Partisanenkrieg im Ersten Weltkrieg?

Dem von @Turgot verlinkten Welt-Artikel entnehme ich, dass es auf dem besagten Symposium vehementen Widerspruch zu den Thesen Ulrich Kellers gab.

Der Widerspruch kam primär von Horne und Kramer. Das war ja auch angesichts des Untersuchungsgegenstandes gar nicht anders zu erwarten. Darüber hinaus war die Runde gemäß Neitzel ausgeglichen, sehr sachorientiert und stimmte Keller mal mehr oder weniger zu.
 
Von Keller wurden hingegen nur deutsche Quellen bemüht keine anderen, die alle in seine Argumentationsschema passen.

In den Anmerkungen finde ich unter Offizielle Publikationen den Eintrag "Belgien, Frankreich und Großbritannien und dann eine entsprechende Auflistung.

Unter zitierte Literatur finde ich nicht ausschließlich deutsche Literatur.

Unter zitiertes Zeugenmaterial finde ich beispielsweise den Bryce Report. Sicher kein deutsches Material.

Das belgische Graubuch findet sich ebenfalls dort.

Die belgische Kommission ist ebenfalls aufgelistet.

Schmitz, Jean und Nieuwland, Norbert, Documents pour servir a´l histoire de l´Invasion allemand
 
Der Widerspruch kam primär von Horne und Kramer. Das war ja auch angesichts des Untersuchungsgegenstandes gar nicht anders zu erwarten.

und Alexander Watson: "In sum, Watson deemed the shotgun wounds as evidence of sporadic acts of irregular resistance, but doubted that there was an organized people’s war."

und Oswald Überegger "Yet, he argued, even if there was a Franktireurkrieg one should not see it as the only cause for German atrocities: time pressure – the so-called Vorwärtspanik (foreward panic) –, inexperience, the heat of battle and predispositions all marked real and imaginary factors contributing to the (temporary) escalation of violence."

und Axel Tixhon: "In his opinion, the case illustrates Keller's omission of important sources, the absence of irregular resistance on the Belgian side and the systematic nature of German war crimes."

und Oliver Janz: " (He) stressed the unquestionable fact of sporadic attacks on German troops, but also mentioned their political instrumentalization in Germany as an alleged Franktireurkrieg in order to brush over one’s crimes."

German Atrocities 1914 – Revisited
 

In sum, the conference demonstrated the need for additional research, particularly on the Belgian role in 1914 and the key question how widespread the irregular resistance had been. The evidence provided by Keller hints at a more than merely sporadic resistance by irregular Belgian fighters. Furthermore, the workshop showed the fruitfulness of open debate and the continuous media attention devoted to this subject.
 
In sum, the conference demonstrated the need for additional research, particularly on the Belgian role in 1914 and the key question how widespread the irregular resistance had been. The evidence provided by Keller hints at a more than merely sporadic resistance by irregular Belgian fighters. Furthermore, the workshop showed the fruitfulness of open debate and the continuous media attention devoted to this subject.

Diese Aussage stammt nun von Neitzels HiWi.
 
Keller äußert an vielen Stellen Vorbehalte, kleine Kostprobe (es geht hier um die Ereignisse in Andenne):

Könntest du uns freundlicherweise einen Link oder sonst eine Adresse auf die Quelle geben, der du die kleinen Kostprobe entnommen hast?

Keller wurde ja nun wirklich schon oft genug genannt.
Das Buch heißt "Schuldfragen", ist 2017 im Verlag Ferdinand Schöningh (Paderborn) erschienen und enthält ein Vorwort von Gerd Krumeich.
 
@Turgot Dann noch mal Axel Tixhons Aussage in deutscher Übersetzung nur für dich:
"Seiner Meinung nach veranschaulicht der Fall, dass Keller wichtige Quellen auslässt, das Fehlen von irregulärem Widerstand auf belgischer Seite und der systematische Charakter der deutschen Kriegsverbrechen."
Die anderen Aussagen auch noch zu übersetzen, bin ich jetzt zu faul.
 
und Alexander Watson: "In sum, Watson deemed the shotgun wounds as evidence of sporadic acts of irregular resistance, but doubted that there was an organized people’s war."

und Oswald Überegger "Yet, he argued, even if there was a Franktireurkrieg one should not see it as the only cause for German atrocities: time pressure – the so-called Vorwärtspanik (foreward panic) –, inexperience, the heat of battle and predispositions all marked real and imaginary factors contributing to the (temporary) escalation of violence."

und Axel Tixhon: "In his opinion, the case illustrates Keller's omission of important sources, the absence of irregular resistance on the Belgian side and the systematic nature of German war crimes."

und Oliver Janz: " (He) stressed the unquestionable fact of sporadic attacks on German troops, but also mentioned their political instrumentalization in Germany as an alleged Franktireurkrieg in order to brush over one’s crimes."

