Altenburg?

Naresuan

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Altenburg ist ein Ort und/oder ein Adelsgeschlecht, das in der Geschichte der Habsburger vielleicht eine Rolle spielte, denn in der Acta Murensia wird ein Kanzelin, Graf von Altenburg, genannt und zwar als Vater des Gründers des Klosters Muri, einem Radbot. Letzterer kommt dann auch als Erbauer der Habsburg in Frage.
kanzelin.png

Es gibt ein Altenburg im Aargau, eins im Thurgau und noch eins im Klettgau, die alle schon als möglicher Wohnsitz der frühen Habsburger in Betracht gezogen wurden. Heute wird dafür Altenburg bei Brugg im Aargau bevorzugt genannt.
Abgesehen von den z.T. kühnen Thesen, die dazu führten, die drei Orte zu berücksichtigen, stellt sich die Frage: Welche Orte wurden zu Lebzeiten Kanzelins (990?) oder zur Zeit der Nennung in der Chronik (frühestens 1140) als Altenburg bezeichnet?

Für das Altenburg im Klettgau gibt es einen guten Grund (keltisches oppidum) und Beweise, dass es schon im 9. Jh. Altenburg genannt wurde.
Das im Aargau bei Brugg gelegene Altenburg hat heute noch gut sichtbare römische Mauern eines Kleinkastells, die namensgebend sein konnten, auch wenn es dort keine frühen Urkunden gibt, die das beweisen.
Das spätrömische Kleinkastell Altenburg bei Brugg, Milosavljevic, Darko in Jahresbericht / Gesellschaft Pro Vindonissa, 2003

Bei der Ruine im Thurgau aus dem 9.Jh., die noch bis 1200 bewohnt war, sehe ich nicht mal einen Grund für eine solche Bezeichnung zur besagten Zeit.

Gab es im Früh-/Hochmittelalter, außer dem Vorhandensein von alten Mauern oder dem Bau einer neuen Burg nach dem Verlassen der alten Burg, weitere Gründe, einen Ort mit Altenburg zu bezeichnen?
 
ich habe kürzlich ein Buch gelesen, geschrieben von Leopold Altenburg. Das ist ein Nachfahre von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth.

Auszug aus Wiki:
Leopold Altenburg ist ein Enkel von Clemens Salvator von Österreich-Toskana,[2][3] der 1931 den Familiennamen Altenburg erhielt, durch Erlass der niederösterreichischen Landesregierung. Gleichzeitig hatte der Chef des vormals kaiserlichen Hauses Habsburg-Lothringen, Otto von Habsburg, den adelsrechtlichen Titel und Namen Graf von Altenburg genehmigt, den er per Handschreiben 1949 in Prinz von Altenburg umwandelte.


Hier seine eigene Homepage:

Vor dem 2. Weltkrieg hat sich seine Familie von Habsburg in Altenburg umgenannt.
Vielleicht kann Herr Altenburg bei Deiner Frage behilflich sein?
 
Welche Orte wurden zu Lebzeiten Kanzelins (990?) oder zur Zeit der Nennung in der Chronik (frühestens 1140) als Altenburg bezeichnet?


Das im Aargau bei Brugg gelegene Altenburg hat heute noch gut sichtbare römische Mauern eines Kleinkastells, die namensgebend sein konnten, auch wenn es dort keine frühen Urkunden gibt, die das beweisen.


(Bei Wiki heißt der Mann Graf Lanzelin - Du schreibst Kanzelin)
 
Vielleicht kann Herr Altenburg bei Deiner Frage behilflich sein?
In diesem Interview mit ihm wird geschrieben:
So kam es, dass Clemens (von) Habsburg den Namen Altenburg annahm; in Erinnerung an ein Schweizer Schlössli, das die Habsburger bewohnten, noch bevor sie in die namensgebende Habsburg übersiedelten.

Der Familienname Altenburg als Ersatz für Habsburg bei nicht-standesgemäßen Ehen im Hause Habsburg scheint also auf diesem kleinen Eintrag in einer Klosterchronik zu beruhen, dem einzigen schriftlichen Hinweis auf diesen Namen.

Kanzelin steht so in der Chronik neben Altenburg. Ein Lanzelin wurde anderswo z.B. in einem (gefälschten?) Testament des Bischofs von Straßburg als dessen Bruder ins Spiel gebracht und gerne mit dem Kanzelin der Chronik gleichgestellt. Vor allem dann, wenn Lanzelin auch noch ein Landolt sein sollte.

