Der Erste Weltkrieg und seine Bedeutung in der heutigen Zeit.

Als unhöflich empfinde ich es, wenn man jemanden alles vorkauen muss, wenn jemand alles auf dem Silbertablett serviert bekommen will ("nee, ich klick da nicht drauf", "eine ganze Seite lesen ist mir viel zu viel") und dazu ein Anspruchsdenken gegenüber anderen an den Tag legt ("Fass das mal für mich zusammen").


Der Beleg, dass Patriotismus und Nationalismus Hauptgründe des 1.Weltkrieges waren, steht aus. Dies ist bislang nur eine Behauptung, die mit einer Kinderseite unterfüttert wurde und der hier schon widersprochen wurde.

Du willst doch selber alles vorgekaut haben. Sonst hättest du den Fakt das Nationalismus schuld war auch ohne langes googeln anderswo lesen können als auf der "Kinderseite". Übrigens, selbst wenn es eine Seite für ein jüngeres Publikum ist, muss es noch lange nicht eine Lüge sein.

Hier etwas ausführlicher -

"Nationalismus, Imperialismus und Sozialdarwinismus führten zu einem Denken, das die internationale Politik zu einem Wettkampf der Staaten machte, in dem Ansehen, Einfluss und Ehre sowie Raum und Ressourcen bestimmend waren."

Bedingt kriegsbereit. Kriegserwartungen in Europa vor 1914
 
Nationalismus, Imperialismus und Sozialdarwinismus
Damit tauchen auf einmal 2 weitere Gründe auf, die den Nationalismus nur noch als einen von drei Gründen erscheinen lassen und nicht als Hauptgrund.
Das Problem des "Nationalismus" in den multiethnischen Staaten Ö-U und Russland übergehst du dabei weiterhin.
Du willst doch selber alles vorgekaut haben. Sonst hättest du den Fakt das Nationalismus schuld war auch ohne langes googeln anderswo lesen können als auf der "Kinderseite". Übrigens, selbst wenn es eine Seite für ein jüngeres Publikum ist, muss es noch lange nicht eine Lüge sein.
Wer redet denn von Lüge? Es geht um eine unpräzise und grob verallgemeinernde Darstellung.
 
Damit tauchen auf einmal 2 weitere Gründe auf, die den Nationalismus nur noch als einen von drei Gründen erscheinen lassen und nicht als Hauptgrund.
Das Problem des "Nationalismus" in den multiethnischen Staaten Ö-U und Russland übergehst du dabei weiterhin.

Wer redet denn von Lüge? Es geht um eine unpräzise und grob verallgemeinernde Darstellung.

Das mag daran liegen, dass Nationalismus fast zwingend zu Imperialismus und Sozialdarwinismus führt. Das "Problem" von multiethnischen Staaten ist längst geklärt. Ich empfehle dir meine Posts gründlicher zu lesen.

Also quasi eine Lüge.
 
Ich möchte jetzt weder für noch gegen diese These argumentieren, aber so etwas wäre doch nur schwer direkt aus Quellen nachzuweisen, oder? Ich meine, Conrad von Hötzendorf oder der Kaiser werden ja kaum notiert haben, dass man nun Serbien angreife, um die eigene Machtgier zu befriedigen. Meist werden als Kriegsgründe doch eher rationalere Motive genannt, etwa der Schutz der eigenen legitimen Interessen oder eine feindliche Bedrohung.

Ich würde meinen, wenn es vor allem um eigene Machtgier gegangen wäre, dann hätte man nicht von vorn herein auf Basis des gemeinsamen Ministerrats intern zur Gschäftsgrundlage gemacht, dass man gegenüber Serbien auf jegliche Aneigung von Territorien verzischten, allenfalls Serbien zu Gunsten von Bulgarien (mazedonische Gebiete) verkleinern wollte.
Im Übrigen, wären Zugewinne welcher Art auch immer ein Problem für die K.u.K. Monarchie gewesen, weil dann nämlich die Kompensationsklausel des Dreibundvertrags gegriffen und man sich mit Rom wegen einer Abfindung Italiens hätte zusammensetzen müssen, was unweigerlich auf die Frage nach der Zukunft des Trentino hinausgellaufen wäre, die man in Wien eigentlich nicht wollte.

