Bleivergiftung bei den Römern!

Interessant ist, dass die Römer viele Zutaten, welche bei uns tagtäglich auf den Tisch kommen, garnicht kannten. So z.B. kannten sie keinen Mais, keine Kartoffeln, keine Tomaten, keine Paprika, keine Pepperoni oder Chili.
Dass wir uns ohne die Agrarentwicklungen der Altamerikaner ganz anders ernähren würden, ist auch so ein Punkt, den man sich immer wieder klar machen muß.

Reis kannte man bereits, er wurde aber nur in einigen Provinzen angebaut und wurde als Bindemittel (Stärke) verwendet.
Getreidemehl muß doch auch als Bindemittel genutzt worden sein?

Dafür war die Küche stark fruchtlastig, so z.B. Aprikosen, Datteln, Kirsche, Quitte, Apfel, Melone. Selbstverständlich auch allerlei Beeren, wie z.B. Brombeeren, Himbeeren und Hollunder.
Und damit krieg´ich doch glatt wieder die Kurve zum sauren Wein. :winke:
Hat man süße Früchte und deren Saft auch zum Weinmischen verwendet?
Prinzipiell galt es in Rom lange als unfein Wein unverdünnt zu trinken. Zu den Essen / Gelagen wurde daher verdünnter Wein getrunken, auch von Kindern. ....
Wenn es als unfein galt, heißt das ja nicht, dass man es nicht tat und es gibt unendlich viele Mischungsverhältnisse von einem Spritzer Wein im Wasser bis zu einem Alibispritzer Wasser im Wein. Werden römische Alkoholiker irgendwo erwähnt?

Mulsum wurde nachweislich auch warm getrunken, im kalten Germanien auch zum Frühstück (und unverdünnt) in den auch gerne Brot eingetaucht wurde. Für den heutigen Gaumen klingt das "ziemlich heavy", aber probiere es mal und urteile dann. Echt lecker und geht garnicht so arg in die Birne wie man glauben mag.
Kann ich mir schon vorstellen, wenn man nur das Brot damit angefeuchtet hat, ist eben alles eine Frage der Dosierung.
 
Bei der frage nach einer Bleivergiftung durch Wein (Bleizucker?), stelle ich mir wiederum eine frage. Wer konnte sich Wein leisten? Der normale Bürger, welcher in Rom z.B. von der Getreidespende abhing? Oder kleine Handwerker, welche nur kleine Betriebe hatten? Freigelassene, wenn ja welche? Ritter und Senatoren ja, und auch Soldaten. Sklaven auf den Gütern der Adligen schätze ich mal eher nicht.
Damit dürfte sich wohl der Untergang Rom's durch Bleivergiftung relativieren.

Apvar
 
Dass wir uns ohne die Agrarentwicklungen der Altamerikaner ganz anders ernähren würden, ist auch so ein Punkt, den man sich immer wieder klar machen muß.

Stimmt !

Getreidemehl muß doch auch als Bindemittel genutzt worden sein?

Aber sicher doch, es wurde auch viel Getreidebrei gegessen. Der war selbst so geschmacksneutral, dass er mit Speck und Garum salzig wurde, mit Honig süß, mit Kräutern würzig und mit Früchten fruchtig.


Und damit krieg´ich doch glatt wieder die Kurve zum sauren Wein. :winke:
Hat man süße Früchte und deren Saft auch zum Weinmischen verwendet?

Ja, hat man. Siehe Passum, der auch als Soßengrundlage genutzt wurde (Rosinen).

Wenn es als unfein galt, heißt das ja nicht, dass man es nicht tat und es gibt unendlich viele Mischungsverhältnisse von einem Spritzer Wein im Wasser bis zu einem Alibispritzer Wasser im Wein. Werden römische Alkoholiker irgendwo erwähnt?

Da musst Du die Historiker fragen, ich bin nur der Koch. Aber ich denke es gibt keinen "alten Römer" der nicht mindest einen dekadenten Säufer kennt.;)

Kann ich mir schon vorstellen, wenn man nur das Brot damit angefeuchtet hat, ist eben alles eine Frage der Dosierung.

So ist es. Aber ich zittere bereits so stark, das leidige Alter eben, dass mir das Brot immer in den Wein fällt. Und da ich es nicht übers Herz bringe Lebensmittel zu verschwenden, muss ich halt mein Brot eben klatschnass essen. ;)
 
Nachtrag:

Frage an die gebildeten Lateiner. Pullus Varianus, übersetzt man dies in Huhn à la Varius ... oder à la Varus ?

Man sagt ja auch Clades Variana .... Niederlage des Varus. Oder ? Danke !
 
