Soziales Verhalten der ersten Siedlungsgemeinschaften

hans200

Neues Mitglied
Gibt es verlässliche Quellen dafür, wie die allerersten bewaffneten Stammesfehden zwischen den Siedlungsgemeinschaften durchgeführt wurden?
 
Selbst verständlich gibt es Quellen dazu – Archäologische.

Mit z.B. Talheim, Schletz/Asparn und Schöneck-Kilianstädten für die jüngere Bandkeramik und die Gräber von Eulau für die Schnurkeramik haben wir ja einiges.

Gemein ist das sie überfallartig auf eine Siedlungsgemeinschaft durchgeführt wurden. Meistens wurden Schlagwaffen gegen den Kopf eingesetzt. In z.B. Talheim war nicht der schwere „Schuhleistenkeil“ die Hauptwaffe, sondern die zierlichere Breithacke mit ihrer 4 – 5 cm Klingenbreite. Pfeil und Bogen selten, aber wann man sie findet kann man einen Tagesangriff vermuten und es sind ja Bauern und keine Jäger. Vereinzelt kann man auch eine Übertötung feststellen und es wurden alle Altersgruppen getötet.

Wer gewonnen hat kann man je nach Fundort unterschiedlich erkennen. Sind die Leichen regelkonform bestattet worden, kann man vermuten das die angegriffene Gemeinschaft gewonnen oder zumindest als Gemeinschaft überlebt hatte. Die Opfer wurden aber meistens einfach in Massengräber beigesetzt. Ich glaube in Schletz/Asparn gingen die Angreifer unter und die angegriffene Siedlung bestand weiter. In Eulau haben wir regelkonforme Bestattungen und dadurch auch die älteste bekannte Kernfamilie der Geschichte – Vater, Mutter und ihre zwei Söhne als Hocker.

Feststellbar ist auch das Angreifer und Opfer aus der selben Kultur gekommen sind, also LBK gegen LBK und keine Jäger und Sammler gegen Bauern. In Schöneck-Kilianstädten traf es die Wetterauer Regionalgruppe und der Angreifer gehörten wahrscheinlich zur Neckargruppe aus Hanau-Mittelbuchen in weniger als 10 km Entfernung. Bei Eulau in der Schnurkeramik stammte er aus der Schönfelder Gruppe, die aber auch aus der selben Region kamen.

Wie gesagt es waren Überfälle und keine Schlachten, meistens eher ein schlachten*. Man kann für die späte Bandkeramik ein gestiegenes Konfliktpotential erkennen. Als Stichwörter für den Grund kann man Klima, Besiedlungsdichte und vielleicht auch schon politische und wirtschaftliche anführen. Es war komplex und am Ende löste sich die einheitliche LBK auf.

Die These mit dem Frauenraub als Grund, weil die Frauen der Überfallenen von Außerhalb kamen, kann ich persönlich nicht so unterstützen. Wir sehen ja immer nur die Opfer, also die Leichen der Getöteten des Überfalls. Alte, Kranke, Kleinkinder und Mütter mit Säuglinge können schlechter fliehen oder wehren und sind so öfters unter den Opfer. Ein fehlen von Frauen und „wehrfähigen“ Männer, bedeutet ja nur, das sie nicht getötet wurden und nicht das sie geraubt wurden, oder selber auf Kriegszug waren.

Als Krieg wird man es nicht definieren können, als Frauenraubzüge auch nicht. Wie oben geschrieben kann für die späte LBK ein gestiegenes Konfliktpotential feststellen und Ursachen eingrenzen, aber am Ende wird es ganz einfach auf Gewalt raus laufen. Anthropologisch kann man sich natürlich fragen, wann der Faktor sexuelle Eifersucht und in das Spiel kam, aber die Ursachen und Auslöser für Gewalt sind vor 7000 Jahren die Gleichen wie Heute, nur die Werkzeuge ändern sich. Aus Raider wurde Twix.

* Wobei man jetzt aber auch auch nicht gleich bei schlachten auf ein Abschlachten oder Blutrausch gehen sollte, sondern daran denken muss das Stein und spätere Hiebwaffen aus Eisen und Stahl mehr körperlicher Aufwand erfordern, als Schusswaffen oder Fernwaffen.
 
