Partisanenkrieg im Ersten Weltkrieg?

Natürlich kann jeder abwegig abweichende Meinungen auf der Couch zum Thema äußern, völkerrechtlich ist das aber ohne Belang.
Zählt das, was Gerd Krumeich bislang zu diesem Thema öffentlich mitgeteilt / veröffentlicht hat, auch zu abwegig abweichenden Couchmeinungen? Und wenn ja, wie kann ich Laie unterscheiden, wo Krumeich ok ist und wo abwegig abweichend? Und noch eine Laienfrage: müsste nicht alles, was Historiker publizieren, insgesamt auch völkerrechtlich ohne Belang sein?
 
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Zählt das, was Gerd Krumeich bislang zu diesem Thema öffentlich mitgeteilt / veröffentlicht hat, auch zu abwegig abweichenden Couchmeinungen?

Wäre zunächst mal zu fragen, was denn überhaupt unter abwegigen Couchmeinungen zu subsummieren wäre:

In dem urpsrünglich von @silesia zitierten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. Juni 2004, ging es ja vor allem um die Rechtmäßigkeit von Repressionen/Verbrechen durch die Besatzungsmacht wegen Partisanentätigkeit.

"Es bedarf daher nicht einmal der Vertiefung, ob eine Rechtmäßigkeit von Reaktionen der deutschen Wehrmacht gegen italienische Partisanen [Anm.: massenhafte Erschießungen] wegen der Rechtswidrigkeit der deutschen Besetzung Italiens vor dem Hintergrund der deutschen Kriegsschuld am Zweiten Weltkrieg nicht grundlegend in Frage zu stellen ist."
Bundesgerichtshof Beschluß vom 17. Juni 2004, 5. Senat StR 115/03.

So weit, so gut.
Wäre die Frage zu stellen, ist in irgendeiner Form die deutsche Reaktion auf etwaige Partisanenaktivitäten in Belgien als dezidiert "rechtens" empfunden worden, im Besonderen an Stellen, wo sie über das bloße Androhen von Repressionen hinausging?
Ich denke nicht dass das tatsächlich ein Streitthema ist, Dinge, wie sie in Leuven vorgefallen sind, wird kaum jemand irgendwie für rechtens halten können und ich habe auch niemanden in diese Richtung gehend verstanden.
Das entsprechendes im Besonderen in keinem Verhältnis zu etwaiger Partisanenaktivität stand, genau wie Erschießungen von Zivilisten rein auf Verdacht in keinem Fall anghen kann,, dürfte wohl Konsens sein.

Ich sehe auch nicht, so weit ich das überblicke - man korrigiere mich, wenn ich da falsch liege - dass Krumeich abweichend davon das deutsche Vorgehen in Belgien irgendwo als legal bezeichnet hätte.

Die Frage ob und in welcher Form es einen Partisanenkrieg in Belgien gab und auch die Frage ob sich eventuelle Verbindugen, die man ggf. als "Freischaren" bezeichnen könnte an die gegebenen Spielregeln hielten, ist ja unabhängig davon, wie man sie beantwortet kein Freispruch für das deutsche Vorgehen und für die Frage ob wiederrum das deutsche Vorgehen rechtens war, wenn überhaupt nur teilweise von Belang.

Und noch eine Laienfrage: müsste nicht alles, was Historiker publizieren, insgesamt auch völkerrechtlich ohne Belang sein?

Ich sehe hier auch das zusätzliche Problem, bei der Unterscheidung zwischen heutiger und damaliger Rechtsauffassung.
Der von @silesia zitierte Beschluss stammt wie gesagt vom Juni 2004, also von 90 Jahren nach den Ereignissen in Belgien und bezog sich auf den Umgang mit Partisanentätigkeit im 2. Weltkrieg, d.h. vor dem Hintergrund eines Besatzungsregimes dass sich nicht wie eine ordentliche Besatzungsmacht verhielt, sondern in Teilen willkürlich mordete, Menschen deportierte etc. und außerdem bezieht es sich auf eine historische Situation, die nach der Ächtung des Angriffskrieges durch den Briand-Kellogg-Pakt stattgefunden hat, der allerdings erst am Ende der 1920er Jahre zustande kommt und den man als Grundlagen den Handelnden des 1. Weltkriegs in dieser Form nicht unterstellen kann.