Bei der frage nach einer Bleivergiftung durch Wein (Bleizucker?), stelle ich mir wiederum eine frage. Wer konnte sich Wein leisten? Der normale Bürger, welcher in Rom z.B. von der Getreidespende abhing? Oder kleine Handwerker, welche nur kleine Betriebe hatten? Freigelassene, wenn ja welche? Ritter und Senatoren ja, und auch Soldaten. Sklaven auf den Gütern der Adligen schätze ich mal eher nicht.
Damit dürfte sich wohl der Untergang Rom's durch Bleivergiftung relativieren.

Apvar

Mit dem römischen Weinanbau kenne ich mich nicht aus.
Wein ist aber eine sehr robuste Pflanze, die fast überall ohne Düngung und Bewässerung wächst und reichlich wässrige Trauben produziert. Teuer kann am Wein daher nur die Herstellung des Weins, besonders die Gärbehälter und der Platz dafür, gewesen sein.
Dabei meine ich keine Spitzenweine von heutigen Weinhändlern sondern ich denke an ein Alltagsgetränk.
 
Mit dem römischen Weinanbau kenne ich mich nicht aus.
Wein ist aber eine sehr robuste Pflanze, die fast überall ohne Düngung und Bewässerung wächst und reichlich wässrige Trauben produziert. Teuer kann am Wein daher nur die Herstellung des Weins, besonders die Gärbehälter und der Platz dafür, gewesen sein.
Dabei meine ich keine Spitzenweine von heutigen Weinhändlern sondern ich denke an ein Alltagsgetränk.

Bis vor wenigen Jahren war es noch im Mittelmeerraum üblich, Wein mit Wasser bzw. Wasser mit Wein zu trinken. Wie oben erwähnt sogar bei Kindern. Mein Schwiegervater erzählte, dass er als Kind im Winter das sogar zum Frühstück bekam. Milch gab es kaum und von reinem Wasser wurde man krank (bzw. nahm man das an).

Der einfache Rotwein den man auf dem Land privat anbaute und noch anbaut, ist aber auch nicht mit den raffinierten Produkt zu vergleichen, das man in Flaschen kaufen kann.

Ich habe Landweine zu probieren bekommen, die so dunkel waren wie Tinte und so rauh, dass sie sich wie flüssiges Schleifmittel anfühlten. Die konnte man eigentlich gar nicht unverdünnt trinken. So stelle ich mir den Großteil der Produktion in der Antike vor.
 
Hoi zäme

Ich habe mir noch gschwind das Rezept zur Herstellung von römischen Defrutum/Sapa (eingedicktem Traubensaft) angeschaut. Auch hier werden ausdrücklich Bleigefässe erwähnt, um die den Saft zu versüssen…

Und hier stehts auch:
Lucius Iunius Moderatus Columella: De Re Rustica
Buch 12, Kapittel 19

QUEMADMODUM COQUATUR SAPA.
Quidam partem quartam eius musti, quod in vasa plumbea coniecerunt, nonnulli tertiam decoquunt; nec dubium quin, ad dimidiam si quis excoxerit, meliorem sapam facturus sit eoque usibus utiliorem, adeo quidem, ut etiam vice defruti sapa mustum, quod est ex veteribus vineis, condire possit.



Gruss Pelzer


.
 
Nachtrag:

Frage an die gebildeten Lateiner. Pullus Varianus, übersetzt man dies in Huhn à la Varius ... oder à la Varus ?

Man sagt ja auch Clades Variana .... Niederlage des Varus. Oder ? Danke !

Naja, wenn Variana bei der Schlacht eine Art Attribut oder Adjektiv darstellt, dann ist Varianus die männliche Form davon (weil Pullus männlich ist?), könnte also dann auch von Varus kommen...
Ich studier aber kein Latein, wie man jetzt von Varus auf Varianus kommt, musst du mich nicht fragen... ich würd halt vermuten, dass da irgendeine "Adjektivbildung" dahintersteckt... ;)

Und wo krieg ich denn raus, wie man so ein Römerbrot bäckt? Das klingt ja köstlich. :D
 
Ich studier aber kein Latein, wie man jetzt von Varus auf Varianus kommt, musst du mich nicht fragen... ich würd halt vermuten, dass da irgendeine "Adjektivbildung" dahintersteckt... ;)

Ich denke auch, dass Pullus Varianus mit Huhn à la Varus übersetzt werden sollte, allerdings verstehe ich auch die antiken Gastwirte. Wer will schon ein Huhn auf der Karte stehen haben, dessen Namensgeber mit Mord, Totschlag und einem römischen Massensterben assoziiert wird ? :grübel:

Und wo krieg ich denn raus, wie man so ein Römerbrot bäckt? Das klingt ja köstlich. :D

Wenn Du mir versprichst, dass ich mich mit Dir dann nicht tagelang über das Thema "Römisches Brot ist nur echt wenn es im Bleiofen gebacken wird" streiten muss, und es nicht wieder einen roten Bommel gibt, weil ich nicht abschwöre und "Blei, Blei und nochmals Blei !" bete, dann schicke ich Dir das Rezept ! ;)
 
Ich weiß zwar nicht, wie ihr auf pullus varianus kommt, würde es aber mit 'Hähnchenfrikassée' übersetzen. :still:

Römische Rezepte findet ihr bei Apicius.
 