Wenn der Wikipedia Artikel schreibt:
Graf Lanzelin liess die wohl noch weitgehend erhaltenen Mauern des Kastells zur Burg ausbauen.
würde mich interessieren, auf welchen Quellen das beruht, denn die Archäologie hat offenbar noch nichts aus dem Frühmittelalter dort gefunden.
Die meisten Wikipedia Artikel zu diesem Thema enthalten überholte und unbewiesene Thesen.
Am besten gefällt mir dieser hier:
Darin wird Kanzelin als Lanzelin zum Count of Habsburg, Duke of Altenberg, Earl of Klettgau, Duke of Muri, Count of Sungdau. Duke? Earl? Altenberg? Sungdau? Eine Katastrophe!
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur Altenburg in Brugg. Das römische Kastell wurde am oberen Ende der Aareschlucht am rechten Flussufer im 4. Jahrhundert erbaut. Zweck war die Sicherung eine Flusshafens. Bis ins frühe 16. Jahrhundert gab es einen in sich geschlossener Mauerring. Das Habsburger Urbar aus dem beginnenden 14. Jahrhundert führt ein Gehöft im Innern des Gemäuers auf. Das Gehöft war im Besitz der Habsburger. Bei Grabungen im 19. Jahrhundert konnte ein spätrömischer Gebäudetrakt nachgewiesen werden. Von den früh- oder hochmittelalterlichen Innenbauten fehlt noch jede Spur. Lediglich zwei Hausteine mit Flechtbanddekor können ein Hinweis sein, dass das Kastell im 10./11. Jahrhundert genutzt wurde. Klarheit darüber können erst zukünftige Ausgrabungen geben. Das heute sichtbare Schlössli (Judengherberge) geht auf dem 16. Jahrhundert zurück.

In Wettingen nordwestlich des alten Dorfkerns liegt auf dem Wettingerfeld die Flur Altenburg. Der Namen stammt von einem abgetragenen Adelssitz "Altinburc" der 1242 vom Kloster Wettingen erworben wurde. Ursprüngliche Besitzer dieses Adelsssitzes waren die Grafen von Lenzburg und nach deren Aussterben die Herren von Liebegg, die Kyburger haben sie dann im 13. Jahrhundert übernommen. Auf der heute teilweise überbauten Flur Altenburg wurden nie Mauerreste gefunden. Die Archäologie geht davon aus, dass die Altinburc aus Holzbauten bestand und mit Palisaden befestigt wurde.

Quelle: Frey Peter: Die Burgen des Kanton Aargaus. Mittelalterliche Adelssitze. Archäologie Aargau. 2023.
 
Zur Acta Murensia.
Die Acta Murensia die heute im Staatsarchiv in Aarau aufbewahrt wird, ist nicht das Original, sondern eine Abschrift aus dem Ende des 14. Jahrhundert. Das um 1160 entstandene Original ist verschwunden. Der Schreiber der Acta Murensia ist nicht bekannt.
2012 erschien eine komplette Edition, Übersetzung und Kommentar der Acta Murensia.

Bretscher-Gisiger, Charlotte; Sieber, Christian: Acta Murensia. Die Akten des Klosters Muri mit der Genealogie der frühen Habsburger. Schwabe Veralg Basel. 2012.

Das "Testament von Bischof Werner von Strassburg wird in der Edition wiedergegeben. Das Testament soll angeblich um 1027 verfasst worden sein, entstand aber erst im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts. Werner von Strassburg erscheint in den Quellen unterschiedlich, einmal ist er der Bruder von Ita von Lothringen, der Ehefrau von Radbot, einmal ist er Bruder von Radbot. Im Testament wird Werner von Strassburg als leiblicher Bruder von Lanzelin erwähnt. (Kanzelin und Lanzelin sind die Selben).
Die Tendenz in der Forschung - Werner von Strassburg als ein (Früh) Habsburger zu sehen. Indiz dafür ist die Jahrzeitfier für den Bischof im Strassburger Münster die u.a aus Gütern dotiert wurde die an Orten mit habsburgischen Besitz liegen.



Weiterführende Ausführungen zu den frühen Habsburger findet man hier:

Nuss Philippe: Les Habsbourg en Alsace des origines à 1273. Recherches pour unt Histoire de l'Alastaia Habsburgica.
Nuss Philippe: Les Regestes des Comtes de Habsbourg en Alsace avant 1273.
 
Zuletzt bearbeitet:
In diesem Interview mit ihm wird geschrieben:


Der Familienname Altenburg als Ersatz für Habsburg bei nicht-standesgemäßen Ehen im Hause Habsburg scheint also auf diesem kleinen Eintrag in einer Klosterchronik zu beruhen, dem einzigen schriftlichen Hinweis auf diesen Namen.

