Geschichtswissenschaft bloß Literaturwissenschaft?

Die maritime und wirtschaftliche Expansion ist nicht in literarischen Quellen festgehalten?
Zählen die Aufzeichnungen der Sklaventransporte von Afrika nach den Amerika als literarische Quelle?
Oder die Wechselkurse zu Zeiten des Kaiserreichs im Berliner Handels und Tageblatt?

Was sind "literarische Quellen"? Alles was irgendwie aufgeschrieben wurde?
(Keine rhetorische Frage)
 
@dekumatland Mon dieu. Könnest Du einmal beim Thema bleiben?

Zum Thema: Der Unterschied zwischen Literaten und Geschichtswissenschaftlern besteht in unterschiedlichen Karrierewegen und in einer anderen Art, sich zu gesellschaftlichen Themen zu positionieren. Der Historiker ist insofern Literaturproduzent, als er eine bestimmte Zahl an Publikationen vorweisen muss, um Karriere zu machen. Das führt dann zu den diversen Sammelbandsbeiträgen, Aufsätze und Artikeln, die selbst in der Fachwelt kaum jemand liest, weil sie selten etwas Neues bringen. Die Sprache spielt beim Historiker eine andere Rolle (Fachsprache).

Ein Literat ist hingegen in erster Linie ein Schriftsteller, Dichter oder Autor, der sich mit der Schaffung, Interpretation und Vermittlung von literarischen Werken beschäftigt. Er muss sich nicht gegenüber staatlich subventionenierten Strukturen, sondern gegenüber seinen Lesern und seinem Verleger und der eigenen Sprache rechtfertigen. Sein Fokus liegt auf kreativen Ausdrucksformen, Sprache, Ästhetik und oft auch auf persönlichen oder fiktionalen Geschichten. Literaten können Romane, Gedichte, Theaterstücke oder Essays verfassen und sind häufig im Bereich der Literatur und Kunst tätig.

Ein Historiker hingegen ist ein Wissenschaftler, der sich systematisch mit der Erforschung und Analyse vergangener Ereignisse, Entwicklungen und Zusammenhänge beschäftigt. Er arbeitet mit Quellen wie Dokumenten, Archiven, Artefakten und anderen Beweisen, um ein möglichst objektives Verständnis der Geschichte zu gewinnen. Sein Ziel sollte es sein, historische Zusammenhänge zu erklären, zu interpretieren und verständlich darzustellen, oft im Rahmen von Forschung, Lehre oder Publikationen. Der Literat muss gegenüber dem Publikum bestehen, der Historiker gegenüber der Fachwelt. Diese wird überwiegend aus staatlichen Quellen finanziert.

Da die meisten historischen Themen für die breite Öffentlichkeit uninteressant sind, leidet der Historiker, was dazu führt, dass er sich an den Zeitgeist anbiedern zu müssen glaubt. Typisch dafür sind Publikationen in Wissenschaftsverlagen mit sehr engem Leserkreis. Der Geschichtswissenschaftler ist, um es übertrieben auszudrücken, ein Lieferant für die Fachwelt.

Der moderne Historiker verzichtet zunehmend auf das breite Erzählen und tiefgreifende Erklären. Er beschränkt sich auf das Analysieren, was das Sujet für Außenstehende zunehmend uninteressant macht. Der Literat setzt sich mit Sprache als verdichteter Form der Wirklichkeitsauseinandersetzung auseinander, der Historiker betrachtet sprache als Mittel zum Zweck. Wissenschaftliche Werke aus Historikerhand sind selten sprachästhetisch hochstehende Kunstwerke. Historiker leben weit mehr im Elfenbeinturm als Literaten, während Schriftsteller vielfach an zu viel Phantasie und Einbildungsgabe leiden. Das ist aber nicht als Kritik zu verstehen. Was den Historiker kennzeichnet, ist der Umstand, dass er bezüglich des Zeitgeschehens um gefühlte 25 Jahre hinterherhinkt, während Literaten sehr oft Stellung zu extrem aktuellen Themen beziehen. Insoweit sind beide Gruppen unterschiedliche Spezies.

Es gibt natürlich immer positive Gegenbeispiele. Der Literat bzw. der Historiker, der sich selbst finanziert, ist selten geworden, weil das Bildungsbürgertum als gesellschaftlich tragende Kraft so nicht mehr existiert. Das vereint beide Gruppen. Unabhängiges Urteil? Kein Regelfall. Politiker und Medienschaffende benutzen Historiker und Literaten zur Selbstlegitimation. Das wird auch weiterhin so bleiben. Die Unabhängigkeit der Geschichtswissenschaft gibt es nicht. Dazu sind die Machtstrukturen zu eindeutig.
 
Zum Thema: Der Unterschied zwischen Literaten und Geschichtswissenschaftlern besteht in unterschiedlichen Karrierewegen und in einer anderen Art, sich zu gesellschaftlichen Themen zu positionieren. Der Historiker ist insofern Literaturproduzent, als er eine bestimmte Zahl an Publikationen vorweisen muss, um Karriere zu machen. Das führt dann zu den diversen Sammelbandsbeiträgen, Aufsätze und Artikeln, die selbst in der Fachwelt kaum jemand liest, weil sie selten etwas Neues bringen. Die Sprache spielt beim Historiker eine andere Rolle (Fachsprache).

Ein Literat ist hingegen in erster Linie ein Schriftsteller, Dichter oder Autor, der sich mit der Schaffung, Interpretation und Vermittlung von literarischen Werken beschäftigt. Er muss sich nicht gegenüber staatlich subventionenierten Strukturen, sondern gegenüber seinen Lesern und seinem Verleger und der eigenen Sprache rechtfertigen. Sein Fokus liegt auf kreativen Ausdrucksformen, Sprache, Ästhetik und oft auch auf persönlichen oder fiktionalen Geschichten. Literaten können Romane, Gedichte, Theaterstücke oder Essays verfassen und sind häufig im Bereich der Literatur und Kunst tätig.

