Krüger-Depesche und Transvaal-Krise 1895/96

Es führt hier vom Thema weg, aber da es schon angesprochen wurde:

Dieser Befund ist ja durch die Entwicklung im Ersten Weltkrieg eindrucksvoll bestätigt worden. (Ironie)

Zum "Versagen" der Blockade bis zum Kriegseintritt der USA 1917 resümierend Osborne, der die wirtschaftshistorischen Daten analysiert und den Forschungsstand dargelegt hat:

"The success of the blockade should not suggest, however, that it was a decisive factor from the moment of its inception. Internal conflict between the civilian and military branches of government in Great Britain, the chief blockading power, over the best means to pursue dogged the institution up to 1917. The assertion that the blockade could have been more effective earlier is true, although it is not certain that had it become more stringent in the early years it would have ended the war then. So long as the United States remained neutral, the blockade never had a chance of being a truly effective weapon with which to fight Germany. "
Britain’s economic blockade of Germany. 1914–1919 / Eric W. Osborne

Wenn man sich mit der Kriegswirtschaft des Deutschen Reiches 1914/18 etwas tiefergehend beschäftigt (Detailanalysen gibt es auch für den Nahrungsmittelsektor etc.), dann wird folgende Reihenfolge in der Gewichtung der Faktoren deutlich:

1. Kriegsbedingte Ressourcenverteilung (zB Arbeitskräftemangel, Transportmittel, Energie usw.)
2. kriegsbedingte Ausfall ehemaliger Importstaaten, die nun als Gegner auftraten (siehe Thanepower beispielsweise zu Russland etc.)
3. kriegsbedingte Ressourcen-Dispositionen im Deutschen Reich, wie zB bzgl. der hier im Forum schon erläuterten Düngemittelproduktion im Zielkonflikt zur Munitionserzeugung, Verschleiß versus Ersatzinvestitionen und Instandhaltung, Organisationschaos, usw.
4. Blockade

Den Anteil von Nr. 4 würde ich (auch nach Kriegseintritt der USA, siehe Nr. 2) als Arbeitshypothese vernachlässigbar, unter 10% der Gesamtwirkungen und damit als marginal im Vergleich zu den anderen Punkten ansetzen. Dennoch (!) muß man konstatieren - und das widerspricht keinesfalls der obigen Gesamtaussage - dass es auch immer die letzten 10% Wirkung sind, die zum abschließenden Kollaps führen. Die weit überwiegenden Ursachen dieses Kollapses nach 3 oder 4 Jahren "Kriegswirtschaft" sind allerdings die unter 1. bis 3. genannten kriegsbedingten, jahrelangen "Auszehrungen" gewesen, nicht die unter 4.

Ich lasse mich aber selbstverständlich anhand von geeignetem Datenmaterial auch vom Gegenteil überzeugen. Dazu müssten die ökonometrisch leicht fassbaren, gravierenden Auswirkungen von 1. bis 3. erst einmal relativiert werden.
 
Das wäre wirklich sehr interessant. Ich habe Clark nur oberflächlich als englische E-book Ausgabe überflogen, aber angesichts der enormen Wirkungsmächtigkeit, die er inzwischen hierzulande offenbar entfaltet, erschiene mir dies als fruchtbares Unternehmen.

In unserer Lokalzeitung erschien im Rahmen ihrer Serie '100 Jahre Erster Weltkrieg' eine Besprechung, in der ein begeisterter Autor feststellen zu glauben meinte, Clark habe 'endlich' die 'Legende' der deutschen 'Alleinschuld' am Erstern Weltkrieg 'widerlegt', die seit Fritz Fischer 'Konsens' unter deutschen Historikern gewesen sei. Fischers Buch sei dem Zeitgeist der 60er Jahre entsprungen, der nun endlich gebrochen sei.

Leider scheint dieser Blödsinn den Tenor der populären Rezeption Clarks widerzugeben. Insofern fände ich ein solches Unternehmen sehr interessant.

