Damit dürfte dieses Forum gegenüber dem Städteverzeichnis des Ptolemaios wohl einen höchst singulären Standpunkt vertreten und dies nicht nur weil es denjenigen, die seinen Wert erkannt haben und inhaltlich diskutieren, Blindheit und Ignoranz unterstellt, sondern auch deshalb, weil der von Dir dazu vertretene Standpunkt, das die Angaben unbrauchbar sind, in Fachkreisen außerhalb dieses Forums von keinem der thematisch kompetenten Autoren geteilt wird.
Das stimmt nicht. Wissenschaft heißt, mit wissenschaftlicher Methodologie zu arbeiten und nicht, willkürlich irgendwelche Orte zu identifizieren. Wenn Torke - der Ptolemaios in einem Nebensatz erwähnt - meint, Ptolemaios' Karte sei detailliert, dann steht er eher ziemlich allen da. Sein Text stellt ja auch überhaupt gar keine intensive Auseinandersetzung mit Ptolemaios dar, sondern eigentlich geht es ja um eine römische Statuette, von der er überlegt, wie die nach Sachsen gekommen ist. Er diskutiert mehrere Möglichkeiten und favorisiert - durchaus mit guten Argumenten - eine Niederlegung durch Römer, macht in diesen Römern römische Händler aus und kommt da mit der Karte des Ptolemaios. Und an dieser Stelle schreibt er einiges, was durchaus opinio communis ist, aber eben zwei Dinge, die nicht stimmen ("detailliert") oder die Ptolemaios inhaltlich nicht hergibt ("Städte an der Elbe"). Das kann man natürlich
mutmaßen, dass Ptolemaios hier auf Händlerwissen basierend Städte an der Elbe verortet hat, aber einen Beleg dafür gibt es nicht. Und dann muss man die Mutmaßung auch als solche darstellen und nicht als Faktum verkaufen.
Wenn Reinhard Spehr einen eindeutig slawischen Namen, der
mehrfach belegt ist (ist gibt zwei Orte und zwei Ortsteile dieses Namens) auf der Karte des Ptolemaios identifiziert, dann hat das zumindest mit seriöser Linguistik nichts zu tun. Zur archäologischen Ausbildung gehört die Linguistik ja auch nicht zwingend dazu.
Die Berliner Mathematiker, die für sich in Anspruch nahmen, Ptolemaios entzerrt zu haben, sind in einschlägigen Rezensionen ihrer Methodenwillkür wegen, die mit Geodäsie wenig zu tun habe, in der Luft zerrissen worden. Bei der Bearbeitung einer historischen Quelle hätten sie vielleicht auch mal einen Altphilologen, Historiker oder Archäologen mit ins Boot holen sollen, dann wären ihnen einige ihrer Fehler sicher nicht unterlaufen (aber dann hätten sie vermutlich auch nie publiziert, weil sie gemerkt hätten, dass ihre "Entzerrung" nicht aufgeht).
Alles in allem sind das, was du hier vorbringst
Argumenta ad verecundiam (Autoritätsargument; der Klassiker wäre: "So steht es doch in der Bibel!"), sprich statt inhaltlich zu argumentieren, argumentierst du mit einer angeblichen wissenschaftlichen Deutungshoheit, mit der Autorität von (nebenbei einzelnen) Wissenschaftlern, anstatt dich mit dem Inhalt der Zurückweisung auseinanderzusetzen. Denn ein Charakteristikum von Wissenschaft ist nicht, dass der Titel zählt, sondern das bessere
inhaltliche Argument. Nur wenn du weiterhin ignorierst, dass bekannte Orte bei Ptolemaios in alle möglichen Richtungen verschoben sind (Akra Leuke 150 km in südsüdwestlicher Richtung, Novaesium nach Osten), kannst du weiterhin versuchen, uns unbekannte Orte auf der Karte mit modernen Orten zu identifizieren.
Ich denke nicht, dass du dich hier als "Pressesprecher der 'Wissenschaft'" aufbauen solltest, nur weil du zwei Archäologen gefunden hast, deren Spezialgebiet zwar nicht Ptolemaios ist, von denen aber einer glaubt, dass er einen Ort klingklanglich identifizieren kann und der andere in einem Nebensatz schreibt, dass Ptolemaios detailliert sei und Städte an der Elbe nenne.