Ein Historiker hingegen ist ein Wissenschaftler, der sich systematisch mit der Erforschung und Analyse vergangener Ereignisse, Entwicklungen und Zusammenhänge beschäftigt. Er arbeitet mit Quellen wie Dokumenten, Archiven, Artefakten und anderen Beweisen, um ein möglichst objektives Verständnis der Geschichte zu gewinnen. Sein Ziel sollte es sein, historische Zusammenhänge zu erklären, zu interpretieren und verständlich darzustellen, oft im Rahmen von Forschung, Lehre oder Publikationen. Der Literat muss gegenüber dem Publikum bestehen, der Historiker gegenüber der Fachwelt. Diese wird überwiegend aus staatlichen Quellen finanziert.
Man kann in diesem Abschnitt sicherlich über vieles streiten und manches als zu steile These ansehen, aber was du hier schreibst geht an der Fragestellung von Honigbiene weit vorbei. Und da du vorige Tage noch de Saussure paraphrasiert hast, dich also mit Semiotik auszukennen scheinst, hielt ich dich für eine (angehende) Philologin. Umso mehr wundert mich jetzt, dass du eine unnötige Opposition aufmachst zwischen Literaten (also Autoren von schöngeistiger oder fiktionaler Literatur) und Historikern - denn darum geht es ja eben nicht. Die Frage von Honigbiene war ausdrücklich die, ob Historiker nicht bloß Literaturwissenschaftler - also Philologen - seien (wobei Philologie freilich mehr umfasst als nur Literaturwissenschaft).
 
@dekumatland Mon dieu. Könnest Du einmal beim Thema bleiben?
...möglicherweise ist es dir entgangen: ich habe mich in meinen Beiträgen - ausgenommen #8 - einzig auf deine mit polemischer Rhetorik gespickten Ausführungen bezogen ;) sollte sich das um Abschweifen vom Fadenthema handeln, kannst du unschwer die Ursache dafür ermitteln :D
...polemische Rhetorik? oh ja:
Da die meisten historischen Themen für die breite Öffentlichkeit uninteressant sind, leidet der Historiker, was dazu führt, dass er sich an den Zeitgeist anbiedern zu müssen glaubt.
so also stellt es sich deiner Ansicht nach dar...
Entgangen sind dir nach wie vor die Rückfragen (#50, #59, #60), stattdessen wurden mir die Belehrungen über das Historikerleiden zuteil - ich lasse sie unkommentiert, denn:
Die Frage von Honigbiene war ausdrücklich die, ob Historiker nicht bloß Literaturwissenschaftler - also Philologen - seien
 
Was sind "literarische Quellen"? Alles was irgendwie aufgeschrieben wurde?
(Keine rhetorische Frage)
Wir unterscheiden ja zwischen Dokumenten (Überrestquellen) und Monumenten (Traditionsquellen).
Die Traditionsquelle per se ist die Historiographie, also i.d.R. schriftlich festgehalten (aber nicht notwendigerweise, wie z.B. die Winter Counts). Historiographie, mit der wir mehrheitlich in Berührung kommen sind also Texte, die wir von fiktionalen Texten dadurch trennen, dass wir davon ausgehen können, dass sie die historische Wirklichkeit wiedergeben. (Lügen und Verdrehungen oder Erfindungen der Autoren ändern daran nichts, also etwa wenn Arnolf von Harff in Ägypten laut eigener Aussage nach Süden abbiegt und seine Phantasie ihm durchgeht oder die Merowinger beim Pseudo-Fredegar als vom Seeungeheuer Quinotaurus abstammen oder die Franken aus Troja kommen). Aber auch Literatur kann natürlich die historische Realität abbilden (und damit ist nicht die Literaturgattung Historischer Roman gemeint). Natürlich ist aber auch eine stark formalisierte Inschrift oder Münzlegende (wobei man hier Text und Bild zusammensehen sollte) eine Traditionsquelle.
Traditionsquellen sind aber nicht zwingend schriftlich. Der Augustus von prima porta ist natürlich auch ein Monument (also eine Traditionsquelle):

Aber auch Überrestquellen können literarisch sein. Der Artikel für die Tageszeitung ist im Normalfall nicht dazu gedacht, die Zeiten zu überdauern.
(Zeitungen wurden nicht umsonst bzw. werden noch, wenn auch deutlich weniger als früher, auf billigem Industriepapier gedruckt: Leg mal eine Tageszeitungen für sechs Wochen auf eine Fensterbank, daneben ein hochwertigeres Papier und stell vielleicht noch etwas auf beide Papiere, was aber nur einen Teil von ihnen verdeckt und schau dir den Unterschied er photochemischen Reaktionen nach ein paar Wochen an.)
Ebenso werden Tagebücher und Briefe als Überrestquellen gewertet. Es sei denn, sie wurden mit dem Ziel geschaffen, veröffentlicht zu werden (Ciceros Briefe an Atticus, die zwar im Gewand des Privatbriefs daherkamen, aber natürlich eine stadtrömische Wirkung erzielen sollten, liegen im Grenzbereich, Goebbels Tagebücher, immer wieder überarbeitet und redigiert, auf Glasplatte gebannt sind natürlich eine Traditionsquelle, denn Goebbels schuf sie nicht für sich, sondern für die Nachwelt! Und auch wenn heute weitaus mehr Menschen die Tagebücher von Anne Frank als die von Joseph Goebbels - man sehe mir nach, dass ich beide in einem Atemzug nenne - kennen: Anne Franks Tagebuch ist eine echte Überrestquelle, es war intim, nur für sie selbst bestimmt (auch wenn Anne davon träumte Schirftstellerin zu werden)).
Also sowohl Traditions- als auch Überrestquellen können literarisch sein, müssen es aber nicht.