Ich würde meinen, dass sind zwei relativ starke Argumente dafür, das man den Umstand, dass Wien/Budapest da nicht auf unmittelbare eigene Gewinne abzielte durchaus ernst nehmen sollte.
 
Aber bei näherem Hinsehen: Der deutsche Nationalismus in Österreich-Ungarn fürchtete sich vom wachsenden slawischen Einfluss, Panslawismus genannt, in dem Russland und auch Serbien ihren Platz hatten. Die Deutschen stellten nur ein Viertel der Bevölkerung Ö-U dar, majorisierten aber aus historischen Gründen alle anderen Völker – mit Ausnahme der Ungarn.

Das ist auf so vielen Ebenen falsch, da kann man nur den Kopf drüber schütteln:

1. Die Deutschnationalen in Österreich-Ungarn interessierten sich tendenziell wenig für die Frage, wie der Vielvölkerstaat erhalten werden könne, sondern eher dafür wie man dahin käme, dass sich die deutschsprachigen Teile der Monarchie von Habsburg lossagen und man sich an das Deutsche Reich anschließen könnte.
Denen kamen die slawischen Nationalismen gerade recht, weil sie mit dem Wunsch einen Schlusstrich unter das Habsburger Reich zieheen zu wollen, aus unterschiedlichen Motiven ein gemeinsames Ziel hatten.

2. Der Panslawismus war eine idealisierende Vorstellung, die vor allem Russland als innerer Legitimationsgrundlages des Reiches diente, die allerdings angesichts ds Umstands, wie die Russen vor allem ihre polnischen "Brüder" behandelten, kein Mensch ernst nehmen konnte.
De facto war das Habsburgerreich von den drei Teilungsmächten Polens die mit Abstand Toleranteste, entsprechend die Polen und Ukrainer in Galizien auch recht loyale Untertanen der Donaumonarchie, weil ihnen durchaus klar war, dass es ihnen in Russland oder Preußen deutlich schlechter ginge.
Insofern kann von Panslawismus als Strömung für den die Slawen der K.u.K.-Monarchie einen Hebel für Beeinflussung dargestellt hätte, in dieser Form nicht die Rede sein.

Mal davon abgesehen, dass die Vorstellung von der großen slawischen Gemeinschaft erst kurz zuvor durch den 2. Balkankrieg ad absurdum geführt worden war, in dem sich mit Serbien und Bulgarien zwei südslawische Länder bis aufs Blut und mit äußerster Brutalität bekämpften.
Unter diesen Umständen konnte von der Vorstellung der Slawen als Gesamtgemeinschaft keine Rede sein.

Wer um 1914 die K.u.K.-Monarchie bewohnte, der wusste genau so, dass sich die Ukrainer und die Polen in Galizien alles andere als grün waren, weil im Besonderen in Ostgalizien die polnischen Großgrundbesitzer für einige Erbitterung bei ihren ukrainischen Bauern sorgten und auch dass sich Slowenen und Koraten in ihrem Katholizismus recht wohl fühlten, der Orthodoxie aber eher skeptisch gegenüberstanden, so dass es vielleicht Gemeinsamkeeiten mit den Serben im Hinblick auf ähnliche Sprachtraditionen gab, aber massive Differenzen in Religion und sonstigen Lebensaspekten.

3. Da es, wie mittlerweile schon von mehreren Seiten her dargelegt wurde, keinen österreichisch-ungarischen Gesamtstaat gab, ist die Aussage, dass die Deutschen etwa ein Viertel der Gesamtbevölkerung stellten wenig sinnvoll.
Die Deutschen stellten nur einen kleinen Bruchteil der der Bevölkerung des Königreichs Ungarn, wo es im Besonderen im südlichen Siebenbürgen, in Südungarn im Donautal, im Temesvarer Banat, um Budapest, im Südwesten um Pecs (Fünfkirchen) herum und in Westungarn um Sopron (Ödenburg) also im heutigen Burgenland (kam nach 1918 per Volksabstimmung zu Österreich) deutschsprachige Siedlungsinseln gab.