Insofern, auch wenn ich eigentlich weder in der Diskussion noch bei Krumeich besondere abweichende Meinungen sehe, weil ich bisher niemanden dahingehend verstanden habe, dass er/sie das deutsche Handeln dezidiert als "legal" bezeichnet hätte, wird man eine Interpretation des Völkerrechts aus dem Jahr 2004 kaum den maßgeblich handelnden Personen aus dem jahr 1914 unterstellen können.
Heißt der Historiker müsste in Sach-und-Werturteil den Spagat zwischen historischer und moderner Auffassung schaffen.
Die Bearbeitung der historischen Auffassung im Rahmen des Sach-, die moderne im Rahmen des Werturteils.
 
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Hat Krumeich als juristischer Laie explizit völkerrechtliche Beurteilungen vertreten?
Mit einer ausweichenden Gegenfrage als Scheinantwort auf meine drei Fragen kann ich nichts anfangen - ich zitiere meine drei Fragen nochmal, diesmal nummeriert:
(1) Zählt das, was Gerd Krumeich bislang zu diesem Thema öffentlich mitgeteilt / veröffentlicht hat, auch zu abwegig abweichenden Couchmeinungen?
(2) Und wenn ja, wie kann ich Laie unterscheiden, wo Krumeich ok ist und wo abwegig abweichend?
(3) Und noch eine Laienfrage: müsste nicht alles, was Historiker publizieren, insgesamt auch völkerrechtlich ohne Belang sein?
Nebenbei ist mir nicht klar, weshalb man zu völkerrechtlichen Fragen ausweichen muss, wo es um die Kontroverse bzgl belgischer "Franctireurs" geht (ob diese eine "Wahnvorstellung", nur marginal wenige vereinzelte oder mehr waren)
 
Hatten wir das Interview mit Gerd Krumeich von 2018 schon? War Crimes in Belgium 1914: An Interview with Gerd Krumeich
Aufschlussreich, auch was auf der persönlichen Ebene so läuft zwischen und bei den Historikern.
I fear that I have lost friends and created much indignation. The study of history is sometimes a dangerous business.

Zu diesem Abschnitt hätte ich gerne mehr erfahren:
To be concrete here, I would trust that we would begin to examine whether and in what way the attacks by Belgian civilians were only isolated incidents – which is what Horne and Kramer say – or whether they were undertaken in a collective fashion. Keller’s thesis, that they must have been organised "from the top" appears to me – at present – to be not based sufficiently on enough source material. However, it seems likely that there must have been consultation at local and regional level because the huge number of incidents on many sides cannot be otherwise explained.

Er hält lokal und regional abgesprochene Attacken von belgischen Zivilisten für wahrscheinlich, aber nicht unbedingt von ganz oben dirigierte.
Noch kann ich es nicht nachvollziehen.
 
Wer ein anderes Land regelwidrig überfällt, kann nicht damit rechnen, dass er in diesem Land fortan eine ruhige Kugel schieben wird, denn dass sich die Bewohner des überfallenen Landes gegen die Besatzung wehren werden, war und ist vorauszusehen. Wer diesen Widerstand als regelwidrig oder gar als Terror bezeichnet, der mit Gegenterror der Besatzungstruppe zu beantworten ist, verwechselt Ursache und Wirkung.

Wer wollte es Zivilisten in Polen, Russland, der Ukraine oder in Serbien verdenken, wenn sie, die deutschen Besatzungungspraktiken vor Augen sich zu den Partisanen flüchteten? Wer könnte es der jüdischen Bevölkerung verdenken, wenn sie sich mit dem Mut der Verzweiflung zur Wehr setzte?