Nun war deine Frage nicht die nach Dokumenten und Monumenten, sondern ob jede schriftliche Quelle literarisch sei: Nein! Ein Notizzettel, eine Rechnung, eine Randnotiz, die meisten Archivalien, Befehle und Anweisungen sind schriftliche Dokumente, aber nicht literarisch. Und auch die oben erwähnten Inschriften oder Münzlegenden sind nicht literarisch. Die Trennung zwischen literarisch und nichtliterarisch liegt also weder darin, ob sie schriftlich sind oder nicht, noch darin, ob es sich um Dokumente oder Monumente handelt, sondern darin, ob die Quelle einen erzählerischen Gehalt hat.

Generell kann man sagen, dass man literarische Quellen eher im Bereich der Traditionsquelle (Monument) suchen würde, aber
  • Narratio in einer Urkunde (Überrestquelle, literarisch)
  • Münzlegende (Traditionsquelle, nichtliterarisch)

Nun mag jemand sagen: Halt Stopp, lieber El Quijote, gerade du, der immer wieder auf Etymologie rekurriert, weiß nicht, dass literarisch von littera kommt? Dem würde ich antworten richtig: Für die ollen Lateiner war literatura alles was mit Schift, Bildung, Schreibung zu tun hatte. Aber die Etymologie befasst sich auch mit semantischen Verschiebungen, Erweiterungen oder Reduktionen (also Bedeutungserweiterungen, Bedeutungsreduktionen, Bedeutungsverschiebungen).
 
@dekumatland Dein Kommentar ist nicht hilfreich. Wenn Du anderer Meinung bist, dann suche Dir die zentralen Aussagen Deines Gegenüber heraus und nicht irgendwelche Randbemerkungen, die für das Thema eigentlich unwichtig sind. Das wird sonst uferlos. Ich würde dafür plädieren, sich wieder mit dem Thema "Geschichtswissenschaft=Literaturwissenschaft?" zu befassen.
 
@El Quijote Verzeihung, die Frage ging in den vorherigen Diskussionen leider etwas unter. Ich würde die Distanz zwischen Philologen und Schriftstellern historisch betrachtet nicht gar so eng sehen. Viele Humanisten waren z.B. Schriftsteller und Philologen zugleich. Ein Historiker beschäftigt sich hauptsächlich mit der Erforschung von Quellen und der Interpretation vergangener Ereignisse, Epochen und Entwicklungen, während ein Literaturwissenschaftler sich auf die Analyse, Interpretation und Theorie von literarischen Texten konzentriert. Beide eint der Umgang mit dem Text.
Während der Historiker historische Quellen und Dokumente nutzt, um die Vergangenheit besser zu verstehen, arbeitet der Literaturwissenschaftler mit Texten, sprachlichen Strukturen und literarischen Formen. Zudem liegt der Fokus des Historikers auf Fakten und Begebenheiten, während der Literaturwissenschaftler eher die ästhetischen, stilistischen und thematischen Aspekte von Literatur untersucht. Es gibt gemeinsame philologische Schnittmengen, aber auch deutliche Unterschiede.
 
@dekumatland Dein Kommentar ist nicht hilfreich. Wenn Du anderer Meinung bist, dann suche Dir die zentralen Aussagen Deines Gegenüber heraus und nicht irgendwelche Randbemerkungen, die für das Thema eigentlich unwichtig sind. Das wird sonst uferlos. Ich würde dafür plädieren, sich wieder mit dem Thema "Geschichtswissenschaft=Literaturwissenschaft?" zu befassen.
Potztausend, was ist denn das??? Muss ich nun, deinen (!) Worten folgend, deine (!) polemischen Großspurigkeiten (z.B. saubere Wissenschaft Blabla staatsfinanziert etc) als Randbemerkungen abtun? ...und warum spickst du deine umfangreichen Darlegungen mit solchen "Randbemerkungen", wenn sie nun auf einmal irrelevant sein sollen?
Ein sonderbares Diskussionsverhalten...

Viele Humanisten waren z.B. Schriftsteller und Philologen zugleich
...das ist schon recht lange her, und die Humanisten verfügten noch nicht über das philologische Instrumentarium, welches dem Mediävisten & Schriftsteller Tolkien zur Verfügung stand. Insofern sind die Humanisten kein günstiges Beispiel.
Das philologische Instrumentarium wird von allerlei Disziplinen genutzt*), allerdings ist der Schluß, dass alle Disziplinen, die u.a. auch dieses Instrumentarium verwenden, primär oder hauptsächlich Literaturwissenschaft seien, nicht ganz zutreffend. Wie du in #88 schreibst:
Während der Historiker historische Quellen und Dokumente nutzt, um die Vergangenheit besser zu verstehen, arbeitet der Literaturwissenschaftler mit Texten, sprachlichen Strukturen und literarischen Formen. Zudem liegt der Fokus des Historikers auf Fakten und Begebenheiten, während der Literaturwissenschaftler eher die ästhetischen, stilistischen und thematischen Aspekte von Literatur untersucht. Es gibt gemeinsame philologische Schnittmengen, aber auch deutliche Unterschiede.
da stimme ich zu.