Ich würde das auch gern angehen. Es muß in einem Forum wie diesem möglich sein, die Substanz von Clarks Publikation auch sachlich kontrovers (und unter strikter Vermeidung von jeglicher "Empörung", sei es zur Befürwortung oder zur Ablehnung/Kritik) zu diskutieren.

Mehrfach ist angesprochen worden, dass das Werk inzwischen "polarisiert", und es wäre interessant, über den Inhalt den Gründen dafür nachzugehen.
 
Clark berichtet beispielsweise, das der serbische Ministerpräsident Pasic von dem Attentat im Vorfeld Kenntnis hatte und eine nebulöse Warnung nach Wien schickte, die dort missverstanden wurde. Aktiv unternahm Pasic nichts gegen das geplante Attentat.

Clark beleuchtet die französische Außenpolitik und insbesondere den französischen Präsidenten Poincare in der Julikrise. Poincare vertrat die Ansicht, dass nur eine „feste Politik der Stärke“ die Deutschen zur Räson bringen würde und signalisierte den Russen unbedingte Bündnistreue. Das war auch eine Art von Blankoscheck.

Sir Edward Grey kommt bei Clark auch nicht besonders gut weg. Er informiert den Leser über Greys Prioritäten, nämlich den Erhalt des Empires, der praktisch über alles stand, und hierzu wurden in der Vergangenheit entsprechende Abmachungen mit Frankreich und Russland getroffen. Dass das natürlich Folgen haben könnte, war klar und wurde in Kauf genommen. Und es bleibt auch nicht die Rolle der starken antideutschen Fraktion im Foreign Office unerwähnt.

Bei den Russen werden insbesondere die frühzeitige Mobilmachung und der damit verbundene Wille zum Krieg heftig kritisiert.

Den Deutschen bescheinigt er eben nicht in der Julikrise Komödie gespielt zu haben und so zu tun als ob nicht sei und die Reichsleitung in den Urlaub fährt.

Im Prinzip werden durch Clark damit „liebgewordene Positionen“ doch infrage gestellt.

Im Zuge der Marokkokrisen beispielsweise wird endlich einmal, Clark sei Dank, darauf hingewiesen, das es die Franzosen in beiden Fällen gewesen waren, die bestehende Verträge gebrochen und damit die Krise erst ausgelöst haben. Das wird häufig entweder gar nicht oder nur als Fußnote erwähnt. Dafür wird aber üblicherweise das deutsche aggressive Vorgehen sehr heftig kritisiert, aber Kritik an den anderen Mächten bleibt bis heute, ja sogar in unseren Schulbüchern, einfach ausgespart. Und in diesen beiden Krisen haben auch Frankreich und Großbritannien „einiges auf dem Kerbholz“.