Kanzelin steht so in der Chronik neben Altenburg. Ein Lanzelin wurde anderswo z.B. in einem (gefälschten?) Testament des Bischofs von Straßburg als dessen Bruder ins Spiel gebracht und gerne mit dem Kanzelin der Chronik gleichgestellt. Vor allem dann, wenn Lanzelin auch noch ein Landolt sein sollte.

Wenn der Wikipedia Artikel schreibt:

würde mich interessieren, auf welchen Quellen das beruht, denn die Archäologie hat offenbar noch nichts aus dem Frühmittelalter dort gefunden.
Die meisten Wikipedia Artikel zu diesem Thema enthalten überholte und unbewiesene Thesen.
Am besten gefällt mir dieser hier:
Darin wird Kanzelin als Lanzelin zum Count of Habsburg, Duke of Altenberg, Earl of Klettgau, Duke of Muri, Count of Sungdau. Duke? Earl? Altenberg? Sungdau? Eine Katastrophe!
Wenn du dich mit den Quellen der Frühhabsburger vertraut machen möchtest, dann solltest du dir die beiden Bücher von Philippe Nuss besorgen. Er hat die Archive im Elsass, Schweiz und Süddeutschland durchforstet und alle im Regestes aufgeführt.

Der Familienname Altenburg hat Erzherzog Clemens Salvator von Österreich-Toskana am 2. April 1930 bei der niederösterreichischen Landesregierung beantragt., diese hat die Namensänderung 1931 gestattet. Clemens Salvator erklärte nach dem ersten Weltkrieg seinen Austritt aus dem Kaiserhaus. So durfte er in Österreich leben und musste nicht wie seine Verwandten ins Exil.
 
In Wettingen nordwestlich des alten Dorfkerns liegt auf dem Wettingerfeld die Flur Altenburg. Der Namen stammt von einem abgetragenen Adelssitz "Altinburc" der 1242 vom Kloster Wettingen erworben wurde. Ursprüngliche Besitzer dieses Adelsssitzes waren die Grafen von Lenzburg und nach deren Aussterben die Herren von Liebegg, die Kyburger haben sie dann im 13. Jahrhundert übernommen. Auf der heute teilweise überbauten Flur Altenburg wurden nie Mauerreste gefunden. Die Archäologie geht davon aus, dass die Altinburc aus Holzbauten bestand und mit Palisaden befestigt wurde.
Vielen Dank für den Hinweis auf das "Altinburc" bei Wettingen. Das hatte ich noch nicht auf dem Schirm, muss aber definitiv auch berücksichtigt werden.
Die anderen drei Altenburg habe ich schon besucht, jetzt darf ich auch noch nach Wettingen. Ich fürchte vom ehemaligen Altinburc wird nicht mehr viel zu sehen sein, aber das Museum auf der Klosterhalbinsel öffnet ja demnächst wieder.:)
 
Vielen Dank für den Hinweis auf das "Altinburc" bei Wettingen. Das hatte ich noch nicht auf dem Schirm, muss aber definitiv auch berücksichtigt werden.
Die anderen drei Altenburg habe ich schon besucht, jetzt darf ich auch noch nach Wettingen. Ich fürchte vom ehemaligen Altinburc wird nicht mehr viel zu sehen sein, aber das Museum auf der Klosterhalbinsel öffnet ja demnächst wieder.:)

Von Altinburc siehst du nichts mehr, da ist alles überbaut. Es gibt da eine Altenburgstrasse und einen Kindergarten Altenburg. Das sind wohl noch die einzigen Hinweise.

Beachte einfach das es Restaurierungen im Kloster Wettingen gibt. Die Klosterkirche mit dem Habsburger-Sarkophag (hierhin wurde Albrecht I. nach seiner Ermordung 1308 gebracht und dann 1309 nach Speyer überführt. 1315 fand dann ein Habsburger-Laufenburger seine letzte Ruhe darin). kann nicht besichtigt werden, auch der Kreuzgang ist geschlossen. Das Abthaus ist zur Zeit auch nicht zugänglich.

2027 gibt es dann im Aargau das Klosterjahr. Dazu erscheinen auch weitere Publikationen zu Muri und Wettingen.