______
*) es kämen noch Disziplinen wie Philosophie, Rhetorik, sogar Musikwissenschaft und Kunsthistorik hinzu, die Liste lässt sich noch erweitern
 
@dekumatland Dein Kommentar ist nicht hilfreich. Wenn Du anderer Meinung bist, dann suche Dir die zentralen Aussagen Deines Gegenüber heraus und nicht irgendwelche Randbemerkungen, die für das Thema eigentlich unwichtig sind. Das wird sonst uferlos. Ich würde dafür plädieren, sich wieder mit dem Thema "Geschichtswissenschaft=Literaturwissenschaft?" zu befassen.
Aber die Masse der Randbemerkungen kommt doch von dir!
Du kannst ja wohl nicht erwarten, das hierauf keine Reaktion erfolgt.
Wenn deine Randbemerkungen für das Thema unwichtig sind, warum, bitte, bringst du sie dann an?
 
@dekumatland Mon dieu. Könnest Du einmal beim Thema bleiben?

Zum Thema: Der Unterschied zwischen Literaten und Geschichtswissenschaftlern besteht in unterschiedlichen Karrierewegen und in einer anderen Art, sich zu gesellschaftlichen Themen zu positionieren. Der Historiker ist insofern Literaturproduzent, als er eine bestimmte Zahl an Publikationen vorweisen muss, um Karriere zu machen. Das führt dann zu den diversen Sammelbandsbeiträgen, Aufsätze und Artikeln, die selbst in der Fachwelt kaum jemand liest, weil sie selten etwas Neues bringen. Die Sprache spielt beim Historiker eine andere Rolle (Fachsprache).

Ein Literat ist hingegen in erster Linie ein Schriftsteller, Dichter oder Autor, der sich mit der Schaffung, Interpretation und Vermittlung von literarischen Werken beschäftigt. Er muss sich nicht gegenüber staatlich subventionenierten Strukturen, sondern gegenüber seinen Lesern und seinem Verleger und der eigenen Sprache rechtfertigen. Sein Fokus liegt auf kreativen Ausdrucksformen, Sprache, Ästhetik und oft auch auf persönlichen oder fiktionalen Geschichten. Literaten können Romane, Gedichte, Theaterstücke oder Essays verfassen und sind häufig im Bereich der Literatur und Kunst tätig.

Ein Historiker hingegen ist ein Wissenschaftler, der sich systematisch mit der Erforschung und Analyse vergangener Ereignisse, Entwicklungen und Zusammenhänge beschäftigt. Er arbeitet mit Quellen wie Dokumenten, Archiven, Artefakten und anderen Beweisen, um ein möglichst objektives Verständnis der Geschichte zu gewinnen. Sein Ziel sollte es sein, historische Zusammenhänge zu erklären, zu interpretieren und verständlich darzustellen, oft im Rahmen von Forschung, Lehre oder Publikationen. Der Literat muss gegenüber dem Publikum bestehen, der Historiker gegenüber der Fachwelt. Diese wird überwiegend aus staatlichen Quellen finanziert.

Da die meisten historischen Themen für die breite Öffentlichkeit uninteressant sind, leidet der Historiker, was dazu führt, dass er sich an den Zeitgeist anbiedern zu müssen glaubt. Typisch dafür sind Publikationen in Wissenschaftsverlagen mit sehr engem Leserkreis. Der Geschichtswissenschaftler ist, um es übertrieben auszudrücken, ein Lieferant für die Fachwelt.

Der moderne Historiker verzichtet zunehmend auf das breite Erzählen und tiefgreifende Erklären. Er beschränkt sich auf das Analysieren, was das Sujet für Außenstehende zunehmend uninteressant macht. Der Literat setzt sich mit Sprache als verdichteter Form der Wirklichkeitsauseinandersetzung auseinander, der Historiker betrachtet sprache als Mittel zum Zweck. Wissenschaftliche Werke aus Historikerhand sind selten sprachästhetisch hochstehende Kunstwerke. Historiker leben weit mehr im Elfenbeinturm als Literaten, während Schriftsteller vielfach an zu viel Phantasie und Einbildungsgabe leiden. Das ist aber nicht als Kritik zu verstehen. Was den Historiker kennzeichnet, ist der Umstand, dass er bezüglich des Zeitgeschehens um gefühlte 25 Jahre hinterherhinkt, während Literaten sehr oft Stellung zu extrem aktuellen Themen beziehen. Insoweit sind beide Gruppen unterschiedliche Spezies.

Es gibt natürlich immer positive Gegenbeispiele. Der Literat bzw. der Historiker, der sich selbst finanziert, ist selten geworden, weil das Bildungsbürgertum als gesellschaftlich tragende Kraft so nicht mehr existiert. Das vereint beide Gruppen. Unabhängiges Urteil? Kein Regelfall. Politiker und Medienschaffende benutzen Historiker und Literaten zur Selbstlegitimation. Das wird auch weiterhin so bleiben. Die Unabhängigkeit der Geschichtswissenschaft gibt es nicht. Dazu sind die Machtstrukturen zu eindeutig.
Es ist richtig, dass Historiker*innen und Literat*innen zwei unterschiedliche Berufe sind, beide haben auch unterschiedliche Publikationsformen. Allerdings erscheint mir deine Gegenüberstellung sehr schemenhaft, du benutzt Stereotype und vereinfachst es sehr stark. Die Literat*innen werden durch dich auf kreative, ästhetische und publikumsnahe Autor*innen reduziert, die unabhängig vom Staat agieren. In der Realität sieht das viel komplexer aus, denn auch Literat*innen sind häufig auf Förderungen, Stipendien oder Preise angewiesen und sie bewegen sich ebenfalls in institutionellen Kontexten, wie Universitäten, Stiftungen oder Literaturhäusern.