Die Autoren der HLKO konnten nicht das Ausmaß der Barbarei voraussehen.

Wenn man aber daran interessiert ist, Krieg bei aller Grausamkeit einzuhegen, wenn man Deeskalation, die Einhaltung eines Minimums an Humanität und Schutz der Zivilbevölkerung erreichen will, wenn man ein gewisses Mindestmaß an Regeln durchsetzen will- Dann kann man nicht Zivilisten gestatten, sich über Kriegsregeln hinwegzusetzen, dann kann man nicht Partisanen einen Freibrief erteilen. Wer Eskalation im Krieg verhindern will, kann nicht zugleich an der Eskalationsschraube drehen. Wenn man die Einhaltung eines Minimums an Regeln durchsetzen will, dann kann man nicht Zivilisten gestatten, sich über diese Regeln hinwegzusetzen oder sie gar völlig von Regeln entbinden.

Tut man das, konterkariert man alle Bemühungen, Krieg einzuhegen. Wenn man Kriegsregeln durchsetzen will, dann kann man unmöglich Freischärler von der Leine lassen und ihnen sozusagen einen Freibrief erteilen, wenn nur ihre Sache eine gerechte ist.

Wenn man das tut, ist das eine einzige Farce, und dann kann man sich die Mühe auch ganz schenken.

Die Gräuel in Osteuropa sind unübersehbar, und es war im Grunde ein Gebot der nackten Selbstverteidigung, sich dagegen zu stellen. Wer wollte über jüdische Partisanen den Stab brechen? Die meisten entschlossen sich zum Widerstand ohne einen Funken Hoffnung, siegreich aus diesem Kampf hervorzugehen.


Dennoch hat der Partisanenkrieg in Europa sehr zur Eskalation beigetragen. Es sind von Partisanen unglaubliche Grausamkeiten begangen worden- Grausamkeiten auch und gerade gegen Zivilisten. Viele Partisanengruppen waren im Grunde nichts als Räuber.

Wenn man Zivilisten gestattet, sich als Freischärler zu betätigen, stellt man ihnen im Grunde einen Freibrief aus, sich nach Gutdünken über Kriegsgesetze hinwegzusetzen. Man dreht damit gewaltig an der Eskalationsschraube und konterkariert damit alle Versuche, den Krieg einzuhegen und Grundregeln durchzusetzen- Dann kann man sich den Versuch einer Landkriegsordnung auch gleich schenken- es geht einfach nicht!
 
Dennoch hat der Partisanenkrieg in Europa sehr zur Eskalation beigetragen.
Das möchte ich so nicht stehen lassen, denn der Widerstand zwang die Besatzer mehr Truppen als sonst nötig in den besetzten Ländern zu stationieren, die dann an der Front fehlten, was den Krieg sicher verkürzt hat.
 
Das möchte ich so nicht stehen lassen, denn der Widerstand zwang die Besatzer mehr Truppen als sonst nötig in den besetzten Ländern zu stationieren, die dann an der Front fehlten, was den Krieg sicher verkürzt hat.

Der Partisanenkrieg hat aber auch zu unglaublichen Exzessen, Vergeltungsmaßnahmen, Geiselnahmen geführt, und auch bei Sanktionen gegen deutsche Kriegsgefangene kam es zu barbarischen Grausamkeiten, und das hat zweifellos zu einer Eskalation des Krieges geführt.
 
Der Partisanenkrieg hat aber auch zu unglaublichen Exzessen, Vergeltungsmaßnahmen, Geiselnahmen geführt, und auch bei Sanktionen gegen deutsche Kriegsgefangene kam es zu barbarischen Grausamkeiten, und das hat zweifellos zu einer Eskalation des Krieges geführt.

Bezogen auf den Ukraine-Krieg wäre eine sofortige Kapitulation Kiews die größtmögliche Deeskalation gewesen.