In Cisleithanien allerdings, stellte die deutschsprachige Bevölkerung annähernd die Hälft der Einwohner.

Von einer Majorisierung aller anderen Nationalitäten außer den Ungarn durch die deutschsprachige Bevölkerung kann ebenfalls keine Rede sein, weder in Cisleithanien, noch in Transleithanien.
In Cisleithanien war man bereits vor dem 1. Weltkrieg zum allgemeinen Männerwahlrecht übergegangen, womit von einer Majorisierung/Diskriminierung der anderen Nationalitäten keine Rede sein konnte, die hatten in der österreichischen Reichshälfte die gleichen Rechte, wie die deutschsprachigen Einwohner auch.

Wenn dann gab es hier mitunter Dissens darüber, welche Sprachgruppe in welcher Region welchen Proporz an Beamten stellen durfte, wer wo eine Universität unterhalten und in welcher Sprache unterrichten durfte etc.
Zum einen war das von einer zu verteidigenden politischen Majorisierung ziemlich weit entfernt, zum anderen lässt sich am Beispiel Mährens zeigen, dass in diesen Sprach- und Verwaltungsfragen durchaus sinnvolle, tragfähige Kompromisse gesucht und gefunden wurden.
Am Vorabend des eersten Weltkrigs kriselte es was Cisleithanien angeht lediglich in Böhmen etwas, weil die lokale Bevölkerung da vor allem im Bezug auf die Amtssprache in den national gemsichten Regionen weiteren Aushandlungsbedarf hatte, aber das stellte zu diesm Zeitpunkt in keiner Weise die Gesamtverhältnisse innerhalb des Landes infrage.

In Transleithanien gab es durch das sehr restriktive Wahlrecht durchaus faktisch Diskriminierung nationaler Minderheiten, aber eben nicht im Interesse der deutschsprachigen Minderheiten, sondern im Interesse der ungarischen Magnaten.

Da stimmt an der Grundlage für deine weiteren Ausführungn wirklich nichts.

Wirf mal einen Blick unter anderem in Judson: "The Habsburg Empire" oder in Rauchensteiners "Der Tod des Doppeladlers".
 
Ich möchte jetzt weder für noch gegen diese These argumentieren, aber so etwas wäre doch nur schwer direkt aus Quellen nachzuweisen, oder? Ich meine, Conrad von Hötzendorf oder der Kaiser werden ja kaum notiert haben, dass man nun Serbien angreife, um die eigene Machtgier zu befriedigen. Meist werden als Kriegsgründe doch eher rationalere Motive genannt, etwa der Schutz der eigenen legitimen Interessen oder eine feindliche Bedrohung.

Aus den Protokollen des Ministerrats und den diplomatischen Schriftverkehr des Ballhausplatzes mit den einzelnen Botschaften ergibt sich ein recht präzises Bild. Im Falle von Conrad sei auf seine Erinnerungen verwiesen.
 
Ad vocem Nationalismus & Imperialismus:

Vielleicht sollte man sich mal prinzipiell darüber unterhalten, auf welchen Grundlagen eine nationale oder imperiale Politik denn beruht und warum das an und für sich in krassem Widerspruch zu einander steht:

Der Hauptunterschied besteht in meinen Augen darin, dass die "Nation" im Gegensatz zum "Imperium" etwas fest definiertes mit einem eigenen Wertesystem hat, innerhalb dessen die Verwendung einer bestimmten Sprache, bestimmter kultureller codes und die Zuschreibung bestimmter Eignschaften als positiv, das Abweichen davon aber als negativ aufgefasst werden.
Insofern könnte man , nach meinem Dafürhalten durchaus behaupten, eine nationalistische Außenpolitik, die die Nation und was damit verbunden wird (ungeachtet der Tatsache ob das sachlich irgendwie begründet oder reiner Bullshit ist) zum Leitmotiv erhebt, am Ende eine Form, um diesen Begriff einmal anzubringen "wertegeleiteter Politik" ist.

