OT: Ich hasse T-Online! Schon wieder ein langer Text im Nirwana:motz:
Zurück in die Nähe des Themas (immer noch etwas OT, aber wichtig): Daß gerade Florian uns sagt, daß die Wessis der 17. Juni nichts angeht, wundert mich. Viel richtiger finde ich den Hinweis, daß die Trennung erst ganz kurz her war, als das geschah. Natürlich hat die BRD darauf reagiert. Sie hat sich stets auch als Sprachrohr der "Brüder und Schwestern" verstanden, die hinter der Mauer ihre Meinung nicht ungestraft offen sagen durften. Ich meine, zu Recht; denn sie durften ihre Meinung wirklich nicht ungestraft kundtun. Natürlich hat sich das mit Westpropaganda gemischt. Das heißt aber nicht, daß es NUR Westpropaganda war. Man mag nun die Mischung zu zerlegen suchen.
Ob Menschen das, was anderen Menschen geschieht, nahe geht und sie dafür Solidarität aufbringen, ist eine Charakterfrage. Viele Menschen in der BRD hatten Verwandte in der DDR, viele waren selbst Flüchtlinge (DDR, Polen, CSSR). Jeder kannte Flüchtlinge, jeder hatte schlimme Schicksale gehört. Warum sollte also die Menschen in der BRD das Geschehen in der DDR kalt lassen?
Die politisch seinerzeit brisanten Fragen bestanden im Spannungsfeld zwischen Realpolitik und Wunschpolitik. So z.B. die Frage der Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze. Das war eine dramatische Diskussion. Ebenso die Frage der politischen Kontakte zur DDR-Führung. Sprach man mit der SED, implizierte dies mehr oder weniger die Anerkennung des Status-Quo, sprach man nicht, konnte man den Menschen in ihren konkreten Nöten nicht helfen.
Natürlich war die BRD in die Westpropaganda eingebaut. Das bedeutet aber nicht, daß nicht vieles auch ohne diese Propaganda gesagt und zu sagen gewesen wäre.
Mich erstaunt immer wieder die Geschichtslosigkeit vieler Menschen. Die heute 30jährigen empfinden das Gerede von der DDR und der Mauer wie die Steinzeit. Meine Mutter (derzeit 76) empfand in den 50er Jahren das Reden der wenige Jahre älteren über die Nazis als furchtbar weit weg. In der Generation meiner Großmutter (Bj. 1895) sprach man von Leipzig-Einundleipzig, weil man das Gerede über 1870/71 nicht mehr hören konnte.
Das ist alles gar nicht so lange her!
Zitat florian: "Als Kind habe ich mich mit so etwas gar nicht befasst.
Es ist ja nicht so, dass ständig über den 17. Juni geredet wurde.
Meine Oma musste auch auswandern aus Schlesien.
Natürlich wurde das in den DDR Schulen nicht angesprochen. Wir waren doch Freunde."
Zum Vergleich: In Polen ist nicht nur die Vertreibung der Deutschen kein Thema. Dort ist auch die Vertreibung der Polen selbst aus ihren vorherigen Gebieten kein Thema. Das sind eben die Folgen von Diktaturen: Wenn man nicht drüber sprechen darf, denkt man lieber gar nicht erst darüber nach. Aus Schlesien "auswandern" scheint mir eine sehr liebenswürdige Darstellung des Sachverhalts. Ich kenne diese "Wanderbewegung" von Zeitzeugen nur als sehr dramatische und entbehrungsreiche Flucht, bei der viele auf der Strecke blieben und die, die es geschafft haben, sehr gelitten haben. Ich vermute, den Polen wird es bei ihren "Wanderbewegungen" nicht viel besser ergangen sein.