Vor einigen Jahren meinte ein britischer Linguist, dass Englisch eigentlich keine westgermanische (also vom Sächsischen abgeleitete) sondern eine nordgermanische Sprache sei. Ich habe das nicht weiter verfolgt, weiß daher nicht, ob es darüber überhaupt eine Debatte gab oder ob das wieder eingeschlafen ist... Letztlich aber konnte Harold ja Harald erfolgreich abwehren, bevor er Guillaume unterlag, als die Nor(d)mannen aus dem Süden kamen.
Da sich im Rahmen der EM das englische und dänische Team auf dem Fußballfeld begegnet sind und die Engländer wie damals König Alfred die Dänen geschlagen haben, habe ich wieder an die historischen Konflikte im MA zwischen den alten Engländern und alten Dänen denken müssen.
hier ist eine Zusammenfassung der wohl von El Q. gemeinten Arbeit zur Frage, ob English eine west- oder eine nordgermanische Sprache sei:
English as North Germanic in: Language Dynamics and Change Volume 6 Issue 1 (2016)
Die Autoren vertreten die Ansicht, dass Englisch eine nordgermanische Sprache sei.
Letztlich kann man den Sprachvergleich hernehmen, um herauszufinden, ob Englisch eine west- oder nordgermanische Sprache ist.
Nehmen wir
to speak: Das ist eine Kognate zu
sprechen/spreken. Nordgermanisch hat da eher
tala/tale oder
snakke.
tala/tale kennen wir von englisch
to tell bzw.
the (
fairy)
tale oder auch vom deutschen (
er)
zählen oder
Zahl (vgl. mit
taal, tall, getal) und natürlich kennen wir auch
schnacken. Das englische Wort bzw. der deutsche Anglizismus
Snack - das könnte man auch in den
Thread zu den etymologischen Kuriositäten packen - hängt damit auch zusammen: es geht um das Öffnen und Schließen des Mundes, eben beim sprechen oder essen.
Als weiteres Bsp. kann man
schlafen nehmen:
schlafen, slapen, to sleep. Das Nordgermanische benutzt ein anderes Wort dafür.
Auf der anderen Seite hat man
nehmen/nemen, was auf Englisch
to take ist und im Nordgermanischen
taga oder
taka. Hm.... auf der verbalen Ebene haben wir also sowohl west- als auch nordgermanische Präferenzen.*
Aber es gibt phonetische Übereinstimmungen, die das Englische mit dem Westgermanischen, aber nicht mit dem Nordgermanischen teilt:
Schiff, schip, ship - dagegen nordgermanisch
Skib (die Schweden benutzen
fartyg = Fahrzeug,
skipp wird in der Architektur (Hallenbau, vgl.
Kirchenschiff) benutzt), Skip.
Interessant wird es dann dort, wo im englischen zwei Kognaten verwendet werden, wie
shirt (Hemd) und
skirt (Rock): Beide Worte stammen von demselben germanische Wort ab, wohl einer Art Tunika, das eine ist aber ein englisches Erb- das andere ein nordisches Lehnwort. Insofern ist englisch eine westgermanische Sprache, die eben aufgrund der englisch-skandinavischen "Beziehungen" vor allem vor der normannischen Eroberung stark vom Nordgermanischen beeinflusst ist.
*Man könnte evtl. überlegen, warum das westgermanische Englisch das nordgermanische Verb übernommen hat: These(!): Das Englische hat das nordgermanische
taga/taka übernommen, weil die "Dänen" zunächst als Räuber (Wikinger) kamen, die sich alles genommen haben.
Antithese: to take (took, taken) ist ein starkes Verb; bei entlehnten Verben ist eigentlich eher ein schwaches Verb zu erwarten (Sepiola fallen garantiert Beispiele ein, um diese Beobachtung/Behauptung von mir zu widerlegen.
Antithese zur Antithese: Da Nordgermanisch und Westgermanisch immer noch miteinander verwandt waren und mutmaßlich intelligibel kann es natürlich sein - ich kenne mich schon mit moderner skandinavischer Grammatik nicht aus, erst recht nicht mit alter - dass das Englische gleich das ganze Konjugationsschema übernommen hat.