Die Historiker*innen werden bei dir als Lieferant*innen für die Fachwelt und Bewohner*innen des Elfenbeinturms dargestellt. Dabei ignorierst du die grosse Bandbreite an Vermittlungsformaten, die in den letzten Jahren entstanden sind, wie populärwissenschaftliche Bücher, Podcasts, Ausstellungen, öffentliche Vorträge und digitale Projekte – damit erreichen Historiker*innen ein breites Publikum. Hinzu kommt, dass die Geschichtswissenschaft heute oft interdisziplinär arbeitet und sich Methoden sowie Fragestellungen aus anderen Disziplinen wie Literaturwissenschaft, Soziologie oder Gender Studies aneignet. Das erweitert die Perspektiven und macht die Forschung anschlussfähig für verschiedene gesellschaftliche Debatten.

Zur Sprache: Viele Historiker*innen bemühen sich heute bewusst um eine verständliche, ansprechende Sprache und wenden sich, wie oben schon erwähnt, mit ihren Arbeiten explizit auch an eine breitere Öffentlichkeit. Deine Vorstellung vom Elfenbeinturm trifft daher nur noch auf einen kleinen Teil der Forschenden zu. Darüber hinaus übernehmen Historiker*innen heute verstärkt gesellschaftliche Verantwortung, etwa durch die Einordnung aktueller Entwicklungen, die Beteiligung an öffentlichen Debatten oder die Vermittlung von Erinnerungskultur.
Auch die Behauptung, dass wissenschaftliche Publikationen selten etwas Neues bringen und kaum gelesen werden, halte ich für zu pauschal. Natürlich gibt es viele spezialisierte Beiträge, aber gerade die Vielfalt und Tiefe der Forschung ist eine Stärke des Faches. Wissenschaft lebt vom Diskurs, und neue Erkenntnisse entstehen oft im Detail und im Austausch mit Kollegen und Kolleginnen. Die wissenschaftliche Sprache dient dabei nicht der Abschottung, sondern der Präzision und Nachvollziehbarkeit – auch wenn wir Historiker*innen uns immer wieder fragen müssen, wie wir komplexe Inhalte möglichst zugänglich vermitteln können.

Deine Aussage, Historiker*innen strebten „ein möglichst objektives Verständnis“ an, ist zwar ein klassisches Selbstbild, wird aber in der aktuellen Geschichtswissenschaft kritisch reflektiert. Objektivität gilt heute als Ideal, das durch Quellenkritik, Multiperspektivität und Reflexion eigener Positionen angestrebt, aber nie vollständig erreicht wird. Ausserdem sind sowohl die Literatur- als auch die Geschichtswissenschaft heute von einer grösseren Diversität an Stimmen geprägt – etwa durch die stärkere Präsenz von Frauen, internationalen Perspektiven und marginalisierten Gruppen.

Abschliessend möchte ich betonen, dass die Grenzen zwischen Literatur und Geschichtswissenschaft heute durchlässiger sind als früher. Viele Historiker*innen schreiben erzählerisch, viele Literat*innen greifen historische Themen auf. Beide Gruppen tragen auf ihre Weise zur gesellschaftlichen Selbstverständigung bei – und beide stehen vor ähnlichen Herausforderungen: Wie erreiche ich mein Publikum? Wie bleibe ich relevant? Wie finanziere ich meine Arbeit? Insgesamt ist es wichtig, die Vielfalt innerhalb beider Felder anzuerkennen und die Chancen zu sehen, die im Austausch zwischen Literatur und Geschichtswissenschaft liegen. Beide Disziplinen profitieren davon, wenn sie ihre jeweiligen Stärken einbringen und gemeinsam gesellschaftliche Fragen reflektieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
@dekumatland Warum ich das tue? Weil es eine Untugend ist, Satzschnipsel anderen zu präsentieren, sie aufzufordern, dazu Stellung zu nehmen, um ihnen nachher festzustellen, dass sie sich nicht zum Thema äußern. Kehre doch einfach zum Thema zurück.

@ursi Die WBG ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie sich die Öffentlichkeit für einen bestimmten Themenkatalog interessiert. Gar nicht. Das deutsche Kulturleben ist in vielen Teilen nicht mehr konkurrenzfähig. Das ist nicht meine Meinung, sondern wird im Ausland ganz offen so ausgesprochen. Wer sieht sich einen deutschen Film an? Langweilig. Immer dasselbe. Wer liest ein Buch über deutsche Geschichte? Höchstens wenn es ein Brite schreibt.
Die Gründe liegen in einer jahrzehntelangen Bevormundung und in dem Hang, Verantwortung zu bestimmten Themen zu zeigen, indem man zu keinem Ergebnis kommt. Den Kirchen rennen die Leute weg, den altetablierten Parteien, den Gewerkschaften, den Verlagen, den klassischen Medien, ja auch die Geisteswissenschaftan haben ihre lieben Nöte. Warum? Weil die Themen nicht mehr interessant sind. Und weil die harte Diskussion bzw. die unangenehme Provokation nicht erwünscht ist. Gottesfunktionäre, Geschichtsfunktionäre, Arbeitsfunktionäre und Politfunktionäre sind an die Stelle von Persönlichkeiten getreten. Sie verteidigen ideelle Besitzstände und merken nicht, dass sie nicht zeitgemäß sind. Streicht das *innen, legt das Strickzeug beiseite, dann findet Ihr gleich mehr Leser.

Die meisten Historiker schaffen es nicht, von einem breiteren Kreis gelesen zu werden. Das liegt auch an exotischen Interessenfeldern Paläographie, Diplomatik, Zeitrechnung und Sphragistik und Numismatik sind weniger gefragt als die Beschäftigung mit Erzähltechniken, Erzähltheorie, Film, Linguistik und sprachlicher Zeichentheorie - Überschneidungen gibt es natürlich auch hier.
 