Hier schon mal ein Vorgeschmack für Muri: 1000 Jahre Kloster Muri

Und hier zu Wettingen: Neue Klostergeschichte Wettingen
 
(Kanzelin und Lanzelin sind die Selben).
Ist das jetzt gesichert? J.J. Siegrist schrieb noch 1986 in "die Acta Murensia und die Frühhabsburger":

Sohn Guntrams war der nur in der Acta erwähnte "Kanzelinus, comes de Altenburg". Die Schreibung im überlieferten Text der Acta ist zweimal eindeutig "Kanzelin" und nicht "Lanzelin". Ob es sich um einen Verschrieb des Kopisten gehandelt hat, ist nicht zu ergründen.
sowie
Die anscheinend von Tschudi ins Leben gerufenen Gleichsetzung Kanzelin/Lanzelin/Landolt wurde unbesehen von allen späteren Genealogen übernommen.
Das deute ich als Kritik an der bisherigen Gleichsetzung von Kanzelin und Lanzelin.

Die Genealogie der Frühhabsburger ist für mich ein uferloses Gewässer, nehme aber neue Erkenntnisse gerne entgegen.
 
Ist das jetzt gesichert? J.J. Siegrist schrieb noch 1986 in "die Acta Murensia und die Frühhabsburger":


sowie

Das deute ich als Kritik an der bisherigen Gleichsetzung von Kanzelin und Lanzelin.

Die Genealogie der Frühhabsburger ist für mich ein uferloses Gewässer, nehme aber neue Erkenntnisse gerne entgegen.

Bretscher-Gisiger, Charlotte; Sieber, Christian: Acta Murensia. Die Akten des Klosters Muri mit der Genealogie der frühen Habsburger. Schwabe Veralg Basel. 2012.

Im Sachkommentar der Edition steht, Lanzelin (Frühhabsburger) angeblich Graf von Altenburg, ausserhalb der Acta Murenisa nur im Testament von Bischof Werner von Strassburg von (angeblich) 1027 als dessen leiblicher Bruder (germanus frater Lancelinus bezeugt = Kanzelinus ist zweifelslos ein Abschreibfehler (wurde trotzdem von Siegrist und Meier (Das Kloster Muri) beibehalten).
Peter Frey schreibt in seinem Burgenbuch auch Kanzelin, ebenso das HLS.

Auch Philippe Nuss schreibt in seinem Werk "Les Habsbourg en Alsace des origines à 1273. Recherches pour unt Histoire de l'Alastaia Habsburgica." 2002. von Lanzelin. Er gilt als bester Kenner der Frühhabsburger.

Peter Niederhäuser schreibt ebenfalls von Lanzelin. Siehe in Niederhäuser Peter: Ungewisse Ursprünge. Die frühen Habsburger und das Kloster Muri. In Die Habsburger Aufstieg einer Dynastie im Mittelalter. Hrsg. Schubert Alexander, Stiftung Historisches Museum Pfalz. Seite. 70 -71. 2023.

976 taucht in den Urkunden ein Landoltus comes als Graf im Thurgau auf
991 taucht in den Annalen des Klosters Einsiedeln ein verstorbener Landold comes auf.
Beide können nicht mit dem Frühhabsburger Lanzelin Identifiziert werden.
Quelle: Acta Murensia Edition S. 147
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch Philippe Nuss schreibt in seinem Werk "Les Habsbourg en Alsace des origines à 1273. Recherches pour unt Histoire de l'Alastaia Habsburgica." 2002. von Lanzelin. Er gilt als bester Kenner der Frühhabsburger.
Philippe Nuss scheint übrigens Altenburg im Klettgau zu bevorzugen (Index in Les regestes des comtes de Habsbourg en Alsace avant 1273), auch wenn er demjenigen im Aargau eine Chance gibt:
Altenburg, loc. dans le Klettgau, D - BW (ou en Argovie, CH - AG?)

Eigentlich wurde Altenburg im Klettgau in den Zusammenhang gebracht, weil zeitgleich mit dem Filius von Kanzelin, dem Radbot, auch ein Graf Radbot im Klettgau urkundlich erwähnt ist.
Nuss meint dazu aber, es gäbe keinerlei stützende Beweise für die These, es handle sich hierbei um dieselbe Person.
Un dénommé Radbot apparaît comme comte en Klettgau: le bien légué par le souverain est situé dans le Klettgau (situm in pago Chlegeuwe), dans le comté de Radbot (in comitatu vero Radebotonis comitis).
S'agit-il du Proto-Habsbourg Radbot, fils de Lanzelin? L'historiographie répond, dans son écrasante majorité par l'affirmative à la question; aucun élément ne permet toutefois de prouver cette prise de position.
 
Einen 100% Beweis gibt es nicht, da die Quellenlage ja sehr schlecht ist, darüber habe ich mit Nuss schon diskutiert.

Es wird wohl ein Mysterium bleiben.
 
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