Die Polarisierung dürfte daher kommen, das die eine Fraktion die bisherige Wahrnehmung der kaiserlichen Außenpolitik für nicht anfechtbar hält und die andere sieht dank eines im Flusse befindlichen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes eine vorsichtige Korrektur des vorhandenen und überlieferten Geschichtsbildes.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, Clarks Monographie ist durchaus wunderbar und reiht sich ein in eine ganze Phalanx neuerer britischer Literatur, am Populärsten und über die Fachgrenzen hinaus sicher weiterhin Fergusons Werk vor etwa 10 Jahren. Der eigentliche Clou an der Sache: Es ist in einigen Teilen durchweg kalter Kaffee und bezieht sich in manchen Bereichen auf die gleichen glaubhaften Quellen wie deutsche Historiker, die nicht vielmehr den aktuellen Zeitgeist poträtieren sondern im wahrsten Sinn Geschichte schreib(t)en. Nur kommen die "differenzierten" Betrachtungsweisen diesmal von den renommiertesten Historikern der Welt und aus dem britischen (oder semi-australischen ;) ) Lager. Wenn eine kleine Schar dt. Historiker in den letzten 2-3 Dekaden Ähnliches postulierte, brauchte man sich nicht groß damit auseinandersetzen. Ein paar Rezensionen, die im Regelfall primär die politische Haltung angriffen und ein weitgehendes Verschweigen dieser Werke selbst in der Bibliografie zu neuesten Werken. Es mögen viele der bundesdeutschen "Koryphäen" der Geschichtsschreibung des 1. Weltkriegs mal hoffentlich aus ihren Elfenbeintürmen heraus kommen und "updaten", ihr morsches, vergilbtes Forschungsbild. Oder gehen als endgültig obsolet unter. An Ersteres glaubt man nicht wirklich. So wenig wie man von einem Hindenburg bei der Vita erwarten durfte, dass er in seinen letzten Lebensjahren lupenreiner Demokrat wurde, so wenig darf man von Teilen einer völlig politisierten schreibenden Kaste erwarten, dass sie ihre über Jahrzehnte lieb gewonnenen Feindbilder aufgrund neuer Erkenntnisse fallen lassen. Was will man von einer gewisen Schicht der etablierten Historikerzunft erwarten, wo bis vor wenigen Jahren (!) noch Stand der Forschung war, Stalin habe sich nur Ostpolen in rein defensiver Absicht einverleibt, um sich vor den Nazis zu schützen? Aber es gibt im Zuge neuer Entwicklungen auch einiges was leider unweigerlich verloren geht. Ich hatte wirklich geglaubt, von 1900 bis 1914 wurde nur in Berlin Außenpolitik und Weltpolitik betrieben und alle Mächte der Zeit haben sich um Anderes gekümmert, die Ausnahme war nur, wenn sie wieder auf Berlins Frevel reagieren mussten. Das Weltpolitikzentrum Berlin sagt also leider langsam Servus. :weinen:
 
[FONT=&quot]@staatsräson[/FONT]
[FONT=&quot] [/FONT]
[FONT=&quot]Ich möchte eines verdeutlichen. Ich bin kein Revisionist und auch ganz gewiss kein Anhänger der rechten Szene. Mit der habe ich nichts am Hut!
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[FONT=&quot][/FONT]
[FONT=&quot]Und von Hindenburg konnte man beispielsweise erwarten, das er nicht lügt und betrügt. Stichworte seien hier die Dolchstosslegende oder seine freche Lüge gegenübe einen Journalisten zu behaupten, er hätte für seine Kandidatur als Reichspräsident nicht die Zustimmung aus Doorn eingeholt.
[/FONT]
 
Tja, gelogen, um anderen die Schuld zu geben haben damals wohl alle maßgeblichen Kreise, um eigene Versäumnisse im besseren Lichte da stehen zu lassen, nicht zuletzt die Sozialdemokratie. Dass sich bei all der innerdeutschen Selbstzerfleischung die Dolchstoßlegende am Nachhaltigsten hielt, ist Zurecht beklagt worden. Zum ersten Satz...wer behauptet sowas? Naja, jeder hat seinen eigenen Ansatz, ich verteidige mich in der Beziehung nie, denn wer sich verteidigt, setzt sich schon ins Unrecht. ;)
 
Keine Verteidigung. Klarstellung!!

Dann nenne doch einmal die Versäumnisse der SPD als Oppositionspartei im Reichstag, ohne Mehrheit, hinsichtlich der Ursachen des Ersten Weltkrieges? War sie etwa in der Lage den Krieg zu verhindern?

Gelogen haben vor allem die konservativen Kreise.
 
Die Engländer waren ja nun nicht die ersten Europäer, die sich im Süden Afrikas niederließen. Die Niederländische Ostindiengesellschaft war zuerst dort und hatte eine erste Siedlung gegründet. Die Menschen dort nannten sich Buren.