"allerersten" ist schwierig. Wie lange soll es zurück gehen? "Verlässlich" auch. Archäologische Funde sind sehr interpretationsbedürftig. Ethnologische Vergleiche (zB mit Stammeskriegen in Papua-Neuguniea im 20. Jh.) sind auch nicht unproblematisch. Meine erste Antwort wär also: "Nein, gibt es nicht. Nur Vermutungen."

Warum interessiert dich das Thema?
 
Gibt es verlässliche Quellen dafür, wie die allerersten bewaffneten Stammesfehden zwischen den Siedlungsgemeinschaften durchgeführt wurden?
Ich unterstelle mal, dass es der nächtlichen Stunde deines Posts geschuldet ist, aber die Überschrift lautet "Soziales Verhalten der ersten Siedlergemeinschaften" und die Frage geht dann nach den ersten bewaffneten Stammesfehden. Sicherlich auch etwas, was entfernt etwas mit dem "Sozialverhalten" zu tun hat, aber bewaffnete Konflikte sind jetzt nicht das erste, woran ich bei "Soziales Verhalten von Siedlergemeinschaften" denken würde.

Die Frage, die sich nun daher an dich anschließt: Willst du vorrangig über Sozialverhalten der ersten Siedlungsgemeinschaften sprechen oder über bewaffnete Konflikte?

Pardela_Cenicienta hat quasi automatisch sich auf "frühneolithische"* Gemeinschaften in Mitteleuropa gestürzt; was was genau meinst du, @hans200 mit "ersten Siedlergemeinschaften"?

*frühneolithisch ist natürlich auf de geographischen Raum Mitteleuropa bezogen. angesichts dessen, dass das Frühneolithikum vor nicht einmal 8.000 Jahren Einzug hielt (und bereits ein keramisches Neolithikum war), im fruchtbaren, im Fruchtbaren Halbmond das Neolithikum aber gut 4.000 Jahre früher (noch akeramisch) begann, ist die Begrifflichkeit vielleicht verwirrend.
 
Wobei man jetzt aber auch auch nicht gleich bei schlachten auf ein Abschlachten oder Blutrausch gehen sollte
was dennoch in der Jungsteinzeit vorgekommen sein soll:
deutlich früher:

DNA-Analysen ergaben, dass – anders als von anderen ähnlich alten Siedlungen belegt – nur wenige der Toten miteinander verwandt waren. Dem Massaker scheint demnach in instabilen, gewaltsamen Zeiten eine Gruppe von Menschen zum Opfer gefallen zu sein, die teils lokal ansässig war, teils aber aus Menschen bestand, die weiter entfernten Siedlungen entstammten und möglicherweise auf dem Gelände der heutigen Ortschaft Schletz vergeblich Schutz gesucht hatten.
aus Massaker von Schletz – Wikipedia


soweit ein paar Indizien, dass vorgeschichtliche Zeiten vom Streichelzoo weit entfernt waren, statt Aurea prima eher homo homini lupus...
 
Wir hatten schon ein ähnliches Thema zur Diskussion:

 
Zuletzt bearbeitet:
@dekumatland

Aus heutiger Sicht sieht man es als Massaker weil es brutaler wirkt und der Tötungsakt persönlicher ist, also mehr Aufwand und mehr Nähe erfordert. Mit z.B. einer Flachhacke musst du schon öfters zuschlagen bis man eine Wirkung sieht, auch wen der Pathologe später sagt der erste Schlag war tödlich.

Da wir den Grund und Auslöser für den eine Angriff nicht kennen, missfällt mir der Begriff Massaker. Er verbindet es immer mit Blutrausch und ein Abschlachten des abschlachten Willens. Obwohl selbstverständlich der einzelne Kämpfer oder eine Teilgruppe bei einem Angriff und Abwehr in einen Blutrausch fallen kann, was vielleicht in den Übertötungen sichtbar werden kann. Diese könnten aber auch einen religiösen Hintergrund haben, den wir nicht genau erkennen können. Die Beine zu zerschlagen, könnte ja den Leichnam hindern, den Täter hinterher zu laufen. bei den normalen Bestattungsriten und Deponierungsorte sind die Neolithiker ja schon sehr kreativ. Also der Kampf selber als auch der Umgang mit den Leichen wirken sehr fremd und brutal auf uns. Beim Familiengrab von Eulau sehen wir eine sehr liebevolle Bestattung, die regelkonform ist. Aber auch dort kann es ja nur ein Ausschnitt sein, weil wir die Gräber der Angreifer nicht haben.

