällt, lieber gar nichts sagen, als etwas Schlechtes.

Das ist ein Thread für Nachrufe- und darauf hat @Rio dezent- und durchaus nicht zu Unrecht hingewiesen. Das macht ihn aber noch längst nicht zu einem Bruder im Geiste.

Man mag Benedikt kritisieren-es gab Punkte, in denen es Übereinstimmung in Fragen der Ethik und Sexualmoral gab oder zumindest gewisse Schnittmengen mit Positionen der Piusbruderschaft. In der Frage des Antisemitismus gab es allerdings erhebliche Differenzen. Brüder im Geiste waren auch Benedikt XVI. und Bischof Williamson nicht.
 
Da dies jetzt ein Faden ist, um über die Taten Joseph Ratzingers / Papst Benedikt XVI. zu diskutieren, füge ich hier eine neue Nuance hinzu: Wegen des Artikels "Mit Ratzinger starb einer der größten queerfeindlichen Hetzer" ermittelt die Polizei Berlin gegen das Portal queer.de. – Zitat aus queer.de:

Es bestehe der Verdacht der "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener".

Wenn das Schule macht, wird man auch hier bald aufpassen müssen, was man gegen die Kirche und ihrem (verstorbenen) Personal sagt: Einen von den vielen Päpsten Hetzer gegen die Juden zu nennen, könnte eine Anzeige zur Folge haben. :oops:
 
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