Das Imperium hingegen kennt ein solches Wertesystem nicht oder nur bedingt, schon aus dem Einfachen Grund, dass die gleichen limitierenden Vorstellungen, die im Rahmen einer Nation für Zusammenhalt sorgen bei einem übernationalen Imperium das Gegenteil bewirken.
Der einzige, Wert, der für die Gesellschaft innerhalb eines Imperiums von Belang ist und an dem sie gemessen wird, ist die Loyalität zur Obrigkeit (sofern vorhanden, hier müsste man sich dann über die Demokratiefähigkeit von Imperien unterhlaten).
Ansonsten ist imperiale Politik rein interessengeleitet. Der Versuch eigene außenpolitisch Positionen durchzusetzen ist nicht an einen referenziellen Rahmen eines Wertekanons gebunden, sondern in dieser Hinsicht vollkommen willkürlich.
Eigene Positionen werden nicht durchgesetzt, weil irgendein höheres Ziel das erfordert, sondern weil der entsprechende Kateur meint die Macht dazu zu haben und dadurch irgendeinen Vorteil zu erlangen oder seine eigene Position zu festigen.
 
Was ich suche ist eine prägnante Definition.
bis zu diesem Zeitpunkt (gestern später Nachmittag) konnte niemand wissen, dass du nach einer Definition von Nationalismus gesucht hast, denn du hast nicht danach gefragt, sondern mit dem Begriff auf eine so verworrene Weise herumhantiert, dass man dich mehrfach fragen musste, was du darunter verstehst.

So viel zu Deutschland trifft keine Schuld.
niemand in diesem Faden hat behauptet, dass das deutsche Kaiserreich schuldlos am Ausbruch des Ersten Weltkriegs sei!
 
Dann überschneiden sich die Begriffe aber immernoch. Patriotismus und Nationalismus können beide vom "Vaterland" sprechen
Von "Vaterland" kann im Grunde aus jeder politischen Strömung heraus gesprochen werden. Stalin bezeichnete den 2. Weltkrieg als "großen vaterländischen Krieg".
Der Begriff "Patria" taucht bereits im römischen Reich als Motiv auf, in dem von einer dezidierten Massenpolitik mit derartigen Leitmotiven außerhalb der Hauptstadt eher nicht die Rede sein konnte.

Von dem her, der Begriff "Vaterland" ist generell sehr weit anschlussfähig, entscheidend ist dann eher, wie er von dem, der ihn verwendet definiert wird.

Ad vocem Patriotismus, da wäre dann neben dem Lokalpatriotismus noch das Modell des "Verfassungspatriotismus" mit in der Verlosung.
Würdest du den auch als per se problematisch sehen wollen?

Patriotismus und insbesondere Nationalismus nicht. Siehe erster Weltkrieg.

Nennt sich Zirkelschluss.

Ich versteh nicht warum man sich hier krampfhaft dagegen wehrt und unbedingt den Krieg runterspielen muss als etwas für das es keine Verantwortlichen gibt.
Es hat niemand behauptet, dass es dafür keinen Verantwortlichen gibt, sondern lediglich, dass es sich dabei eher um Fahrlässigkeit, als um dezidierte Absicht handelte einen solchen Krieg herauf zu beschwören.
Fahrlässig gehandelt zu haben, spricht nicht unbedingt von Schuld frei und schon gar nicht von Verantwortung.

Ich denke man sollte aus dem Krieg was lernen, auch wenn sich Geschichte nicht (oder selten) wiederholt.

Und genau dieser Lerneffekt bleibt vollkommen aus, wenn man sich ohne sich mit den Tatsachen zu befassen auf den Standpunkt stellt glauben zu wollen, dass diese Katastrophe das Ergebnis des Handelns von einer Hand voll irrer gewesen sei und uns das nicht mehr passieren könne, wenn wir nur niemanden an die Regierung lassen, der ein offensichtlicher chauvinistischer Kriegstreiber ist.
Auf die Art und Weise erreicht man das Gegenteil, nämlich dass man dadurch, dass man Akteure der Vergangenheit einfach als irrational handelnde Idioten abstempelt die Gefahren der Gegenwart und Zukunft nicht mehr ernst nimmt.
 