Man kann in der LBK über den Handel von Silex und Steinen für Äxte und Beile, Handelswege und sogar frühe Zentralorte für die Verarbeitung identifizieren, aber nicht ob es eine Form von einer Herrschaft gab. Also ob es einen "Big One" in der Siedlung oder Region gab, kann man nicht sagen. Man kann die Konflikte nicht als Krieg in einer strengen Definition sehen, weil wir den sozialen Hintergrund nicht kennen.

Die Häufung der Gewalttaten zum Ende der LBK zeigen das was in Bewegung war, aber den direkten Auslöser für die eine Gewalttat bleibt im dunklen. Eine Gemeinschaft die nur landwirtschaftliche Gerät und Werkzeuge hat und selbst in der Familie bzw. Gemeinschaft für uns ungewöhnliche Bestattungsriten haben, sieht es nach einem Kampf anders aus. Schau mal auf die Gräben und Schädel von Herxheim, dass sind die selben Gruppen von Menschen.
 
"allerersten" ist schwierig. Wie lange soll es zurück gehen? "Verlässlich" auch. Archäologische Funde sind sehr interpretationsbedürftig. Ethnologische Vergleiche (zB mit Stammeskriegen in Papua-Neuguniea im 20. Jh.) sind auch nicht unproblematisch. Meine erste Antwort wär also: "Nein, gibt es nicht. Nur Vermutungen."

Warum interessiert dich das Thema?
Meine Beobachtung und Schlussfolgerung daraus ist, dass es Kriege zwischen Personengemeinschaften immer, fast ausnahmslos, gegeben hat, so lange es den Menschen als solchen gibt. Die Modalitäten dieser Auseinandersetzungen hängen von der geschichtlichen Entwicklung dieser Gemeinschaften ab.
Meine Schlussbemerkung dazu, es wird sicherlich weitere Kriege geben oder?
Nehmt bitte alle zur Kenntnis, ich bin ein einfacher Bürger, kein Wissenschaftler!
Für die bisherigen Beiträge von Euch, bedanke ich mich!
 
Da wir den Grund und Auslöser für den eine Angriff nicht kennen, missfällt mir der Begriff Massaker.
Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass solche Massaker nicht isoliert auftraten, sondern in der späteren Jungsteinzeit in Zentraleuropa verbreitet waren. Dies zeigt sich etwa darin, dass die Fundstellen der bisher untersuchten Massakergräber aus jener Zeit relativ weit auseinanderliegen. Die immense und gezielte Gewaltausübung bei kämpferischen Konflikten hatte offenbar die Zerstörung ganzer Gemeinschaften zum Ziel, folgern die Forscher.

Geleitet wurde die Arbeitsgruppe vom ehemaligen Leiter des Instituts für Anthropologie der Universität Mainz, Prof. Kurt W. Alt, der seit 2014 eine Gastprofessur an der Universität Basel innehat.
mag der Artikel in Ein Massaker vor 7000 Jahren: Extreme Gewalt in jungsteinzeitlichen Kriegen auch 10 Jahre alt sein, die Studie, über die berichtet wird, scheut den Begriff Massaker offenbar nicht.
 
Meine Beobachtung und Schlussfolgerung daraus ist, dass es Kriege zwischen Personengemeinschaften immer, fast ausnahmslos, gegeben hat, so lange es den Menschen als solchen gibt. Die Modalitäten dieser Auseinandersetzungen hängen von der geschichtlichen Entwicklung dieser Gemeinschaften ab.
Meine Schlussbemerkung dazu, es wird sicherlich weitere Kriege geben oder?
Nehmt bitte alle zur Kenntnis, ich bin ein einfacher Bürger, kein Wissenschaftler!
Für die bisherigen Beiträge von Euch, bedanke ich mich!
Kann mir noch jemand einen Kommentar zu meiner o.a. Schlussfolgerung geben? Die Art und Weise wie Kriege geführt werden ist für mich zweitrangig, wichtig für mich ist die Feststellung, dass es immer Kriege gegeben hat und weiter Kriege geben wird.
 