Ich muss Dion da Recht geben: Nach einem völkerrechtswidrigen Überfall auf Belgien (oder einem völkerrechtswidrigen Überfall auf Polen) und einem mindestens überzogenen, wahrscheinlich völlig ungerechtfertigten aber äußerst brutalen Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung dann plötzlich die HLKO heranziehen zu wollen, wenn es einem gerade in den Kram passte, wirkt absurd und verlogen.
 
Bezogen auf den Ukraine-Krieg wäre eine sofortige Kapitulation Kiews die größtmögliche Deeskalation gewesen.

Ich muss Dion da Recht geben: Nach einem völkerrechtswidrigen Überfall auf Belgien (oder einem völkerrechtswidrigen Überfall auf Polen) und einem mindestens überzogenen, wahrscheinlich völlig ungerechtfertigten aber äußerst brutalen Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung dann plötzlich die HLKO heranziehen zu wollen, wenn es einem gerade in den Kram passte, wirkt absurd und verlogen.

Die Ukraine hat sich zumindest mit regulären Truppen verteidigt. Nach dieser Logik kann man bei völkerrechtswidrigen Angriff anscheinend die HLKO samt Genfer Konvention und allem humanitätsduselndem Quatsch ohnehin gleich über Bord werfen und den totalen Krieg erklären, das ist zumindest nicht verlogen, und Mord an Kriegsgefangenen, Folter von Kriegsgefangenen, Terrorismus, Geiselnahmen, Anschläge auf Zivilisten sind dann legitimes Mittel der Kriegführung, und noch jeder Selbstmordattentäter ein Freiheitskämpfer, denn es gilt ja irgendwie der guten Sache.

Es ging darum, warum die HLKO Freischärlern und Terroristen Kombattanten-Status nicht zubilligt, und dass sie das aus gutem Grund nicht tut.

Bei aller Würdigung von Widerstandskämpfern und Partisanen wie Hirsch Glik kann ja nun nicht übersehen werden, dass im Partisanenkrieg im 2. Weltkrieg sich geradezu aberwitzige Grausamkeiten sich ereignet haben, und das Bild von "heldenhaften Partisanen", die völlig die Sympathie und Solidarität der einheimischen Bevölkerung besaß, ein recht schiefes ist. Einheiten wie die Division Dirlewanger haben unglaubliche Verbrechen begangen im "Bandenkampf", aber auch lokale Partisanengruppen haben unglaubliche Grausamkeiten verübt, und auch keineswegs nur gegen versprengte Deutsche und Verbündete. Unter dem Deckmantel der Partisanentätigkeit wurden alte Rechnungen beglichen, es wurden Zivilisten denunziert, und die meisten der Opfer waren Zivilisten, die halt irgendwie sich arrangieren mussten.
 
Ich denke auch, dass eine Partisanentätigkeit in Belgien im August 1914 gerechtfertigt gewesen wäre. Die eigentliche Frage lautet aber, gab es überhaupt eine geordnete Partisanenbewegung in dieser Zeit in Belgien - von Einzelfällen wie sie Horne und Kramer erwähnen einmal abgesehen. Und in diesem Punkt sehe ich keinen Grund, den deutschen Quellen vorbehaltlos Glauben zu schenken, wie es Keller wohl macht. Im Gegenteil, warum sollte man die generelle Quellenkritik am deutschen Weißbuch und den deutschen Quellen der 20er Jahre, die seit über 60 Jahren in der deutsch-belgischen Historikerkommission formuliert wurde, auf einmal über den Haufen werfen.

Das Argument, auch die Allierten hätten Propaganda betrieben, zieht da nicht. Generell muss eben auch allierte Propaganda quellenkritisch beurteilen. Der Vorwurf von Keller geht aber dahin, dass vorgeworfene deutsche Gräueltaten in Belgien propagandistisch ausgeschlachtet wurden. Das wiederum sollte aber losgelöst von etwaigen Partisanentätigkeiten betrachtet werden, wie es Wegner vorschlug.
 