Und wegen einer Mobilisierung kann man keinen Krieg erklären.
Warum nicht? Eine Mobilisierung kann durchaus als feindselige Politik aufgefasst werden, zumal wenn sich die militärische Topografie so darstellt, dass die Seite, die zuerst mobilisiert, den drohenden Krieg mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen wird. Das wäre, als würde man sich zu einem Pistolenduell verabreden, aber ein Duellant darf zuerst schießen.
 
Und wegen einer Mobilisierung kann man keinen Krieg erklären.

Hatte ich vorhin ganz übersehen. Ergänzend zu den Ausführungen von @-muck- :

Generalmobilmachung 1914 bedeutete nicht nur Einberufung der Reservisten sondern auch Aufmarsch der gesamten bewaffneten Macht an den Grenzen gemäß entsprechender Planung für den Kriegsfall.
Bedeutet, dass dabei letztendlich Millionen von Soldaten inklusive schweren Geräts in Ausgangspositionen direkt an der Grenze verbracht wurden, die sich für einen Angriff durchaus eigneten und dass musste beim Nachbarn unweigerlich und zurecht für ein Gefühl der Bedrohung sorgen.
Hinzu kommt, dass eine Generalmobilmachung eine extrem kostspielige Angelegenheit ist. Millionen Menschen müssen aus ihrem zivilen Beruf herausgerissen, der zivile Personenverkehr mehr oder weniger vollständig eingestellt werden, Verpflegung und Betriebsmittel für Truppe und Transportsystem müssen gestellt werden, so dass sowohl für die zivile Wirtschaft damit massive Belastungen verbunden sind, die sich dann in den Steuereinnahmen niederschlagen, als auch für die Staatskasse selbst, die für Verpflegung, Sold, Transportkosten und Unterstützung der Soldatenfamilien aufkommen muss, selbst wenn am Ende kein einziger Schuss fällt.
Angesichts solder Nachteile durften die Handelnden denn auch davon ausgehen, dass eine Generalmobilmachung nicht zum reinen Spaß erfolgte, sondern dass derjenige Akteur, der sie veranlasste es bitter ernst meinte.

Unter diesen Voraussetzungen schuf die Generalmobilmachung durchaus eine Bedrohungssituation, die die gesteigerte Gefahr mit sich brachte, dass ein Akteur die Nerven verlieren und losschlagen könnte, das war unter diesen Umständen eine durchaus erwartbare Reaktion.
 
@dekumatland

Jenseits aller literarischen Allegorien halte ich ihn für treffend. Das Duell an sich diente zur Wahrung bzw. Wiederherstellung der Mannesehre, welche sanktionierten Vorteile durfte sich da eine Partei über die andere verschaffen? Und den Faden weiter spinnend: Bis zu welcher Eskalationsstufe – nach dem Verständnis des Jahres 1914, wohlgemerkt – hätte das Deutsche Reich die Aneignung militärischer Vorteile durch das Russische Reich dulden müssen, ohne Gegenmaßnahmen ergreifen zu dürfen?
 
Bis zu welcher Eskalationsstufe – nach dem Verständnis des Jahres 1914, wohlgemerkt – hätte das Deutsche Reich die Aneignung militärischer Vorteile durch das Russische Reich dulden müssen, ohne Gegenmaßnahmen ergreifen zu dürfen?

Klugscheißerische Antwort: Das hing ganz vom Verhalten Frankreichs ab.

Hätte die französische Regierung das Vorgehen Russlands öffentlich scharf verurteilt und proaktiv eine Verständigung mit Berlin gesucht um eine deutsche Generalmobilmachung zu verhindern, unter Inaussichtstellung von Sicherheiten für Berlin, die sich als Garantien dafür eigneten, dass Frankreich sich an einer kriegerischen Auseinandersetzung wegen der serbischen querelen nicht beteiligen würde, hätte Berlin wahrscheinlich auch eine Russische Generalmobilmachung hinnehmen können, weil diese dann zusammen mit Österreich durch den Aufmarsch der Truppen des Friedensheeres in Sachen Gegenpräsenz zu decken gewesen wäre.