Prinzipiell galt es in Rom lange als unfein Wein unverdünnt zu trinken. Zu den Essen / Gelagen wurde daher verdünnter Wein getrunken, auch von Kindern. Posca wurde von Legionären mitgeführt, sogar in der Bibel (Kreuzigungsgeschichte) wird von einem Legionär berichtet, der Jesus einen mit Essigwasser getränkten Schwamm (auf einen Speer gespießt) hochgereicht habe. Was dem Soldaten oft als Grausamkeit ausgelegt wurde erweist sich, nach heutiger Lesart, als menschliche Geste.

Doch eher umgekehrt: Was Johannes' Zeitgenossen noch verstanden, ist für den Gegenwartsmenschen unverständlich.
 
Ich weiß zwar nicht, wie ihr auf pullus varianus kommt, würde es aber mit 'Hähnchenfrikassée' übersetzen. :still:

Römische Rezepte findet ihr bei Apicius.

Es ist kein Frikassée (siehe Rezept). Mich wunderte nur, warum beim bellum varianus und bei clades variana der olle Publius Quinctilius Varus bemüht wird, beim leckeren Hühnchen aber ein Unbekannter namens Varius.

Nachtrag:

Mannomann ... der Groschen ist gefallen .... Frikassée .... Varus ... durch den Wolf gedrehter Römer ... aha !
 
Zuletzt bearbeitet:
Doch eher umgekehrt: Was Johannes' Zeitgenossen noch verstanden, ist für den Gegenwartsmenschen unverständlich.

In meiner Schulzeit wurde mir im Religionsunterricht noch erklärt, der böse Römer hätte dem Jesus Essigwasser gegeben um ihn zu verspotten bzw. zu quälen. Dies im Kontext mit Dornenkrone und dem INRI.

Heute weiß man um Posca und um die Tatsache, dass es ein Getränk der Legionäre war.
 
Zuletzt bearbeitet:
In meiner Schulzeit wurde mir im Religionsunterricht noch erklärt, der böse Römer hätte dem Jesus Essigwasser gegeben um ihn zu verspotten bzw. zu quälen. Dies im Kontext mit Dornenkrone und dem INRI.

Heute weiß man um Posca und um die Tatsache, dass es ein Getränk der Legionäre war.

Ich schätze, dass "man" auch schon zu deiner Schulzeit wusste, was posca ist. Nur: wer außer Althistorikern weiß das schon? Mach doch mal eine Umfrage unter Seminaristen - da deren tägliches Geschäft die Bibelexegese ist -, ob die den Begriff posca kennen.
 
Ich schätze, dass "man" auch schon zu deiner Schulzeit wusste, was posca ist. Nur: wer außer Althistorikern weiß das schon? Mach doch mal eine Umfrage unter Seminaristen - da deren tägliches Geschäft die Bibelexegese ist -, ob die den Begriff posca kennen.

Den Begriff posca habe ich erst hier gelernt, gestern ist noch Lora hinzugekommen und wenn ich Mulsum, als Wein-Mischgetränk mit diversen Rezepten hinzunehme, erschließt sich mir bildhaft, was "Römers" arm wie reich so tranken.
Wenn dagegen von Essigwasser die Rede ist, wie in der Bibel, hatte ich bisher auch die Assoziation, da wurde der arme Jesus mit etwas ätzendem traktiert.
Dabei war vor ein paar Jahren bei irgendeiner Diät verdünnter Apfelessig modern.
 
Da ich mich seit gestern mit den Getränken der Römer beschäftige, habe ich mich gefragt, ob die Römer vielleicht doch schon Zitronen- und Orangensaft kannten.
Nach Zitrusfrchte, citrus fruits, agrumes, agrumi, ctricos, agrios - Lebensmittel: Obst und Frchte: Zitrusfrchte - Definition - Warenkunde - Lebensmittelkunde - Glossar - lebensmittellexikon.de wurde die Zitrusfruchtkultur großflächig erst im Zuge der islamischen Expansion entlang des Mittelmeers eingeführt in Nordafrika und Spanien. Obwohl durch die Alexanderfeldzüge Zitronen bereits den Griechen bekannt gewesen sein sollen.
Und damit ich den Thread nicht in "Getränke der Römer" verbiege, hätten die Römer den Zitronensaft ja auch in Bleigefässen lagern können, wie pelzers eingedickten Weinfruchtsaft.
 