Während der Kriege gegen Napoelon nahmen die Briten kurzerhand die Kapkolonie einfach in ihren Besitz. Nichtsdestotrotz stellten die Buren die Bevölkerungsmehrheit. 1834 wurde im Unterhaus durchgesetzt, das die Sklaverei abgeschafft wird. Da die Buren dies nicht akzeptierten, packten sie inhre Koffer und zogen nördlich in den Norden und gründeten dort die Republiken Transvaal und Oranje-Freistaat. Diese Republiken wurden von England 1854 anerkannt. Der Premier Disraeli machte die Anerkennung 25 später wieder rückgängig und annektierte den Transvaal. Die Buren fanden das gar nicht witzig und probten den Aufstand. Der nächste Premier Gladstone handelte einen Kompromiss aus. Die Burenrepubliken blieben von London abhängiger unabhängiger Staat mit dem Recht auf Selbstverwaltung. Mit ausländischen Mächten durften Verträge nur mit Erlaubnis Londons geschlossen werden. Die Planung des Angriffs Jamesons ist London nicht verborgen geblieben. Jedenfalls war die Aktion von Jameson und letzten Endes Rhodes eklatanter Rechtsbruch. Jameson kam außerordentlich billig davon; nur 4 Monate Gefängnis und später wurde er zur Verhöhnung der Buren auch noch Premier der Kapkolonie. Rhodes kam vollkommen ungeschoren davon; Wilhelm II. sein dämliches Telegramm hatte ihn wohl vor irgendwelchen Konsequenzen bewahrt.

Das Telegramm war eine diplomatische Ungeschicklichkeit erster Klasse, aber die Aufregung, die dadurch entstand ist m.E. nach nicht gerechtfertigt. Aber, die Engländer fühlten sich verletzt und nahmen diese Depesche verdammt übel.
 
Bereits im Februar 1895 beschwerte sich der britische Botschafter Malet in Berlin.
Gegenstand der Beschwerde: Am 27.Januar 1895 hatte Präsidentkrüger einen Trinkspruch auf dem Deutschen Kaiser ausgebracht. Malet führte aus, da man sich in London natürlich nur darüber freuen könne, aber das macherlei Anzeichen die Haltung der deutschen Regierung gegenüber der südafrikanischen Republik dort eine Stimmung hervorrufe, welche mit der internationalen Stellung der letzteren nicht vereinbar sei. Die Republik durfte Allianzen nur mit Genehmigung Londons abschließen. Für Verträge wirtschaftlicher Natur galt dies aber nicht.

Sir Edward Malet machte deutlich das London die Einhaltung des Status Quo wünsche. Er verdeutlichte auch, das in Transvall die Überzeugung Platz greife, das man dort auf eine Unterstützung Deutschlands zählen könne, und es sei zu befürchten, das diese Überzeugung auf die Politik der Republik einen maßgebenden Einfluss üben werde. In dieser Beziehung sei England sehr empfindlich.

Was Sir Edward Malet nicht erwähnte, ist, das Sir Cecil Rhodes, zur gleichen Zeit in London die Werbetrommel für ein Aufsaugen des Transvaal rühre, was klar eine Veränderung des Status Quo bedeutete, und da man darüber in Transvasl sicher nicht begeistert war, das liegt ja wohl auf der Hand.

Der deutsche Staatssekretär wies Malet darauf hin, das Deutschland sein materiellen Interessen, die es durch den Bau von Bahnen oder Handelsverträgen gegen Eingriffe schützen werde. Diese Interessen geböten die Aufrechterhaltung Transvaals als wirtschaftlich selbstständigen Staat und die Sicherung des Status Quo bezüglich der Bahnen und der Delagoabai. Damit sei Ausgangs- und Endpunkt der deutschen Politik in Transvaal bezeichnet. Wenn die britische Regierung den Erhalt des Status Quo wünsche, warum unterbindet sie nicht das Programm von Rhodes, eines welches den Staus Quo verändern würde, in dem beabsichtigt ist, das der Transvaal durch die Kapkolonie aufgesaugt wird.