Was bitte hat das jetzt wieder mit diesem Threadthema zu tun?
Der Titel ist : " Geschichtswissenschaft bloß Literaturwissenschaft?"

Du gehst hier doch häufig vom Thema ab.
 
Die meisten Historiker schaffen es nicht, von einem breiteren Kreis gelesen zu werden. Das liegt auch an exotischen Interessenfeldern(...)
na, da haben die ja was mit Keltologen, Latinisten, Musikwissenschaftlern (nur drei Beispiele mögen genügen) gemeinsam...

Wer sieht sich einen deutschen Film an? Langweilig. Immer dasselbe.
...und boomen stattdessen portugiesische oder polnische Filme?

...rätselhaft bleibt freilich, was die Cineastik mit dem Thema zu tun hat...
 
@dekumatland Das Thema "Film" gehört selbstverständlich zu den Literatur- und Sprachwissenschaften. Filme funktionieren wie ERZÄHLUNGEN. Der Film kennt genauso die allwissende, auktoriale, personale, neutrale und die Ich-Perspektive, die gedehnte Zeit und die geraffte Zeit. Das Wort wird lediglich durch das Bild ersetzt. Solche Dinge interessieren Historiker nicht, es sei denn sie studieren z.B. Propagandafilme.

Die Verantwortung liegt darin, dass man Meinungen nicht in falsche und korrekte Ansichten unterteilt, sondern zunächst einmal analysiert, was Menschen zu bestimmten Meinungen bewegt. Diskussionen sollten grundsätzlich die Intention haben, zu einem Ergebnis führen. Die Attitüde der Belehrung bei gleichzeitig minimaler Reformbereitschaft tut unserer Demokratie nicht gut. Genau aus diesem Grund darf man Medienschaffende, Schriftsteller, Literatur- und Geisteswissenschaftler, auch mal kritisch sehen.

Die Einbettung der Geschichts- und Literaturwissenschaften in soziale Milieus hat sich im Laufe der Zeit deutlich verändert. Die Geisteswissenschaften, insbesondere Geschichte und Literatur, waren früher stark in den bürgerlichen, akademischen Eliten verankert. Sie waren oft Teil eines elitären Bildungs- und Wissenschaftsbürgertums, das sich vor allem an wohlhabenden, gebildeten Schichten orientierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Wissenschaft noch stark in nationale akademische Traditionen eingebettet, mit einer starken Orientierung an Nationalgeschichte und kultureller Identität. Akademische Eliten, konservative Intellektuelle, und eine breitere Mittelschicht, die Zugang zu Hochschulbildung hatte, bildeten die Basis. Heutzutage sind die Geisteswissenschaften viel stärker in breiten gesellschaftlichen und kulturellen Milieus verankert. Sie sind weniger auf Eliten beschränkt und werden zunehmend in interdisziplinären, öffentlichen Diskursen sichtbar, z.B. in Medien, Bildungspolitik und populären Kulturformaten. Das macht sie aber nicht medienwirksamer und interessanter. Es gibt eine stärkere Orientierung auf Diversität, Interdisziplinarität und gesellschaftliche Relevanz. Heutige Geisteswissenschaften sind stärker durch Globalisierung, Digitalisierung und Partizipation geprägt. Die Disziplinen sprechen heute sowohl akademische Eliten als auch breitere Öffentlichkeit an, inklusive digitaler Communities, kultureller Bewegungen und zivilgesellschaftlicher Initiativen. Warum verflacht der geisteswissenschaftliche Betrieb? Ursachen sind Kürzungen in der öffentlichen Förderung, der Druck auf WissenschaftlerInnen, sich auf praktisch verwertbare Ergebnisse zu konzentrieren. Der Fokus auf quantifizierbare Methoden und interdisziplinäre Ansätze kann z.B. dazu führen, dass traditionelle, interpretative Methoden in den Hintergrund treten. Die Digitalisierung verändert die Zugänglichkeit und Präsentation von Wissen, was zu einer stärkeren Flachheit und Vereinfachung führen kann. Zunehmender Veränderungsdruck durch gesellschaftliche Erwartungen, z.B. auf Innovation, Wirtschaftlichkeit und schnelle Ergebnisse, führt zu einer „Verflachung“ der wissenschaftlichen Beschäftigung. Statt des bürgerlichen Elfenbeinturms steht nun der Elfenbeinturm des akademischen Funktionärs bzw. des geisteswissenschaftlichen ich-AGlers, der gesellschaftliche Erwartungen erfüllen muss, die er eigentlich nicht erfüllen kann. Denn Wissenschaft wird aus inhärenten Gründen nie weite Teile der Gesellschaft ansprechen können.

Was ich eigentlich zum Ausdruck bringen wollte, ist die Tatsache, dass auch Literatur- und Geschichtswissenschaften historische Erscheinungen sind. Sie sind keine überzeitlichen Kategorien. Jede Zeit sieht sie anders. Wenn ich mich daran abarbeite, dass sich Vertreter eines Wissenschaftsfaches aus meiner Sicht zu positiv sehen, darf Euch meine Sicht der Dinge stören. Das ist euer gutes Recht. Mein gutes Recht ist es, nicht an die totale Objektivität eines Faches glauben. Dass Historiker mit Instrumentarien umgehen, die sie zu weitgehend gesicherten und objektiven Urteilen befähigen, streite ich nicht ab. Nur sollte man mit dem Selbstlob sparsam umgehen - aus Eigeninteresse.