Sofern Paris zu solchen Schritten nicht bereit war um weitere Eskalation zu verhindern und sich auch nicht auf entsprechende Initiativen aus Berlin einzulassen bereit war, musste alles, was über eine russische Teilmobilmachung an der Österreichischen Grenze hinausging, unweigerlich extreme Gefahr zur Eskalation mit sich bringen.
 
Aber bei näherem Hinsehen: Der deutsche Nationalismus in Österreich-Ungarn fürchtete sich vom wachsenden slawischen Einfluss, Panslawismus genannt,

Und weißt du auch warum? Das Ziel des Panslawismus war auch die Vereinigung aller Südslawen in einem Staatswesen namens Serbien. Das zielte also auf Gebiete der Doppelmonarchie wie beispielsweise Kroatien, Bosnien, der Herzegowina. Also durchaus ein berechtigte Furcht um die territoriale Integrität des eigenen Staates.

Es waren die deutschen Nationalisten im DR als auch in Ö-U, die im Julikrise für harte Linie gegenüber Serbien eintraten.

Tatsächlich? Ein Beispiel. Der deutsche Botschafter Tschirschky in Wien hat eine schlimme Rolle gespielt. Bis zum 04.Juli 1914 trat Tschirschky in Wien gegenüber sein Gesprächspartern zurückhaltend auf. Er mahnte zur Mäßigung und Zurückhaltung. Dann legte er plötzlich eine radikale Kursänderung in seinem Verhalten und Auftreten gegeübe den Verantwortlichen Österreich-Ungarns hin. Warum? Tschirschky hatte erfahren, das sein Bericht Nr.212 vom 30.06.1914 an Kanzler Bethmann Hollweg von Wilhem II. mit für Tschirschky unerfreulichen Randbemerkungen versehen worden war. Fortan betätigte Tschirschky sich für einen harten Kurs.

Dann könntest du mit bei der Gelegenheit ja auch einmal aufzeigen, das Bethmann-Hollweg ein Nationalist im negativen Sinne gewesen war. So weit mit bekannt, stand Bethmann den Fortschrittlichen nahe. Bethmann war eher doch ein Mann des Ausgleichs. Nicht umsonst hatte er sich die Jahre vor dem Krieg um eine Annäherung an England bemüht gehabt. Er wurde in der Julikrise von Sir Edward Grey schlicht belogen, da dieser auf mehrfachen Nachfragen bezüglich der Marinekonvention zwischen England und Russland herumeierte und nicht die Wahrheit sagte. Und das ausgerechnet in dieser schweren diplomatischen Krise. Das konnte nicht spurlos an Bethmann und Jagow vorübergehen.

Lichnowsky und Pourtales . Beides deutsche Spitzendiplomaten, die sich engagiert für die Erhalt des Friedens eingesetzt haben. Es sollte nicht der Fehler gemacht werden, mit den Werten und Maßstäben und Urteilen des 21.Jahrhunderts Staatsmänner vor 100 Jahren zu beurteilen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diese Nationalismen waren zweifellos Kräfte, die dazu beitrugen, dass es zum Krieg kam – da konnten auch die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Monarchen Deutschlands, Englands und Russlands nichts dagegen ausrichten.

Um was ging es denn eigentlich in der Julikrise? Was wollte ÖU und warum?

Und warum meinte Russland auf keinen Fall dulden zu können, das der Konflikt zwischen Serbien und Österreich-Ungarn lokalisiert blieb? Zur Erinnerung, Russland war gegenüber Serbien in keinster Weise verpflichtet!

Warum meinten die französischen Staatsmänner die russische Diplomatie anzufeuern, anstatt beruhigend und mäßigend zu wirken?

Der Nationalismus spielte sicherlich nicht die erste Geige in den Bündel an Ursachen, welches verantwortlich für den Ausbruch bzw. Entstehung des Weltkrieges zeichnet.
 
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