Malet gab dies durchaus zu und bedauerte auch die verbalen Entgleisungen Rhodes gegenüber Deutschland.

Der deutsche Staatssekretär führte des Weiteren aus, wenn die britischen Kolonialfreunde so empfindlich in der Transvaalfrage seien, so seien es die unserigen ebenso. Wenn Lord Kimberly die Erhaltung des Status Quo wünsche, Deutschland täte dies ja ganz genauso, dann sei es doch nicht auszuschließen, das man das Ganze schriftlich fixiere. Hierauf ging der britische Botschafter allerdings nicht ein.
 
Im Oktober 1895 unterhielten sich Marschall und Malet erneut über den Transvaal.

Malet führte aus, das er im ganzen freundliche Beziehungen zwischen England und Deutschland hinterlasse (Malet wurde abgelöst); nur ein dunkler Punkt würde zurückbleiben: Transvaal.
Malet behauptete, die Deutschen würden den Transvaal zu einer feindlichen Haltung gegenüber England encouragiern. Das werde auf die Dauer unerträglich für London.
Auf die Frage Marschalls, ob Deutschland in Transvaal etwas täte, was internationalen Verträgen widerspreche, kam von Malet keine Antwort, sondern eine Drohung.
Transvaal habe die Eisenbahntarife nach dem Kap gekündigt bzw. neue eingeführt, welche den Handel dorthin schadeten. Für England entstehe dadurch ein unerträglicher Zustand, und er wolle mir ganz offen sagen, das die Fortsetzung der deutschen Haltung zu ernsten Verwicklungen führen könnte.
 
Der britische Premier Salisbury bestritt gegenüber den deutschen Botschafter entschieden so einen Auftrag erteilt zu haben; was in Berlin nicht so recht geglaubt wurde.

Ein paar wenige Sätze zu den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands; das Interesse ist ja hier nicht soo groß.

Ende des 19.Jahrhunderts sollen zwischen 300 und 800 Millionen Mark deutsches Kapital in Transvaal angelegt gewesen sein. Die Angaben schwanken, weil von den damaligen Akteueren verschiedene Zahlen genannt worden sind. Der deutsche Botschafter Hatzfeld nannte gegenüber. Salisbury beispielsweise 500 Millionen Mark. Auf jeden Fall war das kein Kleingeld mehr.

Die deutschen Wirtschaftsinteressen lassen sich folgendermaßen unterscheiden. Zum einem waren es Unternehmer, die in Goldminen durch eigene Firmengründungen involviert waren; zum anderen handelte es sich um Kohleminen, Zementfabriken und Elektrizitätswerke. Der bei weitem größte Teil des deutschen Kapitals war in den Goldminen angelegt. Der Transvaal war das damals größte Goldgewinnungsland der Welt. Und genau hier, der Lockruf des Goldes, es wurden ja auch erhebliche Diamantenvorkommen entdeckt, liegt auch die britische Motivation, den Transvaal endgültig zu unterwerfen und der Kapkolonie zuzuschlagen. In diesem Kontext war dann auch für London das internationale Recht nicht mehr weiter relevant.

In der Schule, und nicht nur dort, hört man hingegen nur von der dämlichen und ziemlich unklugen Adresse Wilhelm II. vom 03.01.1896 an den Präsidenten Krüger anlässlich des Überfalls von Jameson und seinen Freischärlern. Die britische Regierung distanzierte sich zwar von Jameson, der möglicherweise von Cecil Rhodes angestiftet worden war, aber letzten Endes war man 1899 doch in Gestalt des Burenkrieges dann doch zur Tat geschritten.
Die Entschlossenheit Londons, den deutschen Ambitionen in Südafrika notfalls auch militärisch entgegenzutreten, war eine massive Bedrohung. Hier liegt auch der Ausgangspunkt für die kommende deutsche Welt- und Flottenpolitik.
 