Nach dieser Logik kann man bei völkerrechtswidrigen Angriff anscheinend die HLKO samt Genfer Konvention und allem humanitätsduselndem Quatsch ohnehin gleich über Bord werfen

Der Angreifer kann sich sicher nicht auf die HLKO berufen. Und man kann jedenfalls nicht in großem Stil unschuldige Zivilisten ermorden und hinterher behaupten, die hätten alle gegen die HLKO verstoßen, man sei also im Recht gewesen. Dabei ist es unerheblich, ob nun irgendwo der eine oder andere Schuss gefallen ist.
 
Und da wären dann auch immer noch die Verwundeten, denen möglicherweise Projektile aus dem Körper entfernt werden mussten, bei denen sich sicherlich zumindest theoretisch festhalten ließ ob die tendenziell aus deutschen Armeebeständen kamen oder ob es sich um Munition handelte, die bei den deutschen Truppen regulär keine Verwendung fand.

Das der Typ oder mindestens größe und Kaliber von entfernten Projektilen in Krankenblätter oder Lazarettakten eingang gfunden haben, wäre ja durchaus denkbar, weniger aus Gründen politischer Aufarbeitung, als viel mehr aus Gründen der genauen Beschreibung der Verletzung.

Zumindest Verletzungen durch Schrotschüsse wurden dokumentiert und von deutscher Seite entsprechend propagandistisch aufbereitet.

[...] Denn dass es vereinzelt zu Attacken belgischer Zivilisten kam, ist ja unbestritten
[...] Auch die von Keller mit großer Emphase herangezogene – und bereits mehrfach umfassend kritisierte – Studie von Alfons Fonck aus dem Jahr 1931 über die »Schrotschüsse in Belgien« belegt keineswegs, dass ein »orchestrierter Franktireurkrieg« existierte (S. 177). Listete sie doch ganze 157 Schrotverwundungen deutscher Soldaten auf – bei einer Gesamtzahl von etwa 2000 von deutschen Truppen besetzten Gemeinden –, von denen viele wiederum aller Wahrscheinlichkeit nach auf das Konto der Garde Civique gingen. [...]

Benjamin Ziemann, in: Militärgeschichtliche Zeitschrift 77,2 (2018)
 
Und in diesem Punkt sehe ich keinen Grund, den deutschen Quellen vorbehaltlos Glauben zu schenken, wie es Keller wohl macht. Im Gegenteil, warum sollte man die generelle Quellenkritik am deutschen Weißbuch und den deutschen Quellen der 20er Jahre, die seit über 60 Jahren in der deutsch-belgischen Historikerkommission formuliert wurde, auf einmal über den Haufen werfen.
Ist das denn so, wie du es beschreibst?
Wenn ja, müsste Gerd Krumeich doch vehement öffentlich verrissen, in der Luft zerfetzt worden sein, denn er stellt das ganz anders dar als du:
(...) Die große innovative Leistung von Ulrich Keller wird nahezu übergangen. Die Tatsache, dass Keller im Bundesarchiv einen Bestand von mehr als 2.000 beeideten Zeugenaussagen von deutschen Soldaten ausfindig gemacht und in ein neues Licht gesetzt hat, tut Wyrwa ziemlich geringschätzig ab.
Ein Rezensent sollte doch fragen, welchen Status diese große Menge an beeideten Soldatenaussagen in der bisherigen Forschung gehabt haben. Und dann müsste man auch erläutern, dass sie beispielweise bei Horne und Kramer, die den Bestand eingesehen haben, z.T. sinnwidrig zitiert werden, und dazu nur in winzigstem Umfang.
Ich teile nicht alle Schlussfolgerungen von Keller und seinen manchmal überpolemischen Stil muss er selber verantworten. Aber seine Forderung, dass die von ihm zum ersten Mal in dieser Vollständigkeit ausgewerteten deutschen Quellen genauso ernst genommen werden müssen wie die belgischen und alliierten, die teile ich vollkommen. Und deshalb habe ich das Vorwort zu diesem Buch geschrieben.
zitiert aus http://www.sehepunkte.de/2018/11/kommentar/gerd-krumeich-ueber-rezension-von-schuldfragen-101/
Bis jetzt sehe ich nirgendwo, dass der Historiker Krumeich sozusagen unten durch wäre, und ich glaube auch nicht, dass er von Quellenkritik nichts verstünde. Was fangen wir nun mit zwei so gegensätzlichen Darstellungen an?
 