Da ich mich seit gestern mit den Getränken der Römer beschäftige, habe ich mich gefragt, ob die Römer vielleicht doch schon Zitronen- und Orangensaft kannten.
Nach Zitrusfrchte, citrus fruits, agrumes, agrumi, ctricos, agrios - Lebensmittel: Obst und Frchte: Zitrusfrchte - Definition - Warenkunde - Lebensmittelkunde - Glossar - lebensmittellexikon.de wurde die Zitrusfruchtkultur großflächig erst im Zuge der islamischen Expansion entlang des Mittelmeers eingeführt in Nordafrika und Spanien. Obwohl durch die Alexanderfeldzüge Zitronen bereits den Griechen bekannt gewesen sein sollen.
Und damit ich den Thread nicht in "Getränke der Römer" verbiege, hätten die Römer den Zitronensaft ja auch in Bleigefässen lagern können, wie pelzers eingedickten Weinfruchtsaft.

Die wahrscheinlich ursprünglich aus Indien stammenden Zitronen wurden erstmals in China kultiviert. Mit arabischen Händlern gelangten sie schon zur Zeit der Römer zuerst in den nahen Osten und weiter bis auf römische Märkte, wo sie als Luxusfrüchte gehandelt wurden. Wahrscheinlich existierten in verschiedenen Regionen des römischen Reiches auch schon erste Zitrusplantagen mit Zitronen und Pomeranzen. (Quelle)

Es gibt leckere Fischgerichte aus römischer Zeit (Aal), aber auch Salate, die Zitronensaft beinhalten. Bei Orangen bin ich mir nicht sicher.
 
Wenn den Römern die Giftigkeit des Bleis bekannt war, ist der ziemlich sorglose Umgang mit den Bleioxiden Bleiweiß und Mennige doch verwunderlich. Triumphatoren wurde beim Triumphzug der ganze Kopf mit Mennige rot gefärbt und Schminken waren mit Bleiweiß versetzt. Auch der Sand im Circus und den Arenen wurde häufig mit Mennige rot gefärbt. Wenn der aufgewirbelt wurde, atmeten nicht nur die Rennfahrer und Gladiatoren das Zeug ein, sondern auch ein großer Teil des Publikums. Ich kann mir vorstellen, dass schleichende Bleivergiftungen ziemlich häufig und Ursache für diverse Erkrankungen waren.
 
Kleine Ergänzung: Die Römer mussten ihren Wein nicht panschen. Da zur Aufbewahrung von Wein Bleigefässe verwendet wurden, fand eine chemische Reaktion statt: Blei(II)-acetat bildet sich durch Reaktion von Blei(II)-oxid mit Essigsäure. Saurer Wein süßte sich sozusagen selbst, dank Blei. Praktisch, aber schädlich. Da die Lebenserwartung im römischen Reich - und sicher bei Legionären - nicht höher als 30 Jahre lag, spielte eine Bleivergiftung wohl eine eher untergeordnete Rolle.
 
Kleine Ergänzung: Die Römer mussten ihren Wein nicht panschen. Da zur Aufbewahrung von Wein Bleigefässe verwendet wurden, fand eine chemische Reaktion statt: Blei(II)-acetat bildet sich durch Reaktion von Blei(II)-oxid mit Essigsäure. Saurer Wein süßte sich sozusagen selbst, dank Blei. Praktisch, aber schädlich. Da die Lebenserwartung im römischen Reich - und sicher bei Legionären - nicht höher als 30 Jahre lag, spielte eine Bleivergiftung wohl eine eher untergeordnete Rolle.
Also Augustus wurde etwa 80. Von Marcus Caelius, einem Zenturionen, der in der Varusschlacht fiel, wissen wir, dass er 54 Jahre alt wurde. Legionäre dienten in der Regel 25 Jahre, danach wurden sie oft noch in Veteranensiedlungen angesiedelt. Man muss die mittlere Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung von der mittleren Lebenserwartung derer, die das Säuglingsalter überleben, unterscheiden.
Dass Bleigefäße der Weinlagerung dienten, ist mir nicht bekannt, eher Amphoren und Fässer (seit der Eroberung Galliens). Oder meinst du evtl. Feldflaschen? Aber die dürften meist aus Leder bestanden haben.
 
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