Meine Beobachtung und Schlussfolgerung daraus ist, dass es Kriege zwischen Personengemeinschaften immer, fast ausnahmslos, gegeben hat, so lange es den Menschen als solchen gibt. Die Modalitäten dieser Auseinandersetzungen hängen von der geschichtlichen Entwicklung dieser Gemeinschaften ab.
Meine Schlussbemerkung dazu, es wird sicherlich weitere Kriege geben oder?
Ich denke, dass du hier eine verzerrte Wahrnehmung hast (was nicht an dir liegt, keine Sorge): In historischen Quellen dominieren oft die kriegerischen Auseinandersetzungen, auch in journalistischen Medien sind die kriegerischen Auseinandersetzungen dominanter.
Das betrifft auch andere Themen - etwa Sex ("Sex sells"). Manfred Lütz hat vor 25 oder 30 Jahren mal Verlautbarungen des Vatikan über Sexualität/Sexualmoral mit den journalistischen Output über den Vatikan verglichen. Ich weiß die genauen Werte nicht mehr, aber es waren so etwa 5 % Prozent (oder sogar weniger) der Verlautbarungen des Vatikan, die sich mit Sexualität/Sexualmoral befassten, aber über 90 % dessen, was in der Presse über Verlautbarungen des Vatikan veröffentlicht wurde, befasste sich mit eben mit diesen im Vergleich wenigen Verlautbarungen.

So ähnlich ist es mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Der normale Alltag ist wenig berichtenswert, Naturkatstrophen und Krieg aber schon.
Und auch in der Archäologie sind natürlich so Dinge wie das Massaker* von Talheim etc. more catchy, als das, was man sonst so in neolithischen Siedlungen findet. Prähistoriker schlagen sich in neolithischen Grabungen meist mit relativ unspektakulären Dingen herum: Eine Bodenverfärbung hier, eine nachgewiesene Pflugspur dort, ein Mahlstein, retouchierter Silex, ein Keramikscherben**. Damit lockt man medial eine nicht vordergründig archäologisch interessierte Gesellschaft nicht hinter dem Ofen hervor. Deshalb dominieren auch hier medial eher die Ausnahmeereignisse, als die "alltäglichen" Funde. Eine neolithische (oder gar mesolithische oder paläolithische) Siedlung ist eben schwer zu lesen. Außerdem üben Knochen schon an und für sich eine große Faszination auf und auf, weil wir in Knochen den Menschen mit einem Schicksal sehen.

Wird es auch in Zukunft Kriege geben? Ja, sehr wahrscheinlich. Weil es eben immer Menschen geben wird, die aus nationalistischen Gründen oder Habgier Kriege vom Zaun brechen werden. Aber du kannst auch davon ausgehen, dass die Mehrheit der Menschen den Krieg ablehnt. Unsere Kompetenzen, die uns vom übrigen Tierreich unterscheiden, sind komplexe Planung und Zusammenarbeit (auch viele Tier können planen und zusammenarbeiten, aber halt deutlich weniger komplex). Und es sind nicht die Kriege, die uns groß gemacht haben (auch wenn diese vor allem in der Moderne Geld generiert haben, um Erfindungen zu finanzieren), sondern die Fähigkeit zur Zusammenarbeit.

Es dauert etwa 20 Jahre, um aus einem Säugling einen eigenständigen Menschen zu machen, du kannst diesen Menschen in einer Sekunde töten. Es dauert Wochen oder Monate, ein Haus zu bauen, aber du kannst es in einer Nacht niederbrennen. Ich finde dafür, dass die Destruktion so einfach ist, sind wir ziemlich viele Menschen und wohnen in ziemlich vielen Häusern.


*die Zurückweisung des Begriffs Massaker von pietFFM habe ich wohl zur Kenntnis genommen, schließe mich ihr aber nicht an.
**archäologisch korrekt ist nicht die Scherbe, sondern der Scherben, und der muss nicht einmal zerscherbt sein ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Kriege waren immer die Ausnahme. Die begrenzte Kraft und die begrenzten Ressourcen konnten auch und gerade für den Aggressor und seine Gruppe tödlich sein.
 