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Der russische Botschafter in London ließ Hatzfeld jedenfalls wissen, das Kaiser Wilhelm II. nicht nur für deutsche Interessen eingetreten sei, sondern auch für die europäischen.
 
Die britische Presse war der Meinung, das Deutschland aus purer Bosheit so handle, die Briten (Jameson) hätten jedes Recht so zu handeln und das Einmischen der Deutschen unverzeihlich, vor allem nach den ganzen Freundlichkeiten der Briten, sei.
Die britische Regierung sah keine Veranlassung, hier aufklärend tätig zu werden. Man ließ die Britische Presse toben.
 
Wie gesagt, die Depesche Wilhelm II. verursachte große Aufregung; vor allem in der britischen Presse.
Am 17.Dezember 1894 hatte US Präsident Cleveland Großbritannien direkt mit Krieg bedroht. Die USA beanspruchten aufgrund der Monroedoktrin ein Mitspracherecht bei der Regelung der Grenzfrage zwischen Englisch-Guyana und Venezuela. London hatte schon am 19.Oktober ein Ultimatum wegen Entschädigung für Misshandlungen englischer Untertanen, die zugleich Bedingungen für die Regelung des Grenzstreits aufstellten.
Eigenartigerweise hatte diese Kriegsdrohung zu keiner Pressekampagne geführt und die britische Regierung kuschte vor der Drohung.
In London wurde mit zweierlei Maß gemessen.
Die Deutschen haben unter dem Strich ihre wirtschaftlichen Interessen vertreten( mehr nicht und die Depesche, so unklug sie auch war, rechtfertigt die Aufregung darüber nicht.
 
Noch ein paar Worte zur Kruger Depesche:

Man hat sich schon angewöhnt, insbesondere deutsche Historiker, die Dinge durch die britsche Brille zu betrachten. Erst einmal gab es durchaus deutsche Interessen, denn in der Wirtschaft Transvaals steckte nicht wenig deutsches Kapital. Auch deutsche Siedler lebten dort. Der britsche Botschafter Malet hatte mehr oder weniger direkt den Deutschen mit Krieg gedroht. Salisbury beeilte sich dies zurückzunehmen.

In der weltberühmten Depesche steht eigentlich nichts dramitisches, was ihren traurigen Ruhm rechtfertigten würde. Wilhemn wünschte den Präsidenten ein frohes, neues Jahr und gratulierte zur Abwehr des Angriff von Leander Starr Jameson, von dem zumindest Chamberlain gewußt haben dürfte. Die Queem und die britsche Regierung und Bevölkerung waren empört. Warum bloß? Ist es selbstverständlich, das eine europäische Großmacht, das Deutsche Reich, die britsche koloniale Ausdehnung sofort als natürlich britische Ordnung zu akzeptieren hat und die durchaus berechtigen deutschen Proteste mutwillige Provokation waren? Im Prinzip war das britische Auftreten in dieser Krise doch arrogant und hochmütig und das Deutsche Reich wurde nicht entsprechend seinen Status als Großmacht behandelt. Eher das Gegenteil.

Bei Lichte besehen handelte es sich bei der Jameson Raid um einen bewaffneten Putschversuch in einem Staat, den GB als souverän anerkannt hatte. Es gab sehr starke Indizien dafür, dass Jameson von Cecil Rhodes beauftragt wurde, und es gab Indizien, dass die britische Regierung, die sich eilig davon distanzierte, möglicherweise davon wusste.

Das war schon ein ziemlich dubioses und völkerrechtswidriges Vorgehen der Briten, und eigentlich hatte Wilhelm II. gar nicht so unrecht, wenn er den Auftritt von Jameson und seiner Truppe mit dem von Piraten verglich.
(In einem Brief an seine Oma sprach er von "Flibustiers")

Selbst wenn Wilhelm II. objektiv nicht ganz unrecht hatte, war seine Depesche doch sehr unprofessionell.