Selbstverständlich gibt es zwischen Literaturwissenschaftlern und Geisteswissenschaften beträchtliche Unterschiede. Im Endeffekt stecken dahinter aber MENSCHEN und TEXTPRODUZENTEN, die in einer bestimmten ZEIT leben und eben wie @El Quijote andeutete in ihrem Urteil ZEITGEBUNDEN sind. Man kann sich an ein objektives Urteil annähern, erreichen wird man es nie, da die Perspektive, die man einnimmt, immer subjektiv sein wird. Ein Film kann in dem Sinn auch nicht "objektiv" sein oder die wirkliche "Realität" abbilden, da er die Sicht des Regisseurs widerspiegelt. Ähnlich ist es bei Historikern. Eine Biographie über Julius Caesar bleibt eine subjektive Erzählung, selbst wenn sie noch so wissenschaftlich geschrieben ist. Ich würde so etwas als Fachliteratur mit erzählender Tendenz bezeichnen (Editionswerke historischer Inschriften würde ich nur mit Bauchschmerzen als "Literatur" ansehen, auch wenn sie das vermutlich sind. Das wäre dann ein Grenzfall). Historiker erzählen in dem Sinne, dass sie vergangene Ereignisse rekonstruieren und verständlich machen, allerdings innerhalb der Grenzen ihrer Quellen und Methoden. Literaturwissenschaftler erzählen, indem sie Bedeutungen und Zusammenhänge in Texten interpretieren, was oftmals mehr Raum für subjektive Deutungen bietet. Beide tragen so zur Kultur- und Geschichtserkenntnis bei, unterscheiden sich aber in ihrer Herangehensweise und Zielsetzung. Beide sind und bleiben aber stets ERZÄHLER. Man muss in ihnen keine 100prozentigen Wahrheitslieferanten sehen, auch nicht im Kollektiv. Beide Wissenschaften sind, wie alle Geisteswissenschaften, nicht "exakt".
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Thema "Film" gehört selbstverständlich zu den Literatur- und Sprachwissenschaften. Filme funktionieren wie ERZÄHLUNGEN. Der Film kennt genauso die allwissende, auktoriale, personale, neutrale und die Ich-Perspektive, die gedehnte Zeit und die geraffte Zeit. Das Wort wird lediglich durch das Bild ersetzt. Solche Dinge interessieren Historiker nicht, es sei denn sie studieren z.B. Propagandafilme.
Du scheinst sehr genau zu wissen, was Historiker interessiert. Dennoch möchte ich anmerken, dass es wenig zielführend ist, auf polemische Zuspitzungen einzugehen. Vielleicht könntest du uns stattdessen einmal deine Quellen nennen, aus denen du deine Einschätzung über die Arbeit von Historiker ableitest? Ein Austausch auf Basis von Argumenten und Belegen wäre sicher für alle bereichernd und dann könnten wir nachvollziehen woher du deine Meinung gebildet hast.

Spielfilm als historische Quelle:

Selbstverständlich kann ein Spielfilm als historische Quelle analysiert werden. Wie bei schriftlichen Dokumenten oder Fotografien lassen sich auch hier die klassischen W-Fragen (Wer? Was? Wann? Wo? Warum? Wie?) anwenden. Entscheidend ist immer die Fragestellung, mit der man an eine Quelle herantritt – unabhängig davon, ob es sich um einen Text, ein Bild oder einen Film handelt.

Hier noch ein paar Literaturtipps zu Film und Geschichtswissenschaften:
  • Chapman, James: Researching Film and History, Sources, Methods Approaches, in: Margolis Eric; Pauwels Luc (Hg.):The Sage Handbook of Visual Research Methods, London 2011.
  • Chapman, James; Glancy, Mark; Harper, Sue: The New Film History. Ources, Methods, Approaches, New York, 2007.
  • Davis, Nathalie Zemon: „Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen….“ Der Film und die Herausforderung der Authentizität, in: Rainer Rother (H.), Bilder schreiben Geschichte. Der Historiker im Kino, Berlin 1991, S. 37-63.
  • Etmanski, Johannes: Der Film als historische Quelle. Forschungsüberblick und Interpretationsansätze. Ludwig-Maximilians-Universität München,
  • Faltus, Vaclav: Spielfilm, Filmtheorie und Geschichtswissenschaft. Ein Beitrag zur Methodologie der Zeitgeschichte, Dissertation, Friedrich-Alexander Universität Erlangen Nürnberg.
  • Jäger, Jens; Knauer Martin: Bilder als Historische Quellen? Dimension der Debatten um historische Bildforschung, München 2009.
  • Koch, Gertrud: Nachstellungen. Film und historischer Moment, in: Eva Hohenberger und Judith Keilbach (Hg.), Die Gegenwart der Vergangenheit, Berlin 2003, S. 216-229.
  • Moltmann, G.: Film und Tondokumente als Quellen zeitgeschichtlicher Forschung, in: Ders. u. Reimers, K.-F. (Hg.): Zeitgeschichte im Film und Tondokument. 17 historische, pädagogische und sozialwissenschaftliche Beiträge, Göttingen 1970, S. 17-23.
  • Paul, Gerhard (Hg): Visual History. Ein Studienbuch, Götingen 2006.
  • Riederer, Günter: »Film und Geschichtswissenschaft. Zum aktuellen Verhältnis einer schwierigen Beziehung«, in: Paul, Gerhard (Hg): Visual History. Ein Studienbuch, Götingen 2006, S. 96-113.
  • Rolf Reichhardt, »Bild-und Mediengeschichte«, in: Eibach, Joachim (Hg.): Kompass der Geschichtswissenschaft, Götingen 2002, S. 219-230.
  • Terveen, F.: Der Film als historisches Dokument. Grenzen und Möglichkeiten, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 2 (1955), S. 57-66.
 