*die Zurückweisung des Begriffs Massaker von pietFFM habe ich wohl zur Kenntnis genommen, schließe mich ihr aber nicht an.

Kein Problem, ich habe ja geschrieben das ich mit ihm nur nicht so zufrieden bin.

BTW Warum stehen mir keine Editierfunktionen wie Fett, Kursiv oder Link einfügen zu Verfügung?
 
Kein Problem, ich habe ja geschrieben das ich mit ihm nur nicht so zufrieden bin.

BTW Warum stehen mir keine Editierfunktionen wie Fett, Kursiv oder Link einfügen zu Verfügung?

Schau dir die eckigen Klammern rechts an: Sind diese blau, sind die Funktionen ausgeschaltet (du kannst die Befehle aber händisch eingeben), sind sie schwarz, sind die Funktionen eingeschaltet - dafür kannst du schlechter Zitate makeln, das geht besser, wenn die HTML-Funktionen ausgeschaltet sind und du die HTML-Befehle händisch eintragen musst.

HTML-Funktionen.jpg
 
Ich denke, dass du hier eine verzerrte Wahrnehmung hast (was nicht an dir liegt, keine Sorge): In historischen Quellen dominieren oft die kriegerischen Auseinandersetzungen, auch in journalistischen Medien sind die kriegerischen Auseinandersetzungen dominanter.
Das betrifft auch andere Themen - etwa Sex ("Sex sells"). Manfred Lütz hat vor 25 oder 30 Jahren mal Verlautbarungen des Vatikan über Sexualität/Sexualmoral mit den journalistischen Output über den Vatikan verglichen. Ich weiß die genauen Werte nicht mehr, aber es waren so etwa 5 % Prozent (oder sogar weniger) der Verlautbarungen des Vatikan, die sich mit Sexualität/Sexualmoral befassten, aber über 90 % dessen, was in der Presse über Verlautbarungen des Vatikan veröffentlicht wurde, befasste sich mit eben mit diesen im Vergleich wenigen Verlautbarungen.

So ähnlich ist es mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Der normale Alltag ist wenig berichtenswert, Naturkatstrophen und Krieg aber schon.
Und auch in der Archäologie sind natürlich so Dinge wie das Massaker* von Talheim etc. more catchy, als das, was man sonst so in neolithischen Siedlungen findet. Prähistoriker schlagen sich in neolithischen Grabungen meist mit relativ unspektakulären Dingen herum: Eine Bodenverfärbung hier, eine nachgewiesene Pflugspur dort, ein Mahlstein, retouchierter Silex, ein Keramikscherben**. Damit lockt man medial eine nicht vordergründig archäologisch interessierte Gesellschaft nicht hinter dem Ofen hervor. Deshalb dominieren auch hier medial eher die Ausnahmeereignisse, als die "alltäglichen" Funde. Eine neolithische (oder gar mesolithische oder paläolithische) Siedlung ist eben schwer zu lesen. Außerdem üben Knochen schon an und für sich eine große Faszination auf und auf, weil wir in Knochen den Menschen mit einem Schicksal sehen.

Wird es auch in Zukunft Kriege geben? Ja, sehr wahrscheinlich. Weil es eben immer Menschen geben wird, die aus nationalistischen Gründen oder Habgier Kriege vom Zaun brechen werden. Aber du kannst auch davon ausgehen, dass die Mehrheit der Menschen den Krieg ablehnt. Unsere Kompetenzen, die uns vom übrigen Tierreich unterscheiden, sind komplexe Planung und Zusammenarbeit (auch viele Tier können planen und zusammenarbeiten, aber halt deutlich weniger komplex). Und es sind nicht die Kriege, die uns groß gemacht haben (auch wenn diese vor allem in der Moderne Geld generiert haben, um Erfindungen zu finanzieren), sondern die Fähigkeit zur Zusammenarbeit.