German Atrocities 1914 – Revisited

Scharfe Kritik wurde außerdem geäußert von Winfried Dolderer und Jakob Müller; letzterer vertrat diese auch auf einem Workshop des Arbeitskreises Historische Belgienforschung:

„… mit Belgien ist das so eine Sache“. 5. Workshop des Arbeitskreises Historische Belgienforschung

Im Druck erschienen unter dem Titel "Omertà, Goldautos und Schüsse aus dem Hinterhalt" in: Sebastian Bischoff, Christoph Jahr, Tatjana Mrowka, Jens Thiel (Hrsg.), „Mit Belgien ist das so eine Sache ...“ - Resultate und Perspektiven der Historischen Belgienforschung, Münster/New York 2021

Zitat hieraus:

"Noch problematischer als der tendenziöse Stil des Buches war die Behauptung, die belgische Regierung habe einen „Untergrundkrieg“ geführt, ohne dass Keller hierfür Beweise vorlegte. So heißt es: 'Grundsätzlich hatten [belgische] Generäle und Minister sich jedenfalls dafür entschieden, mit gut ausgebildeten und bewaffneten, doch als solche nicht erkennbaren Soldaten den jeweiligen lokalen und dilettantischen Zivilwiderstand zu unterfüttern, um die gebotene Verzögerung des deutschen Durchmarsches sicherzustellen' (Keller 2017, 231). Dieser sensationelle Befund, der ja nicht aus dem gesichteten deutschen Material gewonnen werden konnte, wurde präsentiert, ohne dass Keller nach eigener Aussage jemals ein belgisches Archiv besucht hatte.
Angesichts der gravierenden fachlichen Mängel war es erstaunlich, wie positiv, ja zuweilen enthusiastisch, das Buch in Teilen der Fachwelt aufgenommen wurde."
 
Und es bleibt die unbeantwortete Frage, in welcher Weise, selbst wenn Kellers Buch komplett zuträfe, es "neue Erklärungen" für die Vorkommnisse in Lincé oder Dinant oder Andenne oder oder... liefert.
 
Du wechselt gerade das Thema. Ich habe oben zu deiner Behauptung Keller würde in seinem Werk nur deutsche Quellen verwenden dir Beispiele aufgeführt, das dem nicht so ist. Des Weiteren habe ich darauf aufmerksam gemacht, das die Kritik an Keller auf den genannten Symposium in primär von Horne und Kramer gekommen war. Das wird durch die Aussage Neitzels bestätigt. Nun kommst du mit der Aussage des belgischen Historikers Axel Tixhon. Was möchtest du nun von mir hören? Ich weiß nicht, ob Keller wichtige Quellen nicht konsultiert hat. Ich weiß aber, das er im Gegensatz zu Horne und Kramer eben nicht nur die belgischen Quellen und Presseerzeugnisse konsultiert hat und dieses berechtigt m.E. nach schon den Vorwurf der Einseitigkeit gegen Horne und Kramer. Neitzel hat durchaus zu Recht festgestellt, das deutschen Quellen nicht per se weniger glaubwürdig seien, als die anderer Nationen. So weit ich informiert bin, haben Horne und Kramer sich geweigert, deutsche Quellen zu betrachten. Das ist nun nicht unbedingt ein wissenschaftliches Vorgehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Des Weiteren habe ich darauf aufmerksam gemacht, das die Kritik an Keller auf den genannten Symposium in primär von Horne und Kramer gekommen war. Das wird durch die Aussage Neitzels bestätigt. Nun kommst du mit der Aussage des belgischen Historikers Axel Tixhon.

Außerdem wurden genannt: Alexander Watson, Oswald Überegger, Oliver Janz sowie (von mir) Winfried Dolderer und Jakob Müller.
Wahrscheinlich hast Du den einen oder anderen Beitrag übersehen.



So weit in informiert bin, haben Horne und Kramer sich geweigert, deutsche Quellen zu betrachten.
Hast Du Horne und Kramer eigentlich gelesen?

Horne und Kramer sehen die Zeugenaussagen, die in amtlichen Berichten präsentiert wurden, mit großer Skepsis. Das gilt auch für die amtlichen Berichte der Entente, in denen von angeblichen deutschen Kriegsgreueln die Rede ist. Zitat (S. 345):

"Trotz der doppelten Kontrolle durch das britische Innenministerium und die Bryce-Kommission selbst waren viele der verwendeten Zeugenaussagen von Mythen und Hysterie geprägt. Die im separaten Anhang des Berichts veröffentlichten Auszüge ergaben insgesamt das Bild eines willkürlichen und weitverbreiteten Sadismus der Deutschen, vor allem gegenüber Frauen und Kindern, jenseits jeder möglichen Realität."
 
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