Da die meisten historischen Themen für die breite Öffentlichkeit uninteressant sind, leidet der Historiker, was dazu führt, dass er sich an den Zeitgeist anbiedern zu müssen glaubt. Typisch dafür sind Publikationen in Wissenschaftsverlagen mit sehr engem Leserkreis. Der Geschichtswissenschaftler ist, um es übertrieben auszudrücken, ein Lieferant für die Fachwelt.

Das verstehe ich nicht. Wer sich in ein Spezialthema einarbeitet, "leidet" doch nicht darunter, dass die breite Öffentlichkeit sich dafür nicht interessiert.
Wessen Wohlergehen davon abhängt, dass die breite Öffentlichkeit sich auf seine Publikationen stürzt, wird wohl kaum den Entschluss fassen, die Archive nach Gehaltslisten der Hofzinkenisten des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel zu durchforsten.
 
@dekumatland Das Thema "Film" gehört selbstverständlich zu den Literatur- und Sprachwissenschaften.
durchaus, aber ganz gewiß nicht auf die Weise, wie zunächst von dir dargestellt:
Wer sieht sich einen deutschen Film an? Langweilig. Immer dasselbe.
Wenn ich mich daran abarbeite, dass sich Vertreter eines Wissenschaftsfaches aus meiner Sicht zu positiv sehen, darf Euch meine Sicht der Dinge stören. Das ist euer gutes Recht. Mein gutes Recht ist es, nicht an die totale Objektivität eines Faches glauben. Dass Historiker mit Instrumentarien umgehen, die sie zu weitgehend gesicherten und objektiven Urteilen befähigen, streite ich nicht ab. Nur sollte man mit dem Selbstlob sparsam umgehen
- wer bitte ist "euch"?
- woher deine Behauptung/Unterstellung, hier würde von irgendwem an die totale Objektivität eines Faches geglaubt?
- wo findet man das Selbstlob der Historiker?

in deinen Ausführungen häuft sich mittlerweile
Die Attitüde der Belehrung
, aber einen Anlass, da was zu lernen bzw mich belehren zu lassen, kann ich nirgendwo erkennen; stattdessen viele polemische Nebelkerzen, was ich bedauerlich finde.
 
@dekumatland Ich weiß durchaus, wie sich ein Edit-war entwickelt, darum keine Antwort.
@ursi Warum schreibst Du, wenn kein inhaltlicher Widerspruch existiert? Dass Historiker, die sich mit der Geschichte vor 1900/1920 auseinandersetzen, keinen Bezug zum "Film" bzw. zur Filmgeschichte haben, dürfte einigermaßen einleuchten.

Die Belehrung liegt darin, dass Sozial- und Geisteswissenschaften im momentanen Zustand keinen gesellschaftlichen Mehrwert bringen, auch wenn sie das von sich selbst behaupten.

Nimm nur das Thema Judenfeindschaft:

Müssen die "Humanities" in hohem Ansehen stehen, wenn z.B. der Antisemitismus an Universitäten gedeiht? Müssen sie nicht. Das müssen sie erst recht nicht, wenn bedacht wird, welcher Aufwand in desselben Sozial- und Geisteswissenschaften betrieben wurde, um derartige Formen der Menschenfeindlichkeit zu bekämpfen. Selbstkritisches hört man selten. Der jetzige "Tsunami des Antisemitismus" wäre nicht möglich gewesen, wenn sich Vertreter der Humanities, darunter sicherlich auch Geschichtswissenschaftler, nicht jahrzehntelang als Lieferanten bequemer Wahrheiten verstanden hätten. Anders kann ich mit jedenfalls diese Fehlentwicklung nicht erklären. Abschweifen vom Thema? Nein.

Ich sehe in der Sache keine Polemik. Warum sollen Historiker nicht vom Zeitgeist korrumpiert werden können? Oder mal anders ausgedrückt: Hat nicht der Geisteswissenschaftler einen Karrierevorteil bzw. eine Chance auf höhere gesellschaftliche Anerkennung, der in politisch bequeme Schemata passt, als derjenige, der sich um den Landgrafen von Hessen-Kassel kümmert? Ich meine, dass er den im Allgemeinen hat. Eine Analyse der Angebote in den diversen Ausschreibungsforen ist jedenfalls eindeutig: In den Humanities gibt es v.a. Geld für Themen, die en vogue sind. Mir kann jedenfalls keiner das Märchen von der Unabhängigkeit der Geisteswissenschaften erzählen. Auch Historiker hängen ihren Mantel in den Wind. Genauso machen es Theologen, Juristen usw. Das ist die normale, anerzogene Gruppendynamik. Erst steigt man in das Boot des demokratischen Populismus, dann steigt man in das Boot des Linkspopulismus und am Ende steigt man in das Boot des Rechtspopulismus. Parallelen in der Geschichte gibt es dafür zur Genüge.

An dieser Dynamik orientieren sich die Diskurse. Das ist die mentale Basis. Muss ich das bewundern? Ich denke doch eher nicht.

Dass es viele lobenswerte Gegenbeispiele gibt und gefühlte 60% der Geisteswissenschaftler nicht so sind, bestreite ich nicht. Dass diese Meinung Unmut weh tut, ist jedoch nur zu verständlich. Für mich bleiben viele moderne Historiker Großerzähler, die sich so lange selbst definieren bis sie an die eigene Kritikfähigkeit glauben. In Wirklichkeit sind sie in ihrer Mehrheit angepasst. Historiker verhalten sich darin nicht anders als die übrige Gesellschaft.

Aber wie gesagt: Was bringt Euch Eure Kritik an meiner Sicht? Schreibt doch bitte zum Thema!


Wie das Fähnchen auf dem Turme
Sich kann drehen bei Wind und Sturme
So soll sich mein Händchen drehen
Dass es eine Lust ist anzusehen
 
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