Es dauert etwa 20 Jahre, um aus einem Säugling einen eigenständigen Menschen zu machen, du kannst diesen Menschen in einer Sekunde töten. Es dauert Wochen oder Monate, ein Haus zu bauen, aber du kannst es in einer Nacht niederbrennen. Ich finde dafür, dass die Destruktion so einfach ist, sind wir ziemlich viele Menschen und wohnen in ziemlich vielen Häusern.


*die Zurückweisung des Begriffs Massaker von pietFFM habe ich wohl zur Kenntnis genommen, schließe mich ihr aber nicht an.
**archäologisch korrekt ist nicht die Scherbe, sondern der Scherben, und der muss nicht einmal zerscherbt sein ;)
Vielen Dank für die sehr ausführliche Beantwortung meiner Schlussfolgerung. Nur ganz überzeugt bin ich deswegen noch nicht. Waren es in der Vorzeit kriegerische Auseinandersetzungen die mit dem Überleben einer Personengemeinschaft begründet wurde, so sind es heute ganz andere, die auf keinen Fall mit einer Existenzsicherung einer Gemeinschaft im Zusammenhang stehen und doch werden Kriege weiter geführt.
Kann es sein, dass es Gene in der DNA des Menschen gibt, die das kriegerische Auftreten begründen und vererben? Denn mit der geistigen Fähigkeit/Unfähigkeit eines Menschen, lässt sich so ein Verhalten nicht begründen.
Dazu ein Beispiel: In einer Sitzung des ersten Deutschen Bundestags 1949-1953 wurde in einer Rede (F.J, Strauß ?) gesagt: "Der Deutsche, der noch einmal ein Gewehr in die Hand nimmt, solle die Hand abfallen" und wo stehen wir heute?
 
Unsere aktuelle Forensoftware scheint ein wenig prüde! Weil ich „Sex sells“ geschrieben habe und Hans200 das zitiert hatte, musste ich den Beitrag wegen möglicher „Spam-Phrase“ erst freischalten. Habe ich auch noch nicht erlebt.
 
Vielen Dank für die sehr ausführliche Beantwortung meiner Schlussfolgerung. Nur ganz überzeugt bin ich deswegen noch nicht.
Das ist in Ordnung.

Waren es in der Vorzeit kriegerische Auseinandersetzungen die mit dem Überleben einer Personengemeinschaft begründet wurde,
Womit in der Prähistorie kriegerische Auseinandersetzungen begründet wurden, wissen wir de facto nicht. Wir können Motive lediglich aus archäologischen Zusammenhängen zu erschließen versuchen. (Siehe dazu auch den kritischen Beitrag von @pietFFM ).

so sind es heute ganz andere, die auf keinen Fall mit einer Existenzsicherung einer Gemeinschaft im Zusammenhang stehen
Das mag richtig sein, aber auch heute noch führt kein Kleptokrat den Krieg offiziell aus Habgier, sondern wird immer anführen, dass er auf eine Bedrohung von außen reagiere, oder das es um Existenzsicherung gehe.

Kann es sein, dass es Gene in der DNA des Menschen gibt, die das kriegerische Auftreten begründen und vererben? Denn mit der geistigen Fähigkeit/Unfähigkeit eines Menschen, lässt sich so ein Verhalten nicht begründen.
Konflikte gewaltsam auszutragen gehört zu unserem menschlichen Repertoire, ja. Aber nicht notwendigerweise. Wenn wir uns altruistisch verhalten, wird Oxytocin ausgeschüttet.

In einer Sitzung des ersten Deutschen Bundestags 1949-1953 wurde in einer Rede (F.J, Strauß ?) gesagt: "Der Deutsche, der noch einmal ein Gewehr in die Hand nimmt, solle die Hand abfallen"
und ab 1956 war F.J. Strauß zweiter bundesdeutscher Verteidigungsminister.
 
Waren es in der Vorzeit kriegerische Auseinandersetzungen die mit dem Überleben einer Personengemeinschaft begründet wurde, so sind es heute ganz andere, die auf keinen Fall mit einer Existenzsicherung einer Gemeinschaft im Zusammenhang stehen und doch werden Kriege weiter geführt.
Im Falle des Überfalls auf die Ukraine ist es aber exakt so. Das wird dir jeder Ukrainer bestätigen.
 
Zurück
Oben