Einheiten wie die Division Dirlewanger haben unglaubliche Verbrechen begangen im "Bandenkampf", aber auch lokale Partisanengruppen haben unglaubliche Grausamkeiten verübt, und auch keineswegs nur gegen versprengte Deutsche und Verbündete. Unter dem Deckmantel der Partisanentätigkeit wurden alte Rechnungen beglichen, es wurden Zivilisten denunziert, und die meisten der Opfer waren Zivilisten, die halt irgendwie sich arrangieren mussten.
Bürgerkriege sind wohl die schlimmsten aller Kriege. Das haben auch die Nazis gewusst und dafür gesorgt, dass während des II. Weltkriegs die Nationalisten aller Couleurs ihre „unabhängige Staaten“ oder zumindest vorläufig scheinbare Autonomie bekamen – Beispiele: Slowaken, Kroaten, Serben, Ukrainer, Norweger, Franzosen.

Die Devise Teile und Herrsche ist alt und funktioniert immer noch: So zerfleischen sie sich gegenseitig und ersparen dem Okkupator Truppen, die er dort stationieren müsste, wenn sie sich gemeinsam gegen ihn stellten. Mehr noch: Sie stellten, mehr oder weniger freiwillig, SS-Divisionen auf.

Doch das alles gehört nicht in diesen Faden, deswegen bitte ich dich, @Scorpio, nicht mehr auf diesem Argument zu reiten bzw. die Geschehnisse des II. Weltkriegs hier einzubeziehen.
 
Ist das denn so, wie du es beschreibst?
Krumeich ist nicht der einzige Spezialist auf dem Gebiet. Warum er Keller so sehr unterstützt, mag ich nicht nachzuvollziehen. Dass er ihn jedoch unterstützt, kann man ja nachlesen.

"Die Tatsache, dass Keller im Bundesarchiv einen Bestand von mehr als 2.000 beeideten Zeugenaussagen von deutschen Soldaten ausfindig gemacht und in ein neues Licht gesetzt hat,"
"Aber seine Forderung, dass die von ihm zum ersten Mal in dieser Vollständigkeit ausgewerteten deutschen Quellen genauso ernst genommen werden müssen wie die belgischen und alliierten, die teile ich vollkommen." zitiert aus Krumeichs Sehepunkte-Rezension, die du verlinkt hast.
Wie unterscheidet sich das inhaltlich von der Aussage, dass Keller den deutschen Quellen vorbehaltlos Glauben schenkt und die generelle Skepsis, die die deutsch-belgische Historikerkommission formuliert hat, über den Haufen wirft?
 
Das wurde gesehen und unterzeichnet, ohne Widerspruch zum Protokoll durch die Signaturstaaten, nachdem Belgien zunächst versucht hatte, die Konferenz in dem Punkt zu drehen.
Martens Clause - Wikipedia
Martens’sche Klausel – Wikipedia .
Das findet sich in der Präambel der HLKO. https://www.1000dokumente.de/pdf/dok_0201_haa_de.pdf
"Solange, bis ein vollständigeres Kriegsgesetzbuch festgestellt werden kann, halten es die hohen vertragschließenden Teile für zweckmäßig, festzusetzen, daß in den Fällen, die in den Bestimmungen der von ihnen angenommenen Ordnung nicht einbegriffen sind, die Bevölkerung und die Kriegführenden unter dem Schutze und der Herrschaft der Grundsätze des Völkerrechts bleiben, wie sie sich ergeben aus den unter gesitteten Völkern feststehenden Gebräuchen, aus den Gesetzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens."

Danke für den Hinweis.
Das ist die Klausel, so wie ich das versteh.
 
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