Wilhelm war ja doch sehr stolz auf seine britische Admiralswürde, er war der Ehrenkommandant der First Royal Dragoons, ein Mitglied der königlichen Familie, das durchaus immer wieder gerne betonte, dass er auch Brite war- und vor diesem Hintergrund wirkte dann Wilhelms eindeutige Parteinahme für die Buren und für Paulus Krüger als befremdlich, als illoyal.
 
Wilhelm war ja doch sehr stolz auf seine britische Admiralswürde, er war der Ehrenkommandant der First Royal Dragoons, ein Mitglied der königlichen Familie, das durchaus immer wieder gerne betonte, dass er auch Brite war- und vor diesem Hintergrund wirkte dann Wilhelms eindeutige Parteinahme für die Buren und für Paulus Krüger als befremdlich, als illoyal.

Eigentlich nicht. Wilhelm II. war Deutscher Kaiser und er hatte deutsche Interessen zu vertreten. Insofern war das Eintreten für die deutschen wirtschaftlichen Interessen in Transvaal nur folgerichtig.
 
Der britische Premier Salisbury zog nicht auch nur einen Augenblick einen englischen Rückzug oder eine Verständigung mit Deutschland in Betracht. Doch, wie schon oben ausgeführt, distanzierte er sich von Jameson und beschwichtigte in Berlin.
Die britische Regierung war daher der portugiesischen dankbar, als diese sie darüber informierte, das Deutschland um eine Landung von lächerlichen 50 Matrosen gebeten hatte, um u.a. das deutsche Konsulat zu schützen. Lissabon verwehrte auf Wunsch Londons die Landung.

Salisbury schloß auch einen kriegerischen Konflikt nicht vollständig aus; davon zeugen die Sondierungen in Dänemark, wo die Regierung gefragt wurde, wie sie sich in einem deutsch-englischen Krieg zu verhalten gedenke.
 
Bei Lichte besehen handelte es sich bei der Jameson Raid um einen bewaffneten Putschversuch in einem Staat, den GB als souverän anerkannt hatte. Es gab sehr starke Indizien dafür, dass Jameson von Cecil Rhodes beauftragt wurde, und es gab Indizien, dass die britische Regierung, die sich eilig davon distanzierte, möglicherweise davon wusste.

Ja, Leander Jameson wollte wohl die britische Regierung dazu veranlassen, zu intervenieren. Rhodes war auch Vertrauter von Premier Salisbury; wenig wahrscheinlich, das Rhodes hinter dem Rücken von Salisbury so eine Gewaltaktion durchziehen ließ.

Hier einmal der Text des Telegramms von Wilhelm II. :
"Ich spreche Ihnen meinen aufrichtigen Glückwunsch aus, dass es Ihnen, ohne an die Hilfe befreundeter Mächte zu appellieren, mit Ihrem Volke gelungen ist, in eigener Tatkraft gegenüber den bewaffneten Scharen, welche als Friedensstörer in ihr Land eingebrochen sind, den frieden wiederherzustellen und die Unabhängigkeit des Landes gegen Angriffe von außen zu wahren."

Der Aggressionssturm der in der britischen Presse losbrach war ungeheuer, was angesichts dieses Textes wenig verständlich ist. Die "Einmischung" wurde als Beleidigung verstanden, da man die Burenrepubliken als zum eigenen Herrschaftsbereich zählte. Wahrscheinlichem auch noch der geballte Unmut über die rasch wachsende wirtschaftliche aber auch militärische Kraft des "Emporkömmlings" Deutschland hinzu. Das war eben nicht akzeptabel
Die Saturday Review rief ein Jahr später zur Zerstörung des Kaiserreichs auf und stilisierte Deutschland zum größten Herausforderer des Empire. Es war eine Empörung, die sich nicht nur auf die Presse beschränkte, sie war ganz allgemein.

Man kann es gar nicht glauben. Wer hatte hier eigentlich das Völkerrecht gebrochen?
 
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